Platz 20: Das schönste Mädchen der Welt (Regie: Aron Lehmann)
Rücksturz in die Teeniefilmära während der unter anderem 10 Dinge, die ich an dir hasse entstanden ist: Das schönste Mädchen der Welt nimmt Elemente aus der Weltliteratur (namentlich Cyrano de Bergerac) und modernisiert sie charmant, leicht augenzwinkernd und mit einem goldigen Mix aus Frechheit und Herzlichkeit. Nach der räudigen, rüpelnden, Gemeinheiten glorifizierten Fack Ju Göhte-Trilogie hebt hier endlich wieder ein deutscher Jugendfilm Freundlichkeit und Belesenheit empor und distanziert sich von den "Tzäck zis auhs"-Kids, die die Fack Ju Göhte-Helden unironisch verehren. Prägnante Raps sowie die tolle Chemie zwischen Aaron Hilmer und Luna Wedler machen Das schönste Mädchen der Welt dem etwas staubigen Titel zum Trotz zu einem Glanzlicht im Jugendkino dieses Jahrzehnts. Holt diesen Film nach! Bitte!
Platz 19: A Star Is Born (Regie: Bradley Cooper)
Bradley Coopers Regiedebüt deutet an, dass der beliebte Schauspieler hinter der Kamera noch allerhand Gutes abliefern könnte: Die neuste Nacherzählung des A Star Is Born-Stoffs besticht mit einer trunken-hypnotischen Kameraarbeit, rau-atemberaubenden Darbietungen und natürlich mit den wuchtigen Songs von Lady Gaga und Bradley Cooper. Dieses Musik-Liebes-Drama über Ruhm, Passion und selbstzerstörerische Tendenzen ist ein kleiner filmischer Rausch, der Erfolgsgeschichtenpathos und kritische Drastik gekonnt vereint.
Platz 18: Destination Wedding (Regie: Victor Levin)
Ich liebe Streitkomödien. Ich liebe keckes Geplänkel zwischen Stars mit umfänglicher Chemie zwischen ihnen. Destination Wedding ist also wie gemacht für mich: Winona Ryder und Keanu Reeves spielen in diesem sehr zurückhaltend inszenierten, kleinen Film zwei Einzelgänger und unangepasste Liebesuntaugliche, die aus reinem Pflichtbewusstsein des werdenden Ehepaares auf eine dekadente Hochzeit auf einem Weingut eingeladen wurden. Schon bei der Anreise reiben sie sich, gleichzeitig entsteht eine zweckgebundene Sympathie zwischen ihnen, sind sie doch in ihren Augen die einzigen normalen Menschen auf dieser Feier, die den ganzen Kitsch hinterfragen. Genialer Dialoghumor voraus!
Platz 17: Der Hauptmann (Regie: Robert Schwentke)
Vom Tatort nach Hollywood und zurück nach Deutschland: Regisseur Robert Schwentke liefert mit seinem ersten deutschsprachigen Film nach rund eineinhalb Karrieredekaden ab - und direkt einmal seinen wohl bislang stärksten Film. Unbequem, aber nicht frei von raren, schwarzhumorig-satirischen Augenblicken, skizziert Der Hauptmann, wie sich im Faschismus die Gewaltspirale hochdreht: Die eine Seite redet sich raus, sie hätte ja Befehle befolgen müssen, die andere Seite redet sich raus, sie hätte die Befehle erteilt, zu denen sie gedrängt wurde. In kaltem Schwarz-Weiß gehalten, frei von Empathie gespielt und in widerlicher emotionaler Drastik ist Der Hauptmann frei von der versöhnlichen Didaktik vieler deutscher NS-Verarbeitungsfilme - und genau so muss es sein (mehr dazu auch in meinem Interview mit Schwentke)!
Platz 16: The Rider (Regie: Chloé Zhao)
Regisseurin Chloé Zhao inszenierte mit diesem (wortwörtlich) aus dem Leben gegriffenen Drama einen der sensibelsten, feinfühligsten und nachdenklichsten Filme des Jahres: In The Rider spielt Rodeoreiter Brady Jandreau quasi sich selbst, nur wenige, winzige Details im Schicksal seiner Figur Brady Blackburn sind anders. Nach einem schweren Unfall muss er sich entscheiden: Verfolgt er nach seiner Genesung weiter diese gefährliche Profession, die jedoch bislang sein ganzes Sein ausgemacht hat? Oder gibt er das auf, was ihn so lange erfüllt und nun beinahe zerstört hat, und sucht sich eine neue Identität? Mit authentischen, berührenden Darbietungen von Laiendarstellern aus Bradys Leben und dokumentarischer Kameraarbeit ist The Rider ein sehr ruhiger Film über Maskulinität, Identitätssuche und der Liebe zu Dingen, die andere Menschen nicht nachvollziehen können.
