Romantikkomödien sind, genauso wie Actionthriller mit
mittelhohem Budget und Slasher-Horrorfilme, extrem anfällig für Klischees. Da
gleichen sich zwei Genrevertreter gerne Mal in Sachen Optik, Inhalt und Akustik
wie ein Ei dem anderen. Dass so mancher Filmfreund bei solcher Fließbandware
die Hoffnung und sogleich auch das ganze Genre aufgibt, verwundert daher nicht.
Aber: Es lohnt sich sehr wohl, weiter die Augen aufzuhalten. Wenn nämlich
endlich wieder eine Produktion anläuft, der es gelingt, die Konventionen
sehenswert aufzufrischen, dann ist es sofort wieder da: Dieses begeisterte
Kribbeln, das rational schwer erklärbare Gefühl, dass einem das
(Filmfan-)Herzen aufgeht. Es ist kompliziert ..! ist für die
Gattung der Romantikkomödien ein ebensolches Exemplar. Mit Verve macht Ben
Palmers Regiearbeit vergessen, dass einen die Suche nach neuer (Film-)Liebe so
oft in Sackgassen führte und dadurch verbittern ließ.
Wie passend, dass die Produktion aus dem Hause Working Title
(Notting Hill, Tatsächlich … Liebe) nicht
nur solch eine Wirkung entfaltet. Sie handelt obendrein davon, dass es nichts
bringt, wegen enttäuschender Liebeserfahrungen das Handtuch zu werfen: Nach
diversen Beziehungsniederlagen und allerlei peinlichen Dates hat Nancy (Lake
Bell) die Faxen dicke. Frustriert und entnervt schwört sie der Partnersuche ab.
Als die 34-Jährige im Zug auf dem Weg zum 40. Hochzeitstag ihrer Eltern der
überoptimistischen Jessica (Ophelia Lovibond) begegnet, muss sie sich daher
eine Lektion anhören. Darüber hinaus hinterlässt Jessica ihrer Sitznachbarin
ein Selbsthilfebuch, welches Nancy am Londoner Hauptbahnhof wieder loszuwerden
versucht. Bevor es ihr gelingt, wird sie aber von Jack (Simon Pegg)
angesprochen, der sie aufgrund besagten Buches für sein Blind Date hält. Auf
Anhieb von Jacks Witz und charmanter Nervosität überwältigt, verzichtet sie
darauf, den Irrtum aufzuklären. Die beiden verbringen einige richtig tolle
Stunden miteinander – doch Nancys falsches Spiel wartet darauf, enttarnt zu
werden …
Was so kurz zusammengefasst und im Trailer nach irgendeiner
Standard-RomCom klingt, ist ein echtes Genre-Kleinod. Denn spätestens, sobald
sich Jack und Nancy begegnen, entwickelt sich Es ist kompliziert ..!
zu einem Feuerwerk an schmissigen, perfekt sitzenden Dialogwitzen. Das Skript
von Tess Morris setzt nicht auf die üblichen abgehobenen Protagonisten, die vor
bemühter Romantik triefende Gespräche führen, sondern auf ein geerdetes Paar,
das die Kunst des Smalltalks gemeistert hat. Das gegenseitige Beschnuppern der
Hauptfiguren ist voll mit gewieften Beobachtungen üblicher Flirt-Peinlichkeiten
und urkomischen Wortfindungen. Vor allem jedoch sprühen zwischen Jack und Nancy
so überzeugende, erheiternde Funken, da die humorige Chemie zwischen Lake Bell
und Simon Pegg stimmt. Die Darsteller begegnen sich auf Augenhöhe, spielen sich
gegenseitig die Bälle zu und erwecken so überzeugend den Eindruck, eine
verflixt gute Zeit miteinander zu haben.
Dieses Gefühl überträgt sich so zwangsweise auf den
Zuschauer, der auch außerhalb der humorigen Passagen geschliffenen Wortwechseln
lauschen darf: Nancy und Jack sind nicht nur spaßige Personen, denen man mit
Freude beim Rumblödeln zuschaut, sondern bringen auch ganz eigene Macken und
Ansichten zum Thema Romantik mit. Diese werden allerdings nicht genretypisch
vor Postkartenkulisse und in Motivationskalenderzitaten rübergebracht, sondern
in trivialeren Momenten und mit authentisch unüberlegter Schnauze – was dem
Film zusätzlichen Reiz verleiht.
Insofern folgt Es ist kompliziert ..!
sehr wohl einer Formel. Nicht erzählerisch, nicht tonal, jedoch in der
besonderen Mischung seiner entscheidenden Elemente: Palmer arbeitet hier getreu
dem britischen Geheimrezept für herrliche Romantikkomödien. Man nehme emotional
geerdete, real wirkende Hauptfiguren, und vermenge diese mit Dialogen, die wie
pointiertere Spielweisen echter Gespräche erscheinen. Als kleines Plus folgen
noch quirlige Nebenfiguren. Etwa in Form von Rory Kinnear, der einen sehr
weltfremden, aufdringlichen Stalker spielt. Oder in Form einer sehr
zuvorkommenden Teenie-Partybrigade. Dank der stimmigen Musikauswahl und einer
durchaus cleveren Regieführung, welche die textliche Das Schweigen der
Lämmer-Anspielung später durch eine inszenatorische Hommage
verstärkt, siedelt sich Es ist kompliziert ..! auch in der
Umsetzung weit über dem Genrestandard an. Wenn im obligatorisch eskalierenden
Finale die immer größer werdenden romantischen Gesten dann auf Pointen
gebürstet sind, statt auf Schmalz, bleibt endgültig kein Auge trocken.
Fazit: Ben Palmer ist mit diesem kurzen,
knackigen Filmspaß echtes Wohlfühlkino mit Esprit, ungekünstelter Romantik und
glühendem Wortwitz gelungen. Sehempfehlung!
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