Das Warten auf Pirates of the Caribbean 6 nimmt und nimmt kein Ende. Margot Robbie umgarnt die Disney-Studios seit Jahren, ihre eigene kleine Insel im verfluchten Karibikuniversum besiedeln zu dürfen. Disney hat Robbies Begehren nicht in die Tonne gekloppt, vorangekommen ist man aber partout nicht. Weshalb selbst Robbie dachte, Disney sei einfach desinteressert, woraufhin Produzent Jerry Bruckheimer öffentlich deklarieren musste, dass die Margot-Karibik nicht aufgegeben wurde. Es benötige nur etwas Zeit, bis man sie bereist. Dumm von Disney, so lange zu warten. In einem alternativen Universum wäre der Film bereits im Kasten und wartet darauf, als erstes Margot-Robbie-Projekt nach dem globalen Kinophänomen Barbie auf der weltweiten Welle der Begeisterung für die talentierte Australierin zu reiten.
So ernüchtert Robbie zuletzt klang, als sie sich über Pirates of the Caribbean äußerte, so positiv überrascht meldete sich kürzlich Craig Mazin zu Wort: Der Hangover 2 & 3-Autor und Chernobyl-Serienschöpfer steht seit nunmehr vier Jahren (!) gemeinsam mit PotC-Veteran Ted Elliott hinter einem Pirates of the Caribbean-Projekt, das parallel (und angeblich nicht in Konkurrenz) zu Robbies Film entwickelt wird. Jetzt endlich wurde uns ein winziger Einblick gestattet, was uns mit Mazins und Elliotts Film erwarten könnte - und wie es um ihn bestellt ist.
Gegenüber Variety erklärte Mazin, dass er und Elliot eine im etablierten Kanon spielende Grundidee vorgeschlagen haben, und vollauf davon überzeugt waren, dass Disney sie ablehnen wird. "Zu seltsam", sei sie. Und dann... hat Disney zugeschlagen. Das Skript ist laut Mazin fertig und nun warte man das Ende der Streiks ab, die die US-amerikanischen Schauspiel- und Drehbuch-Gewerkschaften anberaumt haben, weil sich die Studios immer größere Teile des sprichwörtlichen Kuchens in die Tasche stecken und noch dazu Kunstschaffenden damit drohen, sie durch KI zu ersetzen. Hisst die Flaggen!
Mal ganz davon abgesehen, dass seit Salazars Rache mehrere Projekte semi-offiziell angekündigt und von der Gerüchteküche heraufbeschworen wurden, ohne dass irgendwas passiert ist, und ich daher nicht zu früh jubilierend in die Luft springen möchte: Mazins "zu seltsam"-Kommentar und die Behauptung, dass es direkt nach den Streiks losgehen könnte, sind für mich Anlass genug, zu fabulieren:
Welche Talente könnten Bruckheimer und Disney auf dem Regiestuhl platzieren, um meine Vorfreude in die Höhe schnellen zu lassen und mir Mut zu machen, dass sich "zu seltsam" nicht als leere Phrase herausstellen wird? (Stets vorausgesetzt, dass sie auch wirklich Lust haben. "Naja, irgendwie muss ich ja meine Hypothek abbezahlen"-Motivation für den Regiejob brauche ich nicht in meiner Lieblingsfilmreihe.)
David Prior
Womöglich mein heimlicher Lieblingskandidat für den Pirates of the Caribbean-Regieposten. Mit The Empty Man schuf er den goreverbinskihaftesten Film, den jemals eine Person gedreht hat, die nicht Gore Verbinski ist. Und was wäre angebrachter bei einem PotC-Teil als genau diese Energie, noch dazu bei einem Skript, das angeblich disney-untypisch seltsam sein soll?
David Fincher
Ja, eine absolut unrealistische Wahl. Fincher steckt die Alien 3-Erfahrung noch immer zu tief in den Knochen, als dass er bereitwillig in eine bestehende Filmreihe springen würde, und seine gescheiterten Anläufe, bei Disney eine 20.000 Meilen unter dem Meer-Neuinterpretation vom Stapel laufen zu lassen, dürften ihn auch nicht von der Idee schwärmen lassen, für's Maushaus nun die Segel gen Karibik zu setzen. Aber: Allein, dass in Fincher ein abenteuerversessener Knabe steckt, der für Disney einen Effektfilm drehen möchte (wäre das Studio halt was zuvorkommender), macht ihn zu einem guten PotC-Kandidaten. Zumal man disneyfilmhistorisch eine direkte Linie von Käpt'n Nemo zu den verfluchten Piraten ziehen kann.
Noch dazu ist David Fincher bekennender Gore-Verbinski-Fan. Nicht, dass der Regisseur hinter Sieben, Zodiac, Panic Room, Fight Club, Gone Girl und Mank es nötig hätte, noch weiter in meiner Sympathie zu steigen. Aber eine Wertschätzung für Verbinskis Schaffen ist zweifelsohne ein großer Bonus, will man in meiner Fantasie den Pirates of the Caribbean-Regieposten ergattern.
