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Donnerstag, 21. Juli 2016

Star Trek Beyond


Auf dem Papier sahen die Startvoraussetzungen für Star Trek Beyond denkbar schlecht aus. Zumindest, was die Frage angeht, wie sehr er mir gefallen könnte. Nachdem ich J. J. Abrams' Star Trek unterhaltsam fand, mir die Neuinterpretation der Enterprise-Crewmitglieder aber etwas zu zickig ausfiel, fuhr Star Trek Into Darkness das frisch rebootete Franchise direkt wieder gegen eine Wand. Angestrengt-düstere Stimmung, ohne dass diese inhaltlich gerechtfertigt wäre. Der nunmehr berühmt-berüchtigte "Twist" mit Benedict Cumberbatch. Und derartig viele, die neuen Elemente erdrückende Referenzen auf die Vorlage, dass im direkten Vergleich Creed und Star Wars: Das Erwachen der Macht wie Filme wirken, die vollkommen neue Stoffe darstellen.

Dass Abrams bei Star Trek Beyond die Regiepflichten wieder abgibt, stimmte mich auch nicht optimistischer, wurde er doch von Justin Lin beerbt, dem Macher zahlreicher Fast & Furious-Filme, also einer Reihe, mit der ich nie wirklich warm geworden bin. Und deren für mich annehmbarster Teil nicht von Lin stammt. Am ehesten klang der Austausch der Autoren vielversprechend, übernahmen nun doch Star Trek-Fan Simon Pegg und Confidence-Autor Doug Jung den Job. Frisches Blut im Autorenzimmer des etablierten Sci-Fi-Franchises konnten nach Star Trek Into Darkness wahrlich nicht schaden.

Angesichts der in meinen Augen angestrengt wirkenden Trailer bin ich dennoch mit sehr niedrigen Erwartungen in die Pressevorführung gegangen. Doch bereits nach wenigen Minuten wurden diese hinfort geblasen: Allein in der ersten Sequenz hat Chris Pine alias James T. Kirk mehr Spaß vor der Kamera als im gesamten Star Trek Into Darkness-Abenteuer. Und das wohlgemerkt, ohne das ursprüngliche Star Trek-Feeling aufzugeben. Die von den Trailern losgetretenen Befürchtungen vieler Filmfreunde, Justin Lin könnte aus der traditionsreichen Reihe ein "Guardians of the Galaxy light" formen, waren unbegründet. Wobei gesagt werden muss: Was nach Kirks sehr komisch entgleisenden Friedensgesprächen mit einer visuell interessant gestalteten Alienrasse losgetreten wird, ist bei weitem nicht der smarteste, nachdenklichste Teil der Kinoreihe. Da er seine Figuren aber mehr respektiert und ihnen mehr Raum für kleine, leichtfüßige, aber in sich schlüssige Miniplots gibt, als ähnlich actionreiche Teile wie Star Trek Into Darkness und Star Trek Nemesis, darf man ihn aber wenigstens sorglos als "Star Trek nach einer Adrenalinspritze" bezeichnen.

Die ihrer Mission langsam müde werdende Crew Enterprise möchte ein anderes, in Not geratenes Raumschiff aus seiner misslichen Lage befreien, wird dabei aber von einer feindlich gesinnten Flotte angegriffen. Die Enterprise landet auf einem nahezu unbevölkerten Planeten Bruch und wird dabei getrennt. Währens Spock (Zachery Quinto) schwer verletzt wird und Pille (Karl Urban) vom Vulkanier rasch die Schnauze voll hat, macht Scotty (Simon Pegg) die Bekanntschaft mit einer kämpferischen Einzelgängerin namens Jaylah (Sofia Boutella), die über Kenntnisse bezüglich der Flotte verfügt, die die Enterprise erfolgreich niedergeschossen hat. Nun gilt es für das Team der Enterprise, wieder zusammenzufinden und die über eine mächtige Waffe verfügenden Gegner unschädlich zu machen, ehe sie ihre Gerätschaft an größeren Zielen ausprobiert ...

Für größere Emotionen ist in der temporeichen, stets vorantreibenden Geschichte kaum Zeit: Spock und Uhura (Zoe Saldana) haben ihr Techtelmechtel wieder beendet, was Pegg und Jung jedoch primär als Antriebsfeder eines narrativen Nebenstrangs nutzen (sowie als aufgeweckten "Komm aus dieser Sackgasse wieder raus"-Joker für ein Problemchen, dass sich den Protagonisten in der zweiten Filmhälfte stellt). Kirk wiederum hinterfragt seinen Dienst als Kapitän, was jedoch in nur wenigen, etwas längeren Dialogszenen zum Ausdruck kommt. Allein die Verneigung vor Leonard Nimoy wird ruhig und ehrfürchtig abgewickelt, was für einen Augenblick der Besinnlichkeit sorgt. Generell läuft die "Erst sich selbst wieder aufsammeln und dann die Schurken stoppen"-Handlung eher unter dem Motto: "Wie können wir diese Figuren in eine Actionhandlung schubsen, ohne dass sie sich dabei untreu werden?"

Diese Mission erfüllt Star Trek Beyond allerdings sehr erfolgreich: Die Helden denken mehr (und schlüssiger) darüber nach, wie sie ihre Herausforderungen meistern könnten, als noch im Vorgänger, und die Peggs Handschrift aufweisenden Frotzeleien zwischen den Enterprise-Mitgliedern sind nicht nur pointiert und werden praktisch durchgehend spritzig von ihren Darstellern dargeboten, sondern sind auch stets "in character". Zudem kommen sie ohne das ständige "Wir sind eine Familie"-Gelaber aus, das die meisten Skripts aufweisen, mit denen Justin Lin sonst arbeitet.

Der Action wiederum ist deutlich anzumerken, welchen Hintergrund der Regisseur mitbringt. Die Kamera wirbelt viel herum (und auch abseits der Actionszenen arbeitet sie viel unter der Prämisse "viel Bewegung hält das Adrenalin oben"), doch da Lin nicht zu sehr auf Nahaufnahmen setzt und trotz zügiger Schnittarbeit auch das Tempo variiert und zwischendurch auf längere Kamerafahrten setzt, ist eine Übersicht auf das Geschehen gewährleistet. Gadgets und weitere Kniffe werden vorab etabliert, vor allem im Finale sorgt eine kraftvolle Abstimmung zwischen Bild und Musik für Pepp und von zwei oder drei Fällen, in denen die Komposition mehrerer CG-Effekte nicht ganz ausgereift ist, stimmt auch der Look. Vor allem die zahlreichen praktischen Effekte und Make-up-Leistungen sind löblich - sowie die Abkehr von Abrams' Lens-Flare-Sucht.

Der Plot ist zwar alltäglich und wenig ideenreich, und bis der Schurke an Charakter gewinnt, lässt sich Star Trek Beyond viel Zeit. Doch für einen dynamischen, humorvollen Sci-Fi-Actionfilm stimmt die Mischung einfach. Für mich Justin Lins bislang bester Film sowie der beste Teil der bisherigen Star Trek-Reboot-Saga.

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