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Donnerstag, 26. November 2015

Home – Ein smektakulärer Trip


2001 fiel mit dem Komödienhit Shrek – Ein tollkühner Held der Startschuss für den rasanten Aufstieg von DreamWorks Animation. Die feiste Parodie auf archetypische Disney-Filme, die gleichzeitig bewies, dass nicht nur Computeranimation aus dem Hause Pixar Anklang findet, erhielt geballtes Kritikerlob, schnappte Pixar den ersten Animations-Oscar weg und löste eine Welle an Trittbrettfahrern aus. Auch die von Jeffrey Katzenberg geleitete Animationsschmiede orientierte sich jahrelang an ihrem Shrek-Modell und schuf im Akkord neue Familienkomödien mit einigen kernigen Gags, aber bewährt-vertrauten Storymodellen. Dies brachte ihr noch diverse weitere Kassenschlager ein – und in den Augen einiger Branchenbeobachter kurzzeitg den Status des Platzhirsches in ihrem Medium. Doch ein zu großes Vertrauen auf Sequels und einen stets ähnlich kessen Tonfall ließ die Zugkraft des Studios auf langer Sicht schwinden.

Obwohl das Studio mit den charakterorientierteren Werken Kung Fu Panda und Drachenzähmen leicht gemacht zwischenzeitlich eine neue Reife bewies, führte zuletzt eine lange Reihe an wirtschaftlichen Enttäuschungen sowie finanziellen Fehlentscheidungen dazu, dass die Zukunft des Unternehmens am seidenen Faden hängt. Der Studio-Hauptsitz musste vermietet werden, zudem wurden diverse geplante Filme abgeschrieben – selbst wenn DreamWorks Animation noch mehrere Jahre im Voraus plant, zählt nunmehr jeder einzelne Dollar. Traurig, aber nicht schockierend. Denn in jüngster Vergangenheit verlor das Studio seinen so typischen Biss. Abgesehen von solch dramatischen Ausnahmefilmen wie Drachenzähmen leicht gemacht 2 bringt DreamWorks Animation mittlerweile bevorzugt seichte Komödienkost in die Kinos. Flott und trendy genug, um weiterhin frech und wild vermarktet werden zu können, aber letztlich so zurückhaltend und dramaturgisch zahnlos, um möglichst niemanden zu verschrecken. Nach Die Croods, Turbo – Kleine Schnecke, großer Traum und Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman, die von variierender Qualität waren, setzt Home – Ein smektakulärer Trip diese Reihe nun zu äußerst bedauerlichem Ergebnis fort.

Die neuste Regiearbeit von Tim Johnson (Antz, Ab durch die Hecke) beginnt mit der beiläufigsten, harmlosesten Alien-Invasion der Filmgeschichte: Die ebenso freundliche, wie feige und naive Alienrasse der Boovs befindet sich wieder einmal auf der Flucht vor ihrem Erzfeind. Dieses Mal soll die Erde den zumeist lilafarbenen, krakenähnlichen Wesen als Zufluchtsstätte dienen. Nicht ahnend, wie dreist ihr Handeln aufgefasst werden könnte, siedeln die Boovs alle Menschen nach Australien um, während sie den Rest des Globus bevölkern und ihren Gewohnheiten gemäß einrichten. Nur die 12-jährige Tip wird dank eines Zufalls übersehen – und glaubt, es bei den Boovs mit gefährlichen Aggressoren zu tun zu haben. Als sie den ungeschickten Boov namens Oh kennenlernt, formt sie mit ihm dennoch eine ungleiche Partnerschaft: Er verspricht, ihr zu helfen, zu ihrer Mutter zu gelangen. Derweil steht sie ihm zur Seite, während er vor seinen Artgenossen flieht. Diese wollen ihn nämlich zur Rechenschaft ziehen, nachdem er aus Versehen der gesamten Galaxie einen Hinweis über ihren Aufenthaltsort hat zukommen lassen …

Auf dem Papier hat Home – Ein smektakulärer Trip durchaus Potential für einen ebenso spannenden wie humorvollen Film. Und tatsächlich basiert die Produktion auf einem Kinder- und Jugendroman, dem sehr positive Kritiken zuteil wurden. Bedauerlicherweise lassen das Drehbuch von Tom J. Astle und Matt Ember sowie die Inszenierung keinerlei dramaturgische Fallhöhe aufkommen: Nach der glimpflich ablaufenden Invasion tritt die konventionelle Geschichte jedes Mal auf die Bremse, sobald Spannung entstehen könnte. Missverständnisse zwischen den Hauptfiguren werden rasch aufgelöst, das Wohlergehen von Tips Mutter wird wiederholt vorgeführt und auch der Zorn der anderen Boovs gegenüber Oh nimmt niemals bedrohliche Züge an.

Anders aber als etwa der ebenfalls im Frühjahr 2015 gestartete Shaun das Schaf – Der Film, der ebenfalls wenig Interesse daran hat, sein junges Publikum zu ängstigen, wandelt Home seinen niedrigen Spannungrad aber nie zu einer Stärke um. Das Abenteuer Ohs und Tips ist nicht auf eine Wohlfühlstimmung und gewaltige Charmeoffensive ausgelegt, sondern läuft wie eine konventionelle Trickkomödie ab – inklusive gelegentlicher Actionpassagen und großem Finale. Im Gegensatz zu Die Pinguine aus Madagascar kann dieser rund 95-minütige Sci-Fi-Film auch nicht mit irrsinnigem Tempo und einer gesunden Prise Wahnwitz auftrumpfen, um über den banalen Plot hinwegzutrösten: Home – Ein smektakulärer Trip ist zu kraftlos, um einen wirklich zu packen, und zu angepasst, als dass er erfolgreich alles auf die Comedy-Karte setzen könnte.

Dass sich Home – Ein smektakulärer Trip jedoch „nur“ im unteren Drittel des DreamWorks-Pantheons ansiedelt, statt sich schnurstraks die rote Laterne zu schnappen, liegt nahezu ausschließlich an der charakterlichen sowie visuellen Darstellung der starrköpfigen und dauerängstlichen Außerirdischen. Obwohl die Konstellation einer uniform denkenden Figurengruppe, aus der ein liebenswerter Querdenker heraussticht, vom Trickstudio mit dem Halbmond bereits völlig durchgekaut wurde, haben diese Aliens etwas Reizendes an sich. Dass die Boovs sowohl strebsam und spaßbefreit als auch extrem feige und kindlich sind, macht sie im großen DreamWorks-Figurenfundus einzigartig und zudem zu atypischen Sympathieträgern. Ihre geballte Ignoranz gegenüber menschlichem Verhalten und irdischer Kultur sorgt darüber hinaus zu einigen wenigen, aber stets treffsicheren, zudem die Altersgrenzen sprengenden Gags.

Diese stellen so etwas wie das Rettungsnetz der 132 Millionen Dollar teuren Produktion dar, denn sonst hat Home – Ein smektakulärer Trip nur wenige humorige Einfälle zu bieten, die Groß und Klein gleichermaßen ansprechen. Jüngere Zuschauer dürften von der eigenartigen Grammatik der Boovs noch amüsiert sein, da aber der Slapstick für DreamWorks-Verhältnisse erschreckend ideenarm ausfällt und die – überraschend gedrosselten – Popkulturreferenzen nur selten Biss haben, kommt es in Home – Ein smektakulärer Trip oftmals zu Leerlauf. Trickfilmliebhaber dürfen sich wenigstens daran erfreuen, dass die Trickkünstler bei der Animation der Aliens alle Register ziehen und nicht nur Mimik und Gestik, sondern auch ihre Farbe nutzen, um ihnen Ausdruck zu verleihen. Vor allem Käpt'n Smek, der Anführer der Boovs, ist gerade dank seines Auftretens eine sehr vergnüglich Figur. Dies tröstet jedoch nicht über die beliebige Animation der Menschen hinweg, die keinerlei bleibenden Eindruck hinterlässt.

Der insgesamt wie ein Fließbandprodukt wirkende Streifen fällt allein in einem Aspekt völlig aus dem Rahmen: Der Soundtrack ist mit tanzbarem Elektro-Pop bestückt, vornehmlich mit Stücken der im englischsprachigen Original die Figur der Tip sprechenden Chartstürmerin Rihanna. Darüber hinaus imitiert Komponist Lorne Balfe mehrmals den Klang typischer Rihanna-Nummern. Diese Klangkulisse verortet Home – Ein smektakulärer Trip zwar mit Nachdruck im Heute, allerdings erstickt sie die wenigen gehühlvollen Momente des Films in tonal unpassender, charttauglicher Musik. Es ist zwar nicht so, dass Oh, Tip und Co. je auch nur im Ansatz die Emotionalität eines Drachenzähmen leicht gemacht anstreben, trotzdem hätte Tim Johnson nicht sämtlichen Anflüge von Gefühlen demontieren müssen.


Wer sich trotzdem auf unbedingt den, hierzulande unter anderem von Bastian Pastewka und Uwe Ochsenknecht gekonnt synchronisierten, smektakulären Trip einlassen möchte, darf übrigens ohne Bedenken zur 3D-Version greifen. Denn die Tiefenwirkung ist dermaßen beeindruckend, dass sie fast im Alleingang rechtfertigt, Home – Ein smektakulärer Trip zu sehen. Wenn man denn 3D-Junkie ist. Generell gesprochen hat diese DreamWorks-Produktion nämlich nur die Qualität einer hinnehmbaren DVD-Produktion zu bieten.

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