England im Jahre 1811. Im Hause von Mrs. Bennet ist die Luft dick, immerhin müssen ihre fünf Töchter unter die Haube gebracht werden – wobei sich manche von ihnen bereitwilliger präsentieren lassen als andere. Vor allem Liz (Lily James) ist in ihrer Haltung potentiellen Verehrern gegenüber arg widerspenstig. Sowohl den raubeinigen Kämpfer Mr. Darcy (Sam Riley) als auch den ebenso charmanten wie störrischen Mr. Wickham (Jack Huston) weiß Liz zu frustrieren: Im einen Moment gibt sie sich ihnen gegenüber von ihrer galanten Seite, im nächsten stößt sie ihnen mit ihrem Eigensinn vor den Kopf.
Und diese Probleme stellen noch das geringste Übel dar, mit dem es die Bennets zu tun haben – schließlich wird England seit Jahren von einer Zombie-Epidemie heimgesucht, deren Auswirkungen schlimmer und schlimmer werden …
Der Clash
Es bieten sich zwei Wege an, auf denen sich Seth Grahame-Smiths Bestseller von 2009, in dem er Jane Austens Klassiker Stolz und Vorurteil um Zombies bereichert, für die Leinwand adaptieren lässt. Option a): Die Variante des radikalen Stilclashs – in der einen Sequenz nüchterne, originalgetreue Jane-Austen-Verfilmung, in der nächsten reißerischer Zombieslasher. Diesen Weg geht die 28-Millionen-Dollar-Produktion jedoch nur sporadisch. Etwa in der Introsequenz, in der Mr. Darcy, hier ein von Sam Riley mit knarzender Stimme und schroffem Charme ultracool verkörpert Zombiejäger, auf einer zurückhaltenden Teegesellschaft einen Untoten ausfindig macht. Regisseur Burr Steers (17 Again – Back to High School) erfüllt diese Szene mit horrorfilmartiger Anspannung, lässt die Kamera durch den Raum geistern, fängt die nervösen Gesichter der Anwesenden in Nahaufnahme ein, bis sich die Lage im obligatorischen Schock- und Metzeleffekt entlädt. Einen selbstironischen, stylischen Vorspann später hält sich Steers, der auch das Drehbuch verfasst hat, dagegen erstmal im konventionellen Bereich des Kostümdramas auf, mit Landschaftsaufnahmen, Schwenks durch prachtvoll eingerichtete Anwesen und höflich vorgetragenen Zwistigkeiten zwischen gut situiert Figuren.
Ein weiteres humorvolles Aufeinanderprallen des Zombiefilms und der Austen-Adaption erfolgt bei einem abendlichen Empfang: Im romantischen Kerzenschein zeigt sich Liz, die Downton Abbey-Star Lily James in den ernsten Szenen mit kesser Eleganz und in den albernen Szenen mit eleganter Keckheit spielt, von ihrer widerborstigen Seite. Mr. Darcy beobachtet dieses Schauspiel, als die Zombies über das gesellschaftliche Ereignis einfallen – und die in ihren Empire-Kleidern gehüllten Damen zücken mit stoischer, unberührter Miene ihre Waffen, um in Zeitlupe gelassen die Angreifer abzuschlachten. Während Mr. Darcy in feinster Hochsprache eine Lobpreisung auf Liz ausspricht.
Solche pointierten Diskrepanzen zwischen Geschehen und Aktion lässt Stolz und Vorurteil & Zombies daraufhin missen, erst im letzten Viertel unterbricht der Kampf gegen die drohende Zombieapokalypse das sich zuspitzende Romantikdrama. Doch Steers gehen in dieser finalen Passage die inszenatorischen Ideen aus, die Kämpfe wirken steif und ein Gros der Zombieeffekte (die zumeist löblicherweise praktisch umgesetzt sind) ist längst nicht mehr so makaber-detailfreudig wie in der ersten Hälfte. Darüber hinaus offenbaren die konstanten halbnahen Aufnahmen die Budgetbeschränkungen des Films – lassen sich doch dadurch, dass nur wenig des die Protagonisten umgebenden Schlachtfeldes zu sehen ist, Statisten, Kostüme, Requisiten und Effekte einsparen.
Die Fusion
Im Mittelteil ist Stolz und Vorurteil & Zombies hauptsächlich eine Fusion aus Kostümdrama und Zombiefilm: Es entwickelt sich die klassische Jane-Austen-Handlung, bloß dass im Hintergrund die Zombieplage stattfindet und daher junge Damen eine Ausbildung in asiatischer Kampfkunst erhalten und noch etwas selbstständiger sind als in der Vorlage. Steers setzt diese Verschmelzung zweier Genres trocken und ohne überdeutliche Augenzwinkerei um, verzichtet aber auch darauf, die Zombies als Bedrohung spürbar zu machen. Sie sind für weite Strecken einfach Sand im Getriebe der Liebesverwicklungen – was zwar einen spröd-humoristischen Charme hat, aber angesichts der zahmen Horrorelemente auch von wenig Mut zeugt.
Die Verschmelzung aus Vorlage und hinzugedichteten Elementen geht daher am besten auf, wenn Steers das neu erschaffene England des 19. Jahrhunderts weiterdenkt und den in der Austen-Vorlage eloquenten, lauten Streit, der sich bei einem misslungenen Antrag zwischen Liz und Mr. Darcy entwickelt, auf Mr. & Mrs. Smith-Niveau hebt. Logisch, dass Frauen, die mit Zombies umzugehen wissen, nicht nur verbal austeilen – und ulkig ist der Anblick aufgrund der entstehenden Dichotomie ebenfalls.
Das Ergebnis
Stolz und Vorurteil & Zombies ist als abgefahrene Literaturadaption leider ziemlich inkonsequent. Phasenweise ist es ein abgedrehtes Hin-und-Her-Springen zwischen zwei gänzlich unterschiedlichen Stühlen, manchmal ruht der Film auf einem originellen Stuhl. Zumeist trifft aber weder das eine, noch das andere zu – und in einem Raum mit drei leeren Stühlen auf dem staubigen Boden zu sitzen, macht halt nicht sonderlich viel Spaß. Steers‘ Regieführung ist solide, aber arm an Charakter, was sowohl das Humorpotential als auch die mögliche Intensität der Geschichte beschneidet.
Fazit: Burr Steers Adaption des verrückten Parodieromans Stolz und Vorurteil & Zombies übersetzt den Reiz der Vorlage pflichtgetreu, aber ambitionslos für die Leinwand. Dank der fähigen, engagierten Darsteller werden Freunde dieser schrägen Grundidee ausreichend bespaßt – trotzdem bleibt das bedauerliche Gefühl, dass so viel mehr drin gewesen wäre.
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