Ich habe einen glühenden TV-Tipp für euch. Einen, für den es sich lohnt, länger wachzubleiben. Oder früher aufzustehen. Und definitiv solltet ihr den Festplattenrekorder anschmeißen, denn es sieht nicht so aus, dass dieser TV-Tipp danach in voller Länge in die ARD-Mediathek zurückkehrt (wo ich ihn einst entdeckt habe, bevor er offline ging).
Denn der WDR zeigt in der Nacht vom 9. auf den 10. März ab 4 Uhr Hope & Friends in Hollywood, eine Aufzeichnung des Silvesterkonzerts, das Starviolinist Daniel Hope und das WDR-Funkhausorchester am 31. Dezember 2021 in der Philharmonie Essen gegeben haben. Das Konzert, mit Tom Gaebel und Pumeza Matshikiza als gastierende Gesangstalente, ist eine Zeitreise durch 100 Jahre Filmmusik. Und der zugleich als musikalischer Leiter und Moderator agierende Geiger hat eine facettenreiche Auswahl an Stücken zusammengestellt, um Hollywoods Musikgeschichte abzudecken.
Es reicht von einem Querschnitt durch das Schaffen der Exilkomponisten, die vor dem aufkommenden Faschismus aus Europa geflohen sind, über einen James Bond-Song bis hin zu Damien Chazelles La La Land. Als überraschendere Zwischenstationen interpretiert das WDR-Funkhausorchester aber auch Stücke aus Saludos Amigos und der mit Sidney Poitier verfilmten Oper Porgy & Bess!
Ich habe eh in den vergangenen Jahren eine Schwäche für die Arrangements des WDR-Funkhausorchesters entwickelt, ebenso fasziniert mich die Kanon, Außenseiter-Tipps und vermeintlich "zu simple" Stücke wertschätzende Schwerpunktsetzung in Hopes TV-Programmen. Bei Hope & Friends in Hollywood kamen für mich diese zwei starken Elemente in filmreifer Harmonie zusammen: Diese Filmmusikzeitreise ist überraschend, wird zugleich dem Anspruch gerecht, allseits beliebte Meilensteine aufleben zu lassen, und klingt hervorragend - alles mit kompetenter, sich trotzdem kurzfassender Einordnung Hopes.
Als diese Konzertaufzeichnung nach ihrer im Januar 2022 erfolgten Erstausstrahlung in der ARD-Mediathek landete, habe ich sie mir begeistert mehrfach angesehen. Umso größer war mein Bedauern, als sie nach jüngeren Wiederholungen nicht wieder in die Mediathek aufgenommen wurde - und die via YouTube veröffentlichten Ausschnitte decken auch nur einen Teil des von Frank Strobel dirigierten Abends ab.
Ein großer Jammer! Selbstredend kann ich nicht vollkommen ausschließen, dass ich aufgrund des meinen Geschmack treffenden Programms und der Veröffentlichungsumstände (wir erinnern uns: 2022 gab es die letzten Pandemie-Wellen, in deren Zuge zu Vorsicht beim Ausgehen und bei Treffen in den eigenen vier Wänden gemahnt wurde) eine überproportionale sentimentale Bindung zu dieser Filmkonzertaufzeichnung entwickelt habe. Schließlich habe ich viele Stunden damit verbracht, mittels Hope & Friends in Hollywod monotone Tage und Wochen zu revitalisieren.
Dennoch bin ich zuversichtlich darin, wenn ich nicht nur die Auswahl der Musikstücke und die orchestralen sowie gesanglichen Leistungen lobe, sondern auch die visuelle Präsentation: Da der WDR glücklicherweise einige seiner Rundfunkorchester-Konzerte mitfilmt respektive live streamt, kenne ich mehr als eine gute Handvoll an Vergleichsmaterial. Und die Lichtdramaturgie in der Essener Philharmonie sowie Thorsten Frickes TV-Regie verleihen diesem Mitschnitt durchaus eine visuelle Dynamik und Wertigkeit, die öffentlich-rechtliche, philharmonische Konzertübertragungen in dieser Form nur selten haben.
Selbstredend ist es kein Konzertfilm in der Tradition der großen Leinwand-Konzertfilmklassiker, trotzdem ist es eine ansprechende Präsentation eines tollen Konzerts. Und da sich nicht absehen lässt, wann ihr es nach dieser Ausstrahlung erneut sehen könnt, solltet ihr dringend von diesem TV-Termin Gebrauch machen, wenn ihr Filmmusik liebt!
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