Ich etwa habe eine kleine Schwäche für Filme, die sich wie
folgt treffend beschreiben lassen: „Sonntagnachmittags auf dem Sofa sitzen,
natürlich unter einer Wolldecke eingekuschelt, während allmählich eine Tafel
Schokolade vertilgt wird.“ Das betrifft etwa die Art Fernsehfilme, wie sie
früher in der Disney Filmparade bei RTL oder ProSieben
liefen, wenn mal kein wirklicher Disney-Klassiker auf dem Programm stand.
Familientaugliche, aber nicht zwingend an Kinder adressierte Geschichten mit
optimistischer Grundnote und einem nicht all zu hohen Produktionswert (den die
Regisseure im Idealfall aber einzuschätzen wissen). Sowie mit einem Plot, der
bei allem Wohlfühlfaktor auch leise-dramatische Momente umfasst.
Obwohl Der Chor – Stimmen des Herzens»nicht
aus dem Hause Disney stammt und im Gegensatz zu so manchem Filmparade-Film
fürs Kino produziert wurde, weckt die Regiearbeit von François Girard (Silk)
genau solche Sofasonntag-Assoziationen:
Der 12-jährige Stet (Garrett Wareing) ist ein Problemschüler
mit einer hohen musikalischen Begabung, die an seiner Schule nicht gefördert
werden kann. Und auch er selbst steht sich im Weg: Als ihn seine Rektorin mit
einem Vorsingen für die renommierte National Boychoir Academy überrascht, rennt
er eiskalt davon. Das Schicksal zwingt ihn aber, seine Entscheidung zu
überdenken: Seine alleinerziehende Mutter stirbt bei einem Unfall, und sein
leiblicher Vater will Stet nicht bei sich aufnehmen, weil er bei einem
Seitensprung gezeugt wurde. So wird die Academy zu Stets einziger Möglichkeit,
sich bei diesen Vorzeichen eine gute Zukunft zu erarbeiten. Unter der strengen,
aber ermutigenden Führung des Chorleiters Carvelle (Dustin Hoffman) und mit
Hilfe des freundlichen Musiklehrers Wooly (Kevin McHale) schleift der Rabauke
an seinem Talent. Allerdings fällt er der Rektorin (Kathy Bates) und seinen
teils sehr snobistischen Mitschülern aufgrund seiner unangepassten Art
regelmäßig negativ auf. Kann sich Stet dennoch zu einem guten Jungen mit wunderbarer
Singstimme entwickeln ..?
Wer der Kleinproduktion ihre „Kinotauglichkeit“ aberkennen
möchte, trifft durchaus einen Nerv: Girard inszeniert diese kleine Geschichte
auf grundsolidem, aber zurückhaltendem Niveau. Ohne leinwandfüllende, Gänsehaut
erzeugende Bilder qualifiziert sich die bewährte, wenngleich nicht lustlos
abgespulte Erzählung genauso gut als namhaft besetzte Fernsehproduktion. Die
Kameraführung von David Franco fällt in dieselbe Kategorie: Wenn sich Stet für
einige Wochen allein durch das kalte Internat schlägt, kommt kurz eine
Atmosphäre auf, die durch eigene Akzente geprägt wird. Ansonsten verlässt sich
Franco ganz auf den „Einfach nur die Geschichte rüber bringen“-Modus.
Inhaltlich ist Der Chor – Stimmen des
Herzens weit davon entfernt, je zu überraschen. Allerdings ist Ben
Ripleys Skript klugerweise auch nicht so strukturiert, dass die Geschichte nur
funktioniert, wenn sich der Zuschauer naiver stellt als er ist: Ripley weiß,
dass das Publikum die nächsten Schritte erahnen kann, und legt den Schwerpunkt
der Geschichte eher darauf, diese Reise vom Außenseiter zum Gesangstalent
komfortabel zu gestalten. Dezent eingesetzte Gags, charismatische sowie
hoffnungsvoll stimmende Monologe von Dustin Hoffman und vor allem Stets
schrittweise erfolgende Entwicklung zum fähigen Chorknaben erlauben es Der
Chor – Stimmen des Herzens,
zwar sehr künstlich anmutendes, aber durchaus wohltuendes Balsam
darzustellen. Kitschig? Gelegentlich. Entwickelt sich Stets distanzierter Vater
sprunghaft? Gewiss! Feiert Girard die (hervorragend gesungene) Chormusik arg
naiv als Heilmittel? Mitunter. Alles in allem greifen die charmanten und
positiven Elemente allerdings zu gut ineinander, als dass Der Chor –
Stimmen des Herzens daher als qualitativer Flop durchginge.
Fazit: Ein vorhersagbarer, sich teils zu
behäbig gebender, doch schöner Wohlfühlfilm für Freunde von „Der Außenseiter
kämpft sich nach oben“-Geschichten.
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