Freitag, 7. Juli 2017

Freitag der Karibik #50


Mageres US-Einspielergebnis hin, mageres US-Einspielergebnis her: Pirates of the Caribbean - Salazars Rache ist für den Disney-Konzern sehr wohl eine Erfolgsgeschichte. Und dabei startet das Abenteuer erst jetzt in einem seiner wichtigsten Märkte durch - Japan.

Zwar können wir, so lange wir das japanische Gesamteinspielergebnis realistisch einschätzen, nur mit etwas weniger als 800 Millionen Dollar insgesamt rechnen, doch das ist noch immer mehr als der aktuelle Durchschnitt im Marvel Cinematic Universe, bei den Transformers und bei Fast & Furious. Alles Franchises, die munter weiterlaufen. Daher gestatte ich mir durchaus einen vorsichtigen Optimismus, dass es mit der Reihe weitergehen könnte, zumal Jerry Bruckheimer in Interviews keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigt - klar, gehört es doch zu den letzten Goldeseln des Hitproduzenten.

Doch sollte es in der verfluchten Karibik weitergehen, so muss Disney, meiner Ansicht nach, inhaltlich, veröffentlichungspolitisch und produktionstechnisch einiges beachten. Die Pirates of the Caribbean-Saga hat noch enormes Potential, das ungenutzt bleiben würde, sollte Teil sechs im "Business as usual"-Modus operieren. Und gegen die gallige US-Rezeption muss auch dringend etwas unternommen werden. Hier daher meine Wunschliste für die Zukunft meiner allerliebsten Filmreihe.

Die Veröffentlichungspolitik
  • Pirates of the Caribbean hat ein riesiges Problem: Das US-Publikum und die US-Kritikerschaft haben keine Lust mehr auf diese Reihe. Ganz gleich, wie gut ein etwaiger sechster Teil sein wird: Er hat einen schweren Kampf zu schlagen. Um es ihm zu vereinfachen, muss gegen die Piraten-Unlust angegangen werden. Mein Vorschlag: Die Piraten müssen aus dem US-Rampenlicht genommen werden, wo alles, was im heimischen Hafen floppt, automatisch aufgegeben wird. Startet den sechsten Teil zuerst in seinen Spitzenmärkten, und dann, wenn die üblichen Verdächtigen unter den US-Portalen nicht umherkommen, seinen finanziellen Erfolg zu erkennen, läuft er auch in den USA an. Einige Marvel-Filme (etwa Guardians of the Galaxy Vol.2) verfahren ja auch nach der "America doesn't have to be first"-Methode. Das werden die Amis also schon überleben. Und für die Piraten hat sich direkt ein gutes Stück Negativpresse erledigt.
  • Nehmt die Piraten aus dem heiß umkämpften Sommer. Der gehört zunehmend Marvel, DC, bald auch Star Wars. In diesem Hauen und Stechen der Filme mit großen Explosionen tut es sich diese Abenteuersaga doch recht schwer, wie man sieht - Milliarden scheffelt sie nicht mehr. Wie wäre es mit einem März-Start oder dem frühen April?
  • Ich habe Fans auch schon den Dezember vorschlagen hören, der ja bald frei wird und in den vergangenen 16 Jahren zum Starttermin für Fantasy-Ware trainiert wurde, die eine etwas andere Demografie ansprechen als der jung-männliche Sommer-Blockbuster. Die Pirates-Reihe ist jüngsten Zahlen zufolge zwar leicht männerlastig, dafür sind die Frauen, die reingehen, überwiegend "älter" (in US-analytischen Blockbuster-Termini gesprochen, also über 25 Jahren ... Hey, greift mich nicht an, ich gebe das alles nur weiter!) Vielleicht haben die Disney/Bruckheimer-Piraten also tatsächlich im Dezember eine Chance, selbst wenn ich die etwas wärmeren Frühlingstemperaturen mit den Filmen assoziiere ...
Tonale/stilistische Erwägungen, die beachtet werden sollten
  • Okay, wir haben bisher einen relativ leichtgängigen und simplen Teil (Fluch der Karibik), zwei eher düster-komplexe (Die Truhe des Todes und Am Ende der Welt), einen weiteren eher leichtgängig-simplen (Fremde Gezeiten) und nun einen tendenziell eher schroff-dunklen Part, der sehr schlicht erzählt ist. Rein aus der Sehnsucht nach einem Ausgleich würde ich mir für Teil sechs einen anspruchsvollen, aber leichtfüßigen Teil wünschen. Und vielleicht ist das auch genau das, was die Pirates of the Caribbean-Reihe als nächstes braucht: Den Beweis, dass sie smarte, durchdachte Seefahrtsabenteuer erzählen kann, doch zudem eine schmissige, zugängliche Machart, um etwaig abtrünnig gewordene Kinogängerinnen und -gänger zurückzuholen.
  • Generell muss man wohl, so schwierig das auch sein wird, versuchen, einen Film zu erschaffen, der genug für sich steht, um neue Fans zu generieren und von Bord gegangene Fans wieder herbei zu angeln. Gleichzeitig muss Teil sechs mit den bisherigen Filmen verbunden sein, so dass Disney a) uns Fans zeigt, dass man willens ist, das Potential aus dieser Reihe zu schöpfen, statt einfach wegen schwankender US-Zahlen den Semi-Reboot-Knopf zu drücken und b) generell auszustrahlen, dass dies eben keine Fast & Furious- oder Transformers-Reihe ist, wo jeder Teil irgendein neuer Krachbumm-Big-Budget-Film ist.
  • Paradebeispiel in Sachen "Es führt alles hierher, und gleichzeitig werden bereits etablierte Figuren so klar und verständlich geschrieben, dass Novizen mitkommen" ist für mich The First Avenger: Civil War. Es ist klar, dass alle Figuren eine Geschichte miteinander haben und man auf vergangene Filme zurückgreifen kann, um mehr zu erfahren. Gleichwohl wird auf "Weißt du noch ..?"-Dialoge verzichtet und jede Figur mit einer eigenen, ihr Wesen einfangenden Szene bedacht, so dass der Film für sich stehen kann. Können wir irgendwie sowas bekommen?
  • Zudem, sehen wir es ein: Die Pirates-Filme schreiben zwar ungefähr Marvel-Zahlen an den Kinokassen, kosten aber mehr als ein handelsüblicher (aktueller) Marvel-Film und schlagen weniger Merchandising los. Also  müssen wir das Budget drosseln. Gleichwohl gehört die Epik einfach zu dieser Reihe hinzu. Ein Dilemma. Wichtig: Keine Szenen schreiben, die nach Gore-Verbinski-Bildern schreien, und sie dann im Studio vor einer grünen Wand drehen und den Ozean danach im Computer hinzufügen! Lieber die Schauplatz-Bandbreite kürzen und vieles konzentriert an ausgewählten Schauplätzen drehen. Praktische Elemente sind Pflicht! Niemand würde Mad Max: Fury Road als kleinen Film bezeichnen, doch er holt aus seinen 150 Millionen Dollar viel mehr als X-Men: Apocalypse aus seinen 178 Millionen.
Inhaltliche Wünsche
  • Drosselt den Sparrow! Wenn ich schon als riesiger Fan über Salazars Rache denke "Genau die richtige Dosis Jack, noch mehr, und es wäre zu viel!", dann ist das ein riesiges Warnzeichen, dass diese Figur ihren Reiz zu verlieren droht. Gleichwohl würde weder ich persönlich auf ihn verzichten wollen, noch wäre es angesichts der Popularität des Films in Japan, China, Russland und einigen anderen Märkten klug, den Star zu kicken. Zudem: Jack ist das Aushängeschild der Reihe, dass allen klar macht, dass wir es hier mit keinem normalen Abenteuer zu tun haben. Und wenn Herr Depp seinen Kram auf die Reihe bekommt, so gibt es noch immer viel erzählerisches aus Jack rauszuholen. Daher: Nein, keiner wäre mit einem "Luke in Star Wars: Das Erwachen der Macht"-Level an Jack glücklich. Aber vielleicht "Rocky in Creed"?
  • Lasst die Toten ruhen, denn wenn noch einmal eine Figur aus dem Jenseits zurückkehrt, hat diese Saga ein riesiges Problem hinsichtlich ihrer dramaturgischen Glaubwürdigkeit!
  • Holt Angelica zurück. Penelope Cruz war stark in der Rolle, ihre Geschichte ist eh noch nicht zu Ende erzählt und selbst wenn Fremde Gezeiten so seine Probleme hat, wäre es eine Schande, den Film so sehr in der Luft hängen zu lassen.
  • Bringt Shansa zurück! Golshifteh Farahani macht etwas sehr denkwürdiges aus dieser wenig genutzten Rolle und als mächtige Hexe könnte sie noch für ordentlich Trubel sorgen. Vielleicht hat sie irgendwas mit der Nach-Abspann-Szene von Salazars Rache zu tun (womit wir die offensichtliche Antwort auf diese Szene vermeiden) und, hey, keine Ahnung, irgendwie könnte Angelica mit ihr unter einer Decke stecken?
  • Schreibt gescheite Szenen für Elizabeth Swann, überhäuft Keira Knightley mit Robert-Downey-Junior-Mengen von Geld und bietet uns den ultimativen Lizzie-Film, wie sie ihre Familie beschützt!
  • Die Figuren von Orlando Bloom, Brenton Thwaites und Kaya Scodelario können ebenfalls weiter ausgebaut werden - weniger Jack-Chaos bedeutet mehr Zeit für diese Figuren
  • Als Comic Relief können stattdessen Pintel & Ragetti zurückkehren. Zudem haben sie ja die Neigung, den Plot zu erklären, was offenbar viele Zuschauer dieser Reihe nötig haben.
  • Vielleicht erfahren sie, in welchen Nöten die Familie Turner steckt und kommen zufällig dazu, Jack davon zu erzählen, woraufhin er (unter der Behauptung, emotional gar nicht involviert zu sein und einfach nur Schätze aus der Lage abgreifen zu wollen) sich als Joker-Karte in den Zwist der Turners mit den Schurken mischt?
Das wäre meine vage Ideensammlung. Disney, nun seid ihr am Zug!

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