Donnerstag, 28. Juli 2016

Trumbo


Hollywood: Traumfabrik und Sündenpfuhl zugleich. So sehr das Filmmekka Jahr für Jahr mehrere Millionen von Menschen mit seinen Produktionen unterhält – hinter den Kulissen geht es in der Kinobranche ganz und gar nicht sauber zu. Nachdem erst kürzlich mit Hail, Caesar! eine ebenso liebevoll-komische, wie satirisch-neckische Verneigung vor den dubiosen Machenschaften Hollywoods anlief, steht eine weitere Produktion an, die Leichtfüßigkeit mit kritischen Tönen vermengt: Das Biopic Trumbo handelt vom gefeierten Drehbuchautor Dalton Trumbo und ist vornehmlich während einer Zeit angesiedelt, in der die Welt des Glamours von einer pechschwarzen Wolke verachtenswerter Politik bedeckt wurde. Und trotzdem findet die Regiearbeit von Jay Roach (Austin Powers-Trilogie) einen Weg, diesem grimmen Kapitel in der Hollywood-Historie mit einem Schalk im Nacken zu entgegnen …

Das von John McNamara (Aquarius) verfasste, humorvolle Drama nimmt zu einem Zeitpunkt seinen Anfang, an dem sich Trumbo (Bryan Cranston) zur Elite Hollywoods zählen darf: Weil er mit zügigem Tempo ausgefeilte, hochwertige Drehbücher abliefert, erhält er ein Gehalt, das für einen Autoren außergewöhnlich hoch ist. Aber nicht jeder gönnt dem Familienvater seinen Erfolg: Weil er Mitglied der Kommunistischen Partei ist, wird Trumbo in den Anfangsjahren des Kalten Krieges von antisowjetischen Branchenkollegen kritisch beäugt. Zu den lautesten Stimmen, die gegen Trumbo und seine ideologisch gleich tickenden Freunde hetzen, zählen die Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) und der erzkonservative Schauspieler John Wayne (David James Elliott). Anfangs suchen Trumbo und Weggefährten wie Mime Edward G. Robinson (Michael Stuhlbarg) noch selbstbewusst die direkte Konfrontation, doch schon bald nimmt die Kommunistenhatz unangenehme Züge an. Das House Committee on Un-American Activities (HUAC) schickt politische Feinde ins Gefängnis und die Motion Picture Alliance for the Preservation of American Ideas (MPAPAI) verhängt jenen, die nicht (oder nicht mehr) einsitzen ein Arbeitsverbot. Trumbo allerdings lässt sich seinen geliebten Beruf nicht einfach so wegnehmen. Alsbald füttert er seine Familie durch, indem er mittels Pseudonymen und Strohmännern Skripts wie am Fließband produziert …

Eine umfassende Chronik der Schrecken, die die sogenannte Schwarze Liste politischer Gegner in den USA verursachte, ist Trumbo nicht geworden. Autor McNamara vereinfacht das Geschehen extrem. Etwa, indem er mehrere reale Leidensgenossen Trumbos zu fiktiven Figuren zusammenfasst, vor allem aber dadurch, dass er die menschlichen Dramen in der zweiten Filmhälfte nur gelegentlich durchschimmern lässt. Sobald Trumbo erst einmal seine Skriptfabrik aufgebaut hat, erinnern nur häusliche Streitigkeiten und vereinzelte, kurz angerissene Tragödien im Umfeld des genialen Autoren an die schwerwiegenden Folgen der Antikommunistenpolitik. Erst im Abspann verdeutlichen Texttafeln, dass das unnachgiebige Bekämpfen vermeintlich „unamerikanischer Tätigkeiten“ zahlreiche Leben zerstört hat.

Der Fokus von Trumbo liegt viel mehr auf dem Findungsreichtum des Protagonisten und auf einer „Ha, den Irren da oben zeigen wir’s aber!“-Mentalität. Und diesem Anspruch wird der rund zweistündige Film gerecht: Wie Trumbo das politisch intolerante Hollywoodsystem an der Nase herumführte, wird mit Esprit und reich an Pointen nacherzählt. Trumbos Triumphe während seines Arbeitsverbots werden nicht etwa als rührselige Etappen einer bewegten Vita markiert, sondern als Punchlines: Der Mann, der untätig sein sollte, feiert verdeckt seine größten Karrieresprünge. Ha, nimm das, MPAPAI! Neben der hohen Dichte an Dialogwitz in der zweiten Filmhälfte, die Cranston charakterstark und mit perfektem Timing über die Bühne bringt, sorgen zudem exzentrische Nebenfiguren aus dem Filmbetrieb für Unterhaltung.

So besticht Dean O'Gorman als Spartacus-Hauptdarsteller Kirk Douglas: Optisch ist die Illusion perfekt, und darstellerisch gelingt O’Gorman ein faszinierender Spagat zwischen launiger Karikatur und respektvoller Imitation. Gleiches gilt für Christian Berkel als Exodus-Regisseur Otto Preminger, der hier als schräger, einschüchternder, aber moralisch integrer Deutschlandexport skizziert wird, sowie für John Goodman als schmieriger, impulsiver und gutherziger Schundfilm-Studioboss Frank King.

Angesichts dessen, wie leichtfüßig Trumbo in der zweiten Hälfte weitestgehend daherkommt, fällt die erste Hälfte etwas zäh aus: Die dramatische Grundlage für die später folgenden Eskapaden wird zwar nicht ganz ohne Dialogwitz erzählt (vor allem Louis C.K. punktet in den frühen Szenen mit Sarkasmus), jedoch verheddert sich die Erzählung mitunter in Details, die im weiteren Verlauf kaum Beachtung finden. Cranstons nuancierte Darbietung und die an Forrest Gump erinnernde, geschickte Verschmelzung aus Archivmaterial und nachgestellten Szenen lassen der holprigen Dramaturgie zum Trotz den ersten Trumbo-Part als solide Hollywood-Geschichte dastehen. In Kombination mit Theodore Shapiros effektiven, teils jazzigen Score schiebt sich Trumbo zwar noch immer nicht in die oberste Riege an Filmen übers Filmemachen, wohl aber mühelos am tonal vergleichbaren Hitchcock mit Anthony Hopkins vorbei.

Fazit: Überzeugende Darsteller und viel Witz machen aus dem Biopic Trumbo eine raffinierte Auseinandersetzung mit einer in Wahrheit sehr dramatischen Ära der Hollywood-Geschichte.

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