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Samstag, 28. November 2015

Die Coopers – Schlimmer geht immer


Realfilmkomödien für die ganze Familie gehörten bei Walt Disney Pictures viele Jahre lang zum Standardrepertoire. In den Achtzigern und Neunzigern etwa veröffentlichte das Studio regelmäßig solche vergnüglichen Produktionen wie Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft, Mighty Ducks oder Mr. Präsident Junior – alles niedrig budgetierte Unterfangen, die auf Video und im Fernsehen dennoch ein langes Leben genossen. Von derartigen Projekten hat sich Disney jedoch mittlerweile weitestgehend distanziert: Die meisten Disney-Kinofilme sind aufwändige Materialschlachten von höchst unterschiedlicher Qualität, wie etwa Maleficent – Die dunkle Fee an einem Ende des Spektrums oder Fluch der Karibik am anderen Ende. Nur gelegentlich mischen sich solche Dramen wie Saving Mr. Banks oder verschrobene Nischenideen wie Into the Woods dazwischen.

Wann immer Disney entgegen der gegenwärtigen Konzernpolitik sehr wohl eine kleine familienorientierte Komödie anpackt, gebührt ihr schon allein wegen ihrer Außenseiterposition innerhalb des Studio-Outputs Aufmerksamkeit. Was hat Die Coopers – Schlimmer geht immer an sich, dass dieser Film zwischen Effektspektakeln und pompösen Märchen ebenfalls grünes Licht erhielt? Die Antwort liegt wohl eher in der Produktionsgeschichte verortet, denn im eigentlichen Material dieser Komödie:

2011 war es noch Konkurrent 20th Century Fox, der das in den USA sehr populäre Kinderbuch Alexander und der abscheuliche, grässliche, mistige, eklige Tag adaptieren wollte. Das Studio erwarb daher einen Entwurf des Autoren Rob Lieber, den unter anderem Fox-Dauerkollaborateur Shawn Levy als Produzent zu unterstützen gewillt war. Lisa Cholodenko, Regisseurin des Indie-Familiendramas The Kids Are All Right, wurde unter Vertrag genommen, um das Projekt zu inszenieren, außerdem sollte sie am Drehbuch mitwirken. Alsbald konnten die Produzenten Steve Carell gewinnen, um eine der Erwachsenenrollen zu übernehmen. Im September 2012 ließ Fox das Projekt aber fallen, da die Studiobosse das Budget als zu hoch für einen primär an Kinder gerichteten Film befanden. Kurze Zeit später setzte sich Disney ins gemachte Nest – nicht aber, ohne Einfluss auf die Ausrichtung von Die Coopers – Schlimmer geht immer zu nehmen. Disney und Cholodenko gingen aufgrund Differenzen über den zu wählenden Ansatz getrennte Wege, Rob Lieber fielen wieder die alleinigen Autorenpflichten zu und Indie-Regisseur Miguel Arteta wurde mit der Inszenierung und dem restlichen Casting betraut.

Für Disney war Die Coopers – Schlimmer geht immer etwas, das sich als „Rubbellosinvestition“ bezeichnen lässt: Geringe Kosten (ein Budget von 28 Mio. Dollar ist für Disney ein Klacks), geringe Risiken, geringe Mühen (ein Skriptentwurf und ein namhafter Darsteller waren ja bereits vorhanden). Entweder trifft der Film einen Nerv beim Publikum oder nicht. Dann wird er halt in Fernsehdauerrotation gesteckt, bis sich die Investition irgendwann bezahlt gemacht hat.

Die gute Nachricht fürs Familienpublikum: Die hinter den Disney-Kulissen präsente Beiläufigkeit, mit der Die Coopers – Schlimmer geht immer umgesetzt wurde, ist im Film selbst nicht zu spüren. Immerhin blieb Autor Rob Lieber, der diese Kinderbuchadaption erst ins Rollen brachte, bis zum Schluss mit an Bord. Und auch das vollständige Ensemble wirkt so, als wäre es mit großem Vergnügen bei der Sache. Die schlechte Nachricht: Trotzdem ist Die Coopers – Schlimmer geht immer längst kein moderner Disney-Komödienklassiker geworden – dafür versagen einfach zu viele Gags dieser zwar gutmütigen, jedoch zu laschen Erzählung.

Vielleicht liegt es daran, dass das sehr kurze Kinderbuch hier mit aller Macht auf abendfüllende Laufzeit aufgeblasen wird, obwohl sich die Idee nicht sonderlich dazu eignet: Der elfjährige Alexander Cooper (Ed Oxenbould) ist ein Pechvogel wie er im Buche steht, was seine Familie aber nicht kümmert. Also wünscht er sich zu seinem Geburtstag, dass der Rest des Coopers-Clan endlich einmal Verständnis für seine Klagen hat. Und wie durch ein Wunder läuft am Geburtstag des australienversessenen Buben für sein familiäres Umfeld alles schief, was nur schief laufen kann. Seine als Autorin arbeitende Mutter Kelly (Jennifer Garner) verschläft, obwohl ein wichtiger Termin ansteht. Papa Ben (Steve Carell) findet keinen Babysitter für den noch in den Windeln liegenden Trevor, was ihn in Bedrängnis bringt, da ein Bewerbungsgespräch ansteht. Alexanders älterer Bruder Anthony (Dylan Minnette) bricht unwissentlich eine Streit mit seiner Freundin Celia (Bella Thorne) vom Zaun und Schwester Emily (Kerris Dorsey) ist ausgerechnet am Tag der Premiere ihres Schultheaterstücks übel erkrankt …

Der Kinofilm deckt somit wesentlich mehr Missgeschicke ab als das 32-seitige Kinderbuch. Dessen ungeachtet hat dieser Kinofilm gerade einmal so viel Plot zu bieten wie eine durchschnittliche Folge einer Familiensitcom. Gähnende Langeweile kommt zwar nicht auf, weil die Darsteller zu energisch sind und das Drehbuch die Pechsträhne der Coopers bis zum Äußersten ausquetscht, statt schlicht minutenlang nur noch auf der Stelle zu treten. Trotzdem ist der Komödie ihre schmale Handlungsdichte anzumerken: Kinoformat hat die Story nicht, und dass die 'Sh*t happens'-Moral explizit in aller Breite ausgewälzt wird, schmälert die Leinwandtauglichkeit des Skripts ungemein. Es gibt unzählige Disney-Filme, die es den jüngsten Publikumsmitgliedern zutrauen, die Essenz des Geschehens ohne schalen Monolog zu verstehen – dass gerade so eine simple Story wie diese anders vorgeht, sorgt bedauerlicherweise für einige üble Durchhänger. Ältere Kinogänger könnten diese Momente als lästig empfinden, während die Jüngeren einen unnötigen Tempoverlust auszuhalten haben.

Ähnliches gilt für die diversen Gags, die ins Leere laufen. So blickt ein auf der Rückbank sitzender Alexander in den ersten Filmminuten entnervt durch die Gegend, während seine Schwester und seine Mutter vorne im Auto mit dem Radio mitsingen. Sie singen nicht schief, sie singen keinen besonders peinlichen Song, sie blamieren sich auch nicht vor anderen Personen. Dennoch lässt Regisseur Miguel Arteta diesen Moment ruhen, als wäre er der totale Brüller. Später bekommt Alexander von seinem Lehrer ein Meerschweinchen in die Hand gedrückt, das er übers Wochenende pflegen soll – woraufhin nichts aus dieser zusätzlichen Last, die Alexander stören könnte, gemacht wird. Solche Nullnummern wiederholen sich. Zwar nicht in hoher Frequenz, auffällig sind sie dennoch.

Allerdings hat Die Coopers – Schlimmer geht immer seinem Kinderpublikum, ewig Junggebliebenen und geneigten Eltern genügend pfiffige Dialogpassagen und kurzweilige Situationskomik zu bieten, um gelegentlich zu amüsieren. Ganz vorne dabei sind Kerris Dorseys spritzige Eskapaden als Schauspielanfängerin Kelly, die von einer Erkältung in Mitleidenschaft gezogen wurde und bald darauf dank Hustensaft-Überdosis am Rad dreht. Die vereinzelten Slapstickeinlagen wissen derweil insbesondere Carell und Dylan Minnette gut zu meistern, Alexanders Plotfaden derweil kommt immer dann inspiriert daher, wenn Autor Rob Lieber behutsame Seitenhiebe auf die Macken heutiger Schulkinder ins Skript einstreut.


Diese und weitere lichten Momente, zu denen unter anderem der knappe Auftritt von Community-Fanliebling Donald Glover zählt, reichen zwar nicht aus, um Die Coopers – Schlimmer geht immer zu einem der besseren Disney-Miniprojekte zu küren. Aber sie bewahren die Komödie locker davor, eine weitere tumbe, charakterlose Fließband-Kinderproduktionen zu werden. Der erfreulichste Aspekt an dieser losen Buchadaption ist trotzdem auf der Businessseite anzutreffen: Das Coopers-Rubbellos machte sich für Disney wahrlich bezahlt. Insgesamt spielte die Komödie über 100 Millionen Dollar an den Kinokassen ein – und dürfte somit garantieren, dass der so sehr auf Blockbuster fixierte Disney-Konzern die Verwirklichung charismatischer, kleiner Filme in naher Zukunft nicht völlig aufgeben wird. Schöne Sache.

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