Dazu zähle ich die Komödie Keanu mit den Comedy-Central-Kultkomikern Key & Peele: Diese Story zweier Normalos, die ins Gangsterdasein rutschen, um das wohl knuffigste Kätzchen der Weltgeschichte zurückzuerlangen, fühlt sich an wie ein moderner Nachfolger solcher Touchstone-Komödien wie Nix zu verlieren oder Verbrechen verführt. Das weckt bei mir einfach nostalgische Gefühle. Auch Antoine Fuquas Die glorreichen Sieben hat mir als actionzentrischer, haptischer Western auf eine "Schön, dass sowas noch gemacht wird"-Art gefallen, ähnlich wie der zwar etwas zäh startende, dann aber zu einem angenehm-kernigen, geradlinigen Actioner werdende Kino-Tatort mit dem Titel Tschiller: Off Duty.
Außerdem lieferte Todd Phillips mit War Dogs eine staubtrocken-ironische Dramödie über groß tönende Emporkömmlinge ab, die das Militär mit Ausrüstung beliefern. Als Mischung aus Pain & Gain und Lord of War ist dieses Jonah-Hill-und-Miles-Teller-Vehikel eine überraschend doppelbödige Demontage des üblichen Phillips-Stils – hat diesen Ansatz aber leider nicht genügend Kritikern und Kinogängern klar genug verkauft.
Green Room ist ein, zu Beginn nicht recht aus dem Quark kommender, starker Slasher mit smarten, vorausschauend handelnden Figuren und einschneidenden Gewaltspitzen. Star Trek Beyond ist quasi "Die Star Trek-Figuren stolpern in einen zügigen Sci-F-Actionfilm", Conjuring 2 ein ausschweifender, handwerklich sehr überzeugender Horrorfilm mit kleineren Durchhängern und Money Monster ein sehr unterhaltsamer Echtzeitthriller mit aufgelegtem Cast, der vielleicht zu oft den belehrenden Zeigefinger rausholt, mir dennoch eine sehr gute Zeit im Kinosaal verschafft hat.
Nun aber genug des Hinhaltens. Hier sind die Plätze 35 bis 26!
Der Film, der Leonardo DiCaprio endlich seinen verdienten Oscar eingebracht hat: Iñárritu erzählt in diesem Rache-/Survival-Schneewestern von einem Mann, der nach einer nahezu tödlichen Begegnung mit einem Bär eine erschöpfende Reise auf sich nimmt, um es dem Kerl heimzuzahlen, der ihn sterbend zurückgelassen und seinen Sohn auf dem Gewissen hat. Diese geradlinige breitet Iñárritu in aufreibender Ausführlichkeit aus, lässt einen bis ins Detail am Überlebenskampf des Protagonisten teilhaben und kreiert dank Emmanuel Lubezkis Kameraarbeit daraus ein ebenso raues wie atemberaubend schönes Abenteuer mit poetischer Beinote.
Mit seinem Langfilmdebüt liefert Regisseur Dan Trachtenberg ein unerwartet humorvolles, zugleich beengendes und hochspannendes Kammerspiel ab: Mary Elizabeth Winstead findet sich in einem Schutzbunker wieder, bekommt von dessen Besitzer (ein magnetischer John Goodman) erzählt, dass draußen grauenvolle Dinge geschehen würden. Hat er Recht oder lügt er, um zu vertuschen, dass er sie entführt hat? Eine rätselhafte Achterbahnfahrt mit starken Performances und geschliffener Dramaturgie.
Thea Sharrocks Bestselleradaption ist zugleich eine Romantikkomödie und eine Tragödie über das Verdrängen: Emilia Clarke spielt eine junge Frau, die vor der Verwirklichung ihrer Träume wegläuft, und sich bei Ausführung ihres neuen Jobs verliebt - nämlich in den gelähmten jungen Reichen, den sie pflegen soll. Dank Emilia Clarkes aufgewecktem, animiertem Spiel und der rabenschwarzen Humor aufweisenden Performance ihres Gegenübers Sam Claflin ist der Kassenschlager seinem erstaunlich lustig, doch umso tiefer trifft sein eigentliches Thema: Sharrock führt listig vor, wie leicht wir uns etwas einreden können und gibt dieser zwischendurch so fluffigen Produktion ein bleibendes Echo mit ...
Mit ihrem Langfilm-Regiedebüt beweist Karoline Herfurth, dass die deutsche Romantikkomödie doch nicht tot ist: SMS für Dich ist zwar, ganz nüchtern betrachtet, kaum mehr als eine schlichte, konventionelle RomCom-Geschichte. Doch Herfurth formt die "Die Liebe aufgegeben habende Frau verliebt sich neu, hat aber Hürden zu nehmen"-Erzählung dank stilvoller Optik, charmant-gewitzten Dialogen, durch die Bank weg liebenswerter Figuren, die mittels engagierter Schauspielleistungen zum Leben erweckt werden sowie grazilem Tänzeln zwischen romantischer Dramatik und schwärmendem Humor zu einem wunderbaren Genrevertreter.
Poprapper Cro macht so gar nicht meine Musik. Aber, welch Überraschung: Er macht Kino, das genau nach meinem Geschmack ist. Der Mann mit der Pandamaske produzierte mit Unsere Zeit ist jetzt eine experimentierfreudige Mischung aus Konzertfilm, überdramatisierendem und mehr Fragen aufwerfendem als beantwortendem Origin-Story-Zeichentrickfilm, zuckersüß-graziöser Romantikkomödie und feucht-fröhlicher Meta-Gaga-Komödie in feinster Muppet-Manier. Peri Baumeister gibt in diesem unverdient gefloppten Film die goldigste Darbietung des Kinojahres, Til Schweiger hat göttlichen Spaß daran, sich selber auf den Arm zu nehmen und Regisseur Martin Schreier zaubert wiederholt richtig schöne, stimmige Bilder. Richtig gut und für eine deutsche Mainstreamproduktion erfreulich daneben.
Simon Stones Neuinterpretation des Theaterstücks Die Wildente gehört für mich zu der Art Film, die mit der Zeit reifen: Zunächst fand ich die nach Australien verlagerte Geschichte einer Familie, die durch die Heimkehr eines frustrierten, mit Geheimnissen bewaffneten Freundes von der Zerschlagung bedroht wird, "nur" recht gut. Ein gut gespieltes, etwas behäbiges Drama. Doch Stone schafft es, diese Geschichte nachhallen zu lassen und dank der komplexen Figurenzeichnung Lust auf Neusichtungen zu wecken. Odessa Young begeistert als komplizierte, eigensinnige Jugendliche, Geoffrey Rush als betrübter Industriemagnat, der kurz vor einer erneuten Eheschließung steht und Paul Schneider als gefrusteter Mann, der ein Familienidyll zu zerstören droht, einfach nur, weil er sich nicht länger mit seinem Leid allein fühlen will. Mit lebensnahen, fein beobachteten Dialogen und raffiniert eingesetzter Symbolik ist Die Wildente ein schlichter, kleiner Film, von dem ein bemerkenswerter Zauber ausgeht. Außerdem: Jeder Film, in dem die Satzfolge fällt: "Die Ente ist jetzt unsere Herrscherin. Sie steht über uns allen!", ist automatisch einer der Guten.
Aus der unregelmäßig aufploppenden Kategorie "Filme, die früher Touchstone Pictures veröffentlicht hätte" brachte uns das Jahr 2016 die unaufgeregte Feel-Good-Dramödie Mit besten Absichten der Auf der Suche nach einem Freund für das Ende der Welt-Regisseurin Lorene Scafaria. Die wundervolle Rose Byrne und die nicht minder gut aufspielende Susan Sarandon sind hier als Mutter-Tochter-Gespann zu sehen, das sich zwar mag, bei dem es jedoch derzeit hapert: Seit dem Tod ihres Mannes hängt Marnie an ihrer Tochter Lori wie eine Klette. Lori ist davon genervt, Marnie ist davon verletzt, dass Lori genervt ist. Scafaria folgt beiden Figuren durch ihren Alltag, zeigt schleichende Veränderungen und Momente unaufdringlicher Situationskomik. 100 Minuten geballter Charme und ausdifferenzierte Figuren, die sich durch einen süß-herben Tonfall manövrieren. Ein Film, den ich einfach lieb haben muss.
Dogtooth-Regisseur Giorgos Lanthimos erschafft mit seinem ersten englischsprachigen Film eine Satire, wie es sie schon lange nicht mehr zu sehen gab: Bitterböse, auf eine kurios-genüssliche Weise staubtrocken, in ihrer Ausführung todernst. Lanthimos arbeitet nicht mit grellem Humor, um sich über das Ziel seiner Satire lustig zu machen, sondern baut ein betrübliches Paralleluniversum auf, in dem das Singledasein verboten ist und die Gesellschaft schockierende Wege geht, um Paare zu formen. Dennoch ist The Lobster keine alltägliche Dystopie, sondern eine, die (vor allem im ersten Akt) durch ihre betont spröde Art einen galligen, rabenschwarzen Sinn für Humor entwickelt. Dieser dient jedoch keinem Selbstzweck, sondern um das Fundament für die in The Lobster erschaffene Welt zu legen. Profund, schräg, dramatisch und ungewöhnlich gespielt: The Lobster ist die Abrechnung mit unserer Gesellschaft, die sie nicht hat kommen sehen, die sie aber dringend braucht.
Platz 27: Hardcore (Regie: Ilya Naishuller)
Crank trifft Egoshooter: Regisseur Ilya Naishuller versetzt sein Publikum in die Ich-Perspektive eines durchtrainierten, taffen Typen, der durch modernste Technologie zum kybernetisch gestärkten Kämpfer aufgewertet wird. Kurz, bevor er endlich seine Stimme zurückbekommen soll, wird seine Freundin, die an dieser Cyborg-Forschung mitwirkt, von einem über telekinetische Fähigkeiten verfügenden Schurken entführt. Nun rennt, springt, schießt und prügelt sich unser Protagonist durch Moskau, um seine Geliebte zu retten. Brutal, einfallsreich, pervers-lustig und (vom etwas zähen Anfang und einem etwas laschen Bordellbesuch abgesehen) wahnsinnig turbulent: Ein schwitziger, dreckiger Adrenalinritt, wie ihn das Actionkino nur selten zu sehen bekommt.
Die türkisch-deutsch-französische Gemeinschaftsproduktion skizziert die gesellschaftlichen Verhältnisse in ländlichen Regionen der Türkei nach - und lässt diese für sich selbst sprechen, statt noch unnötig alles drei Mal zu unterstreichen und mit wohligeren Strukturen zu vergleichen: Eine Gruppe von fünf Schwestern gönnt sich an einem Sommertag einen Moment des Herumblödelns am Strand. Daraufhin wird im Dorf über sie getuschelt - und aus dem Vorwurf, sie seien unzüchtige Luder wird eine Teufelsspirale aus drakonischen Strafen und vehementer Rebellion ausgelöst. Ein Film, der gewollt an den Nerven zerrt, mit einprägsamen Performances und Sequenzen, die lange nachhallen.
Fortsetzung folgt ...
1 Kommentare:
Ach Schade, dass Beyond dich nicht richtig überzeugen konnte *snief* ;-)
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