Der Mikrokosmos Schule funktioniert
auch nicht mehr so, wie man es aus Komödien der 80er- und 90er-Jahre
sowie den frühen 2000ern kennt. Sportfreaks, Popkulturnerds,
Schönheiten, Langweiler und Selbstdarsteller – durch die
Möglichkeiten, sich im Internet mitzuteilen und in Szene zu setzen,
verschwimmen die Grenzen zwischen ihnen. Hübsche Mädels, die was
auf dem Kasten haben, modern sind und dennoch nähen können, sind
kein Ding der Unmöglichkeit mehr. Das Schubladendenken hat endlich
ein Ende …
Oder auch nicht.
Denn wo Heranwachsende sind, da sind
Gemeinheiten, streng verfolgte Gruppierungen oder Abgrenzungen und
Oberflächlichkeiten nicht fern. Zur Not müssen halt neue Labels
erfunden werden. Wie etwa 'DUFF'. Oder in aller Ausführlichkeit:
'Designated ugly fat friend'. Oder auf Deutsch: Ausgewiesene(r)
hässliche(r), fette(r) Freund(in). Das zugängliche, unauffällige
Mitglied einer Gruppe, an das man sich freundlich-unverbindlich
wenden kann, wenn man eigentlich viel lieber mit den begehrteren
Leutchen etwas anfangen will.
Bianca Piper (Mae Whitman) ging
jahrelang ihren Lebensweg, ohne über derart starre Bezeichnungen
nachzudenken. Die alte Trash- und Horrorfilme liebende, smarte, einen
etwas peinlichen Sinn für Humor hegende Teenagerin kennt zwar die
Kunst des Etikettierens. Aber sie fasst ihr Umfeld üblicherweise
mittels mehrerer Schlagwörter zusammen. Nur zwei altbekannte
Archetypen kennt sie: Den heimlichen Schwarm (Nick Eversman) und die
überhebliche Zicke (Bella Thorne). Während einer Party erfährt sie
jedoch ausgerechnet durch ihren Nachbarn und Sandkastenspielgefährten
Wes (Robbie Amell), dass sie ihren besten Freundinnen (Skyler Samuels
& Bianca Santos) nur als DUFF dient. Zunächst will Bianca dies
nicht wahrhaben, erst recht, da sich Wes eh zur frechen Nervensäge
entwickelt hat. Allerdings hält diese Phase der Verdrängung nicht
lange an. Und so nimmt Bianca die neue Erkenntnis zum Anlass, sich
von Grund auf zu verändern. Oder wenigstens ihr Image auf der Schule
…
Um sich den Teenager-Protagonisten
anzupassen, sei kurz auch hier Schubladendenken gestattet. Denn
High-School-Komödien lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
Jene, die von den Trieben und Körperfunktionen der pubertierenden
Figuren handeln. Und jene, die sich mit dem schulischen Sozialgefüge
befassen. In beiden Fällen wird gerne das ewig verzwickte Thema
Liebe genutzt, um die Handlung aufzuziehen – und so ist es auch
beim eindeutig der zweiten Kategorie angehörendem Filmspaß
DUFF. Oscar-Gewinner Ari Sandel (verantwortlich
für den launigen Kurzfilm West Bank Story)
verzichtet nahezu völlig auf humorige Schläge unterhalb der
Gürtellinie und lässt Ekelhumor konsequent außen vor. Das in
Teenager-Komödien omnipräsente Thema Sex ignoriert DUFF
zwar nicht, passend zur im Mittelpunkt stehenden grauen Maus findet
es aber nur in amüsanten Gesprächen und herrlich-albernen
Tagträumen statt.
Dafür hat DUFF umso
mehr über Selbstwertgefühl und den wohl jeden Heranwachsenden
irgendwann plagenden Anpassungsgedanken auszusagen. Dabei rennt das
Drehbuch von Josh A. Cagan nicht mit einem erzwungen-erhobenen
Zeigefinger herum, sondern lässt die löblichen Lektionen
glaubwürdig aus der Wandlung der im Mittelpunkt der stehenden Bianca
entstehen. Und die ist eine Hauptfigur zum Liebhaben: Eigensinnig
genug, um in der Masse an Kino-Außenseitern aufzufallen, aber mit
genügend charakterlichen Allgemeinplätzen, um die in diesem Genre
so wichtige Identifikation mit der Hauptfigur zu erleichtern.
Mae Whitman kann mühelos zwischen süß,
unangepasst, genervt und hoffnungsvoll springen und lässt den
Zuschauer mit ihrer ausdrucksstarken Mimik stets wissen, wann Bianca
sie selbst ist und wann sie sich verbiegt – ohne dabei die
darstellerische Brechstange herauszuholen. Besonders gelungene
Momente sind all diejenigen, in denen sie mit Robbie Amell alias Wes
interagieren darf, der auf dem ersten Blick einfach nur ein
schnöseliges Sportass spielt. Aber schnell wird durch Amells
ansteckend amüsierte Spielweise klar, dass Wes auch ein Scherzkeks
und gutmütiger Kerl ist – wohlgemerkt ohne dadurch unglaubwürdige
Traumtyp-Züge anzunehmen.
Während sich die restlichen
Jung-Nebendarsteller auf grundsolidem Niveau schlagen, sind es die
erwachsenen Randdarsteller, die noch für einige gesalzene Lacher
sorgen. Auch Ken Jeong, der einmal mehr eine peinlich-aufgedrehte
Figur zum Besten gibt, findet in DUFF das richtige
Maß, nachdem er zuletzt wiederholt zu hibbelig und laut agierte.
Dass Jeong, Allison Janney als Biancas Business-Mutter und die
weiteren Erwachsenen in der Runde vor allem mit Kommentaren um sich
werfen, wie sehr sich die Schulwelt dank moderner Medien geändert
hat, ist ein weiterer Pluspunkt des Films: Ältere Filmfreunde dürfen
sich mit den Erwachsenen verbrüdern und bei diesen Seitenhieben
mitschmunzeln, das Kernpublikum dagegen verständnislos über die
altmodischen Kommentare lachen. Generell gelingt es DUFF,
die altbekannten Elemente einer High-School-Komödie zu
modernisieren, ohne dabei die aktuelle Medientechnologie zu sehr in
den Vordergrund zu drängen. So kommt eine Mischung zustande, die
aktuell und authentisch wirkt, aber nicht anbiedernd oder dazu
verdammt, bald als veraltet dazustehen.
Dass die locker-freundliche Spielweise
von DUFF zwischenzeitlich dann doch für zwei,
drei sehr konventionelle Plotentwicklungen unterbrochen wird (denn
ein Teenie-Film braucht vermeidbare Missverständnisse), ist derweil
sehr schade. Würde DUFF seinen selbstbewussten
Außenseiterstatus durchgehend beibehalten, könnte er das Niveau
eines Einfach zu haben, Girls Club –
Vorsicht bissig! oder 10 Dinge, die ich an dir
hasse erreichen, was angesichts des kurzen Anflüge von
Alltäglichkeit dann doch zu hoch gegriffen ist. Dennoch schiebt sich
DUFF mit prägnanten Musikeinsätzen, vielen
visuellen Einfällen und einem zwar überraschend zahmen, aber sehr
sympathischen Storytelling an der handelsüblichen Genreware vorbei.
Nicht übel für ein zugängliches Pummelchen, oder?
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