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Freitag, 30. Oktober 2015

Tales of Halloween


Horror-Episodenfilme sind seit Jahren groß im Kommen. Ob V/H/S, ABCs of Death oder Chillerama: Diese Ansammlungen an kleinen Schauergeschichten geben zahlreichen passionierten, mal mehr, mal weniger talentierten Horror-Filmemachern die Gelegenheit, sich auszutoben. Und Ideen umzusetzen, die keinen eigenen, abendfüllenden Film tragen. Die Qualität dieser Episodenfilme schwankt zwar stark, ebenso wie die Qualität der jeweiligen Episoden innerhalb dieser Gruselsammlungen, jedoch ist das auch Teil des Spaßes: Sie zu gucken, gleicht dem Plündern der Süßigkeitentüte am Morgen nach Halloween. Köstlichkeiten, überraschende Neuentdeckungen und ein paar Grausamkeiten reihen sich aneinander, und man weiß nie, was als nächstes ansteht.

Daher haben an Halloween spielende Episodenfilme allein schon auf der Metaebene einen kleinen Pluspunkt: Sie zielen es darauf ab, an diesem inoffiziellen Feiertag konsumiert zu werden, und fügen sich somit nahtlos in die Stimmung, die das Schauerfest bei einigen Gruselfreunden eh schon auslöst. Die von Epic Pictures finanzierte Tüte Gemischtes namens Tales of Halloween ist dabei jedoch eine durchwachsene Ausbeute. Diesen Episodenfilm zu gucken, ist, wie eine große Portion Colorado oder anderer Süßigkeitenmischungen vor sich zu haben, bei denen einfach alles mit drin ist. Allein muss man sich zwischenzeitlich durchquälen, sofern man kein Naschkram- respektive Horror-Allesfresser ist. In der richtigen Stimmung fällt es in großer Gruppe dafür umso leichter: Jeder findet was, das ihm gefällt, und dank kollektivem Zucker- beziehungsweise Genrespaßüberfluss kracht die Stimmung nicht mehr so schnell ein.

Eine Gemeinsamkeit haben die zehn Tales of Halloween-Storys, die innerhalb von rund 90 Minuten durchgekaut werden, aber: Sie verfolgen grob einen verwandten Tonfall. Die meisten wollen nicht etwa primär ängstigen, sondern mit übernatürlichen, gemeinen oder blutigen Ereignissen auf makabere, schwarzhumorige Weise unterhalten. Wenn dann eben doch ein paar Schrecksekunden das Publikum auffahren lassen, wird das dezent schmunzelnd hingenommen. Insofern erinnert Tales of Halloween an einige der EC-Comics oder an eine härtere Version von Gänsehaut: Zu grafisch, um familientauglich zu sein, zu "cheesy", um zu ängstigen. Aber es ist eine festliche Halloween-Stimmung, die hier aufkommt, wann immer eine Episode zündet.

Los geht es auf solidem Niveau, mit dem von Dave Parker inszenierten Sweet Tooth, der in feinster Urban-Legend-Manier von einer mörderischen Sage erzählt, die letztlich die handelnden Figuren noch heimsucht. Stereotyp, aber mit erfrischendem "Spaß an der Freude" umgesetzt und feschen Gewaltspitzen. Mit The Night Billy Raised Hell legt dann Darren Lynn Bousman die Messlatte um ein gutes Stück höher. Der Regisseur zeigt sich im mit cartoonigen Soundeffekten, leichtgängig erzählten Kurzfilm eher von seiner Repo!- als von seiner Saw-Seite und lässt Barry Bostwick als teuflischen alten Mann einen kleinen Buben vom rechten Weg abkommen. Mit eskalierenden Halloween-Streichen, betont alberner, doch nicht nerviger Musikuntermalung und einem kecken Schlusstusch punktet diese Episode, bevor Adam Gieraschs Trick das qualitative Niveau wieder runterzieht. Die einzige strikte Horror-/Slasher-Episode basiert auf einer lahmen Grundidee (was, wenn die Trick-or-Treat-Kinder wirklich brutal werden?) und ist zu kondensiert, um Atmosphäre aufkommen zu lassen. Da die Kameraarbeit und Lichtsetzung zu den besten in Tales of Halloween gehört, lässt sich dieses schale Bonbon aber recht locker weggucken.