Julia Ducournau
"Zu seltsam", Herr Mazin? Hm? Dann lasst uns das Skript doch der Regisseurin von Raw und Titane überreichen, es ihrem Geschmack anpassen und sie dann mit einem großen Budget in die Karibik verschwinden, wo sie fernab der sich einmischenden Disney-Studiobosse ihr Piratending zuzieht. Das würde mich vorfreudig zappeln lassen. Pirates of the Caribbean war eh schon das hormonell aufgeladenste Franchise unter der Disney-Flagge, mal gucken, was die schräge Bodyhorror-Indie-Französin mit einem Hang für sexuelle Unter-, Zwischen- und Übertöne draus macht!
Und Filmtwitter wieder einmal brennen sehen, weil sich irgendwer an ein Franchise "verkauft" hat, ist auch ein Spaß. (Zumal in einer idealen Welt Hollywood durch Barbie nicht die Lektion lernt "mehr Mattel braucht das Kino", sondern "lasst kreative Frauen mal mit massig Geld haushalten, wird schon".)
Guillermo del Toro
Komm schon, Disney. Lass den Mann wenigstens eine Bahn verfilmen!
Aritz Moreno
Schräger Humor, ein Sinn für große Bilder und das Jonglieren vieler Figuren, gepaart mit einem Auge für's Sonderbare: Von Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden hinein in Disneys Fluch-Karibik. Also, ich fänd's spannend.
Joseph Kosinski
Hat eine etablierte Arbeitsbeziehung mit Disney (Tron: Legacy) und Jerry Bruckheimer (Top Gun: Maverick), kann hervorragende Bilder und die Soundtracks seiner Filme sind im Normalfall absolut klasse. So gesehen trifft er einige der Grundvoraussetzungen für einen Pirates of the Caribbean-Film, auch wenn er aus dieser Liste der am wenigsten "sonderbare" Kandidat wäre. Aber selbst wenn ihm der "Was? Er?!"-Faktor fehlt: Er hat einst Tron: Legacy durchgerungen, was auch nicht gerade der archetypische Disney-Big-Budget-Film ist. Und da wir hier gerade eh träumen: Direkt nach PotC 6 kann er ja auch endlich Tron 3 drehen. (Sorry, Joachim Rønning. Aber wenn ich die Wahl habe zwischen einem Tron-Film von dir und von Kosinski, dann nehme ich Kosinski.)
Alfonso Cuarón
Damit er auch mal in einem Franchise herumwerkelt, für das ich mich erwärmen kann. Und weil ich gespannt wäre, über wie viele Schiffsdecks er einen Longtake gehen lassen würde.
Coralie Fargeat
Die Revenge-Filmemacherin zählt David Cronenberg, David Lynch und Michael Haneke zu ihren Vorbildern, was nun nicht gerade nach einem Abstecher in Disneys Karibik klingt (auch wenn Cronenberg immerhin mit Keira Knightley zusammengearbeitet hat, will man hier Six Degrees of Disney Pirates spielen). Doch nicht nur, dass sie mit ihrer Regiearbeit an der Netflix-Serie The Sandman bewiesen hat, sich nicht vor etablierten Popkulturmarken zu scheuen:
Sie erklärte auch, sich zum absurd-opernhaften Kino zugezogen zu fühlen, und je nach Regisseur war die PotC-Saga auch durchaus eine sehr absurde Rockoper. Noch dazu nennt sie als weiteres Vorbild John Carpenter, und da Pirates of the Caribbean 6 laut Mazin "zu seltsam" wird, hätte Fargeat ja hiermit die Gelegenheit, ihrer Filmografie ein Projekt zuzufügen, das bei ihr ähnlich hervorsticht wie Big Trouble in Little China aus Carpenters.
Gina Prince-Bythewood
The Woman King vereint prunkvolle Action, Entertainment vor historischer Kulisse mit grandiosen Kostümen und nuancierte Charakterköpfe von Figuren, die locker von dramatisch zu schnippisch wechseln können. Der Film ist eigentlich ein starkes Bewerbungsvideo, von Hollywood eine Wagenladung voll Geld und den Auftrag "Hier, mach was Aufwändiges draus" zu erhalten, und mir kann niemand erzählen, dass Pirates of the Caribbean nach The Woman King ein Stilbruch für Prince-Bythewood wäre. Aber für Disney wäre sie eine interessantere Wahl als etwa einem Shawn Levy, Alan Taylor oder (sorry) Kenneth Branagh (der sich doch lieber seinen biografisch motivierten Passionsprojekten, Shakespeare und Agatha Christe widmen sollte, als dem Popcorn-Effektkino) die Zukunft der verfluchten Karibik zu überlassen.
Wen würdet ihr euch für Pirates of the Caribbean 6 wünschen? Und werden wir es jemals schaffen, wieder einen PotC-Film und einen neuen Gore-Verbinski-Film im selben Jahr spendiert zu bekommen? Beantwortet erste Frage gerne in den Kommentaren und drückt für ein "Ja" bezüglich der zweiten Frage die Daumen, me hearties, yo-ho!
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