Allerdings könnte Disneys Neuverfilmungswahn auch reizvolle Früchte tragen. Denn es gibt Disney-Trickfilme, die sich durchaus für eine Neuadaption anbieten. Sei es, weil die fortgeschrittene Tricktechnik reizvolles Spektakel aus der Zeichentrickvorlage spinnen könnte, sei es, weil der Originalfilm, so liebenswert er auch sein mag, Schwächen hat, die sich ausbügeln ließen. Oder, weil es spannend wäre, zu sehen, was ein anderer Regisseur in einem anderen Medium aus dem Stoff macht.
Hier sind meine fünf Top-Kandidaten der Disney-Trickfilme, bei denen ich mich über die Ankündigung eines Remakes freuen würde:
Der Glöckner von Notre Dame
Dass sich die berühmtesten Passagen von Victor Hugos Roman in Realfilmform sehen lassen, wurde bereits zur Schwarz-Weiß-Ära bewiesen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich wieder jemand an einen Realfilm über Quasimodo heranwagt. Universal Pictures sprach vor wenigen Monaten davon, aber danach kam es zum wirtschaftlich durchwachsenen Start seines "Dark Universe", daher sollte man besser nicht die Luft in froher Erwartung anhalten ...
Generell ist aber eh Disney in der "Bringschuld", denn was wäre schon ein moderner Der Glöckner von Notre Dame-Film ohne Alan Menkens Gänsehautmusik, die er für Kirk Wises und Gary Trousdales Zeichentrickfilm komponiert hat?
Glücklicherweise scheint Disney ja weiterhin an diesem untypischen, famosen Zeichentrickfilm interessiert zu sein, wurde er doch schon zwei Mal uminterpretiert und sogar beide Male düsterer gestaltet: Erst auf den Bühnen Berlins, daraufhin in einem US-Musical (das daraufhin den Weg zurück nach Deutschland fand).
Ein fähiger und streitbarer, willentlich beim Studio aneckender Regisseur könnte, mit einem ebenso finsteren wie schönen Produktionsdesign, ein fantastisches 'Best of' der drei Disney-Fassungen des Victor-Hugo-Mammutwerks erschaffen. Meine allererste Wahl wäre Gore Verbinski, sollte er sich mit Musicals anfreunden können, ist er doch in der Moderne der Regisseur, der Disney am weitesten aus seiner Komfortzone gelockt hat. Zudem ist er ein Filmemacher, der visuelle Opulenz beherrscht und Dramatik mit Humor auszubalancieren weiß. Sollte man Verbinski mit Musicals jagen können, käme mir Into the Woods-Veteran Rob Marshall als interessante Wahl in den Sinn, gesetzt er erhält ein höheres Budget und mehr kreative Freiheit als zuletzt. Den Glöckner des Papp-Note-Dames will ich nämlich nicht sehen. Und ein Teil von mir möchte echt gern wissen, was Darren Lynn Bousman aus dem Material machen würde ...
Taran und der Zauberkessel
Aufgrund solcher Filme wie Taran und der Zauberkessel gibt es doch überhaupt erst Remakes! Das Original, welches wiederum auf einer Fantasyromanreihe von Lloyd Alexander basiert, ist ein ambitioniertes Projekt, dessen Ambitionen jedoch aufgrund einer durchwachsenen Umsetzung sowie einer turbulenten Produktionsgeschichte kaum anzumerken sind. Wie großartig wäre es, würde Disney den Stoff nun mit neuen Selbstbewusstsein in Sachen semi-dunkler Fantasy als Realfilmsaga als Big-Budget-Herbstfilm anpacken? Mit ihrer Blockbustererfahrung fallen mir solche Namen wie Sam Mendes, Alfonso Cuarón, David Yates oder Matt Reeves für den Regieposten ein, deren Arbeiten oftmals auch den richtigen Tonfall anschlagen. Haltet mir nur Peter Jackson von dieser Idee fern!
Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt
Der 2001 ins Kino entlassene Zeichentrickfilm ist (unverdienterweise) so etwas wie ein schwarzes Schaf innerhalb der Disney-Familie, und auch wenn ich ihn aufgrund seiner Optik und seines Tonfalls bewundere, denke ich, dass in ihm noch jede Menge ungenutztes Potential schlummert. Damit ist er prädestiniert für ein Remake, wäre man bei Disney doch nur gewillt, Remakes als neue kreative Chancen zu sehen, statt als weitere sichere Geldkuh ... Angesichts seiner Verortung im Action-Abenteuergenre und mir seinen Retro-Sci-Fi- sowie Fantasy-Elementen passt er perfekt in die moderne Blockbuster-Landschaft - wie gut würde sich ein Atlantis-Trailer nur vor dem nächstbesten Star Wars- oder Marvel-Film schlagen? Zudem: Die gedrängte Laufzeit des Originals ist ein kleiner Schwachpunkt – bei Realfilmen aber hält sich Hollywood generell deutlich weniger zurück, was hier ein Pluspunkt wäre: Die zahlreichen Deleted Scenes über den Hinweg nach Atlantis könnten zurück ins Skript, mehr Spektakel liefern und mit etwas Politur auch zur Vertiefung der Nebenfiguren dienen. James Gunn und Guillermo del Toro sind zwar zwei völlig unterschiedliche Typen, aber beiden traue ich einen guten Atlantis-Realfilm zu. Ansonsten nehme ich auch hier liebend gern Gore Verbinski. Und auch Sam Raimi hätte das Zeug hierzu, ebenso wie Andrew Stanton, auch wenn ich befürchte, dass man ihn nach John Carter nicht mehr an solches Material heranlässt ...
Die Eiskönigin
Das Original ist, in meinen Augen, eines der schlechtesten Disney-Meisterwerke: Ein Skript, das vor lauter Comic Relief ersäuft und so die Charakterentwicklung seiner dramatischen Hauptfigur im Kern erstickt. Eine viel zu sprunghafte Persönlichkeitsskizzierung bei Anna und dann sind da noch diese vollkommen nichtsnutzigen Steintrolle. Und fangt mir nicht mit dem musikalischen Gefälle zwischen der fast durchkomponierten ersten Hälfte und der unmusikalischen zweiten Hälfte an. Oder dem Mangel an Konsequenzen, den die entscheidenden Figuren tragen müssen ... Der Film wurde mit der ultraheißen Nadel zusammengestickt - und dennoch zum Milliarden-Dollar-Hit. Wieso also nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, der riesigen Fanbase das Geld erneut aus der Tasche ziehen und ganz nebenher aus diesem Drehbuch-Matsch eine stimmige, sinnige, atmosphärische Handlung mit Fallhöhe formen? Vielleicht kann man Bill Condon für den Spaß gewinnen?
Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte
Dieser Disney-Film besteht aus zwei Geschichten, wovon eine für einen Realfilm denkbar ungeeignet ist – und zwar der britische Literaturklassiker Der Wind in den Weiden. Ein vollständiges Remake dieses Meisterwerkes wäre also unsinnig, schließlich bewies schon Terry Jones' Adaption des Stoffes, dass sich bestenfalls ein Realfilm-Kuriosum aus der Story einer autovernarrten Kröte spinnen lässt. Die zweite Hälfte dieser Disney-Produktion aber erzählt die Legende von Sleepy Hollow. Und die als ausgewachsenen Disney-Realfilm zu sehen, würde mich – im Falle einer guten Umsetzung – regelrecht in Ekstase versetzen. Selbstredend dürfte es keiner der softeren Disney-Filme werden, aber mit einem PG-13/einer FSK ab 12 Jahren ließe sich heutzutage schon viel erreichen. Natürlich benötigt es einen Regisseur, der den Mix aus beschwingtem und bösem Humor einerseits und Horror andererseits beherrscht, den die Zeichentrickverion der Story ausmachte und sie überhaupt erst Disney-tauglich machte. Meine erste Wahl wäre wohl Gore Verbinski (Überraschung!), aber auch Sam Raimi wäre hinter der Kamera willkommen. Als vom kopflosen Reiter verschreckter Ichaboad Crane habe ich Benedict Cumberbatch vor Augen. Oder wie wäre es mit Jim Parsons?
Und was sind eure Wunschkandidaten für ein Realfilmremake? Haut in die Tasten und füllt die Kommentarspalte!
1 Kommentare:
Nachdem sich Tim Burton mit "Sleepy Hollow" vor nicht allzu langer Zeit des Themas angenommen hat, gäbe ich einer neuen Erzählung von Ichabods Geschichte keine besonders große Chance. Wie wär´s aber mit dem Schatzplaneten. Auch wenn die Trickfassung kein großer Erfolg war, könnte heutzutage ein geeigneter Regisseur sicherlich ein tolles Spektakel zaubern......
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