Bevor
Videokünstler Pitof mit seinem Hollywood-Debüt Catwoman einen
cineastischen Unfall verursachte, der im modernen Superheldenkino
seinesgleichen sucht, machte er sich mit dem französischen
Mysteryfilm Vidocqeinen Namen. Die hyperstylische
Produktion aus dem Jahr 2001 erarbeitete sich ihrerzeit eine kleine
Fangemeinde und verdiente sich unter technologievernarrten
Filmfreunden große Achtung dadurch, dass sie zu den ersten
Kinoprojekten gehört, die mit der Sony HDW-F900 HDTV-Kamera gedreht
wurden.
Die
damals teuerste Kamera Welt ist es auch, die Vidocq zusammen
mit dem ausgefallenen Kostüm- sowie Produktionsdesign und der
ungewöhnlichen Spezialeffekte zu einem besonderen Film machen.
Wohlgemerkt nicht zwingend zu einem guten, aber durchaus zu einem
besonderen, der es nicht verdient hat, in den Horror-Aktionsregalen
diverser Elektronikmärkte zu versauern. Einerseits, weil er gar
nicht wirklich dem Horrorgenre angehört, und andererseits, weil er
wenigstens auf visueller Ebene originell genug ist, als dass er es
verdient hätte, bis zur untersten Riege durchgereicht zu werden.
Wobei mir gleichzeitig der gute Ruf, denVidocq bei vielen
Filmfans genießt, zu wohlgesonnen vorkommt. Aber der Reihe nach …
Paris
in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts: In den Armenvierteln der
Seine-Metropole treibt ein gesichtsloses, mörderisches Phantom sein
Unwesen, das von allen nur "Der Alchemist" genannt wird.
Dieses hat es insbesondere auf Jungfrauen abgesehen, die nach einer
Begegnung mit ihm spurlos verschwinden. Als aber auch zwei gut
betuchte Herren auf bizarre Weise ums Leben kommen, fühlt sich der
Detektiv Vidocq auf den Plan gerufen. Dieser ist ein geläuteter
Verbrecher und brillanter Wissenschaftler, und fühlt sich als
einziger fähig, das raffinierte Monstrum zu bezwingen. Weit gefehlt:
Vidocq segnet im Kampf gegen den Alchemisten das Zeitliche. Vidocqs
Biograf nimmt sich daraufhin vor, die letzten Wochen des genialen
Detektivs zu rekonstruieren ...
Die
Autoren Pitof und Jean-Christophe Grangé nehmen eine im Kino all zu
selten gesehene, visuell interessante Epoche und die real
existierende Person des Kriminalisten Eugène François Vidocq,
um mit allerlei kreativem Wahnwitz eine durch und durch fiktive Story
zu erzählen. Und gerade das Setting weiß, schon in den ersten
Filmminuten zu packen: Vidocq, verkörpert durch das französische
Schauspielschwergewicht Gérard Depardieu, kämpft im Untergrund
des gothischen Paris gegen ein maskiertes, im schnittigen Mantel
gehülltes Phantom. Die Kamera schwebt frei durch die verflixt coole
Kulisse, wann immer das Phantom hastige Bewegungen macht, erhallt ein
metallisch schneidendes Geräusch und knallig-stilsichere Effekte
sorgen für einen einzigartigen Look. Obwohl dies eine digital
gedrehte Produktion ist, wurde für die Effektaufnahmen eine
besondere Deinterlacing-Methode verwendet, die für
Bewegungsunschärfe sorgt, wie man sie vom konventionellen, analogen
Film kennt. Die Diskrepanz zu den normalen, effektfreien Szenen im
kühlen Digitallook ist so klein, dass sie die einzelnen Sequenzen
auseinander reißt, aber so groß, dass sie unterbewusst die Wirkung
von Vidocq beeinflusst: Die "realistischen"
und somit historisch plausiblen Szenen wirken modern und schnittig,
die übernatürlichen Elemente filmisch-klassisch. So verwischen die
Grenzen, was dem lahmen Plot eine dringend nötige Stütze
verleiht.
Denn sobald die Titelfigur verschwindet, entfleucht auch der einzige Akteur aus dem Film, der Gravitas mitbringt. Fortan ist Depardieu nur noch in Rückblenden zu sehen, während ein blutarm agierender Guillaume Canet als Vidocqs Biograf die Hauptrolle übernimmt. Dieser kann die verschachtelt erzählte Kriminalgeschichte aber nicht schultern, zumal diese nach dem energigschen Opening so entschleunigt voran schreitet, dass es zuweilen ermüdet. Nur, wenn Pitof wieder seine wahnwitzige Art ausleben darf, und er Orgien, seltsame Ausstellungen oder übernatürliche Ereignisse inszeniert, nimmt Vidocq erneut Fahrt auf. Verzerrte Aufnahmen, kräftige Farben vor verwaschenem Hintergrund und exzentrisches Produktions- und Kostümdesign stellen daher die rettenden Inseln in einem zähen Plot dar, bevor im großen Finale stylische Action dem Ganzen neues Leben einhaucht.
Somit ist Vidocq für Freunde ungewöhnlich inszenierter Filme mit historischem Setting ein sehenswerter, wenn auch inhaltlich enttäuschender Geheimtipp. Und ein weiterer Baustein im erschreckend hohen Turm, der die Frage stellt: "Wieso sind so viele stilistisch spannende Filme von einem mageren Drehbuch geplagt?"
Denn sobald die Titelfigur verschwindet, entfleucht auch der einzige Akteur aus dem Film, der Gravitas mitbringt. Fortan ist Depardieu nur noch in Rückblenden zu sehen, während ein blutarm agierender Guillaume Canet als Vidocqs Biograf die Hauptrolle übernimmt. Dieser kann die verschachtelt erzählte Kriminalgeschichte aber nicht schultern, zumal diese nach dem energigschen Opening so entschleunigt voran schreitet, dass es zuweilen ermüdet. Nur, wenn Pitof wieder seine wahnwitzige Art ausleben darf, und er Orgien, seltsame Ausstellungen oder übernatürliche Ereignisse inszeniert, nimmt Vidocq erneut Fahrt auf. Verzerrte Aufnahmen, kräftige Farben vor verwaschenem Hintergrund und exzentrisches Produktions- und Kostümdesign stellen daher die rettenden Inseln in einem zähen Plot dar, bevor im großen Finale stylische Action dem Ganzen neues Leben einhaucht.
Somit ist Vidocq für Freunde ungewöhnlich inszenierter Filme mit historischem Setting ein sehenswerter, wenn auch inhaltlich enttäuschender Geheimtipp. Und ein weiterer Baustein im erschreckend hohen Turm, der die Frage stellt: "Wieso sind so viele stilistisch spannende Filme von einem mageren Drehbuch geplagt?"
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen