2018 strahlte der Disney Channel mit der Musicalkomödie Z-O-M-B-I-E-S einen Film aus, der mein Herz im Sturm erobert hat. In einem Farbschema irgendwo zwischen Pastell-Postkartenmotiv und Kaugummi-Verpackung gehalten und mit einer inszenatorischen Energie versehen, die einem Zucker-und-Koffeinschock gleicht, erzählt der Disney Channel Original Movie von der unmöglichen, gesellschaftlich verpönten Liebe zwischen einem menschlichen Cheerleader-Mädchen und einem von einer Football-Karriere träumenden Zombie-Jungen. Absurd, schrill, energiegeladen und superdeutlich in seiner Botschaft ist Z-O-M-B-I-E-S das uneheliche Kind zwischen der campigen Unschuld der High School Musical-Trilogie und dem feistem Fantasy-Camp der Descendants-Reihe. Herrlich.
2020 wurde der Film fortgeführt. Noch lauter. Noch bunter. Noch durchgedrehter. Und erstmals in der Geschichte des Disney Channels mit anamorphem Objektiv im kinoreifen Bildformat 2.39:1 gedreht. Z-O-M-B-I-E-S 2 wurde, wie schon sein Vorgänger, zu einem meiner liebsten Filme seines Jahrgangs. Meine Erwartungen auf Teil drei waren entsprechend hoch.
Hinsichtlich der Ambitionen zielt Z-O-M-B-I-E-S 3 nach oben. Es ist der Film mit dem höchsten Budget innerhalb der Reihe, mit gerüchteweise 20 Millionen Dollar im Rücken, und das sieht man ihm auch zu großen Teilen an. Weiträumigere Schauplätze. Mehr Schauplätze. Die Figuren machen viel mehr Make-up-Veränderungen und Kostümwechsel durch. Es gibt viel mehr Figuren, Punkt. Und Mensch, haut Regisseur Paul Hoen mit (gewollt) knallig-quietschigen Special Effects um sich!
Kein Wunder, dass Z-O-M-B-I-E-S 3 einen auf High School Musical 3: Senior Year macht und die Filmreihe in ein anderes Medium transportiert: Nach jeweils zwei TV-Premieren geht es dieses Mal nicht rüber ins Kino, sondern zu Disney+ (selbst wenn Z-O-M-B-I-E-S 3 weiterhin als Disney Channel Original Movie gelistet wird). Doch qualitativ geht Z-O-M-B-I-E-S 3 für mich leider nicht diesen Weg der Steigerung...
Alien-Invasion
Für Addison (Meg Donnelly) und Zed (Milo Manheim) stehen große Änderungen bevor: Ihr letztes Schuljahr endet bald, und sollte Zed das heiß ersehnte Sport-Stipendium erhalten, so kann er seiner Freundin auf's College folgen — und für alle Nicht-Menschen die Türen zur höheren Bildung aufsprengen. Doch der erhoffte, geordnete Abschied aus Seabrook gestaltet sich für das Grenzen überschreitende Traumpaar plötzlich viel chaotischer als gedacht. Denn die Ankunft von blauhaarigen Aliens stürzt das Städtchen in eine neuen Welle der Intoleranz: Menschen, Zombies und Werwölfe reiben sich gleichermaßen an der Ankunft dieser Neulinge. Nur die weiterhin ihre Identität hinterfragende Addison reagiert offenherzig...
Seabrook lernt einfach nicht dazu. Erst stören sich die Menschen an Zombies, die aus dem Ghetto rauswollen, dann ärgern sich Menschen und Zombies gleichermaßen über die Ankunft von Werwölfen, die in Wahrheit zuerst dieses Land besiedelt haben, dann jedoch von den Menschen in Reservate gescheucht wurden. Und jetzt raufen sich Menschen, Zombies und Werwölfe die Haare, weil Aliens in Seabrook aufschlagen. Das ist wenig originell, hat aber eine löbliche Methode, denn nicht nur Seabrook muss andauernd dazulernen...
