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Montag, 22. Februar 2016

Knight of Cups





Regisseur und Autor Terrence Malick ist wahrhaftig kein Vielfilmer: Der 71-Jährige, der 1973 seine Langfilmkarriere mit dem Soziopathendrama Badlands – Zerschossene Träume begonnen hat, liefert mit Knight of Cups gerade einmal sein siebtes Werk ab. Wobei der studierte Philosoph und freischaffende Journalist zuletzt in Sachen Arbeitstempo zugelegt hat: Seit dem Kinostart des vielfach besungenen Tree of Life sind gerade einmal vier Jahre vergangen, und in dieser Zeit inszenierte Malick sogleich zwei Dramen – die von der Kritik zerrissene Dreiecksgeschichte To the Wonder sowie die in Hollywood spielende Sinnsuche und Liebesodyssee Knight of Cups. Stilistisch sind die drei Werke eng verknüpft, treiben sie doch Malicks markanten Stil auf die Spitze: Assoziative Szenenfolgen. Frei schwebende Kamerafahrten, gefilmt mit Weitwinkelobjektiv. Begleitet von klassischer Musik sowie poetisch formulierten Gedankengängen, die als Off-Kommentar daher gesäuselt werden. Wer diesen Stil schon in Tree of Life oder To the Wonder verteufelt hat, wird es daher auch in Knight of Cups schwer haben. Wer aber Malicks Stil gegenüber aufgeschlossen ist, findet hiermit einen rauschhaften Trip durch das vergnügungssüchtige Amerika sowie das Innenleben eines ausgebrannten Hedonisten vor.


Rick (Christian Bale) ist ein Hollywood-Drehbuchautor, der aktuell eine Sinnkrise durchläuft. Bedingt durch seine unharmonische Beziehung zu seinem als Pastor arbeitenden Vater (Brian Dennehy), und seine ungestüme Dynamik mit seinem Bruder (Wes Bentley), mangelt es Rick an Rückhalt im Familienleben. Und obwohl er bereits intensive Beziehungen mit zahlreichen sanftmütigen, wunderschönen Frauen durchlief (unter anderem: Imogen Poots, Freida Pinto, Teresa Palmer, Cate Blanchett, Natalie Portman und Isabel Lucas), will auch das Liebesglück in Ricks Leben keine Beständigkeit aufweisen. Aufgerüttelt durch ein heftiges, aber folgenloses Erdbeben, geht der Autor nach Jahren der Genusssucht in sich und begibt sich auf die Suche nach Antworten auf all jene Fragen, die er bislang ignoriert hat …


Knight of Cups geht einen Schritt weiter als die letzten beiden Malick-Filme: Tree of Life erdet seine philosophischen Grundfragen durchaus noch mit einem narrativen roten Faden; in To the Wonder wird das Thema einer von Enttäuschungen belasteten Beziehungskiste eng mit den im Film verbalisierten und illustrierten Gedankengängen verknüpft. Das Liebes- und Sinnsuchdrama mit Ex-Batman Christian Bale dagegen ist Malicks bist dato abstrakteste Regiearbeit – selbst die Einteilung der Geschichte durch Kapiteleinblendungen stellt eine nur mäßig fruchtende Orientierungshilfe dar. Effektiver teilt da die lange Reihe an talentierten Schauspielerinnen die Geschichte in Abschnitte auf: Blanchett, Poots, Palmer, Portman und Co. verkörpern zwar alle einen verwandten Typ Mensch – bei Malick sind Frauen stets natürlicher und unbeschwerter als Männer – und scheinen auf den ersten Blick nur auf ihre Äußerlichkeiten reduziert zu werden. Doch während ihrer begrenzten Leinwandzeit gelingt es sämtlichen Nebendarstellerinnen, allein durch Mimik und Gestik sowie den Tonfall ihrer Off-Kommentare, sehr wohl einen eigenen Charakter zu erschaffen.


Was genau diese Damen repräsentieren, ob sie schlichtweg die unterschiedlichen Frauentypen darstellen, denen ein umtriebiger Mann so begegnen kann, oder ob sie für mehr stehen, darf jedes einzelne Publikumsmitglied selbst entscheiden. Denn anders als im mit biblischen Symbolen arbeitenden Tree of Life und im sehr frei erzählten, thematisch aber klar fokussierten To the Wonder, reicht Malick seinen Zuschauern in diesem Fall nur rudimentäre Schlüssel, um die auf die Leinwand gebannten Codes zu knacken. Die von Bale mit schwerem Gestus verkörperte Hauptfigur denkt nicht mit uns, sondern für sich allein über das Leben und die Liebe nach – und das Kinopublikum darf sich von ihm dazu angestachelt fühlen, es ihm gleichzutun. Gelegentliche Referenzen auf Tarot-Karten und alte Legenden wirken wie Interpretationshilfen, sind letztlich aber poetisch-schmückendes Beiwerk – das bestenfalls verdeutlicht, wie inhaltsleer Ricks Leben für eine lange Zeit war.


Die Dialoge sind in Knight of Cups noch spärlicher gesät als von Malick zuletzt gewohnt, nahezu der gesamte Wortanteil in dieser rund zweistündigen Philosophierunde fällt auf Gedanken, die die Figuren im Off über die weitwinkligen Bilder sprechen. Zuweilen sind diese Kommentare ein stream of consciousness, also umherspringende, introspektive Gedanken. Andere Male könnten die Kommentare genauso gut aus einem Gedichtband stammen – gelegentlich aber leider auch bloß aus einem Teenie-Poesiealbum. Die verbale Kraft von Tree of Life erreicht der hier gebotene Zusammenbruch eines Hedonisten daher nicht. Visuell aber steht das Promi-Schaulaufen seinen Vorgängern in Nichts nach. Oscar-Preisträger Emmanuel Lubezki (Birdman, Gravity) entlockt selbst den schmutzigsten Ecken LAs eine vielsagende Schönheit und auch diejenigen, die es irgendwann aufgeben, die Bilderassoziationen zu deuten, sollten wenigstens die visuelle Kraft der Bilder schätzen können.


Fazit: Fellinis 8 1/2 im Zeitalter der neuen Vergnügungssucht: Christian Bale vergnügt sich mit einer endlosen Parade an Frauen – und geht derweil unlösbaren Fragen nach. Knight of Cups ist ein philosophischer Rausch mit tollen Darstellern und nur sehr überschaubaren Orientierungshilfen für den ebenfalls sinnsuchenden Zuschauer.

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