Samstag, 23. Februar 2019

Die 91. Academy Awards: Wer gewinnt die Oscars 2019?


In der Nacht auf den 25. Februar ist es so weit: Die sonderbarste Oscar-Saison, seit ich die Academy Awards verfolge, nimmt ein Ende. Entscheidungen wurden getroffen, viele von ihnen seltsam, Entscheidungen wurden zurück genommen. Es wurden Filme nominiert, die vielleicht kurzweilig sind, doch niemals nach Oscarmaterial riechen würden (Bohemian Rhapsody als bester Film, wirklich?), und wann immer man dachte, dass die Indikatorpreise eine klare Richtung vorgeben, entstand bald darauf neues Chaos.

A Star Is Born startete mit Hype, Buzz, starken Kritiken, starken US-Einspielergebnissen und einer hervorragenden Kampagne – und geriet schlagartig aus dem Sinn. Roma räumte in Venedig ab, holte massiv Nominierungen und gewann beim Directors Guild Award. Der Netflix-Film verlor aber den Screen Actors Awards den Ensemblepreis an Black Panther und den Producers Guild Award, und somit einen Preis, bei dem wie beim Bester-Film-Oscar nicht einfach nur die meisten Stimmen gezählt werden, sondern das Ranking in einem 'Preferential Ballot', an Green Book. Und dann heißt es zudem seitens zahlreicher Oscar-Insider, dass ihre Quellen in der Academy von einem Unmut darüber sprechen, Netflix den Toppreis zu geben, dass viele Roma gar nicht sehen wollen oder zu langatmig finden. Vom simplen Fakt, dass noch nie ein fremdsprachiger Film den Haupt-Oscar gewonnen hat, mal ganz abgesehen! (The Artist ist streng genommen eine französische Produktion, aber zum größten Teil ein Stummfilm und die wenigen Wortfetzen des Films sind in englischer Sprache)

Also? Wer wird die Oscars 2019 gewinnen? Basierend auf Indikatorpreisen, Oscar-Statistiken, dem Geflüster diverser Oscar-Berichterstattungen und einer Prise Bauchgefühl habe ich mich zu dieser Prognose durchgerungen:

Beste Hauptdarstellerin
Yalitza Aparicio (Roma)
Glenn Close (Die Frau des Nobelpreisträgers)
Olivia Colman (The Favourite)
Lady Gaga (A Star Is Born)
Melissa McCarthy (Can You Ever Forgive Me?)

Lange dachten wir, es sei Lady Gagas sicherer Preis, doch seit Glenn Closes passionierter Golden-Globe-Dankesrede gilt ihr sämtliche Aufmerksamkeit – und das geschah früh genug, um die Abstimmung bei diversen anderen Preisen zu beeinflussen. Wenn nicht Close gewann, staubte Olivia Colman ein bisschen Anerkennung ab – sollte Close nicht den Oscar gewinnen, wäre die The Favourite-Königin also die nächstbeste Möglichkeit.

Bester Hauptdarsteller
Christian Bale (Vice)
Bradley Cooper (A Star Is Born)
Willem Dafoe (At Eternity's Gate)
Rami Malek (Bohemian Rhapsody)
Viggo Mortensen (Green Book)

Egal, wie viel Unverständnis der Preissegen für Bohemian Rhapsody in Teilen der Filmfan-Community erhält, ganz gleich, wie viele erschütternde Berichte und Anschuldigungen über Regisseur Bryan Singer noch ans Licht kommen: Rami Malek tanzte sich unbehelligt durch diese Awardssaison und sein PR-Team eichte ihn rechtzeitig darauf ein, die Taktik von "Ich ignoriere die Causa Singer" zu wechseln und auf den Elefanten im Raum einzugehen. Es ist eine auffällige, aber auch passionierte Performance, der Film ruht auf ihren Schultern – dieser Sieg sollte ziemlich sicher sein.

Beste Nebendarstellerin
Amy Adams (Vice)
Marina de Tavira (Roma)
Regina King (Beale Street)
Emma Stone (The Favourite)
Rachel Weisz (The Favourite)

Der neue Film des Moonlight-Regisseurs Barry Jenkins wird von Kritikern geachtet, in der Awardssaison fehlt es ihm jedoch an Durchsetzungsvermögen – abgesehen von Regina King, die bereits mehrere Preise erhielt. Da die Konkurrenz aus einer Unbekannten besteht, deren Film nicht nur Fans hat, sondern auch Boykottler, der ewigen Oscar-Brautjungfer Amy Adams sowie zwei starken Schauspielerinnen, die sich gegenseitig die Stimmen klauen sollten, halte ich King für einen sicheren Tipp. Nicht auf Rami-Malek-Niveau. Aber sicher.

