In der Nacht auf den 25. Februar ist es
so weit: Die sonderbarste Oscar-Saison, seit ich die Academy Awards
verfolge, nimmt ein Ende. Entscheidungen wurden getroffen, viele von
ihnen seltsam, Entscheidungen wurden zurück genommen. Es wurden
Filme nominiert, die vielleicht kurzweilig sind, doch niemals nach
Oscarmaterial riechen würden (Bohemian Rhapsody
als bester Film, wirklich?), und wann immer man dachte, dass die
Indikatorpreise eine klare Richtung vorgeben, entstand bald darauf
neues Chaos.
A Star Is Born
startete mit Hype, Buzz, starken Kritiken, starken
US-Einspielergebnissen und einer hervorragenden Kampagne – und
geriet schlagartig aus dem Sinn. Roma räumte in
Venedig ab, holte massiv Nominierungen und gewann beim Directors
Guild Award. Der Netflix-Film verlor aber den Screen Actors Awards
den Ensemblepreis an Black Panther und den
Producers Guild Award, und somit einen Preis, bei dem wie beim
Bester-Film-Oscar nicht einfach nur die meisten Stimmen gezählt
werden, sondern das Ranking in einem 'Preferential Ballot', an
Green Book. Und dann heißt es zudem seitens
zahlreicher Oscar-Insider, dass ihre Quellen in der Academy von einem
Unmut darüber sprechen, Netflix den Toppreis zu geben, dass viele
Roma gar nicht sehen wollen oder zu langatmig
finden. Vom simplen Fakt, dass noch nie ein fremdsprachiger Film den
Haupt-Oscar gewonnen hat, mal ganz abgesehen! (The
Artist ist streng genommen eine französische Produktion,
aber zum größten Teil ein Stummfilm und die wenigen Wortfetzen des
Films sind in englischer Sprache)
Also? Wer wird die Oscars 2019
gewinnen? Basierend auf Indikatorpreisen, Oscar-Statistiken, dem
Geflüster diverser Oscar-Berichterstattungen und einer Prise
Bauchgefühl habe ich mich zu dieser Prognose durchgerungen:
Beste Hauptdarstellerin
Yalitza Aparicio (Roma)
Glenn Close (Die Frau
des Nobelpreisträgers)
Olivia Colman (The
Favourite)
Lady Gaga (A Star Is Born)
Melissa McCarthy (Can You Ever
Forgive Me?)
Lange dachten wir, es sei Lady Gagas
sicherer Preis, doch seit Glenn Closes passionierter
Golden-Globe-Dankesrede gilt ihr sämtliche Aufmerksamkeit – und
das geschah früh genug, um die Abstimmung bei diversen anderen
Preisen zu beeinflussen. Wenn nicht Close gewann, staubte Olivia
Colman ein bisschen Anerkennung ab – sollte Close nicht den Oscar
gewinnen, wäre die The Favourite-Königin also
die nächstbeste Möglichkeit.
Bester Hauptdarsteller
Christian Bale (Vice)
Bradley Cooper (A Star Is
Born)
Willem Dafoe (At Eternity's
Gate)
Rami Malek (Bohemian
Rhapsody)
Viggo Mortensen (Green
Book)
Egal, wie viel Unverständnis der
Preissegen für Bohemian Rhapsody in Teilen der
Filmfan-Community erhält, ganz gleich, wie viele erschütternde
Berichte und Anschuldigungen über Regisseur Bryan Singer noch ans
Licht kommen: Rami Malek tanzte sich unbehelligt durch diese
Awardssaison und sein PR-Team eichte ihn rechtzeitig darauf ein, die
Taktik von "Ich ignoriere die Causa Singer" zu wechseln und
auf den Elefanten im Raum einzugehen. Es ist eine auffällige, aber
auch passionierte Performance, der Film ruht auf ihren Schultern –
dieser Sieg sollte ziemlich sicher sein.
Beste Nebendarstellerin
Amy Adams (Vice)
Marina de Tavira (Roma)
Regina King (Beale
Street)
Emma Stone (The Favourite)
Rachel Weisz (The
Favourite)
Der neue Film des
Moonlight-Regisseurs Barry Jenkins wird von
Kritikern geachtet, in der Awardssaison fehlt es ihm jedoch an
Durchsetzungsvermögen – abgesehen von Regina King, die bereits
mehrere Preise erhielt. Da die Konkurrenz aus einer Unbekannten
besteht, deren Film nicht nur Fans hat, sondern auch Boykottler, der
ewigen Oscar-Brautjungfer Amy Adams sowie zwei starken
Schauspielerinnen, die sich gegenseitig die Stimmen klauen sollten,
halte ich King für einen sicheren Tipp. Nicht auf Rami-Malek-Niveau.
