Regisseur und Autor Terrence Malick ist wahrhaftig kein
Vielfilmer: Der 71-Jährige, der 1973 seine Langfilmkarriere mit dem
Soziopathendrama Badlands – Zerschossene Träume begonnen
hat, liefert mit Knight of Cups gerade einmal sein siebtes
Werk ab. Wobei der studierte Philosoph und freischaffende Journalist zuletzt in
Sachen Arbeitstempo zugelegt hat: Seit dem Kinostart des vielfach besungenen Tree
of Life sind gerade einmal vier Jahre vergangen, und in dieser Zeit
inszenierte Malick sogleich zwei Dramen – die von der Kritik zerrissene
Dreiecksgeschichte To the Wonder sowie die in Hollywood
spielende Sinnsuche und Liebesodyssee Knight of Cups.
Stilistisch sind die drei Werke eng verknüpft, treiben sie doch Malicks
markanten Stil auf die Spitze: Assoziative Szenenfolgen. Frei schwebende
Kamerafahrten, gefilmt mit Weitwinkelobjektiv. Begleitet von klassischer Musik
sowie poetisch formulierten Gedankengängen, die als Off-Kommentar daher
gesäuselt werden. Wer diesen Stil schon in Tree of Life oder
To the Wonder verteufelt hat, wird es daher auch in Knight
of Cups schwer haben. Wer aber Malicks Stil gegenüber aufgeschlossen
ist, findet hiermit einen rauschhaften Trip durch das vergnügungssüchtige
Amerika sowie das Innenleben eines ausgebrannten Hedonisten vor.
Rick (Christian Bale) ist ein Hollywood-Drehbuchautor, der
aktuell eine Sinnkrise durchläuft. Bedingt durch seine unharmonische Beziehung
zu seinem als Pastor arbeitenden Vater (Brian Dennehy), und seine ungestüme
Dynamik mit seinem Bruder (Wes Bentley), mangelt es Rick an Rückhalt im
Familienleben. Und obwohl er bereits intensive Beziehungen mit zahlreichen
sanftmütigen, wunderschönen Frauen durchlief (unter anderem: Imogen Poots,
Freida Pinto, Teresa Palmer, Cate Blanchett, Natalie Portman und Isabel Lucas),
will auch das Liebesglück in Ricks Leben keine Beständigkeit aufweisen.
Aufgerüttelt durch ein heftiges, aber folgenloses Erdbeben, geht der Autor nach
Jahren der Genusssucht in sich und begibt sich auf die Suche nach Antworten auf
all jene Fragen, die er bislang ignoriert hat …
Knight of Cups geht einen Schritt weiter
als die letzten beiden Malick-Filme: Tree of Life erdet
seine philosophischen Grundfragen durchaus noch mit einem narrativen roten
Faden; in To the Wonder wird das Thema einer von
Enttäuschungen belasteten Beziehungskiste eng mit den im Film verbalisierten
und illustrierten Gedankengängen verknüpft. Das Liebes- und Sinnsuchdrama mit
Ex-Batman Christian Bale dagegen ist Malicks bist dato abstrakteste Regiearbeit
– selbst die Einteilung der Geschichte durch Kapiteleinblendungen stellt eine
nur mäßig fruchtende Orientierungshilfe dar. Effektiver teilt da die lange
Reihe an talentierten Schauspielerinnen die Geschichte in Abschnitte auf:
Blanchett, Poots, Palmer, Portman und Co. verkörpern zwar alle einen verwandten
Typ Mensch – bei Malick sind Frauen stets natürlicher und unbeschwerter als
Männer – und scheinen auf den ersten Blick nur auf ihre Äußerlichkeiten
reduziert zu werden. Doch während ihrer begrenzten Leinwandzeit gelingt es
sämtlichen Nebendarstellerinnen, allein durch Mimik und Gestik sowie den
Tonfall ihrer Off-Kommentare, sehr wohl einen eigenen Charakter zu erschaffen.
Was genau diese Damen repräsentieren, ob sie schlichtweg die
unterschiedlichen Frauentypen darstellen, denen ein umtriebiger Mann so
begegnen kann, oder ob sie für mehr stehen, darf jedes einzelne
Publikumsmitglied selbst entscheiden. Denn anders als im mit biblischen
Symbolen arbeitenden Tree of Life und im sehr frei
erzählten, thematisch aber klar fokussierten To the Wonder,
reicht Malick seinen Zuschauern in diesem Fall nur rudimentäre Schlüssel, um
die auf die Leinwand gebannten Codes zu knacken. Die von Bale mit schwerem
Gestus verkörperte Hauptfigur denkt nicht mit uns, sondern für sich allein über
das Leben und die Liebe nach – und das Kinopublikum darf sich von ihm dazu
angestachelt fühlen, es ihm gleichzutun. Gelegentliche Referenzen auf
Tarot-Karten und alte Legenden wirken wie Interpretationshilfen, sind letztlich
aber poetisch-schmückendes Beiwerk – das bestenfalls verdeutlicht, wie
inhaltsleer Ricks Leben für eine lange Zeit war.
Die Dialoge sind in Knight of Cups noch
spärlicher gesät als von Malick zuletzt gewohnt, nahezu der gesamte Wortanteil
in dieser rund zweistündigen Philosophierunde fällt auf Gedanken, die die
Figuren im Off über die weitwinkligen Bilder sprechen. Zuweilen sind diese
Kommentare ein stream of consciousness, also
umherspringende, introspektive Gedanken. Andere Male könnten die Kommentare
genauso gut aus einem Gedichtband stammen – gelegentlich aber leider auch bloß
aus einem Teenie-Poesiealbum. Die verbale Kraft von Tree of Life
erreicht der hier gebotene Zusammenbruch eines Hedonisten daher nicht. Visuell
aber steht das Promi-Schaulaufen seinen Vorgängern in Nichts nach.
Oscar-Preisträger Emmanuel Lubezki (Birdman, Gravity)
entlockt selbst den schmutzigsten Ecken LAs eine vielsagende Schönheit und auch
diejenigen, die es irgendwann aufgeben, die Bilderassoziationen zu deuten,
sollten wenigstens die visuelle Kraft der Bilder schätzen können.
Fazit: Fellinis 8 1/2
im Zeitalter der neuen Vergnügungssucht: Christian Bale vergnügt sich mit einer
endlosen Parade an Frauen – und geht derweil unlösbaren Fragen nach. Knight
of Cups ist ein philosophischer Rausch mit tollen Darstellern und nur
sehr überschaubaren Orientierungshilfen für den ebenfalls sinnsuchenden
Zuschauer.
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