Ronin (Action-Thriller, 1998) John Frankenheimer haut mal eben mehrere saustarke, stilistisch sich voneinander abhebende, und dennoch wie aus einem kohärenten Guss wirkende Verfolgungsjagden in einen einzigen Film: Robert De Niro, Jean Reno, Sean Bean, Jonathan Pryce, Natascha McElhone und Stellan Skarsgård führen uns in einer bleihaltigen Räuberpistole durch Paris, die Côte d’Azur und die Provence. Es scheppert ordentlich, es wird gelogen und betrogen, und die Motoren dröhnen kräftig. Geradlinige Krawallunterhaltung mit Stil. arte-Mediathek, abrufbar bis zum 12. März 2024
Mein Ende. Dein Anfang, (Drama, 2019) Mariko Monoguchi nutzt die Magie des audiovisuellen Erzählens, um eine physikalisch hoch theoretische, emotional jedoch vollauf greifbare Geschichte über Liebe, Kummer und Trost zu erzählen. Toll gespielt von Saskia Rosendahl, Julius Feldmeier und Edin Hasanović, meisterlich geschnitten von Andreas Menn und von Monoguchi mit leichtgängig wirkender Präzision inszeniert. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 23. März 2024
Female Comedies - Freche Mädchen, komische Frauen (Stummfilmsammlung, 1906 bis 1927) Die Populär-Filmgeschichtsschreibung hatte lange Zeit ein Gewichtungsproblem: Während etwa Charlie Chaplin, Buster Keaton und Georges Méliès ihre berechtigte Zeit im Rampenlicht erhalten, wann immer die Stummfilmzeit behandelt wird, gingen lange Zeit andere Namen vollkommen unter. Wie Filmpionierin Alice Guy-Blaché (die mittlerweile wieder in den Fokus zurückkehrt und eine Graphic-Novel-Biografie gewidmet bekam) oder Mabel Normand, die schon vor Chaplin den Dreh "Sei der Star in deinen eigenen Slapstick-Komödien" raus hatte und dem Bleistiftschnurrbartträger zum Karrierestart verhalf. arte trägt dazu bei, den talentierten Frauen der Stummfilmära wieder zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen und versammelte unter dem Label Female Comedies 14 Kurzfilme, die weibliche Talente vor und/oder hinter der Kamera vorführen.
Die Auswahl an Kurzfilmen reicht von Alltagsthemen über humorvolle Krimis bis hin zu fabulösen Zukunftsgeschichten, von explizit feministisch zu "da sind halt auch Frauen lustig". Musikalisch untermalt wurden die Kurzfilme unter anderem von Ensemble Garage, DJ SilentFilmDj und Hisato Tsuji, die den stereotypen Klimperklavier-Sound großzügig vermeiden und die Filme somit für ein kontemporäres Publikum zugänglicher machen. arte-Mediathek, erster Schub an Filmen läuft am 24. März 2024 ab, der zweite am 31. Mai 2024
Zwei Companeros (Western, 1970) Auch als Lasst uns töten, Companeros bekannter Italowestern des unter anderem von Quentin Tarantino innig verehrten Django-Machers Sergio Corbucci: Franco Nero spielt einen schwedischen Waffenhändler (was sonst?), der im von einer Revolution durchrüttelten Mexiko Geschäfte machen will. An welche Seite er liefert, ist ihm gleich, solange die Einnahmen stimmen. Eine Gruppe idealistischer Revoluzzer:innen, darunter die heißblütige Mexikanerin Lola (Iris Berben, wer sonst?), versucht allerdings, den Schweden für ihre Sache zu gewinnen... Schmierig-eindringlich gefilmt, herrlich von Ennio Morricone untermalt, boshaft-genüsslich in der Gewalt und süffisant-grobschlächtig im Humor - mit einer Dosis Haudauf-Slapstick. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 1. April 2024 um 0.45 Uhr
We Need to Talk About Kevin (Thrillerdrama, 2011) A Beautiful Day-Regisseurin Lynne Ramsay adaptiert in We Need To Talk About Kevin den gleichnamigen Roman und erzählt somit die Geschichte der Mutter und früheren Reisejournalistin Eva Khatchadourian (Tilda Swinton), sowie insbesondere von ihren Selbstzweifeln und ihrem bedrückenden Gedankenkarussell: Wir sehen, wie sie mit ihrem Mann Franklin (John C. Reilly) ihren Sohn Kevin (Ezra Miller) großzieht. Und wann immer Kevin sich anstrengend verhält, drängt sich Eva die Frage auf: Ist Kevin trotz oder wegen mir so, und was soll ich jetzt nur tun? Kühl und soghaft inszeniert, intelligent kondensiert und trotzdem erschreckend lebensnah erzählt, brennt sich dieser Film nicht nur wegen Ramsays Bildern und narrativer Schwerpunktsetzung ins Gedächtnis, sondern auch aufgrund der komplexen, bemitleidenswerten und dennoch nicht mitleidsgeifernden Performance von Swinton. Und Millers Performance ist wahrlich gänsehauterregend - heute wohl auch noch mehr, als 2011 bereits schon. ARD-Mediathek, abrufbar bis zum 1. April 2024 um 22 Uhr
Apollo Amerika (Hörspiel-Collage, 1969) 1969: Die ganze Welt verfolgt gebannt die Apollo-11-Mission und fiebert mit, wie Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen den Mond betreten. Die ganze Welt? Nein: Hörspielautor Ferdinand Kriwet tritt einen Schritt zurück und schließt sich in den USA mit einem Tonbandgerät ein. Fiebrig saugt er nicht die eigentlichen Ereignisse auf, sondern wie sie medial aufbereitet werden. Dabei entstanden ist eine assoziative, geradezu avantgardistisch-musikalische Collage aus Radio- und TV-Ausschnitten. Ein soghaftes, erschlagendes Klangerlebnis. ARD-Audiothek, mir unbekanntes Ablaufdatum
Warum Mediatheken-Tipps? Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind ein unablässig sprudelnder Quell an sehenswerten Produktionen. Ob Spielfilm, Dokumentarfilm, Reportage, Konzertfilm, Serie, oder oder oder. Doch nicht nur, dass man da leicht den Überblick verlieren kann: Ich kenne einige Menschen, die den Mediatheken kaum oder gar keine Beachtung schenken. Mit dieser Artikelreihe möchte ich Orientierung bieten, ebenso wie Anreiz, sich vermehrt mit den Mediatheken zu befassen. Dazu gebe ich wöchentlich sechs Anschautipps.
Wieso sechs Tipps? Ich möchte, dass diese Artikelreihe händelbar bleibt. Für mich, damit ich sie neben meinen anderweitigen Verpflichtungen verfassen kann. Und für euch: Ich will euch nicht mit Anschautipps erschlagen. Sechs Tipps halte ich indes für umsetzbar: Selbst, wer alle Tipps ansprechend findet, kann sich täglich einen davon angucken, und hat dennoch bis zur nächsten Ausgabe der Reihe auch einen Tag "mediathekenfrei".
Die Mediatheken-Tipps erheben selbstredend keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viel mehr zu sehen, als ich hier Woche für Woche nennen könnte.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen