Seiten

Sonntag, 21. Februar 2016

Es ist kompliziert ..!




Romantikkomödien sind, genauso wie Actionthriller mit mittelhohem Budget und Slasher-Horrorfilme, extrem anfällig für Klischees. Da gleichen sich zwei Genrevertreter gerne Mal in Sachen Optik, Inhalt und Akustik wie ein Ei dem anderen. Dass so mancher Filmfreund bei solcher Fließbandware die Hoffnung und sogleich auch das ganze Genre aufgibt, verwundert daher nicht. Aber: Es lohnt sich sehr wohl, weiter die Augen aufzuhalten. Wenn nämlich endlich wieder eine Produktion anläuft, der es gelingt, die Konventionen sehenswert aufzufrischen, dann ist es sofort wieder da: Dieses begeisterte Kribbeln, das rational schwer erklärbare Gefühl, dass einem das (Filmfan-)Herzen aufgeht. Es ist kompliziert ..! ist für die Gattung der Romantikkomödien ein ebensolches Exemplar. Mit Verve macht Ben Palmers Regiearbeit vergessen, dass einen die Suche nach neuer (Film-)Liebe so oft in Sackgassen führte und dadurch verbittern ließ.


Wie passend, dass die Produktion aus dem Hause Working Title (Notting Hill, Tatsächlich … Liebe) nicht nur solch eine Wirkung entfaltet. Sie handelt obendrein davon, dass es nichts bringt, wegen enttäuschender Liebeserfahrungen das Handtuch zu werfen: Nach diversen Beziehungsniederlagen und allerlei peinlichen Dates hat Nancy (Lake Bell) die Faxen dicke. Frustriert und entnervt schwört sie der Partnersuche ab. Als die 34-Jährige im Zug auf dem Weg zum 40. Hochzeitstag ihrer Eltern der überoptimistischen Jessica (Ophelia Lovibond) begegnet, muss sie sich daher eine Lektion anhören. Darüber hinaus hinterlässt Jessica ihrer Sitznachbarin ein Selbsthilfebuch, welches Nancy am Londoner Hauptbahnhof wieder loszuwerden versucht. Bevor es ihr gelingt, wird sie aber von Jack (Simon Pegg) angesprochen, der sie aufgrund besagten Buches für sein Blind Date hält. Auf Anhieb von Jacks Witz und charmanter Nervosität überwältigt, verzichtet sie darauf, den Irrtum aufzuklären. Die beiden verbringen einige richtig tolle Stunden miteinander – doch Nancys falsches Spiel wartet darauf, enttarnt zu werden …


Was so kurz zusammengefasst und im Trailer nach irgendeiner Standard-RomCom klingt, ist ein echtes Genre-Kleinod. Denn spätestens, sobald sich Jack und Nancy begegnen, entwickelt sich Es ist kompliziert ..! zu einem Feuerwerk an schmissigen, perfekt sitzenden Dialogwitzen. Das Skript von Tess Morris setzt nicht auf die üblichen abgehobenen Protagonisten, die vor bemühter Romantik triefende Gespräche führen, sondern auf ein geerdetes Paar, das die Kunst des Smalltalks gemeistert hat. Das gegenseitige Beschnuppern der Hauptfiguren ist voll mit gewieften Beobachtungen üblicher Flirt-Peinlichkeiten und urkomischen Wortfindungen. Vor allem jedoch sprühen zwischen Jack und Nancy so überzeugende, erheiternde Funken, da die humorige Chemie zwischen Lake Bell und Simon Pegg stimmt. Die Darsteller begegnen sich auf Augenhöhe, spielen sich gegenseitig die Bälle zu und erwecken so überzeugend den Eindruck, eine verflixt gute Zeit miteinander zu haben.


Dieses Gefühl überträgt sich so zwangsweise auf den Zuschauer, der auch außerhalb der humorigen Passagen geschliffenen Wortwechseln lauschen darf: Nancy und Jack sind nicht nur spaßige Personen, denen man mit Freude beim Rumblödeln zuschaut, sondern bringen auch ganz eigene Macken und Ansichten zum Thema Romantik mit. Diese werden allerdings nicht genretypisch vor Postkartenkulisse und in Motivationskalenderzitaten rübergebracht, sondern in trivialeren Momenten und mit authentisch unüberlegter Schnauze – was dem Film zusätzlichen Reiz verleiht.


Insofern folgt Es ist kompliziert ..! sehr wohl einer Formel. Nicht erzählerisch, nicht tonal, jedoch in der besonderen Mischung seiner entscheidenden Elemente: Palmer arbeitet hier getreu dem britischen Geheimrezept für herrliche Romantikkomödien. Man nehme emotional geerdete, real wirkende Hauptfiguren, und vermenge diese mit Dialogen, die wie pointiertere Spielweisen echter Gespräche erscheinen. Als kleines Plus folgen noch quirlige Nebenfiguren. Etwa in Form von Rory Kinnear, der einen sehr weltfremden, aufdringlichen Stalker spielt. Oder in Form einer sehr zuvorkommenden Teenie-Partybrigade. Dank der stimmigen Musikauswahl und einer durchaus cleveren Regieführung, welche die textliche Das Schweigen der Lämmer-Anspielung später durch eine inszenatorische Hommage verstärkt, siedelt sich Es ist kompliziert ..! auch in der Umsetzung weit über dem Genrestandard an. Wenn im obligatorisch eskalierenden Finale die immer größer werdenden romantischen Gesten dann auf Pointen gebürstet sind, statt auf Schmalz, bleibt endgültig kein Auge trocken.


Fazit: Ben Palmer ist mit diesem kurzen, knackigen Filmspaß echtes Wohlfühlkino mit Esprit, ungekünstelter Romantik und glühendem Wortwitz gelungen. Sehempfehlung!

1 Kommentar:

  1. Oscar: Bester Film 2016 Poem
    Wie in den USA die Wirtschaftskrise ist entstanden
    Wird auf witzige Art durch The Big Short verstanden.
    Die Freilassung eines Piloten zu debattieren
    Wird Tom Hanks in Bridge of Spies probieren.
    Die Zeit für Heimweh und Liebe – zwei große Themen
    Wird sich Brooklyn mit Saiorse Ronan nehmen.
    Auf der Fury Road mit starken Frauen im Rücken
    Wird Mad Max das Herz der Actionfans beglücken.
    The Martian erzählt uns mit ganz viel Spaß
    Vom besten Botaniker auf dem Mars.
    Um Rache zu nehmen, kehrt Di Caprio zurück
    Und versucht mit The Revenant sein Oscar-Glück.
    Mit Jacob Tremblay, dem neuen Kinderstar
    Erzählt Room vom kleinen Jack und seiner Ma.
    Um Verbrechen der Priester ans Licht zu bringen,
    werden Redakteure in Spotlight um die Wahrheit ringen.
    So unvorhersehbar war sie noch nie
    Die Oscar Bester Film Kategorie.

    AntwortenLöschen