Die Prämisse hinter Monster
Trucks ist schräg: Ein Jugendlicher, der in seiner
Freizeit auf dem Schrottplatz eines Bekannten einen Monstertruck
baut, lernt ein krakenähnliches Tentakelmonster kennen. Dieses wurde
bei den Bohrungen einer ruchlosen Ölfirma aus seinem natürlichen
Habitat, einem jahrtausendealten Höhlensee, vertrieben – und
ernährt sich hauptsächlich von Öl. Während die Schergen des
keinerlei ökologisches Gewissen aufweisenden Konzerns nach dem Wesen
suchen, versteckt es der Freizeitautomechaniker in seinem
selbstgebauten Monstertruck. Es entsteht eine ungewöhnliche
Freundschaft.
Wer nun vor sich hin flüstert: „Das
klingt so, als hätte es ein Kleinkind geschrieben“, liegt richtig.
Ein hohes Tier bei Paramount wollte dafür sorgen, dass es wieder
mehr Originalstoffe für Familien zu sehen gibt. Und fragte seinen
vierjährigen Sohn, welchen Film Papis Firma mal drehen sollte. Das
allein reicht schon, um einige Filmliebhaber vollauf gegen Monster
Trucks aufzubringen. Aber, ganz ehrlich: Diese Verurteilung
ist doch bescheuert!
Kinder der 80er-Jahre wuchsen mit
Ninjakampfkünste einsetzenden, pubertierenden Mutationsschildkröten
auf, die nach Künstlern der Renaissance benannt sind. Kinder der
90er-Jahre mit einem Buben, der kleine, knuffige Monster einfängt
und sie gegen die kleinen, knuffigen Monster anderer Trainer antreten
lässt. Kinder der frühen 2000er-Jahre mit Geschichten aus einer
ausschließlich von motorisierten Fahrzeugen bevölkerten Welt, in
der ein Rennwagen und ein verrosteter Abschleppwagen beste Freunde
sind. Und für jede dieser Dekaden gibt es mindestens zwei Dutzend
weitere, ähnlich haarsträubende Exempel.
Darum: Liebe Cineasten, liebe ältere
Geschwister, liebe Eltern. Liebe Zyniker unter den Kindern: Nehmt die
Existenz von Monster Trucks hin, lasst denen ihren
Spaß, die die Idee positiv-ulkig finden. Ob nun ein Krakenmonster
unter der Motorhaube eines Trucks lebt oder sich Roboteraußerirdische
auf der Erde in Autos verwandeln und bekriegen: Gaga-Konzepte haben
ihre Daseinsberechtigung. Die Frage ist nicht: „Wie kommt man nur
auf solch verquere Ideen?“ Sondern: „Wie gut ist diese Idee denn
nun umgesetzt?“
Die angesichts dieser nach
„Brainstorming nach Zuckerschock“ klingenden Prämisse
überraschende Antwort: Sehr altmodisch. Ice
Age-Regisseur Chris Wedge nimmt über weite Strecken des
Films das Tempo raus, schaltet zwei oder drei Gänge niedriger als
übliche Familienfilme mit quirligen High-Concept-Ideen dieser Zeit.
Der Schnitt ist ruhig, die Kameraführung aufgeräumt und frei von
den Extremnahaufnahmen aus der Froschperspektive, die seit den
90er-Jahren diese Filmgattung plagt. Komponist Dave Sardys Musik ist
zwar vollkommen zahnlos, jedoch harmonisch und leise abgemischt, nie
zerstört hochaktuelle Chartmusik die Immersion der Story.
Monster Trucks ist
ein im Heute verorteter Familienfilm, wie er in den späten 70ern
oder den frühen bis mittleren 80ern hätte entstehen können. Obwohl
die „Ein Junge und sein seltsames Wesen“-Masche im Fahrwasser von
Spielbergs E.T. – Der Außerirdische vielfach
kopiert wurde, wäre es ungerecht, Monster Trucks
über denselben Kamm zu scheren. Denn Wedge übt sich nicht im
üblichen Spielberg-Mimikry, drückt weder auf die Tränendrüse,
noch betont er doppelt und dreifach die Magie, die vom letztlich
Creech genannten Monstrum ausgeht. Ohne behutsam eingesetzten Pathos,
mit nur holzschnittartigen Figuren und einem Mangel an einprägsam
vermittelten Wortwechseln geht Wedges Film allerdings auch ein gutes
Stück des Zaubers verloren, den einen echten Familienfilmklassiker
dieser Gattung erst unvergesslich macht.
Dank hervorragender Computereffekte,
die einen fast glauben lassen, Creech sei nicht etwa ein digitales
Wesen sondern der aufwändigste haptische Spezialeffekt der
vergangenen Jahre, und den charmanten Hauptdarstellern manövriert
sich Monster Trucks dennoch ins gehobene Mittelmaß
für Kinderfilme mit verrückten Grundideen. Die goldige Interaktion
zwischen Protagonist Lucas Till, der weiblichen Hauptdarstellerin
Jane Levy und Creech rundet dies stimmig ab. Gewiss, Till und Levy
sind wesentlich älter als ihre Rollen, was im Zusammenspiel mit den
altersgemäß besetzten Darstellern der weiteren Kinderrollen für
skurrile Anblicke sorgt. Und die Umweltschutz- und Tierschutzmoral
des Stoffes ist zwar löblich, von Autor Derek Connolly aber arg
schwerfällig umgesetzt.
Als amüsanter, statt
brüllend-komischer, und besonnen-abenteuerlicher, statt
durchgeknallter und aufregender, Familienfilm positioniert sich
Monster Trucks irgendwo in einem
Publikumsniemandsland. Den Einen zu albern, den Anderen zu harmlos.
Vielen Älteren zu kindlich, wohl vielen Kindern zu altmodisch. Aber
als liebenswerte, originäre Familienunterhaltung, die das Heute und
das Gestrige versiert vereint, dürfte Monster Trucks
wenigstens einige Neugierige in dieses Niemandsland locken. Es ist
Elliot, der Drache mit Metall, Motoren und
Tentakeln. Das lädt vielleicht zum Naserümpfen ein – dank der
souveränen, wenngleich nicht ideenstarken Umsetzung wird es aber
auch einige kleine Kinogänger und im Herzen junggebliebene
Filmfreunde auf unerwartete Weise verzaubern.
Fazit: Ein unter der
Motorhaube eines Trucks lebendes Tentakelmonster und seine
menschlichen Freunde: Was nach irrem Familienwahnsinn klingt, ist in
Wahrheit ein verspielter, knuffiger Familienspaß nach alter Schule,
dem schlicht der glühende Funken Etwas fehlt.
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