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Samstag, 26. Dezember 2015

Minions



2010 lernte die Kinowelt einen Meisterdieb kennen: Glatzkopf Gru, Dreh- und Angelpunkt des Überraschungshits Ich – Einfach unverbesserlich. Und was für eine dicke Überraschung auf den Verleih Universal Pictures sowie die Produktionsschmiede Illumination Entertainment hereinbrach! Bei Kosten von geschätzt 69 Millionen Dollar nahm die Geschichte, wie der mit dickem Akzent sprechende Ganove lernt, drei Waisenmädchen in sein Herz zu schließen, weltweit über 540 Millionen Dollar ein. Doch Gru musste sich im Fahrwasser dieses Erfolgs die öffentliche Zuneigung teilen. Nicht etwa nur mit den Waisen Edith, Margo und Agnes. Sondern vor allem mit einer ganzen Bande von kleinen Rabauken, die auf gewisse Weise noch größere Diebe sind als er. Die Minions, Grus brabbelnde, gelbe Schar an Handlangern, erwiesen sich als echte 'Scene Stealer' und rissen nicht nur jeden einzelnen Moment an sich, in dem sie vorkamen, sondern auch ungezählte Herzen im Publikum.

Kein Wunder, dass nicht nur eine Fortsetzung zu Ich – Einfach unverbesserlich in Angriff genommen wurde, die mit mehr als 970 Millionen Dollar Einspielergebnis regelrecht einschlug. Nein, auch ein Ableger sollte die Latzhose tragende goldene Kuh weiter melken. Dass Illumination Entertainment mit seinen bisherigen, Minion-losen Werken ohnehin weitaus weniger Erfolg feierte (Hop – Osterhase oder Superstar?: 184 Mio., Der Lorax: 348,8 Mio.) als mit den glubschäugigen Chaoten, dürfte dem Unterfangen zusätzlich Priorität verliehen haben. Doch ganz egal, wie sehr hinter den Kulissen nun kühl kalkuliert wurde oder nicht: Millionen von jungen und junggebliebenen Filmfreunden werden der Trickschmiede von Chris Meledandri für ihren Entschluss danken.

Denn auch wenn die heutzutage nahezu unvermeidliche Flut an Trailern viel zu viele gute Gags vorweggenommen hat – mit Minions ist ein erfrischender, unbeschwerter und unbekümmerter Kinospaß für jedes Alter gelungen. Wobei ganz klar festgehalten werden muss, dass die Regisseure Pierre Coffin und Kyle Balda in diesem Spin-Off  nahezu ausschließlich auf Gags setzen. Die süße, warme Herzlichkeit von Ich – Einfach unverbesserlich sucht man hier vergeblich, genauso wie einen stringenten Plot. Stattdessen reiht das Skript von Brian Lynch (Der gestiefelte Kater) unermüdlich drei, vielleicht vier Storys zusammen.

Zunächst dreht sich alles um die Herkunft der Minions: Sie gehören zu den frühen Außenseitern der Evolution und suchen seit der Zeit der Dinosaurier nach einem abscheulichen Meister, dem sie dienen können. Durch ihre überschwängliche Art und eine tüchtige Portion Missgeschick erweisen sich die wandelnden Ü-Ei-Spielzeugkapseln aber eher als tödliche Stolpersteine für ihre jeweiligen Chefs denn als nützliche rechte Hand. Als sie eines Tages im Namen eines gewissen kleinwüchsigen Franzosen eine wichtige Schlacht vermasseln, fliehen sie vor seinem stinkwütenden Heer ins Exil. Dort bauen sie sich ihre eigene Zivilisation auf – und stehen einige Zeit später kurz davor, vor Langeweile zu sterben. Also brechen die drei Minions Kevin (groß, hätte gern das Sagen), Stuart (einäugig, sucht den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit) und Bob (freundlich, ängstlich, dümmlich) auf, um den gemeinsten Bösewicht der Welt zu suchen. Nach einem Abstecher ins New York des Jahres 1968 verschlägt es sie zu einer Fieslingsveranstaltung, wo sie bei der Superschurkin Scarlet Overkill (Sandra Bullock im Original, Carolin Kebekus in der dt. Synchro) anheuern …