Doch in der Umsetzung holpert diese Methode. Die Drehbuchautoren David Light & Joseph Raso predigen mit den Aliens erneut Toleranz, Verständnis und den Willen, sich in die Schuhe seines Gegenübers zu versetzen. Aber der Irrsinn ist futsch, dass Seabrook zugleich mit Hingabe und Irreverenz endlich die Augen über ein realweltlich überdeutlich gemeintes Pendant geöffnet bekommt. Es ist dieses Mal ein "Ja, hier, deutet es, wie ihr wollt, passt schon"-Rundumschlag.
Vor allem aber gerät der "Wir führen schon wieder neue Figuren ein!"-Ansatz ins Holpern, weil sich die Filmschaffenden in der Umsetzung dabei übernehmen, all ihren Figuren gerecht zu werden.
Zu viel des Guten, zu wenig des Irren
Die Aliens platzen förmlich in Zeds und Addisons Vorstellungen dessen, wie ihr Schulabgang verlaufen wird, woraufhin sämtliche Storyentwicklungen massiv ausgebremst werden. Obwohl bereits zahlreiche Wege eingeschlagen wurden, hechten Light und Raso erst im letzten Drittel eilig durch die Charakterentwicklungen und Handlungsbögen.
Das bedeutet: Bei Z-O-M-B-I-E-S 3 drehen die Reifen auf der Stelle, bis es qualmt, und dann knallt der Film im Abschlussakt durch Konflikte, Herzschmerz, Freude, Enthüllungen und Irrwitz, um irgendwie die Story abzurunden. Ganz ohne Gefühl dafür, die ehrlichen Momente so atmen zu lassen, dass es den Figuren emotional gerecht wird, und nur mit einem Bruchteil der Spaßigkeit, die diese Reihe als Camp-Fest so genüsslich macht. Eine Reduzierung der Figuren, oder eine längere Laufzeit, hätte dem Film gut getan. Oder schlicht eine bessere Verteilung der großen Storymomente, denn während sich in der ersten Hälfte kaum etwas tut, aber der Dialogwitz, die Situationskomik und die herrlich-stolze Absurdität der Vorgänger wenigstens ansatzweise erreicht werden, überstürzen sich in der zweiten Hälfte zunehmend die Ereignisse, doch der Entertainment-Faktor bleibt auf der Strecke.
Dessen ungeachtet gelingt es Light & Raso durchaus, ihre Welt und ihre Figuren konsequent weiterzuspinnen und dabei eine hübsche Balance aus unerwarteten Wendungen und "Es kommt, wie es kommen musste" zu finden. Die Ideen sind da, aber sie hätten nochmal schön durchgeknetet werden müssen, bevor der Teig im Ofen landete. Oder so in der Art, wer wäre ich, in einer Kritik zu Z-O-M-B-I-E-S 3 meine Metaphern konsequent durchzudenken?
Hoen kann seine inszenatorische Irreverenz trotz Höher-schneller-weiter-Mentalität und Alien-Zusatz nicht erneut steigern, kreiert aber ein paar hübsch-quirlige Randmomente — Seabrook-High-Maskottchen Shrimpy ist ein echter Szenendieb! Und wenn Zed und Addison mit jugendlichem "Uns gehört die Welt"-Leichtsinn froh durch zig Gefahrensituationen tänzeln, komme ich nicht umher, hoch amüsiert und mit anerkennendem Grinsen im Gesicht mit der Zunge zu schnalzen.
Hoen kann seine inszenatorische Irreverenz trotz Höher-schneller-weiter-Mentalität und Alien-Zusatz nicht erneut steigern, kreiert aber ein paar hübsch-quirlige Randmomente — Seabrook-High-Maskottchen Shrimpy ist ein echter Szenendieb! Und wenn Zed und Addison mit jugendlichem "Uns gehört die Welt"-Leichtsinn froh durch zig Gefahrensituationen tänzeln, komme ich nicht umher, hoch amüsiert und mit anerkennendem Grinsen im Gesicht mit der Zunge zu schnalzen.
