Alle Jahre wieder, gibt's hier im Blog das große Kopfschütteln. Denn wie könnte ich mich Jahr für Jahr durch Hunderte von Filmen ackern, ohne dabei bei einigen Titeln vor Frust und Missfallen jammernd Aufzustöhnen? Und auch wenn sich in den vergangenen Jahren in der Filmkritik-Blase ein Auflehnen gegen Floplisten entwickelt hat, so will ich an meiner Angewohnheit festhalten. Denn zum filmischen Jahresrückblick gehört es doch, nicht nur an die Glanzlichter zurückzudenken, sondern auch an die dunkelsten Schatten. Man muss ja beim Gedanken an diesen Graupen nicht direkt Schläge und Tritte unterhalb der Gürtellinie verteilen. Denn die Tendenz dazu ist doch ein viel größeres Problem als ein Sammelsurium der größten Schwachpunkte?
Bevor es losgeht, rasch noch ein paar obligatorische Anmerkungen: Der Titel dieses Eintrages ist nicht richtig zutreffend, es müsste "Die mir unliebsten Filme 2021" lauten, aber das klingt so ungelenk, dass ich lieber Jahr für Jahr erkläre, was ich meine, statt den Titel zu ändern. Denn ich gehe nach Ablehnhaltung, die ein Film bei mir ausgelöst hat, sei es durch verschenktes Potential, quälende Langeweile oder erzählerische/kunsthandwerkliche Inkompetenz. Außerdem kann ich natürlich nur das beurteilen, was ich auch gesehen habe, das erklärt sich ja wohl von selbst. So, los geht's!
Platz 10: Asphalt Burning (Regie: Hallvard Bræin)
Dank seines Status als Netflix-Originalfilm und der Beteiligung einiger deutscher Stars und Sternchen dürfte dies der hierzulande bekannteste Teil der am zweitinkonsequentesten betitelten Autoactionfilmreihe dieses Jahrtausends sein. Auf Borning: The Fast & The Funniest folgte Børning 2 - On Ice, und dann halt Asphalt Burning. Die norwegische Autorenn-Saga mit Witz und viel Familienkonflikt geriet in den ersten beiden Runden sehr charmant, doch Teil drei fährt alles an die Wand. Die etablierten Figurendynamiken werden unglaubhaft weitergeführt, das Dialogbuch hat sämtlichen Witz verloren und die Action fühlt sich ungeheuerlich bleiern an. Und das, obwohl mit dem Gedanken "Da können wir so schnell sein, wie wir wollen" durch Deutschland gebrettert wird. Gähnend langweilig.
Platz 9: LEGO Star Wars Gruselgeschichten (Regie: Ken Cunningham)
Ich erwarte von LEGO-Specials eigentlich nur eines: Dass sie lustig sind. LEGO Star Wars Gruselgeschichten hat mich nicht nur nicht zum Lachen gebracht, sondern mich derart gelangweilt, dass ich dachte, es sei ein zweistündiger Film, obwohl diese Nummer nur rund eine Dreiviertelstunde geht. Und manche der Gags sind so aggressiv schlecht, dass es mir noch für Stunden die Laune verhagelte. Einfach aggressiv mies.
Platz 8: Halloween Kills (Regie: David Gordon Green)
In Sachen Kameraführung, Lichtsetzung, Schauspiel, Sounddesign, Kostüm, Make-up und so weiter, und so weiter, ist dies klar der am fähigsten umgesetzte Film in meinem Flopranking. Aber die Balance aus erzählerischer Grundidee, dramaturgischer Ausarbeitung des Skripts und inszenatorischer Tonalität ist derart katastrophal, dass Halloween Kills dennoch der von mir am achtmissachteste Film des Jahres ist. Auf konzeptueller Ebene bin ich fasziniert von Greens Gedanken, im Sequel zu seinem wie ein Remake betitelten Halloween-Sequel inhaltlich das auszuerzählen, was das Filmerbe zuvor schon aus dem Serienkiller Michael Myers gemacht hat: Aus einem unerklärlichen, jedoch realistisch denkbaren Gewalttäter wurde sukzessive ein Mysterium, eine tödliche Chiffre, das Böse in Person. Dass also in Halloween Kills aus einer äußerst unwahrscheinlichen, trotzdem weitestgehend realistischen Killerfigur ein mythologisch angehauchtes Ungeheuer wird: Gern, meinetwegen, is' mal was Neues.
Jedoch ist das Slasher-Element von Halloween Kills so knochentrocken und sperrig erzählt sowie im Löwenanteil der Szenen so monoton inszeniert, dass der Film mir weder Thrill noch Spaß geboten hat. Und das, obwohl die Kills für sich betrachtet zum härtesten gehören, das das Halloween-Franchise abseits Rob Zombie zu bieten hat. Und leider ist es nicht so, als hätte Halloween Kills an anderer Stelle umso mehr zu bieten: Die Dialoge sind derart platt und haben solch eine Wachsmalkreide-Verkrampftheit, dass jeglicher Versuch, Halloween intellektuell auf einer Metaebene weiterzubringen, genauso flach fällt, wie die gallig-tumbe Anti-Mob-Mentalität-Gesellschaftskritik.
In anderen Händen hätte Halloween Kills mit dieser Grundidee ein Brett werden können. Ryan Murphy hätte ein campy-sündiges Vergnügen draus machen können, Christopher Landon eine clever-witzige Slasher-Dekonstruktion und Ari Aster hätte den bitteren Witz noch bitterer und das angedachte, verstörende Element auch wirklich zappenduster umsetzen können. So dagegen war Halloween Kills eine Geduldsprobe. Und das nicht auf die Weise, auf die Horrorfilme unsere Nerven strapazieren möchten.
Platz 7: Mosquito State (Regie: Filip Jan Rymsza)
Beim diesjährigen Fantasy Filmfest war die Durchschnittsqualität meiner Ansicht nach außerordentlich. Doch drei gewaltige Ausreißer nach unten gab es. Einer hat die Flops 2021 knapp verpasst, einer hat einen offiziellen deutschen Start für 2022 erhalten, und bei Festivalfilmen verfolge ich in meinen Jahreslisten ja die Regel "Wenn kurz vor Veröffentlichung ein deutscher Start abseits des Festivalzirkus feststeht, gilt der". Und dann ist da noch das Shudder Original Mosquito State, das bisher keinen deutschen Start hat und daher für mich mangels Alternative als 2021er-Film gilt. Die Grundidee ist denkbar simpel: "Was, wenn wir Wall-Street-Spekulanten als Blutsauger darstellen - DIE FILMMETAPHER" Als Kurzfilm hätte dies in der von Filip Jan Rymsza hier gebotenen, eisig-sauberen Bildstilistik super funktioniert, doch als Langfilm ist Rymszas Herangehensweise einfach nicht genug: Die Metapher ist schnell durchschaut, die Länge des Films verwässert die Aussage eher, als sie zu intensivieren, und letztlich habe ich mich nur noch vor Langeweile im Kinosessel gewälzt. Ziemliche Bankrotterklärung für einen Film, der mich eher unbequem zurücklassen müsste wie zahlreiche Mückenstiche.
Platz 6: Jiu Jitsu (Regie: Dimitri Logothetis)
Sterbenslangweiliger, stellenweise auf fast schon beleidigende Weise lieblos runtergefilmter Mix aus Action und Sci-Fi, in dem Frank Grillo und Tony Jaa verschenkt sind und Nicolas Cage in einer Handvoll Szenen ansteckend viel Spaß hat und somit im Alleingang Jiu Jitsu vor einer noch mieseren Platzierung bewahrt.
Platz 5: Nobody Sleeps in the Woods Tonight II (Regie: Bartosz M. Kowalski)
Der erste Nobody Sleeps in the Woods Tonight-Film ist eine wenig originelle, aber passable Slasher-Hommage irgendwo zwischen ständiger Verneigung vor unvergesslichen Genremomenten und reinem Ideenklau, der jedoch durch die neckisch-wendungsreiche Story zumindest annehmbar gerät. Teil zwei, der von ein paar halbseidenen Referenzen auf den Vorgänger abgesehen, praktisch ein In-Name-Only-Sequel ist, nimmt sich vor, das Genre vehementer auf links zu drehen und mischt Killersympathien mit dem Thema "Sinnlichkeit zwischen Monstern". Auch das sind keine völlig neuen Ideen, aber sie sind sehr wohl weniger abgenutzt als die Versatzstücke des Vorläufers, noch dazu in dieser Kombination. Wieso also landet dieser polnische Netflix-Horror in meinen Flops? Nun: Kowalskis interessante Idee gerät zur filmgewordenen Schlaftablette, weil die Figurenzeichnungen ultraflach sind, die Dialoge absolut frei von Witz, Stil oder Charakter und die Regieführung so steif wie ein Bügelbrett, während bildästhetisch "ohne Blitz mit einer Wegwerfkamera in einer Tropfsteinhöhle fotografiert" als Vergleich angebracht ist. Das große Gähnen, im Tandem mit dem enttäuschten Seufzen "Diese Idee hätte was werden sollen".
Platz 4: Happy Family 2 (Regie: Holger Tappe)
Pro: Joko Winterscheidt haut hier als Synchronsprecher echt einen raus.
Contra: Praktisch alles andere. Eine Spannungskurve wie ein vor Wochen umgekippter Besenstiel, eine Figurenanimation, die auf Automatik zu laufen scheint ("solange die Augen alle paar Sekunden blinzeln reicht das für's Gesicht, oder?") und eine Story, die die Sequel-Plage "Komm, wir lassen die Figuren einfach nochmal das Problem und die Lektion aus Teil eins durchlaufen" mit "Öh, irgendwas mit höher, schräger, weiter?!" verquickt. Grausig.
Platz 3: The Reckoning (Regie: Neil Marshall)
Mein Fantasy-Filmfest-Flop 2020 erhielt 2021 seinen offiziellen deutschen Start, und auch mit dem großen Abstand hat sich meine Frustration über dieses Machwerk nicht gelegt. Marshalls "Ist sie eine Hexe oder gibt es Hexen nicht, und ich will einfach nur die Machtgeilheit der Kirche und des Patriarchats vorführen?"-Thriller ist ein Paradebeispiel der inszenatorischen Doppelzüngigkeit: Um seine Horrorwurzeln nicht zu verleugnen, unterwandert Marshall die auf dem Papier so geradlinige "Die Frau ist unschuldig und Opfer einer selbstgefälligen Machtnummer der Männer um sie herum"-Erzählung mit ambivalenten Genreeinflüssen, die übernatürliche Deutungen des Stoffes zulassen. Und der ganze feministische Grundgedanke dieser Handlung wird durch die Kameraführung, die Bildästhetik und die Inszenierung von Marshalls Lebensgefährtin in der Hauptrolle ad absurdum geführt:
Charlotte Kirk räkelt sich sauber rausgeputzt in lasziven Mittelaltermarktkostümen, als sei sie Teil eines Fotoshootings der Sports Illustrated Renaissance Fair Edition. Fehlen nur noch lauter abgemischtes Stöhnen auf der Tonspur und eine "Bowchickawowowow"-Originalmusik für's Softcore-Privatfernsehen-Nachtprogramm. Weißte, wenn du deine Partnerin angesext in einem Erotikfilm in Szene setzen willst, dann mach's halt, aber schnell doch nicht zu Boden, indem du das und einem diesen Gedanken völlig entgegengesetzten Film im selben Atemzug verbrichst!