Bester Nebendarsteller
Mahershala Ali (Green Book)
Adam Driver (BlacKkKlansman)
Sam Elliott für A Star Is Born
Richard E. Grant (Can You Ever Forgive Me?)
Sam Rockwell (Vice)

Die Gewinner der Screen Actors Guild Awards sind immer gute Oscar-Tipps, wobei es gerne einen Ausreißer gibt. Sollte es dieses Jahr wieder dazu kommen, dass ein SAG-Gewinner keinen Oscar erhält, wäre Mahershala Ali mein Tipp. Er gewann erst vor zwei Jahren, was bei unentschlossenen Oscar-Votern dazu führen könnte, ihrem anderen Favoriten die Stimme zu geben. Can You Ever Forgive Me? gilt als in der Branche beliebt und Film, der es bei einem festen Zehnerfeld in die Hauptkategorie rein geschafft hätte, und Richard E. Grant soll in den vergangenen Wochen bei diversen Award-Veranstaltungen enormen Eindruck hinterlassen haben. Und wenn Ali "fällt", fällt der stärkste Pfeiler der Green Book-Zuneigung. Da ich darauf tippe, dass der Green Book-Erfolgszug seine letzte Station bereits hinter sich hatte, gehe ich hier ein wenig gegen die Weisheit der Statistik und sage: Es wird Grant. Wollt ihr bei eurem Oscar-Tippspiel auf Nummer sicher gehen, nehmt ihr aber Ali!

Bester Song
"Shallow" aus A Star Is Born
"The Place Where Lost Things Go" aus Mary Poppins' Rückkehr
"I'll Fight" aus RBG
"All of the Stars" aus Black Panther
"When A Cowboy Trades His Spurs for Things" aus The Ballad of Buster Scruggs

Keine Debatte. Wenn es einen Tipp gibt, der sicherer ist als Rami Malek, dann ist es "Shallow".

Beste Musik
Black Panther
BlacKkKlansman
Beale Street
Isle of Dogs
Mary Poppins' Rückkehr

"Beste Musik" ist dieses Jahr die Kategorie, in der Statistikweisheit und "gefühlte" Weisheit am weitesten auseinander gehen. Hört man auf Oscar-Blogger und Kritiker, und schaut man, welche Musik in der (US-)Filmfan-Community am meisten hängen geblieben ist, so müsste man auf Beale Street tippen. Jenkins' Film wurde schon in zahlreichen YouTube-Montagen gewürdigt und bezirzte genau die demografische Zielgruppe, die die meisten Oscar-Blogs, -Podcasts und -Kolumnen verantwortet. Aber rein statistisch stehen Black Panther und BlacKkKlansman besser da.

Mich überrascht noch immer BlacKkKlansmans Nominierung, da der Film auch sehr prägnant auf Archivmusik setzt, was schon zahlreichen beliebten Filmen die Qualifikation für den Oscar kostete. Nun hat es Spike Lees zorniger, dennoch auch spaßiger Film aber geschafft und Terence Blanchard ist ein geachteter Komponist, der dem Film Gänsehautmomente verleiht. Aber Black Panther ist mit seiner Mischung aus afrikanischen Chorälen, energischer Percussion und Hip-Hop-Elementen eine Spur griffiger … Ich sage: Black Panther krallt sich den Sieg.

Bester Schnitt
BlacKkKlansman
Bohemian Rhapsody
The Favourite
Green Book
Vice

Der Schnitt-Oscar geht sehr oft entweder an den BAFTA-Gewinner für den besten Schnitt oder einen Sieger beim Cutter-Gildenpreis, was dieses Jahr The Favourite (gewann "Bester Schnitt einer Komödie") oder Bohemian Rhapsody ("Bester Schnitt eines Dramas") wäre. Mit einem Sieg für Bohemian Rhapsody würde die Academy beweisen, dass sie sich nur auf die gelungenen Momente eines Films konzentriert. Denn so mitreißend das Konzertfinale des Films geschnitten ist, sind diverse ruhigere Momente in den ersten zwei Filmdritteln … Naja … Sagen wir: John Ottman musste mit dem arbeiten, was er hatte, und das hat diesen eigentlich talentierten Cutter zu so manch grobschlächtigen Lösungen verleitet.


The Favourite halte ich für zu unaufdringlich geschnitten – der Schnitt ordnet sich dem Film unter, während der in Vice auf sich aufmerksam macht, was dieses Jahrzehnt bislang auf alle Gewinner in dieser Sparte zutrifft. Daher setze ich auf Vice, wobei eine Trosttrophäe für Ottman, der während der Arbeit an Bohemian Rhapsody nervlich sicher einige Jahre gealtert ist, nicht auszuschließen ist.

Beste Kamera
Cold War
The Favourite
Werk ohne Autor
A Star Is Born
Roma

Kleine, spaßige Statistikinfo: Filme, die für das beste Produktionsdesign nominiert sind, gewinnen häufiger den Kamera-Preis als Filme, die nicht in der "Nachbar-Kategorie" nominiert sind. Mit dieser argumentativen Krücke heißt es dieses Jahr: Roma gegen The Favourite, und da tippe ich auf den Film, der sich viel stärker auf seine Bilder verlässt, also Roma.

Bestes Produktionsdesign
Black Panther
The Favourite
Aufbruch zum Mond
Mary Poppins' Rückkehr
Roma

Urbanes Design, Low-Sci-Fi und afrikanische Folklore, vereint zum faszinierenden Wakanda? Oder doch The Favourite, das als stilvoll, detailliert ausstaffierter Historienfilm wahre Katzenminze für die Academy in dieser Kategorie ist? Ich denke, dass dies die zwei Filme sind, die diesen Oscar sowie "Beste Kostüme" unter sich ausmachen, und ich teile meinen Tipp, indem ich The Favourite in seiner noch deutlicheren Heimatkategorie nehme (wo Black Panther zudem den Nachteil hat, als kontemporärer Film weniger Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen) und hier auf Marvel setze.

Beste Kostüme
The Ballad of Buster Scruggs
Black Panther
The Favourite
Mary Poppins' Rückkehr
Maria Stuart, Königin von Schottland

Siehe oben.

Bestes Make-up & Hairstyling
Border
Maria Stuart, Königin von Schottland
Vice

Das Rennen sollte knapp unter Rami-Malek-Niveau sicher sein.

Bester Animationsfilm
Chaos im Netz
Mirai
Die Unglaublichen 2
Isle of Dogs
Spider-Man – A New Universe

Das Rennen sollte etwa auf Rami-Malek-Niveau sicher sein. Andererseits hat Pixar schonmal einem verdienten Sieger den Preis weggenommen – wir erinnern uns an das Merida-Debakel …

Bester fremdsprachiger Film
Capernaum
Cold War
Roma
Shoplifters
Werk ohne Autor

Sind wir kurz spitzfindig: In der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" gewinnt selten der Favorit (und vermeintlich sichere Tipp) der Oscar-Experten. The Square verlor vergangenes Jahr gegen Eine fantastische Frau. Toni Erdmann verlor gegen (den eh viel besseren) The Salesman. Leviathan und Wild Tales verloren gegen Ida. Die Jagd verlor gegen La Grande Bellezza. Ja, bei den 85. Ocars gewann Liebe von Michael Haneke. Und die 88. Academy Awards nehme ich aus meiner Argumentationskette mal raus, denn damals teilten sich (der letztliche Gewinner) Son of Saul, Mustang und A War die gefühlte Spitzenposition.

Dennoch ließe sich eine Logik herbeireden, laut der Roma diesen Preis nicht nach Hause nimmt. Zumal Florian Henckel von Donnersmarck schon einmal dem international geachteten (und in mehreren anderen Kategorien nominierten), spanisch sprachigen Nominierten die Show gestohlen hat. Aber machen wir uns nichts vor: Selbst wenn die Historie andeutet, dass Roma nicht gewinnen muss, würde ich im Dunkeln stochern, welcher Film stattdessen gewinnt. Also bleibe ich bei Roma.

Beste Dokumentation
Free Solo
Hale County This Morning, This Evening
Minding the Gap
Of Fathers and Sons
RBG

Es wird entweder die visuell aufreibende Kletterdoku Free Solo oder RBG über Ruth Bader Ginsburg, die "Omi der Gerechtigkeit", wie The LEGO Movie 2 sie kürzlich taufte. Free Solo hat laut Oscar-Bloggern die Nase vorne, aber abgesehen von den Musikdokus Amy und 20 Feet from Stardom, der The Act of Killing den Oscar wegschnappte, gewann dieses Jahrzehnt durchweg eine politische Doku. Es steht also 3:1, dass doch RBG gewinnt. Und darauf verlasse ich mich jetzt einfach.

Bestes adaptiertes Drehbuch
BlacKkKlansman
The Ballad of Buster Scruggs
Can You Ever Forgive Me?
Beale Street
A Star Is Born

Das machen gemäß der bisherigen Preissaison Beale Street, Can You Ever Forgive Me? und BlacKkKlansman unter sich aus, und ich sage einfach, dass sich Spike Lee mit dem Autorenbonus durchsetzt.

Bestes Original-Drehbuch
The Favourite
First Reformed
Green Book
Roma
Vice

Da ich die "Green Book ist ausgebrannt"-Theorie fahre, und Vice zwar Fans hat (sonst wäre er ja nicht nominiert), die Fanbase aber klein zu sein scheint, und der wortkarge Roma jetzt nicht gerade der typische Drehbuchgewinner ist, wird es in meinen Augen ein Duell zwischen den schnippischen, flotten Dialogen in The Favourite und "Paul Schrader, Autor von Taxi Driver und Wie ein wilder Stier, wir schulden dir was!" Und da tendiere ich zum insgesamt populäreren Film.

Bester Tonschnitt
Black Panther
Bohemian Rhapsody
Aufbruch zum Mond
A Quiet Place
Roma

Irgendwie kann es jeder Film werden, doch da A Quiet Place ein insgesamt sehr gut besprochener Film ist, der letztlich dennoch nur eine Oscar-Nominierung erhalten hat, mutmaße ich, dass dies die Chance für Fans des Films ist, ihn zu würdigen.

Bester Ton
Black Panther
Bohemian Rhapsody
Aufbruch zum Mond
Roma
A Star Is Born

Musik, Dialog, atmosphärische Geräusche, satt abgemischt - Bohemian Rhapsody ist wie gemacht für diese Kategorie. Aber man könnte sich jeden Film zum Sieg reden. Aufbruch zum Mond könnte seinen Anerkennungspreis erhalten, Black Panther hat den Actionbonus, Roma wurde intensiv für seine Dolby-Atmos-Abmsichung gelobt (jedoch stellt sich die Frage, wie viele Academy-Mitglieder den Film in Atmos sehen konnten), A Star Is Born hat dieselbe Argumentationskette hinter sich wie Bohemian Rhapsody. Aber ich sage, dass die mitreißende Wirkung von Queen-Musik Bohemian Rhapsody über die Ziellinie trägt.

Beste Effekte
Avengers | Infinity War
Christopher Robin
Aufbruch zum Mond
Ready Player One
Solo: A Star Wars Story

Wie sich das Blatt drehen kann: Laut Oscar-Experten vermasselten die Christopher Robin-Repräsentanten ihre Präsentation während der großen Effekt-Nominierungsveranstaltung, während der sich alle vornominierten Filme in Szene setzen konnten. Daher nahm ich den Film trotz seiner großartigen, täuschend echten Trickeffekte aus meiner Nominierungsprognose heraus. Und dennoch hat es Christopher Robin rein geschafft. Und nun vernehme ich aus mehreren Oscar-Blogs sowie via mehrerer Twitter-Quellen, dass in der Kampagnenphase Christopher Robin die vermasselte Livepräsentation mit einer herausragenden Materialzusammenstellung für die Academy wieder gut macht.

Oft heißt es in dieser Kategorie "viel hilft viel", und da müsste Avengers | Infinity War mit seinen überzeugenden digitalen Welten und der umwerfenden Charakteranimation des Schurken Thanos die Nase vorne haben. Aber ich spiele hier Risiko und will den Ruhm haben, eine Überraschung vorherzusagen, sollte sie geschehen. Das macht mir oft die Prognose kaputt, aber mir egal: Ich sage, Christopher Robin ist der neue Ex_Machina und schlägt die kostspieligere Konkurrenz. Das wäre quasi auch ein Oscar fürDeutschland. Das freut dann die Morning Shows im hiesigen Radio. Wenn sie dahintersteigen.

Bester Animationskurzfilm
Animal Behaviour
Bao
Late Afternoon
One Small Step
Weekends

Oft gewinnt der bekannteste Kurzfilm, und das wäre dann der Pixar-Eintrag Bao. Na, wohl bekommt's!

Bester Kurzfilm
Detainment
Fauve
Marguerite
Mother
Skin

Unter vier pessimistischen Kurzfilmen sticht Marguerite mit Optimismus hervor. Dies ist eine Kategorie, in der viele Academy-Mitglieder auf eine Stimme verzichten, es sei denn, sie haben alle Einträge gesehen. Ich fahre hier die "Was blieb nach dem Kurzfilmmarathon hängen?"-Taktik.

Bester Doku-Kurzfilm
Black Sheep
End Game
Period. End of the Sentence.
Life Boat
A Night at the Garden

Siehe oben, nur mit Period. End of the Sentence.. Punkt, Ende, aus.

Beste Regie
Adam McKay (Vice)
Alfonso Cuarón (Roma)
Pawel Pawlikowski (Cold War)
Yorgos Lanthimos (The Favourite)
Spike Lee (BlacKkKlansman)

Selbst wenn ich Roma im Hauptrennen wie eingangs erwähnt als wacklig ansehe, halte ich Alfonso Cuarón für eine sichere Wette. Er gewann den Regie-Gewerkschaftspreis und den BAFTA, zwei Preise, bei denen es einige Abstimmungsberechtigte gibt, die auch Academy-Mitglieder sind. Zudem ist Roma durch und durch ein Kamera- und Regiefilm. Wer ihn unterstützt, unterstützt ihn auch hier.

Bester Film
BlacKkKlansman
Black Panther
Bohemian Rhapsody
The Favourite
Green Book
Roma
A Star Is Born
Vice

Wie eingangs geschrieben: Die Indikatorpreise sind dieses Jahr kaum zu gebrauchen (eine Sache, die sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr steigerte), also geht es ans Orakeln: Seit in dieser Kategorie eine Präferenzliste ausgewertet wird, geht dieser Preis nicht dringend an den Film mit der lautesten Fanbase (das wäre vor zwei Jahren dann wahrscheinlich La La Land gewesen und vergangenes Jahr … öh … Dunkirk? Get Out?), sondern an den Film, mit dem sich die verschiedenen Lager innerhalb der Academy am ehesten anfreunden können.

Green Book wird einige Stimmen auf Platz eins und Platz zwei einsammeln – aber nicht genug, um im ersten oder zweiten Zähldurchlauf schon zu gewinnen. Es fehlt dem Film etwa an Rückhalt in der Regiesparte, die Peter Farrelly nicht einmal nominiert hat – und Green Book ist kein Argo, der die gesamte verbleibende Oscar-Saison mit dem Thema "Wir haben vergessen, Ben Affleck zu nominieren!" positiv an sich riss. Green Book wird, wie der Backlash gegen den Film suggeriert, einige sehr tiefe Platzierungen von jüngeren und nicht-weißen Academy-Mitgliedern erhalten. Wage ich zu behaupten.

Roma hat mit dem Regie-Gewerkschaftspreis und seinen diversen BAFTA-Siegen ein sehr gutes Blatt in der Hand – und doch kann ich mir nicht vorstellen, dass Roma oft genug auf der Eins und der Zwei landet, um durchzumaschieren. Auch hier werden Stimmen auf der Drei notwendig sein, und dafür ist Roma zu sehr "lieb es oder sei gelangweilt, sofern du es überhaupt geguckt hast". BlacKkKlansman wäre eine Zeitgeistwahl, ein Statement und zudem ein Film, der durch seine Kombination aus Wut und Humor einige passionierte Fans haben dürfte – und dann wird er sicher einigen Academy-Mitgliedern zu belehrend sein. Vice hat ein ähnliches Negativargument, zudem fehlen ihm die laut überzeugten Stimmen. The Favourite begeistert fast alle, die ihn gesehen haben, aber wurde er genug gesehen, um sich durchzusetzen? Nach Spotlight und Moonlight ist das nicht auszuschließen.

Aber: Obwohl Black Panther nicht eine einzige Schauspielnominierung hat, hat er Rückhalt seitens Schauspielerinnen und Schauspieler (siehe: Ensemblepreis bei den SAG Awards). Er sollte von jenen, die BlacKkKlansman auf die Eins setzen, einen zweiten Platz erhalten. Wer den Netflix-Bias bewältigt, um für Roma zu stimmen, wird nicht fern davon sein, auch den Superhelden-Bias zu überkommen. Es war ein riesiges kulturelles Ereignis in den USA – und somit sollte er konsensfähig sein. Die Prognose in dieser Sparte ist dieses Jahr ein reines Tippspiel, also, was soll's? Ich sag Black Panther!

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