Realfilmkomödien für die ganze
Familie gehörten bei Walt Disney Pictures viele Jahre lang zum
Standardrepertoire. In den Achtzigern und Neunzigern etwa
veröffentlichte das Studio regelmäßig solche vergnüglichen
Produktionen wie Liebling, ich habe die Kinder
geschrumpft, Mighty Ducks oder Mr.
Präsident Junior – alles niedrig budgetierte
Unterfangen, die auf Video und im Fernsehen dennoch ein langes Leben
genossen. Von derartigen Projekten hat sich Disney jedoch
mittlerweile weitestgehend distanziert: Die meisten Disney-Kinofilme
sind aufwändige Materialschlachten von höchst unterschiedlicher
Qualität, wie etwa Maleficent – Die dunkle Fee
an einem Ende des Spektrums oder Fluch der Karibik
am anderen Ende. Nur gelegentlich mischen sich solche Dramen wie
Saving Mr. Banks oder verschrobene Nischenideen
wie Into the Woods dazwischen.
Wann immer Disney entgegen der
gegenwärtigen Konzernpolitik sehr wohl eine kleine
familienorientierte Komödie anpackt, gebührt ihr schon allein wegen
ihrer Außenseiterposition innerhalb des Studio-Outputs
Aufmerksamkeit. Was hat Die Coopers – Schlimmer geht
immer an sich, dass dieser Film zwischen Effektspektakeln
und pompösen Märchen ebenfalls grünes Licht erhielt? Die Antwort
liegt wohl eher in der Produktionsgeschichte verortet, denn im
eigentlichen Material dieser Komödie:
2011 war es noch Konkurrent 20th
Century Fox, der das in den USA sehr populäre Kinderbuch
Alexander und der abscheuliche, grässliche, mistige,
eklige Tag adaptieren wollte. Das Studio erwarb daher einen
Entwurf des Autoren Rob Lieber, den unter anderem
Fox-Dauerkollaborateur Shawn Levy als Produzent zu unterstützen
gewillt war. Lisa Cholodenko, Regisseurin des Indie-Familiendramas
The Kids Are All Right, wurde unter Vertrag
genommen, um das Projekt zu inszenieren, außerdem sollte sie am
Drehbuch mitwirken. Alsbald konnten die Produzenten Steve Carell
gewinnen, um eine der Erwachsenenrollen zu übernehmen. Im September
2012 ließ Fox das Projekt aber fallen, da die Studiobosse das Budget
als zu hoch für einen primär an Kinder gerichteten Film befanden.
Kurze Zeit später setzte sich Disney ins gemachte Nest – nicht
aber, ohne Einfluss auf die Ausrichtung von Die Coopers –
Schlimmer geht immer zu nehmen. Disney und Cholodenko
gingen aufgrund Differenzen über den zu wählenden Ansatz getrennte
Wege, Rob Lieber fielen wieder die alleinigen Autorenpflichten zu und
Indie-Regisseur Miguel Arteta wurde mit der Inszenierung und dem
restlichen Casting betraut.
Für Disney war Die Coopers –
Schlimmer geht immer etwas, das sich als
„Rubbellosinvestition“ bezeichnen lässt: Geringe Kosten (ein
Budget von 28 Mio. Dollar ist für Disney ein Klacks), geringe
Risiken, geringe Mühen (ein Skriptentwurf und ein namhafter
Darsteller waren ja bereits vorhanden). Entweder trifft der Film
einen Nerv beim Publikum oder nicht. Dann wird er halt in
Fernsehdauerrotation gesteckt, bis sich die Investition irgendwann
bezahlt gemacht hat.
Die gute Nachricht fürs
Familienpublikum: Die hinter den Disney-Kulissen präsente
Beiläufigkeit, mit der Die Coopers – Schlimmer geht
immer umgesetzt wurde, ist im Film selbst nicht zu spüren.
Immerhin blieb Autor Rob Lieber, der diese Kinderbuchadaption erst
ins Rollen brachte, bis zum Schluss mit an Bord. Und auch das
vollständige Ensemble wirkt so, als wäre es mit großem Vergnügen
bei der Sache. Die schlechte Nachricht: Trotzdem ist Die
Coopers – Schlimmer geht immer längst kein moderner
Disney-Komödienklassiker geworden – dafür versagen einfach zu
viele Gags dieser zwar gutmütigen, jedoch zu laschen Erzählung.
Vielleicht liegt es daran, dass das
sehr kurze Kinderbuch hier mit aller Macht auf abendfüllende
Laufzeit aufgeblasen wird, obwohl sich die Idee nicht sonderlich dazu
eignet: Der elfjährige Alexander Cooper (Ed Oxenbould) ist ein
Pechvogel wie er im Buche steht, was seine Familie aber nicht
kümmert. Also wünscht er sich zu seinem Geburtstag, dass der Rest
des Coopers-Clan endlich einmal Verständnis für seine Klagen hat.
Und wie durch ein Wunder läuft am Geburtstag des
australienversessenen Buben für sein familiäres Umfeld alles
schief, was nur schief laufen kann. Seine als Autorin arbeitende
Mutter Kelly (Jennifer Garner) verschläft, obwohl ein wichtiger
Termin ansteht. Papa Ben (Steve Carell) findet keinen Babysitter für
den noch in den Windeln liegenden Trevor, was ihn in Bedrängnis
bringt, da ein Bewerbungsgespräch ansteht. Alexanders älterer
Bruder Anthony (Dylan Minnette) bricht unwissentlich eine Streit mit
seiner Freundin Celia (Bella Thorne) vom Zaun und Schwester Emily
(Kerris Dorsey) ist ausgerechnet am Tag der Premiere ihres
Schultheaterstücks übel erkrankt …
Der Kinofilm deckt somit wesentlich
mehr Missgeschicke ab als das 32-seitige Kinderbuch. Dessen
ungeachtet hat dieser Kinofilm gerade einmal so viel Plot zu bieten
wie eine durchschnittliche Folge einer Familiensitcom. Gähnende
Langeweile kommt zwar nicht auf, weil die Darsteller zu energisch
sind und das Drehbuch die Pechsträhne der Coopers bis zum Äußersten
ausquetscht, statt schlicht minutenlang nur noch auf der Stelle zu
treten. Trotzdem ist der Komödie ihre schmale Handlungsdichte
anzumerken: Kinoformat hat die Story nicht, und dass die 'Sh*t
happens'-Moral explizit in aller Breite ausgewälzt wird, schmälert
die Leinwandtauglichkeit des Skripts ungemein. Es gibt unzählige
Disney-Filme, die es den jüngsten Publikumsmitgliedern zutrauen, die
Essenz des Geschehens ohne schalen Monolog zu verstehen – dass
gerade so eine simple Story wie diese anders vorgeht, sorgt
bedauerlicherweise für einige üble Durchhänger. Ältere Kinogänger
könnten diese Momente als lästig empfinden, während die Jüngeren
einen unnötigen Tempoverlust auszuhalten haben.
Ähnliches gilt für die diversen Gags,
die ins Leere laufen. So blickt ein auf der Rückbank sitzender
Alexander in den ersten Filmminuten entnervt durch die Gegend,
während seine Schwester und seine Mutter vorne im Auto mit dem Radio
mitsingen. Sie singen nicht schief, sie singen keinen besonders
peinlichen Song, sie blamieren sich auch nicht vor anderen Personen.
Dennoch lässt Regisseur Miguel Arteta diesen Moment ruhen, als wäre
er der totale Brüller. Später bekommt Alexander von seinem Lehrer
ein Meerschweinchen in die Hand gedrückt, das er übers Wochenende
pflegen soll – woraufhin nichts aus dieser zusätzlichen Last, die
Alexander stören könnte, gemacht wird. Solche Nullnummern
wiederholen sich. Zwar nicht in hoher Frequenz, auffällig sind sie
dennoch.
Allerdings hat Die Coopers –
Schlimmer geht immer seinem Kinderpublikum, ewig
Junggebliebenen und geneigten Eltern genügend pfiffige
Dialogpassagen und kurzweilige Situationskomik zu bieten, um
gelegentlich zu amüsieren. Ganz vorne dabei sind Kerris Dorseys
spritzige Eskapaden als Schauspielanfängerin Kelly, die von einer
Erkältung in Mitleidenschaft gezogen wurde und bald darauf dank
Hustensaft-Überdosis am Rad dreht. Die vereinzelten
Slapstickeinlagen wissen derweil insbesondere Carell und Dylan
Minnette gut zu meistern, Alexanders Plotfaden derweil kommt immer
dann inspiriert daher, wenn Autor Rob Lieber behutsame Seitenhiebe
auf die Macken heutiger Schulkinder ins Skript einstreut.
Diese und weitere lichten Momente, zu
denen unter anderem der knappe Auftritt von
Community-Fanliebling Donald Glover zählt,
reichen zwar nicht aus, um Die Coopers – Schlimmer geht
immer zu einem der besseren Disney-Miniprojekte zu küren.
Aber sie bewahren die Komödie locker davor, eine weitere tumbe,
charakterlose Fließband-Kinderproduktionen zu werden. Der
erfreulichste Aspekt an dieser losen Buchadaption ist trotzdem auf
der Businessseite anzutreffen: Das Coopers-Rubbellos
machte sich für Disney wahrlich bezahlt. Insgesamt spielte die
Komödie über 100 Millionen Dollar an den Kinokassen ein – und
dürfte somit garantieren, dass der so sehr auf Blockbuster fixierte
Disney-Konzern die Verwirklichung charismatischer, kleiner Filme in
naher Zukunft nicht völlig aufgeben wird. Schöne Sache.
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