2001 fiel mit dem Komödienhit Shrek
– Ein tollkühner Held der Startschuss für den rasanten
Aufstieg von DreamWorks Animation. Die feiste Parodie auf
archetypische Disney-Filme, die gleichzeitig bewies, dass nicht nur
Computeranimation aus dem Hause Pixar Anklang findet, erhielt
geballtes Kritikerlob, schnappte Pixar den ersten Animations-Oscar
weg und löste eine Welle an Trittbrettfahrern aus. Auch die von
Jeffrey Katzenberg geleitete Animationsschmiede orientierte sich
jahrelang an ihrem Shrek-Modell und schuf im
Akkord neue Familienkomödien mit einigen kernigen Gags, aber
bewährt-vertrauten Storymodellen. Dies brachte ihr noch diverse
weitere Kassenschlager ein – und in den Augen einiger
Branchenbeobachter kurzzeitg den Status des Platzhirsches in ihrem
Medium. Doch ein zu großes Vertrauen auf Sequels und einen stets
ähnlich kessen Tonfall ließ die Zugkraft des Studios auf langer
Sicht schwinden.
Obwohl das Studio mit den
charakterorientierteren Werken Kung Fu Panda und
Drachenzähmen leicht gemacht zwischenzeitlich
eine neue Reife bewies, führte zuletzt eine lange Reihe an
wirtschaftlichen Enttäuschungen sowie finanziellen
Fehlentscheidungen dazu, dass die Zukunft des Unternehmens am
seidenen Faden hängt. Der Studio-Hauptsitz musste vermietet werden,
zudem wurden diverse geplante Filme abgeschrieben – selbst wenn
DreamWorks Animation noch mehrere Jahre im Voraus plant, zählt
nunmehr jeder einzelne Dollar. Traurig, aber nicht schockierend. Denn
in jüngster Vergangenheit verlor das Studio seinen so typischen
Biss. Abgesehen von solch dramatischen Ausnahmefilmen wie
Drachenzähmen leicht gemacht 2 bringt DreamWorks
Animation mittlerweile bevorzugt seichte Komödienkost in die Kinos.
Flott und trendy genug, um weiterhin frech und wild vermarktet werden
zu können, aber letztlich so zurückhaltend und dramaturgisch
zahnlos, um möglichst niemanden zu verschrecken. Nach Die
Croods, Turbo – Kleine Schnecke, großer
Traum und Die Abenteuer von Mr. Peabody &
Sherman, die von variierender Qualität waren, setzt
Home – Ein smektakulärer Trip diese Reihe nun
zu äußerst bedauerlichem Ergebnis fort.
Die neuste Regiearbeit von Tim Johnson
(Antz, Ab durch die Hecke)
beginnt mit der beiläufigsten, harmlosesten Alien-Invasion der
Filmgeschichte: Die ebenso freundliche, wie feige und naive
Alienrasse der Boovs befindet sich wieder einmal auf der Flucht vor
ihrem Erzfeind. Dieses Mal soll die Erde den zumeist lilafarbenen,
krakenähnlichen Wesen als Zufluchtsstätte dienen. Nicht ahnend, wie
dreist ihr Handeln aufgefasst werden könnte, siedeln die Boovs alle
Menschen nach Australien um, während sie den Rest des Globus
bevölkern und ihren Gewohnheiten gemäß einrichten. Nur die
12-jährige Tip wird dank eines Zufalls übersehen – und glaubt, es
bei den Boovs mit gefährlichen Aggressoren zu tun zu haben. Als sie
den ungeschickten Boov namens Oh kennenlernt, formt sie mit ihm
dennoch eine ungleiche Partnerschaft: Er verspricht, ihr zu helfen,
zu ihrer Mutter zu gelangen. Derweil steht sie ihm zur Seite, während
er vor seinen Artgenossen flieht. Diese wollen ihn nämlich zur
Rechenschaft ziehen, nachdem er aus Versehen der gesamten Galaxie
einen Hinweis über ihren Aufenthaltsort hat zukommen lassen …
Auf dem Papier hat Home –
Ein smektakulärer Trip durchaus Potential für einen
ebenso spannenden wie humorvollen Film. Und tatsächlich basiert die
Produktion auf einem Kinder- und Jugendroman, dem sehr positive
Kritiken zuteil wurden. Bedauerlicherweise lassen das Drehbuch von
Tom J. Astle und Matt Ember sowie die Inszenierung keinerlei
dramaturgische Fallhöhe aufkommen: Nach der glimpflich ablaufenden
Invasion tritt die konventionelle Geschichte jedes Mal auf die
Bremse, sobald Spannung entstehen könnte. Missverständnisse
zwischen den Hauptfiguren werden rasch aufgelöst, das Wohlergehen
von Tips Mutter wird wiederholt vorgeführt und auch der Zorn der
anderen Boovs gegenüber Oh nimmt niemals bedrohliche Züge an.
Anders
aber als etwa der ebenfalls im Frühjahr 2015 gestartete Shaun das Schaf –
Der Film, der ebenfalls wenig Interesse daran hat, sein
junges Publikum zu ängstigen, wandelt Home seinen
niedrigen Spannungrad aber nie zu einer Stärke um. Das Abenteuer Ohs
und Tips ist nicht auf eine Wohlfühlstimmung und gewaltige
Charmeoffensive ausgelegt, sondern läuft wie eine konventionelle
Trickkomödie ab – inklusive gelegentlicher Actionpassagen und
großem Finale. Im Gegensatz zu Die Pinguine aus
Madagascar kann dieser rund 95-minütige Sci-Fi-Film auch
nicht mit irrsinnigem Tempo und einer gesunden Prise Wahnwitz
auftrumpfen, um über den banalen Plot hinwegzutrösten: Home
– Ein smektakulärer Trip ist zu kraftlos, um einen
wirklich zu packen, und zu angepasst, als dass er erfolgreich alles
auf die Comedy-Karte setzen könnte.
Dass sich Home – Ein
smektakulärer Trip jedoch „nur“ im unteren Drittel des
DreamWorks-Pantheons ansiedelt, statt sich schnurstraks die rote
Laterne zu schnappen, liegt nahezu ausschließlich an der
charakterlichen sowie visuellen Darstellung der starrköpfigen und
dauerängstlichen Außerirdischen. Obwohl die Konstellation einer
uniform denkenden Figurengruppe, aus der ein liebenswerter Querdenker
heraussticht, vom Trickstudio mit dem Halbmond bereits völlig
durchgekaut wurde, haben diese Aliens etwas Reizendes an sich. Dass
die Boovs sowohl strebsam und spaßbefreit als auch extrem feige und
kindlich sind, macht sie im großen DreamWorks-Figurenfundus
einzigartig und zudem zu atypischen Sympathieträgern. Ihre geballte
Ignoranz gegenüber menschlichem Verhalten und irdischer Kultur sorgt
darüber hinaus zu einigen wenigen, aber stets treffsicheren, zudem
die Altersgrenzen sprengenden Gags.
Diese stellen so etwas wie das
Rettungsnetz der 132 Millionen Dollar teuren Produktion dar, denn
sonst hat Home – Ein smektakulärer Trip nur
wenige humorige Einfälle zu bieten, die Groß und Klein
gleichermaßen ansprechen. Jüngere Zuschauer dürften von der
eigenartigen Grammatik der Boovs noch amüsiert sein, da aber der
Slapstick für DreamWorks-Verhältnisse erschreckend ideenarm
ausfällt und die – überraschend gedrosselten –
Popkulturreferenzen nur selten Biss haben, kommt es in Home
– Ein smektakulärer Trip oftmals zu Leerlauf.
Trickfilmliebhaber dürfen sich wenigstens daran erfreuen, dass die
Trickkünstler bei der Animation der Aliens alle Register ziehen und
nicht nur Mimik und Gestik, sondern auch ihre Farbe nutzen, um ihnen
Ausdruck zu verleihen. Vor allem Käpt'n Smek, der Anführer der
Boovs, ist gerade dank seines Auftretens eine sehr vergnüglich
Figur. Dies tröstet jedoch nicht über die beliebige Animation der
Menschen hinweg, die keinerlei bleibenden Eindruck hinterlässt.
Der insgesamt wie ein Fließbandprodukt
wirkende Streifen fällt allein in einem Aspekt völlig aus dem
Rahmen: Der Soundtrack ist mit tanzbarem Elektro-Pop bestückt,
vornehmlich mit Stücken der im englischsprachigen Original die Figur
der Tip sprechenden Chartstürmerin Rihanna. Darüber hinaus imitiert
Komponist Lorne Balfe mehrmals den Klang typischer Rihanna-Nummern.
Diese Klangkulisse verortet Home – Ein smektakulärer
Trip zwar mit Nachdruck im Heute, allerdings erstickt sie
die wenigen gehühlvollen Momente des Films in tonal unpassender,
charttauglicher Musik. Es ist zwar nicht so, dass Oh, Tip und Co. je
auch nur im Ansatz die Emotionalität eines Drachenzähmen
leicht gemacht anstreben, trotzdem hätte Tim Johnson nicht
sämtlichen Anflüge von Gefühlen demontieren müssen.
Wer sich trotzdem auf unbedingt den, hierzulande
unter anderem von Bastian Pastewka und Uwe Ochsenknecht gekonnt
synchronisierten, smektakulären Trip einlassen möchte, darf
übrigens ohne Bedenken zur 3D-Version greifen. Denn die
Tiefenwirkung ist dermaßen beeindruckend, dass sie fast im
Alleingang rechtfertigt, Home – Ein smektakulärer
Trip zu sehen. Wenn man denn 3D-Junkie ist. Generell gesprochen hat diese
DreamWorks-Produktion nämlich nur die Qualität einer hinnehmbaren DVD-Produktion zu bieten.
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