Die vierte Runde, Paul Solets The Weak and the Wicked, geht wieder gen Richtung "Urban Legend" respektive "jugendliche Rachefantasie". Die Dramaturgie ist laff, und die Schlusswende wird nicht genügend ausgekostet, aber mit ihrem eisigen Blick und einer lockeren Rocker-Girl-Attitüde ist Teen Beach Movie-Aktrice Grace Phipps die für mich am meisten Eindruck hinterlassende Darstellerin der gesamten Kurzfilmsammlung! Grim Grinning Ghost von Axelle Carolyn, der Schirmherrin dieses Projekts, schließt mit einer laschen "Junge Frau in Nöten"-Erzählung ohne Höhepunkte an, und auch Lucky McKees Ding Dong lässt den nötigen Kick missen. Während Carolyns Beitrag aber nicht einmal seine kurze Laufzeit tragen kann, liegt es bei McKees Episode eher daran, dass sie zu kurz ist: Die Geschichte eines jungen Paares, dessen Kinderwunsch unerfüllt bleibt, woraufhin sich die Frau in eine garstige Hexe mit Hunger auf Kinder verwandelt, könnte vielleicht einen ganzen Film tragen. Auf jeden Fall ist sie aber ideales Futter für eine 20- bis 30-minütige Episode, wie sie in Chillerama hätte unterkommen können. Das grundlegende Konzept bringt eine bittersüße Note mit und könnte eine solide Parabel stützen, und McKees cartoonig-wilder Stil sowie die aufgedrehte Performance von Pollyanna McIntosh macht Spaß. Dieser Mix holpert und stolpert sich jedoch durch seine wenigen Filmminuten, so dass nur ein kurioser Nachgeschmack bleibt. Interessant, jedoch unbefriedigend.

Die siebte Episode kommt musikalisch daher: Die Regisseure Andrew Kasch und John Skipp zeigen, von treibenden Klängen untermalt, einen blutigen Nachbarschaftsstreit darüber, wer die bessere Halloween-Festivitäten abhält. Kurz, mit guten Schmunzlern und gelungen inszeniert. Das passt! Auch Friday the 31st weiß zu gefallen: Big Ass Spider-Macher Mike Mendez beginnt seine Episode als Jason-Voorhees-Hommage, ehe sein Segment eine knuffig-witzige Wende nimmt und dann als Splatterfest endet.

Ryan Schifrin schließt mit dem ebenfalls launigen The Ransom of Rusty Rex an, einer in feinster Lagerfeuer-Weise erzählten Geschichte über eine misslungene Entführung. Die Darsteller sind gut drauf, inklusive Cameo von Blues Brothers-Regisseur John Landis, und was hier aus dem Konzept gemacht wurde, ist sympathisch makaber. Zum Abschluss wird es noch mit Neil Marshalls Bad Seed gewollt trashig: Ein genetisch modifizierter Halloween-Kürbis geht auf Menschenjagd. Mit genügend Seitenhieben auf unfähige Filmpolizisten und zügigem Tempo reizt der The Descent-Macher seine Idee komplett aus. Vorzeigbare Effekte und ein schwarzhumoriger Tonfall machen Bad Seed zu einem guten Schlussakt, wenngleich die letzte Pointe zwar auf einer guten Idee basiert, aber ohne den nötigen "Wumms!" umgesetzt wird.

Insgesamt ist Tales of Halloween zwar zu unstet, um als echter Horror-Geheimtipp zu dienen, doch als weniger geerdete, etwas buntere Alternative zum rundum sehenswerten Halloween-Episodenfilm Trick 'r Treat könnte es für Fans des Genres eine nette Festtagsnascherei darstellen.

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