Wir schreiben das Jahr 1977. Los Angeles verliert allmählich seinen Status als Stadt voller Glanz und Glamour – der Smog verpestet die Luft und der legendäre Sunset Boulevard verwandelt sich Schritt für Schritt in einen Sündenpfuhl der Pornografie. In dieser Stadt, deren frühere Identität verblasst, schlägt sich Jackson Healy (Russell Crowe) als Mann fürs Grobe durch: Wer sich jemanden vom Leib halten will, heuert ihn an. Zur Not reicht auch ein kleines Trinkgeld. Jacksons Weg kreuzt sich eines Tages mit dem des abgehalfterten Privatdetektivs Holland March (Ryan Gosling), der sich allein um seine pubertierende Tochter Holly (Angourie Rice) kümmert und eine Flasche Alkohol nach der nächsten leert. Eingangs verfolgen Jackson und Holland unterschiedliche Ziele. Doch als die nicht-ganz-so-netten Jungs feststellen, dass eine als vermisst geltende, junge Frau namens Amelia (Margaret Qualley) im Mittelpunkt einer verworrenen, millionenschweren Verschwörung stehen könnte, machen sie sich auf, sie zu finden, ehe ihnen skrupellose Profikiller zuvorkommen …
Das Rückgrat einer jeden Buddy-Actionkomödie sind, selbstredend, die beiden Hauptfiguren: Wenn sie uninteressant sind oder ihre Interaktion hapert, dann befindet sich für die gesamte Laufzeit des Films Sand im Getriebe. In dieser Hinsicht weiß The Nice Guys allerdings problemlos zu überzeugen: Ryan Gosling genießt es spürbar, in einer gegen den Strich gebürsteten Rolle als weinerlicher, versoffener und nur in überschaubaren Maßen cleverer Privatdetektiv gegen sein Image anzuspielen. Und so sehr Holland March mit seinem ratlosen Gesichtsausdruck sowie seiner 70er-Kleidung von der Stange auf den ersten Blick nach einer dick aufgetragenen Karikatur aussehen mag: Gosling legt diesen öfter einmal überforderten Schnüffler nicht als albernen Clown an, sondern als tragikomische Figur. Wenn March zu tief ins Glas geguckt hat, wirkt der Oscar-nominierte Mime nicht etwa laut, schrill und aufgeschreckt, sondern rau und hilflos – sowie nun einmal überaus chaotisch, so dass March zwar Lacher provoziert, aber nie zur Witzfigur wird.
Der hier einen kugelrunden Bauch vor sich hertragende Oscar-Gewinner Crowe wiederum unterwandert als Jackson Healy die Erwartung, seine Figur sei sozusagen die Faust des Zweiergespanns. Auch wenn Healy knallhart auszuteilen vermag und in einer Rückblende fast schon psychopathisch wirkt, so legt ihn Crowe in der eigentlichen Handlung, aller Gewaltneigungen zum Trotz, überraschend ruhig und mit großer Bauernschläue an. Wann immer er und Gosling im Doppel auftreten, schießen sie sich staubtrocken und mit zumeist stoischer Miene die spritzig-einfallsreichen Dialogwitze Blacks und seines Ko-Autors Anthony Bagarozzi um die Ohren. Dadurch, dass March und Healy ihre Wortgefechte nur selten als gezielte Witze präsentieren, ist The Nice Guys trotz der hohen Gagdichte keine persiflierende Hommage wie Kiss Kiss, Bang Bang geworden, sondern ein strikter Buddy-Actionkrimi – der halt bloß überhöht und in seiner Figureninteraktion etwas abstrus geraten ist.
The Nice Guys allerdings an seinem zentralen Kriminalfall. Obwohl die Hintergründe von Amelias Verschwinden zunächst in einem Wust aus bruchstückhaften Informationen verborgen werden, klart sich zur Hälfte des Films bereits alles schlagartig auf – zumindest für das genreaffine Publikum, während die beiden Helden weiter im Dunkeln tappen. Dadurch, dass Black den Fall trotz pointierter Zusammenfassung aller denkbaren, typischen 70er-Elemente so nüchtern und ernst präsentiert, fällt die durch die sich laut ankündigende Lösung rapide abfallende Spannungskurve sehr negativ ins Gewicht.
Generell hat das Storytelling wiederholt Probleme, mit Blacks Schnellfeuerdialogen und der knalligen Nostalgie-Songzusammenstellung mitzuhalten: Nachwehen größerer Handlungswendepunkte geraten in The Nice Guys zuweilen länger, als es die Figuren auf ihren Schultern tragen können, und die finale Erläuterung der großen Verschwörung verläuft ebenfalls ein paar Minuten länger als nötig. Black setzt dabei plötzlich auf dramatische Ironie und zwinkert kopfschüttelnd dem Publikum zu, als wolle er sagen „Na, hoffen wir, dass das alles nach den 70ern nicht eintritt“, was jedoch nicht zum Tonfall seines zuvor als Zeitkapsel auftretenden Films passt.
Während die ausdrucksarme Instrumentalmusik von David Buckley und John Ottman Probleme hat, 70er-Flair zu versprühen, besticht The Nice Guys auf visueller Ebene mit immensem Retrofeeling. Kameramann Philippe Rousselot hüllt die Szenen bei Tageslicht in sonnengegerbten Farben, während nachts nicht nur die Großstadlichter, sondern auch die kunterbunten Klamotten der Figuren leuchten. Am knalligsten strahlt aber die Farbe Rot, denn Black hält zu komischem Effekt voll drauf, wann immer seine Titelhelden zuschlagen oder ihre Waffen abfeuern – und somit Kollateralschäden verursachen. Dieser Blick über den Tellerrand der eigentlichen Handlung verleiht The Nice Guys einen kleinen Hauch der Selbstironie, der sonst nur in den frühreifen Kommentaren von Hollands Tochter Holly (vielversprechend: Angourie Rice) zu spüren ist.
Fazit: Kiss Kiss, Bang Bang-Fans könnte der nur geringe Schuss an Ironie enttäuschen, während Black Freunde des etwas bodenständigeren Lethal Weapon-Stils durch die extravagante Verpackung zu verlieren droht. Mit zwei engagierten Hauptdarstellern und raffinierten Dialogen ist The Nice Guys wenigstens eine passable Sache geworden, die leider nie das in den Trailern suggerierte Tempo erreicht.
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