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Montag, 2. Januar 2017
Office Christmas Party
Firmen-Weihnachtsfeiern. Da gibt es die langweilige, steife, nüchterne Variante, bei der alle Beteiligten so sehr darum besorgt sind, ja keine Grenzen zu überschreiten, dass der Spaß völlig von der gebotenen Umsichtigkeit verschluckt wird. Und dann gibt es die berühmt-berüchtigten, wilden Saufgelage, bei denen jegliche Firmenhierarchien und Benimmregeln in einer aggressiven Mischung aus Alkohol, Sexualgelüsten und wummernder Musik aufgelöst werden. Beide Spielvarianten der Firmen-Weihnachtsfeier haben ihre Verteidiger und ihre Gegner. Klar ist aber: Die feucht-fröhliche, chaotische Weihnachtsfeier ist wesentlich leinwandtauglicher.
Dass dem grellen Partytrubel mit Office Christmas Party sogleich ein ganzer Film gewidmet wird, dürfte all jene Filmfreunde verschrecken, die beim Gedanken an Feier-Schabernack-Komödien von vornherein die Nase rümpfen. Nach zahlreichen Junggesellenabschiedsfilmen, auf die Leinwand gebrachten Hochzeitspartydebakeln und Abschlussballkomödien nun also die Königsklasse des Danebenbenehmens und der Fremdscham? Ho ho holy shit, ja: Das Regie-Duo Will Speck & Josh Gordon (Die Eisprinzen) schmeißt hier eine 105-minütige derbe Sause, die sich auf Missverständnisse, dreckige Sprüche, weihnachtlich-versoffenen Unfug und die obligatorischen Firmenliebeleien verlässt. Es ist also genau das, was der Titel verspricht und das Konzept hergibt – Anspruch hat da Hausverbot.
Wobei es dankenswerterweise nicht so ist, als hätten sich Speck & Gordon ein Vorbild an Machwerken wie Project X genommen, dem Archetypen der ätzenden Partyfilme: „Ich hab sturmfrei, kommt her und macht bei mir Party – Der Film“ ist mit unausstehlichen, dysfunktionalen Figuren vollgestopft und klatscht seinem Publikum in liebloser Bildsprache wahllos Szenen einer Sauf-und-Rüpel-Orgie um die Ohren. Die von Dan Mazer (Das hält kein Jahr ..!), Laura Solon (Fast and Loose) und Newcomer Justin Malen verfasste Festtags-Büro-Party hingegen erfindet zwar keine denkwürdigen Protagonisten, die so liebenswert sind, dass man mit ihnen mitfiebert wie mit alten Freunden. Als amüsante Karikaturen der Persönlichkeiten, die sich in praktisch jedem Großbüro vorfinden, haben die Office Christmas Party-Figuren allerdings genügend komödiantisch verzerrtes Identifikationspotential, dass man seine Kinozeit gerne mit ihnen verbringt.
Anders als bei der dysfunktionalen Capitol Versicherung aus Stromberg ist die hier feiernde Chicagoer Filiale der fiktiven Telekommunikationsfirma Zenotek zudem recht harmonisch – was dem unerwartet ausführlichen Alibiplot in die Karten spielt: Unter der Führung von Clay Vanstone (knuffig-verpeilt: T. J. Miller) sind die Geschäfte leicht über dem Industrieschnitt gewachsen. Da seine ihm vorgesetzte Schwester Carol (wundervoll-biestig: Jennifer Aniston) aber seit eh und je Groll auf Clay hegt, stellt sie unerreichbare Erfolgsforderungen und droht, die Filiale pünktlich zu den Weihnachtsfeiertagen dicht zu machen. Nur ein Sensationsdeal kann die Belegschaft vor der Arbeitslosigkeit retten. Und um diesen Deal an Land zu ziehen, schmeißt Clay die Weihnachtsfeier aller Weihnachtsfeiern, auf welcher der altmodische „Ich kooperiere nur mit sympathischen Unternehmen“-Großkunde Walter (solide: Courtney B. Vance) an Land gezogen werden soll.
Dieser Plotmotor gerät zwar beim entstehenden Tohuwabohu irgendwann ins Hintertreffen, um stattdessen Platz für Miniplots der Marke „Wer kriegt wen?“ und „Wo zum Henker ist unser Chef hin?“ zu machen. Dennoch funktioniert die Story, da der lange, durch viel Dialogwitz kurzweilig gehaltene Vorlauf die Zenotek-Mitarbeiter ansprechend einführt – und obendrein die Drehbuchautoren stringent aufgebaute Abläufe mit der einen oder anderen skurrilen Überraschung aufmischen.
Trotzdem: Kaum wer wird Office Christmas Party wegen der Story sehen wollen und schätzen lernen. Im Mittelpunkt steht die Parade an bestens aufgelegten, comedyerfahrenen Darstellern, wie Olivia Munn als aufgeweckte IT-Managerin, die ihr Interesse am technischen Leiter der Firma, einem trocken-humorigen Jason Bateman, denkbar schlecht verdeckt. Saturday Night Live- und Ghostbusters-Darstellerin Kate McKinnon punktet als zugeknöpfte, keinen Spaß verstehende Chefin der Personalabteilung, die in fast allem eine potentielle Regelübertretung sieht, selber aber einige sehr schräge Charakterzüge aufweist – sie ist also die menschgewordene, verrückte Zwillingsschwester von Muppet-Adler Sam. In weiteren Nebenrollen ulken sich Rob Corddry (Sex Tape), eine süffisant-bipolar agierende Jillian Bell (22 Jump Street), Vanessa Bayer (Dating Queen) und Randall Park (Fresh Off the Boat) ansteckend gut gelaunt durch den Partyunsinn.
Generell gilt bei dieser 45-Millionen-Dollar-Produktion: Sie beginnt dezent karikierend und steigert sich immer stärker in einen Partywahnsinn. Da Office Christmas Party sich dabei aber nicht ganz auf einen Tonfall einigen kann und mal „verrückt, aber herzlich“, dann doch „vulgär und rüde“ agiert, gibt es zwischendurch einige Rohrkrepierer – vornehmlich in Form von Gags, die einfach nicht in die Stimmung zu passen scheinen, die Speck & Gordon in der restlichen Sequenz gerade aufzubauen scheinen. Dass darüber hinaus im Finale das Handeln der Figuren in unironischen Monologen erklärt wird, nimmt Office Christmas Party gen Schluss etwas seiner zuvor aufgebauten, irren Energie.
Dennoch: Selbst wenn Office Christmas Party etwas zügiger erzählt werden und seinen Partytrubel mit noch mehr kreativen Albernheiten würzen müsste, ist diese X-Mas-Gaudi dank seines jeden Spaß mitmachenden Ensembles sowie einer hohen Gagdichte ein kurzweiliger Vertreter des Partykomödiengenres. Genregegner werden Speck & Gordon damit wohl kaum bekehren – wer aber dringend räudigen Weihnachtsspaß sucht, wird hier zwar nicht zur Ekstase gebracht, jedoch mit Kurzweil beschert.
Fazit: Aus dieser Office Christmas Party nimmt man keinen Hangover und auch keine Mitangestellten, sondern ein mildes bis zufriedenes Lächeln mit nach Hause.
Diese Kritik erschien zuerst bei Quotenmeter.
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