Ähnlich wie schon Die Pinguine aus Madagascar will Minions ein wilder, urkomischer Ritt sein – und lässt zwecks höherer Gagdichte solche Fragen wie effizientes Storytelling hinten anstehen. Und so lange die visuellen Einfälle sowie die Situationskomik in rasanter Frequenz auf einen niederprasseln (und das ist für den Großteil des Films der Fall!), stört es nur in geringem Maße, dass die einzelnen Abstecher der Minions nur lose miteinander verbunden sind. Spannung kommt so zwar nicht im Geringsten auf und anders als bei den Ich – Einfach unverbesserlich-Filmen wird es durch diese abgehackte Erzählweise schwer, so richtig in diese bunte, weichgezeichnete Welt abzutauchen. Jedoch ist der Optimismus der Minions zu ansteckend und die Diskrepanz zwischen ihrem Sein (unbedarft, tollpatschig) und ihrem Wollen (gemein und gefährlich) zu wonnig, um nicht dennoch mehrmals bis über beide Ohren zu grinsen – sofern man keine Allergie auf diese Brabbelbuben entwickelt.

Wenigstens waren die Filmemacher so vorausschauend, die überschaubare Wandlungsfähigkeit der Hauptfiguren durch eine breite Palette an Humor auszugleichen. So lange es familienfreundlich und frei von Zynismus bleibt, lässt sich praktisch alles in Minions vorfinden: Einfallsreiche Popkulturreferenzen (Disney-Kenner werden einen Heidenspaß an der Darstellung Orlandos in den 60ern haben), dynamischer Schwachsinn, temporeiche Cartoon-Slapstickgewalt, visuelle Verrücktheiten und tatsächlich auch Wortwitz – was gerade bei dem Kauderwelsch der Banenenliebhaber nicht unbedingt zu erwarten stand.

Technisch ist Minions klar über seinen Vorgängern anzusiedeln. Jünger der anderen Hollywood-Computeranimationsstudios dürfen zwar wie bei den Vorgängern über das milchige Licht debattieren (oder sie lassen es bleiben, da es zum Design und Feeling der Illumination-Filme passt), aber die detailreichen Hintergründe und ausdrucksstarken Figuren sprechen für sich. Hinzu kommt, dass Minions das womöglich beste 3D seit Gravity aufweist: Regelmäßige Pop-Up-Effekte und eine weit in die Leinwand reichende Tiefe machen den ulkigen Tricktumult der laffen Geschichte zum Trotz zu einem Erlebnis – 3D-Interesse natürlich vorausgesetzt. Der Jukebox-Soundtrack ist ebenfalls eine Klasse für sich – was in den 60ern Rang und Namen hatte, lässt sich hier antreffen und wird zumeist auch pointiert genutzt. Darüber, dass Scarlet Overkill nach ihren fetzigen ersten Szenen an Klasse und Einprägsamkeit verliert und auch der finale Wettkampf nicht vor Originalität platzt, kann die Musik dennoch nicht hinwegtrösten. Jedoch: Wenn sich Kevin, Stuart und Bob kabbeln, Scarlets Gatte Herb (Jon Hamm / Sascha Rotermund) in gebotener Beatnik-Lässigkeit über die Leinwand wippt oder wieder einmal die „Bananaaaaa!!!“ gefeiert wird – mit der nötigen Einstellung, sich berieseln zulassen, ist das Gebotene ein netter Filmspaß!

Fazit: Die Minions überschatteten alles in den Ich – Einfach unverbesserlich-Filmen, doch die Ich – Einfach unverbesserlich-Filme lassen sich nicht so einfach von Minions überschatten. Dafür ist die Story einfach zu beliebig. Den narrativen Mängeln und einer enttäuschenden Schurkin zum Trotz ist Illumination Entertainment jedoch ein flotter, verrückter, freundlicher Haufen an lose verbundenen Sketchen gelungen – in brillantem 3D!


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