Platz 15: The House That Jack Built (Regie: Lars von Trier)
Einer der lustigsten Filme des Jahres ist zugleich auch ein Film, der in Cannes für Unverständnis und Massenflucht gesorgt hat. Tja. So unterschiedlich können Filme wirken. In meinen Augen ist Lars von Triers ausuferndes filmisches Getrolle ein verboten gutes Vergnügen: Von Trier zieht über seine Kritiker her, die ihn auf die Gewalt und das Trübsal in seinen Geschichten beschränken, macht sich über seine fehlgeleiteten Fans lustig, über Feuilletonisten, die in jeden Pups in seinen Filmen etwas hineindeuten und über Männer, die denken, ihnen allein gehöre die Welt. Mit bitteren Pointen und trockener Selbstironie versehen, mit herrlich-albernen Ausschweifungen auf themenfremde Sujets und mit einem gleichermaßen intensiven wie witzig-planlosen Matt Dillon in der Hauptrolle hat mir The House That Jack Built bei meinen beiden Kinobesuchen einige der launigsten Kinostunden 2019 beschert. Und die FSK-Freigabe ab 18 Jahren? Übertrieben!
Platz 14: Sibel (Regie: Guillaume Giovanetti und Çağla Zencirci)
Es ist eine Schande, dass dieser türkische Film in Deutschland brutal unterging, denn diese Mischung aus Soziogramm und Charaktergeschichte hat sich mit ihrer Geschichte, ihren Schauspielleistungen und ihren Bildern in mein Gedächtnis gebrannt. Damla Sönmez spielt die Titelfigur, eine junge Frau, die nicht sprechen kann und sich daher allein mit einer in ihrer Region verbreiteten, aber auch langsam aussterbenden Pfeifsprache verständigt. Als Sprachbehinderte wird sie in ihrem Dorf nicht für voll genommen, gleichzeitig erlaubt ihr ihre Situation eine teils befreiende Sonderbehandlung: Sie muss sich als "Freak" einigen gesellschaftlichen Regeln nicht unterwerfen. Diese mit einem großen "Aber" versehene Freiheit stellt Sibel zunehmend in Frage, als sie im Wald einen Deserteur kennenlernt, der sie vorurteilsfrei behandelt. Eindringlich gespielt, mit sanftem Nachdruck erzählt und ausdrucksstark, hat sich Sibel ein viel größeres Publikum verdient!
Platz 13: Mission: Impossible - Fallout (Regie: Christopher McQuarrie)
Atemberaubende Stunts, ein pressender Score, hypnotische Kameraarbeit und reduzierter, doch präzise gesetzter Humor: Die Mission: Impossible-Actionsaga geht weiter, und Christopher McQuarrie legt nach seinem tollen fünften Teil einen umwerfenden sechsten Eintrag in die turbulenten Agentengeschichten der Impossible Mission Force nach. Henry Cavill hat eine imposante Leinwandpräsenz, Rebecca Ferguson bleibt so magnetisch wie im Vorläufer und Tom Cruise beweist einmal mehr, welche wahnsinnige Arbeitsmoral er als Schauspieler und Teufelskerl hat. Saustark.
Platz 12: Keep An Eye Out (Regie: Quentin Dupieux)
Quentin Dupieux, mal zugänglich - und das, ohne sich selber zu verraten: Ein Mann, der eine Leiche gefunden hat, wird von einem spitzfindigen, misstrauischen Polizisten verhört, da dieser das Gefühl hat, dass hier jemand seine mörderische Tat vertuschen will, indem er sich als Passant ausgibt, der schlicht zu spät kam, um einen Toten zu retten. So beginnt ein verworrenes Netz aus Aussagen, Hinterfragungen, Erinnerungen und Suggestionen, pointiert gespielt und mit dezenter Surrealität auf die Leinwand gebracht. Ein großer, kreativer Spaß.
Platz 11: Game Night (Regie: John Francis Daley und Jonathan M. Goldstein)
Man nehme eine Komödie mit bestens aufgelegten Darstellern und tauche sie in eisig-schneidende Thrillerästhetik: Game Night ist eine der am besten aussehenden Mainstreamkomödien dieses Jahrzehnts und holt das Optimum aus ihrer Prämisse "Was, wenn ein Spieleabend durch eine gefährliche Verwechslung zu einem Leben um Spiel und Tod wird?" Jason Bateman ist toll, Kyle Chandler gibt einen tollen Mistkerl ab, Jesse Plemons ist sensationell als verrückter Nachbar, Billy Magnussen ist goldig-witzig und Rachel McAdams ist einfach fantastisch und hat die wohl lustigste Zeile des Filmjahres 2019. Stylisch, temporeich und durch und durch unterhaltsam: Game Night hat's mir angetan und zählt zu den raren Komödien, die auch beim wiederholten Anschauen lustig bleiben.
Fortsetzung folgt ...
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