In unserer von Anglizismen und
schmeichelnden Umbenennungen geprägten Sprachwelt ist nunmehr
Vorsicht geboten, wann immer man verführt ist, eine Filmproduktion
einfach nur als ideales Seniorenkino zu bezeichnen. Daher sei John
Maddens Überraschungshit Best Exotic Marigold Hotel
aus dem Jahr 2012 an dieser Stelle lieber als Best-Ager-Dramödie
etikettiert – so mühselig diese Wortschöpfung auch sein mag,
womöglich ist dem Werk damit tatsächlich das größere Recht getan.
Denn der filmische Indien-Abstecher mit ergrauter Starbesetzung mag
mit seiner altmodischen Erlesenheit und seinem hohen Maß an
Identifikationsmöglichkeiten für Kinobesuchen höheren Semesters
zwar auf Senioren zugeschnitten sein, keineswegs aber ist er exklusiv
an sie gerichtet.
Ähnliches gilt nun für den zweiten
Teil der Bestsellerverfilmung, die auch zum Kassenschlager wurde:
Part eins generierte allein auf der Leinwand mehr als das 13-fache
seines Budgets, weswegen der Verleih Fox Searchlight Pictures nicht
lang zauderte, um bei Drehbuchautor Ol Parker das Konzept für eine
in diesem Genre so rare Fortsetzung in Auftrag zu geben. Der
US-Originaltitel des 10 Millionen Dollar teuren Films sagt im Grunde
genommen alles aus, was es über dieses Projekt zu wissen gibt:
The Second Best Exotic Marigold Hotel kann es –
unter anderem allein schon mangels Originalität – nicht mit dem
Vorläufer aufnehmen. Aber die neuen Geschichten der nach Indien
geflohenen 'Best Ager' sind wenigstens ähnlich geraten, wie der auf
die geminderte Qualität hinweisende Original-Filmtitel: Charmant,
wenn auch arm an Überraschungen und Knallergags.
Nicht nur Ol Parker ist erneut mit von
der Partie, sondern auch Regisseur John Madden und ein Großteil des
ursprünglichen Ensembles. Dieses bekommt in Best Exotic
Marigold Hotel 2 (wie die Komödie hierzulande heißt)
allerhand zu tun – und schlussendlich irgendwie doch nichts. Denn
auf der Suche nach neuen Handlungsbögen hat sich Parker, dieses Mal
ohne Romanvorlage, für den silbergrauen Cast zahlreiche kleine
Geschichtchen ausgedacht. Diese sind alleinstehend ganz nett
anzuschauen, greifen aber nur selten sehenswert ineinander über –
und noch seltener erreichen sie auch nur ansatzweise die Tragweite
des Originalfilms: Die scharfzüngige Muriel (Maggie Smith) etwa
versucht in ihrer neuen Manager-Position dem für ihr geliebtes Hotel
zuständigen Sonny (Dev Patel) zu helfen, eine zweite Gaststätte in
Indien zu gründen. Diese Hilfe hat er aufgrund der stressigen
Vorbereitungen seiner nahenden Hochzeit auch dringend nötig. Evelyn
(Judi Dench) derweil erhält ein verführerisches Jobangebot, während
Douglas (Bill Nighy) damit kämpft, ihr endlich seine Liebe zu
gestehen.
Madge (Celia Imrie) ist unterdessen auf
der Suche nach der großen Liebe. Norman und Carol (Ronald Pickup und
Diana Hardcastle) hingegen versuchen sich an Romanzen außerhalb
ihres gemeinsamen Liebeslebens, bekommen es aber auch mit einem
mutmaßlichen Auftragskiller zu tun (was harmloser ist als es
klingt!). Und dann wären da die zwei neusten Gäste des Best Exotic
Marigold Hotels: Guy Chambers (Richard Gere) und Lavinia Beach
(Tamsin Greig), denen Sonny nicht die gleiche Behandlung zukommen
lässt – was Irrungen und Wirrungen mit sich bringt …
Obschon Best Exotic Marigold
Hotel 2 Themen wie den nahenden Tod oder auch die Suche
nach einem neuen Lebenssinn im Rentenalter anschneidet, wächst die
neuste Arbeit des Shakespeare in Love-Regisseurs
zu keinem Zeitpunkt über den tonalen Status einer XL-Kinositcom
hinaus: John Madden lässt sein illustres Figurenensemble durch eine
Vielzahl kleiner Missverständnisse und verbal ausgetragener
Kabbeleien stapfen, während die inhaltlichen Entwicklungen nur
zweitrangig sind. Oder sogar drittrangig, denn Konsequenz wird in
Indien dieses Mal klein geschrieben: Manche Kinobesucher könnte es
stören, dass die neuen Geschichten der Hoteldauergäste zu weiten
Teilen denen aus dem ersten Film widersprechen. Ging es im Erstling
darum, in Indien endlich Ruhe zu finden, ist in der Fortsetzung für
die Figuren wieder fit sein angesagt. Da die Darsteller ihren Rollen
jedoch mühelos und unaufdringlich eine „Wer rastet, der
rostet!“-Mentalität zur Hand geben, lässt sich die seit Teil eins
verdrehte Zielsetzung der Figuren jedoch durchaus verzeihen.
Überhaupt hängt der Sehgenuss bei
dieser gut zwei Stunden langen Komödie, mehr noch als in Best
Exotic Marigold Hotel, vom Gutwillen des Zuschauers für
die vor der Kamera versammelten Mimen ab. Da die Storys trivialer
sind und Ol Parkers Skript einige dramaturgische Durchhänger
aufweist (welche hauptsächlich Schuld der zahllosen halbherzig
angerissenen Subplots sind), ist der Charme dieses Films sein
bedeutsamster Trumpf. Und dieser wird zwar teilweise durch die
einladende, exotische Kulisse generiert, doch auch diese wäre ohne
die vor ihr auftretenden Akteure null und nichtig. Die wertvollsten
Ensemblemitglieder sind dabei die kühne Judi Dench, der herrlich
verschroben-schüchterne Bill Nighy und der Charmebolzen Richard
Gere, wobei Maggie Smiths ehrlich-dreiste Schnauze ebenfalls für
einige der besten Momente von Best Exotic Marigold Hotel
2 verantwortlich ist.
Die witzigen, liebenswerten oder
einfach nur kurzweiligen Passagen gehen wohlgemerkt in der Fülle an
beiläufigen oder gar absolut belanglosen Momenten unter – was
zusammen mit der unrhythmischen Erzählweise (auch bedingt durch John
Maddens laschen Schnitt) diesen cineastischen Indienurlaub zuweilen
zäh dastehen lässt. Gewiss wäre es den Freunden des ersten Teils
sauer aufgestoßen, hätten die Filmemacher nicht sämtlichen
wiederkehrenden Figuren ein gutes Maß Leinwandzeit eingeräumt.
Jedoch wirken so viele der Plotfäden wie Füller, dass es zu Gunsten
der Höhepunkte dieses Films erstrebenswert gewesen wäre, den
sekundären Hotelbewohnern vielleicht eine gemeinsame Handlung zu
geben, statt alle auf jeweils ein eigenes Abenteuerlein zu schicken.
Somit hätte Best Exotic Marigold Hotel 2 nach
seinem großen, Urlaubslust weckenden Finale auch schneller und somit
prägnanter ein Ende gefunden.
Da im Mittelteil einige der Lacher
flach fallen und die Storys rund um Dev Patels freundlichen
Hotelmanager dank klischeehaft geschriebener Dialoge recht lieblos
wirken, lohnt es sich nur für überzeugte Anhänger des ersten
Teils, auch in das zweitbeste Exotic Marigold Hotel einzuchecken. Wer
aber über die schlaffe Dramaturgie hinwegsehen kann und sich
schlicht nach zwei weiteren Leinwandstunden mit den launigen Senioren
sehnt, bekommt dank des gut aufgelegten Ensembles und der pittoresken
Bilder ein streckenweise sympathisch-entspanntes Filmovergnügen
geboten.
Fazit: Wer nach dem
ersten Film nicht genug hat, bekommt mit Best Exotic
Marigold Hotel 2 eine banalere, aber weiterhin sehr
charmante Fortsetzung geliefert. Viel zu lang, etwas unkonzentriert,
doch Fans der gut aufgelegten Ensemble-Mitglieder werden trotzdem
nicht bereuen, zugegriffen zu haben.
2 Kommentare:
Unabhängig von dieser Rezension hier: Hast du eigentlich schon die Songs aus Frozen und Big Hero 6 in deine Disney-Hitliste hinzugefügt?
Nein, ich habe damals nur "Küss den Frosch" noch in einem Sonderartikel eingefügt, weil er während des Countdowns erschienen ist. Alles weitere im Nachhinein hinzuzufügen, fände ich unchic. Aber ich frage mich schon länger, ob es reizvoll wäre, eine runderneuerte Hitliste zu posten. Das müsste dann aber noch was dauern, damit genug neues Material drin ist.
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