Mittwoch, 13. Dezember 2017

Turbulent wie ein Hurrikan: Der Auftakt zu den neuen "DuckTales"



Eine der beliebtesten Disney-Serien der 80er und 90er wird wiederbelebt - und ich als großer Fan der Disney-Enten könnte nicht glücklicher darüber sein: Mit einer Neuauflage der DuckTales bekommen endlich wieder Donald und seine Familie mehr Aufmerksamkeit abseits der europäischen Comicwelt spendiert. Und anders als bei der Original-DuckTales-Serie spielt der vom Unglück verfolgte Wüterich eine reguläre, zentrale Rolle in den Abenteuer der Ducks. Was kann da schon schief gehen? Ich habe mir die extralange Pilotfolge angeschaut, um euch Antworten zu geben!

Der Stil
Entgegen erster Gerüchte aus dem Jahr 2015 präsentieren sich die neuen DuckTales nicht in einem computeranimierten Look der Marke Micky Maus Wunderhaus, sondern in einer 2D-Ästhetik. Klassisch kann man diese aber nicht nennen: Statt des am abgerundeten, weichen Look der typischen Disney-Meisterwerke und konventioneller Comiccover erinnernden Stils der alten DuckTales-Serie gibt es in der neuen Serie einen moderner-dynamischeren, kantigeren Style zu sehen.

Einige, zumeist ältere, Fans der Disney-Enten nahmen dies vor Serienstart zum Anlass, sich online in blinden Hass auf diesen Look hineinzusteigern. Ihhh, Track hat einen eckigen Kopf, baaah, Donalds Schnabel ist zu kantig, igitt dies, meckermecker das. Nun, gewöhnungsbedürftig ist der Stil schon, da er Donald, Dagobert sowie Tick, Trick und Track in einem Zeichenstil einfängt, der kaum einem gleicht, in dem wir sie schon einmal gesehen haben. Aber: Es ist nicht so, als wäre es das erste Mal, dass wir die Ducks anders zu sehen bekommen als im rund-freundlichen Disney-Standardlook. In der Comicwelt gibt es seit Jahrzehnten Künstlerinnen und Künstler mit einer dynamischeren, exzentrischeren Feder und mir ist ein modern-grafischer Stil tausendmal lieber als das seelenlose CG aus den Disney-Junior-Serien.

Und obwohl ich die Serie Neue Micky Maus Geschichten sehr mag, so bewegte sie sich in einer optischen Grauzone: Nah genug an der Ästhetik der Classic Cartoons und dennoch nicht so punktgenau daran orientiert, dass ich es als schlichtes Update anerkennen würde. Die Serie war sehr lustig, ästhetisch wurde aber eher "Die Fab Five im Classic-Look ... light" geboten. Die aktuelle Serie an Micky Maus-Fernsehcartoons wiederum adaptiert die klassischen Disney-Helden intensiv in einem ganz eigenen, markigen Stil. Die neuen DuckTales wiederum sind, für mich, eine gute Balance aus "Wir fangen das klassische Wesen der Figuren ein, so, wie Barks und Rosa sie sahen" und "Wir möchten einen zeitgemäßen Look anstreben, ohne die Figuren zu verraten". Darüber hinaus ist es ein sehr telegenes Figurendesign: In Bewegung sind die Proportionen, Federstriche und akzentuierten Körperteile der Ducks viel angenehmer und klassischer als in Standbildern. Ja, ich musste während der Auftakt-Doppelfolge erst reinkommen, aber spätestens nach der Hälfte der Laufzeit habe ich das neue Aussehen der Ducks lieben gelernt.

Die Interpretation unserer Helden
Ich hatte ein großes Problem mit der Original-DuckTales-Serie: Wenn Donald vorkam, drehte sich praktisch alles darum, dass er schwer zu verstehen ist. Was für eine grauenhafte Verschwendung der besten aller Disney-Figuren. Die neuen DuckTales haben bei mir schon allein deshalb einen Stein im Brett, weil Donald zu einer der regulären Hauptfiguren aufsteigt und zudem viel mehr zu tun hat als in der alten Serie. Ja, gelegentliche, verwirrte Blicke der anderen Figuren sind weiterhin gegeben, doch Donalds legendäre Wut, sein vermaledeites Pech und sein zwiegespaltenes Verhältnis zwischen dem Wunsch, einfach Ruhe für sich zu haben, und dem inneren Drang, seine Neffen zu beschützen, sind deutlich prägendere Aspekte dessen, wie Donald in der Serie agiert.

Was mir noch mehr gefällt: Die neuen DuckTales spielen in einem spannenden, neuen Disney-Kanon, in dem Donald und Dagobert einst zusammen Abenteuer erlebt haben, sich jedoch böse zerstritten, woraufhin sich Donald völlig von seinem reichen Onkel abkapselte und Tick, Trick und Track alleine aufzog. Erst in der Pilotfolge erfahren sie, dass sie mit Dagobert verwandt sind. Dies ist, im tiefsten Kern, leicht von Dagoberts ersten Auftritt beim großen Entenkünstler Carl Barks inspiriert, allerdings eine neue, moderne Spielvariante dessen, die eine dramatische Fallhöhe zwischen Neffe und Onkel aufbaut und Raum gibt, in einem folgenübergreifenden roten Faden näher beleuchtet zu werden. Dem Zwist zwischen Donald und Dagobert zum Trotz ist der Dagobert in den neuen DuckTales am sympathischeren Ende der Dagobert-Interpretationsskala aufzufinden - hier gibt Don Rosa den inspirierenden Stein des Anstoßes, der Dagobert als gerissenen, altmodischen Abenteurer sieht, dessen harte Schale gar nicht mal so dick ist.

Die Neffen sind in den ersten rund 40 Serienminuten von DuckTales weder untereinander so gleich wie in der 80er-Serie, noch so betont unterschiedlich wie in Quack Pack, während Nicky vom quengelnden Quotenmädchen zum hibbeligen, nerdigen Duck-Fangirl mutiert ist, das vom großen Abenteuer träumt, doch aufgrund seiner strengen, taffen Tante Frieda nie eins erlebt hat. Kurzum: Nicky ist von einer der Schwachstellen zu einer meiner Lieblingsfiguren geworden. Und während manche über die Mutation der Haushälterinnendiva zur Ex-Topsoldatin die Augen rollen dürften, gefällt mir die kantigere Frieda, selbst wenn ich mich wundere, weshalb sich so jemand Befehle von Dagobert geben lässt.

Das Storytelling
Die ersten Zeilen des klassischen, alten DuckTales-Songs in der deutschen Fassung treffen die neue Serie perfekt: Die komödiantische Abenteuerserie legt ein rasantes Tempo vor, mit frenetischer Slapstickaction und einer Truppe an Figuren, deren Emotionen nachvollziehbar und menschlich ausfallen, doch allesamt eine Spur weiter, höher, schneller kochen. Ja, es ist einerseits eine Modernisierung der früheren DuckTales, die eine Spur gemächlicher erzählt wurden, während nun ein Cartoon-Network/Kim Possible-/Gravity Falls-Tempo vorherrscht. Aber es ist auch überraschend vorlagengetreu. Bei Barks wurde die Familie Duck zu einer Familie wie du und ich - die nahezu ausschließlich in Ausrufen miteinander kommuniziert, in der der wütende Onkel direkt vor Frust an die Decke springt und Trübsal jeden direkt niederschmettert.

Mit einer Prise Selbstironie, quirliger Situationskomik und sowohl kleineren Episodenplots ("Donald sucht einen neuen Job", "Tick, Trick und Track sind beleidigt, weil Dagobert auf Abstand geht") sind die einzelnen Folgen vollgestopft, ohne je überfrachtet zu sein. Die Charakterskizzierung ist so punktgenau, dass diese rasant handelnden Enten menschlich wirken, stellenweise sogar zur Identifikation einladen. Und anders als in den frühen Disney-Trickserien gibt es Staffelgeheimnisse, die dem Geschehen etwas mehr Fallhöhe verleihen und eine weitere Spannungsebene erschaffen.


Fazit
Ich konnte mir beim Anschauen des DuckTales-Auftakts rund 40 Minuten lang das glückselige Grinsen einfach nicht verkneifen. Und ich wollte die Folge direkt noch einmal gucken. Und noch einmal! Ja, ältere Fans müssen sich vielleicht etwas an die Ästhetik gewöhnen, aber das lohnt sich ungeheuerlich! Die neuen DuckTales sind noch lustiger, aufregender und stimmungsaufhellender als Rapunzel - Die Serie. Und die spielt schon an der Speerspitze der Disney-Trickserien mit! Einschaltbefehl!

Die DuckTales-Pilotfolge Woo-oo ist am Freitag, den 22. Dezember 2017, ab 17 Uhr auf Disney XD zu sehen und wird am 23. Dezember (13 Uhr), 26. Dezember (9 Uhr) sowie am 31. Dezember (8 Uhr) wiederholt.

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