Aber sicher.
Bester Nebendarsteller
Mahershala Ali (Green
Book)
Adam Driver (BlacKkKlansman)
Sam Elliott für A Star Is
Born
Richard E. Grant (Can
You Ever Forgive Me?)
Sam Rockwell (Vice)
Die Gewinner der Screen Actors Guild
Awards sind immer gute Oscar-Tipps, wobei es gerne einen Ausreißer
gibt. Sollte es dieses Jahr wieder dazu kommen, dass ein SAG-Gewinner
keinen Oscar erhält, wäre Mahershala Ali mein Tipp. Er gewann erst
vor zwei Jahren, was bei unentschlossenen Oscar-Votern dazu führen
könnte, ihrem anderen Favoriten die Stimme zu geben. Can
You Ever Forgive Me? gilt als in der Branche beliebt und
Film, der es bei einem festen Zehnerfeld in die Hauptkategorie rein
geschafft hätte, und Richard E. Grant soll in den vergangenen Wochen
bei diversen Award-Veranstaltungen enormen Eindruck hinterlassen
haben. Und wenn Ali "fällt", fällt der
stärkste Pfeiler der Green Book-Zuneigung. Da ich
darauf tippe, dass der Green Book-Erfolgszug seine
letzte Station bereits hinter sich hatte, gehe ich hier ein wenig
gegen die Weisheit der Statistik und sage: Es wird Grant. Wollt ihr
bei eurem Oscar-Tippspiel auf Nummer sicher gehen, nehmt ihr aber
Ali!
Bester Song
"Shallow" aus A
Star Is Born
"The Place Where Lost Things Go"
aus Mary Poppins' Rückkehr
"I'll Fight" aus RBG
"All of the Stars" aus
Black Panther
"When A Cowboy Trades His Spurs
for Things" aus The Ballad of Buster Scruggs
Keine Debatte. Wenn es einen Tipp gibt,
der sicherer ist als Rami Malek, dann ist es "Shallow".
Beste Musik
Black Panther
BlacKkKlansman
Beale Street
Isle of Dogs
Mary Poppins' Rückkehr
"Beste Musik" ist dieses Jahr
die Kategorie, in der Statistikweisheit und "gefühlte"
Weisheit am weitesten auseinander gehen. Hört man auf Oscar-Blogger
und Kritiker, und schaut man, welche Musik in der
(US-)Filmfan-Community am meisten hängen geblieben ist, so müsste
man auf Beale Street tippen. Jenkins' Film wurde
schon in zahlreichen YouTube-Montagen gewürdigt und bezirzte genau
die demografische Zielgruppe, die die meisten Oscar-Blogs, -Podcasts
und -Kolumnen verantwortet. Aber rein statistisch stehen Black
Panther und BlacKkKlansman besser da.
Mich überrascht noch immer
BlacKkKlansmans Nominierung, da der Film auch sehr
prägnant auf Archivmusik setzt, was schon zahlreichen beliebten
Filmen die Qualifikation für den Oscar kostete. Nun hat es Spike
Lees zorniger, dennoch auch spaßiger Film aber geschafft und Terence
Blanchard ist ein geachteter Komponist, der dem Film Gänsehautmomente
verleiht. Aber Black Panther ist mit seiner
Mischung aus afrikanischen Chorälen, energischer Percussion und
Hip-Hop-Elementen eine Spur griffiger … Ich sage: Black
Panther krallt sich den Sieg.
Bester Schnitt
BlacKkKlansman
Bohemian Rhapsody
The Favourite
Green Book
Vice
Der Schnitt-Oscar geht sehr oft
entweder an den BAFTA-Gewinner für den besten Schnitt oder einen
Sieger beim Cutter-Gildenpreis, was dieses Jahr The
Favourite (gewann "Bester Schnitt einer Komödie")
oder Bohemian Rhapsody ("Bester Schnitt eines
Dramas") wäre. Mit einem Sieg für Bohemian
Rhapsody würde die Academy beweisen, dass sie sich nur auf
die gelungenen Momente eines Films konzentriert. Denn so mitreißend
das Konzertfinale des Films geschnitten ist, sind diverse ruhigere
Momente in den ersten zwei Filmdritteln … Naja … Sagen wir: John
Ottman musste mit dem arbeiten, was er hatte, und das hat diesen
eigentlich talentierten Cutter zu so manch grobschlächtigen Lösungen
verleitet.
The Favourite halte
ich für zu unaufdringlich geschnitten – der Schnitt ordnet sich
dem Film unter, während der in Vice auf sich
aufmerksam macht, was dieses Jahrzehnt bislang auf alle Gewinner in
dieser Sparte zutrifft. Daher setze ich auf Vice,
wobei eine Trosttrophäe für Ottman, der während der Arbeit an
Bohemian Rhapsody nervlich sicher einige Jahre
gealtert ist, nicht auszuschließen ist.
Beste Kamera
Cold War
The Favourite
Werk ohne Autor
A Star Is Born
Roma
Kleine, spaßige Statistikinfo: Filme,
die für das beste Produktionsdesign nominiert sind, gewinnen
häufiger den Kamera-Preis als Filme, die nicht in der
"Nachbar-Kategorie" nominiert sind. Mit dieser
argumentativen Krücke heißt es dieses Jahr: Roma
gegen The Favourite, und da tippe ich auf den
Film, der sich viel stärker auf seine Bilder verlässt, also
Roma.
Bestes Produktionsdesign
Black Panther
The Favourite
Aufbruch zum Mond
Mary Poppins' Rückkehr
Roma
Urbanes Design, Low-Sci-Fi und
afrikanische Folklore, vereint zum faszinierenden Wakanda? Oder doch
The Favourite, das als stilvoll, detailliert
ausstaffierter Historienfilm wahre Katzenminze für die Academy in
dieser Kategorie ist? Ich denke, dass dies die zwei Filme sind, die
diesen Oscar sowie "Beste Kostüme" unter sich ausmachen,
und ich teile meinen Tipp, indem ich The Favourite
in seiner noch deutlicheren Heimatkategorie nehme (wo Black
Panther zudem den Nachteil hat, als kontemporärer Film
weniger Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen) und hier auf Marvel setze.
Beste Kostüme
The Ballad of Buster
Scruggs
Black Panther
The Favourite
Mary Poppins' Rückkehr
Maria Stuart, Königin von
Schottland
Siehe oben.
Bestes Make-up &
Hairstyling
Border
Maria Stuart, Königin von
Schottland
Vice
Das Rennen sollte knapp unter
Rami-Malek-Niveau sicher sein.
Bester Animationsfilm
Chaos im Netz
Mirai
Die Unglaublichen 2
Isle of Dogs
Spider-Man – A New
Universe
Das Rennen sollte etwa auf
Rami-Malek-Niveau sicher sein. Andererseits hat Pixar schonmal einem
verdienten Sieger den Preis weggenommen – wir erinnern uns an das
Merida-Debakel …
Bester fremdsprachiger
Film
Capernaum
Cold War
Roma
Shoplifters
Werk ohne Autor
Sind wir kurz spitzfindig: In der
Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" gewinnt selten der
Favorit (und vermeintlich sichere Tipp) der Oscar-Experten. The
Square verlor vergangenes Jahr gegen Eine
fantastische Frau. Toni Erdmann verlor
gegen (den eh viel besseren) The Salesman.
Leviathan und Wild Tales
verloren gegen Ida. Die Jagd
verlor gegen La Grande Bellezza. Ja, bei den 85.
Ocars gewann Liebe von Michael Haneke. Und die 88.
Academy Awards nehme ich aus meiner Argumentationskette mal raus,
denn damals teilten sich (der letztliche Gewinner) Son of
Saul, Mustang und A War
die gefühlte Spitzenposition.
Dennoch ließe sich eine Logik
herbeireden, laut der Roma diesen Preis nicht nach
Hause nimmt. Zumal Florian Henckel von Donnersmarck schon einmal dem
international geachteten (und in mehreren anderen Kategorien nominierten),
spanisch sprachigen Nominierten die Show gestohlen hat. Aber machen
wir uns nichts vor: Selbst wenn die Historie andeutet, dass
Roma nicht gewinnen muss, würde ich im Dunkeln
stochern, welcher Film stattdessen gewinnt. Also bleibe ich bei
Roma.
Beste Dokumentation
Free Solo
Hale County This Morning, This
Evening
Minding the Gap
Of Fathers and Sons
RBG
Es wird entweder die visuell
aufreibende Kletterdoku Free Solo oder RBG
über Ruth Bader Ginsburg, die "Omi der Gerechtigkeit", wie
The LEGO Movie 2 sie kürzlich taufte. Free
Solo hat laut Oscar-Bloggern die Nase vorne, aber abgesehen
von den Musikdokus Amy und 20 Feet from
Stardom, der The Act of Killing den
Oscar wegschnappte, gewann dieses Jahrzehnt durchweg eine politische
Doku. Es steht also 3:1, dass doch RBG gewinnt.
Und darauf verlasse ich mich jetzt einfach.
Bestes adaptiertes
Drehbuch
BlacKkKlansman
The Ballad of Buster
Scruggs
Can You Ever Forgive Me?
Beale Street
A Star Is Born
Das machen gemäß der bisherigen
Preissaison Beale Street, Can You Ever
Forgive Me? und BlacKkKlansman unter
sich aus, und ich sage einfach, dass sich Spike Lee mit dem
Autorenbonus durchsetzt.
Bestes Original-Drehbuch
The Favourite
First Reformed
Green Book
Roma
Vice
Da ich die "Green
Book ist ausgebrannt"-Theorie fahre, und Vice
zwar Fans hat (sonst wäre er ja nicht nominiert), die Fanbase aber
klein zu sein scheint, und der wortkarge Roma
jetzt nicht gerade der typische Drehbuchgewinner ist, wird es in
meinen Augen ein Duell zwischen den schnippischen, flotten Dialogen
in The Favourite und "Paul Schrader, Autor
von Taxi Driver und Wie ein wilder
Stier, wir schulden dir was!" Und da tendiere ich zum
insgesamt populäreren Film.
Bester Tonschnitt
Black Panther
Bohemian Rhapsody
Aufbruch zum Mond
A Quiet Place
Roma
Irgendwie kann es jeder Film werden,
doch da A Quiet Place ein insgesamt sehr gut
besprochener Film ist, der letztlich dennoch nur eine
Oscar-Nominierung erhalten hat, mutmaße ich, dass dies die Chance
für Fans des Films ist, ihn zu würdigen.
Bester Ton
Black Panther
Bohemian
Rhapsody
Aufbruch zum Mond
Roma
A Star Is Born
Musik, Dialog, atmosphärische
Geräusche, satt abgemischt - Bohemian Rhapsody
ist wie gemacht für diese Kategorie. Aber man könnte sich jeden
Film zum Sieg reden. Aufbruch zum Mond könnte
seinen Anerkennungspreis erhalten, Black Panther
hat den Actionbonus, Roma wurde intensiv für
seine Dolby-Atmos-Abmsichung gelobt (jedoch stellt sich die Frage,
wie viele Academy-Mitglieder den Film in Atmos sehen konnten), A
Star Is Born hat dieselbe Argumentationskette hinter sich
wie Bohemian Rhapsody. Aber ich sage, dass die
mitreißende Wirkung von Queen-Musik Bohemian Rhapsody
über die Ziellinie trägt.
Beste Effekte
Avengers | Infinity War
Christopher
Robin
Aufbruch zum Mond
Ready Player One
Solo: A Star Wars Story
Wie sich das Blatt drehen kann: Laut
Oscar-Experten vermasselten die Christopher
Robin-Repräsentanten ihre Präsentation während der
großen Effekt-Nominierungsveranstaltung, während der sich alle
vornominierten Filme in Szene setzen konnten. Daher nahm ich den Film
trotz seiner großartigen, täuschend echten Trickeffekte aus meiner
Nominierungsprognose heraus. Und dennoch hat es
Christopher Robin rein geschafft. Und nun vernehme
ich aus mehreren Oscar-Blogs sowie via mehrerer Twitter-Quellen, dass
in der Kampagnenphase Christopher Robin die
vermasselte Livepräsentation mit einer herausragenden
Materialzusammenstellung für die Academy wieder gut macht.
Oft heißt es in dieser Kategorie "viel
hilft viel", und da müsste Avengers | Infinity War
mit seinen überzeugenden digitalen Welten und der umwerfenden
Charakteranimation des Schurken Thanos die Nase vorne haben. Aber ich
spiele hier Risiko und will den Ruhm haben, eine Überraschung
vorherzusagen, sollte sie geschehen. Das macht mir oft die Prognose
kaputt, aber mir egal: Ich sage, Christopher Robin
ist der neue Ex_Machina und schlägt die
kostspieligere Konkurrenz. Das wäre quasi auch ein Oscar fürDeutschland. Das freut dann die Morning Shows im hiesigen Radio. Wenn sie
dahintersteigen.
Bester Animationskurzfilm
Animal Behaviour
Bao
Late Afternoon
One Small Step
Weekends
Oft gewinnt der bekannteste Kurzfilm,
und das wäre dann der Pixar-Eintrag Bao. Na, wohl
bekommt's!
Bester Kurzfilm
Detainment
Fauve
Marguerite
Mother
Skin
Unter vier pessimistischen Kurzfilmen
sticht Marguerite mit Optimismus hervor. Dies ist
eine Kategorie, in der viele Academy-Mitglieder auf eine Stimme
verzichten, es sei denn, sie haben alle Einträge gesehen. Ich fahre
hier die "Was blieb nach dem Kurzfilmmarathon hängen?"-Taktik.
Bester Doku-Kurzfilm
Black Sheep
End Game
Period. End of the
Sentence.
Life Boat
A Night at the Garden
Siehe oben, nur mit Period.
End of the Sentence.. Punkt, Ende, aus.
Beste Regie
Adam McKay (Vice)
Alfonso Cuarón
(Roma)
Pawel Pawlikowski (Cold
War)
Yorgos Lanthimos (The
Favourite)
Spike Lee (BlacKkKlansman)
Selbst wenn ich Roma
im Hauptrennen wie eingangs erwähnt als wacklig ansehe, halte ich
Alfonso Cuarón für eine sichere Wette. Er gewann den
Regie-Gewerkschaftspreis und den BAFTA, zwei Preise, bei denen es
einige Abstimmungsberechtigte gibt, die auch Academy-Mitglieder sind.
Zudem ist Roma durch und durch ein Kamera- und
Regiefilm. Wer ihn unterstützt, unterstützt ihn auch hier.
Bester Film
BlacKkKlansman
Black Panther
Bohemian Rhapsody
The Favourite
Green Book
Roma
A Star Is Born
Vice
Wie eingangs geschrieben: Die
Indikatorpreise sind dieses Jahr kaum zu gebrauchen (eine Sache, die
sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr steigerte), also geht es
ans Orakeln: Seit in dieser Kategorie eine Präferenzliste
ausgewertet wird, geht dieser Preis nicht dringend an den Film mit
der lautesten Fanbase (das wäre vor zwei Jahren dann wahrscheinlich
La La Land gewesen und vergangenes Jahr … öh …
Dunkirk? Get Out?), sondern an
den Film, mit dem sich die verschiedenen Lager innerhalb der Academy
am ehesten anfreunden können.
Green Book wird
einige Stimmen auf Platz eins und Platz zwei einsammeln – aber
nicht genug, um im ersten oder zweiten Zähldurchlauf schon zu
gewinnen. Es fehlt dem Film etwa an Rückhalt in der Regiesparte, die
Peter Farrelly nicht einmal nominiert hat – und Green
Book ist kein Argo, der die gesamte
verbleibende Oscar-Saison mit dem Thema "Wir haben vergessen,
Ben Affleck zu nominieren!" positiv an sich riss. Green
Book wird, wie der Backlash gegen den Film suggeriert,
einige sehr tiefe Platzierungen von jüngeren und nicht-weißen
Academy-Mitgliedern erhalten. Wage ich zu behaupten.
Roma hat mit dem
Regie-Gewerkschaftspreis und seinen diversen BAFTA-Siegen ein sehr
gutes Blatt in der Hand – und doch kann ich mir nicht vorstellen,
dass Roma oft genug auf der Eins und der Zwei
landet, um durchzumaschieren. Auch hier werden Stimmen auf der Drei
notwendig sein, und dafür ist Roma zu sehr "lieb
es oder sei gelangweilt, sofern du es überhaupt geguckt hast".
BlacKkKlansman wäre eine Zeitgeistwahl, ein
Statement und zudem ein Film, der durch seine Kombination aus Wut und
Humor einige passionierte Fans haben dürfte – und dann wird er
sicher einigen Academy-Mitgliedern zu belehrend sein. Vice
hat ein ähnliches Negativargument, zudem fehlen ihm die laut
überzeugten Stimmen. The Favourite begeistert
fast alle, die ihn gesehen haben, aber wurde er genug gesehen, um
sich durchzusetzen? Nach Spotlight und
Moonlight ist das nicht auszuschließen.
Aber: Obwohl Black Panther
nicht eine einzige Schauspielnominierung hat, hat er Rückhalt
seitens Schauspielerinnen und Schauspieler (siehe: Ensemblepreis bei
den SAG Awards). Er sollte von jenen, die BlacKkKlansman
auf die Eins setzen, einen zweiten Platz erhalten. Wer den
Netflix-Bias bewältigt, um für Roma zu stimmen,
wird nicht fern davon sein, auch den Superhelden-Bias zu überkommen.
Es war ein riesiges kulturelles Ereignis in den USA – und somit
sollte er konsensfähig sein. Die Prognose in dieser Sparte ist
dieses Jahr ein reines Tippspiel, also, was soll's? Ich sag Black
Panther!
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