Trotzdem wird der Film gen Schluss inszenatorisch bleiern. Wirklich paradox: Erst dreht der Film bildlich und klanglich frei, aber es passiert wenig. Dann überschlägt sich der Inhalt, aber der audiovisuellen Komponente geht die Puste aus. Das große, feierliche Finale mit Rückgriffen auf frühere Highlightszenen wirkt sogar absonderlich beengt in Szene gesetzt. Schade, denn die Szene hätte bei mir als Fan der Vorgänger allein schon aufgrund ihres Konzepts voll einschlagen müssen, statt mir nur ein sanftes Strahlen abzuringen.
Musik, Vielfalt und ein Fazit
An den einmal mehr eingängigen, positiv-verrückten Songs (mit immer größer werdenden Elektro-Einflüssen) können meine Kritikpunkte aber nicht rütteln. Ebenso wenig am Cast: Meg Donnelly und Milo Manheim sind geradezu mit ihren Figuren verschmolzen und glühen vor Spielfreude und Charisma, insbesondere, wenn sie die absurden tonalen Turnübungen meistern dürfen, die dieser Film von ihnen abverlangt. In Sekundenschnelle switchen sie zwischen ironischer Distanz, kindlicher Naivität, Campiness-Gravitas und herzlich-ehrlicher Amüsiertheit, und dennoch wirken ihre Figuren kohärent, nicht etwa wie Fähnchen im Wind.
Auch der altbewährte Neben-Cast scheint sich, dem Mangel an prägnanten Momenten, weiterhin wohl in seinen Rollen zu fühlen und hilft dabei, Z-O-M-B-I-E-S 3 durchweg in seiner eigenen, wirr-irren Welt zu verankern, Pacing-Probleme hin oder her. Unter den Alien-Neuzugängen wiederum bekommt High School Musical: Das Musical: Die Serie-Alumni Matt Cornett fast gar nichts von Belang zu tun, obwohl er einen beachtlichen Anteil der Laufzeit einnimmt, womit wir wieder beim "Zu viele Figuren, die irgendwie da sein müssen, aber nicht zur Geltung kommen"-Problem wären.
Kyra Tantao als A-Li, die auf der Erde ihre aufbrausende und ungeduldige Seite an sich entdeckt, und Terry Hu als A-Spen, die erste nicht-binäre Figur in einem Disney Channel Original Movie, dürfen dem Film derweil etwas stärker ihre Stempel aufdrücken. Wie bei A-Spen Begeisterungsfähigkeit und Begriffsstutzigkeit gewaltig aufeinanderprallen, und Hu dabei ein stets zuvorkommendes, fast schon entschuldigendes Lächeln aufsetzt, hat bei mir für die größten Lacher abseits Shrimpy, Zed und Addison gesorgt.
Somit kommen wir zu meinem ernüchterten, dennoch versöhnlichen Fazit: Z-O-M-B-I-E-S 3 ist weder der Film, den ich wollte, noch der, den ich erhofft habe. Und selbst wenn er mit seinem Glitzer, seinen grellen Effekten und seiner schieren, fast aus den Nähten eines Disney Channel Original Movie platzenden Größe definitiv für viel Razzle Dazzle sorgt. So sorge ich mich, dass der Film aufgrund seiner Struktur, dem gedrosselten Witz und dem überhasteten Jonglieren mit all seinen vielen Figuren, schneller verblassen wird als seine Vorgänger.
Und doch ist es ein lauter, schriller, stolzer, lieber, gesund-beknackter Film, der sich redlich abrackert, seine Vorgänger mit einem großen Finale zu feiern. Kurzweil ist gegeben, und ich kann Light, Raso und Hoen einfach nicht böse für diesen tolldreisten Versuch sein, sich zu übertreffen. Ein Mundwinkel hängt betrübt runter, weil die Drei sich übernehmen. Aber der andere schmunzelt.
Z-O-M-B-I-E-S 3 ist ab dem 15. Juli 2022 auf Disney+ zu sehen.
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