Platz 2: Aquaslash - Vom Spaßbad zum Blutbad (Regie: Renaud Gauthier)
Eine Wasserrutsche wird zur Todesfalle. Geile, simple, trashig-launige Idee. Was kann da schon schiefgehen? Naja, einfach alles, was über das Verkaufsargument hinausgeht: Grottiges Schauspiel, ein Drehbuch, das Horrorpartystimmung versprühen müsste, aber stattdessen von Minute eins an tot im Chlorwasser schwimmt, ein schwammiger Schnitt und spröde Uninspiriertheit machen alles vor dem blutigen Finale zur Geduldsprobe. Das blutige Finale ist dann sogar ganz lustig, aber es reicht völlig, den Trailer zu schauen. Der bietet alles, was Aquaslash zu bieten hat, ohne den Murks drumherum.
Platz 1: Buddy Games (Regie: Josh Duhamel)
Ich bin den Grown Ups-Filmen wohl fast eine Beinahe-Entschuldigung schuldig: So unangenehm ich die Chaos-Freundesgruppe aus Adam Sandlers "Ich will einfach mit meinen Buddys abhängen"-Filmen auch finde, die sind absolute Musterschüler im Vergleich zu den keinerlei Chemie miteinander aufweisenden Mistkerlen aus Buddy Games. Josh Duhamels Regiearbeit ist eine Art "Grown Ups trifft Catch Me!", nur dass sämtliche Schwächen aus den Adam-Sandler-Abhängkomödien potenziert werden, die Story von Catch Me! (einmal im Jahr stärken Freunde ihre ansonsten allmählich schwindende Bindung zueinander mit einem absurd eskalierenden, kindischen Wettkampf) aufgebrummt bekommen und sämtliche Stärken des Jeremy-Renner-Vehikels auf der Strecke bleiben.
Dass die Typen in Buddy Games nicht im Geringsten Typen sind, mit denen ich abhängen wollte? Geschenkt, ich würde auch niemals mit dem Hangover-Wolfsrudel Junggesellenabschied feiern wollen, da muss man ja um seine Gesundheit, seinen ganzen Lebensentwurf, wenn nicht sogar ums Leben bangen! Aber zwischen ihnen besteht eine witzige Reibung, die dank Todd Phillips' hochwertiger Regie spaßig anzuschauen ist. Und Catch Me! vereint Reibung und glaubwürdig wirkende, enge Bindung zwischen den Freunden mit Selbstironie, Herz und herrlicher Albernheit.
In Buddy Games dagegen glaube ich den Figuren nicht eine Sekunde lang, dass sie Freunde sind, unentwegt ätzt eine Abneigung zueinander aus ihnen heraus, die sich durch deren nerviges Gehabe nur potenziert und mich durch die von Duhamel spürbar intendierte "Na? NA?! COOL, ODER?!"-Brudi-Darstellung richtig wütend macht. Da fallen die propagierten Männer- und Frauenbilder aus der Hölle direkt doppelt schwer ins Gewicht. Kein Film 2021 hat mich mehr damit kämpfen lassen, ihn auszuhalten, als Buddy Games, und dafür gibt es die Flop-Spitzenposition!
Das waren natürlich längst nicht alle Graupen 2021, aber um das Ganze abzurunden, seien zwei gesondert erwähnt, ehe über den Rest der Flops der Mantel des Schweigens gehüllt wird. Zunächst: Mein Beinahe-in-den-Flop-10-gelandet-Filmfestkandidat John and the Hole, eine lästig-grobschlächtige Pubertätssinnkrisemetapher, gehüllt in einem Thrillergewand ohne Thrills, über einen Jungen, der seine Familie in einer Baugrube zurücklässt.
Und dann natürlich Der Duft von wildem Thymian mit Emily Blunt und Jamie Dornan, der unschuldig-banal beginnt und alsbald so hirnrissig-pathetisch und chaotisch-kauderwelschig wird, dass er einmal mit Anlauf auf einen Flop-Podestplatz zu rennt und dann wieder die Kurve kriegt und als "So unfassbar dumm, dass es wieder Spaß macht" endet. Ein Film, um ihn einmal im Jahr feucht-fröhlich zu begießen und sich über ihn zu wundern! Na, schönen Dank auch!
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen