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Samstag, 13. Juni 2015

The Gambler


Das Glücksspiel ist eine besonders filmtaugliche Beschäftigung. Paradebeispiel dafür, wie kurzweilig und fesselnd Zockerei auf der Kinoleinwand sein kann, sind Filme wie Rounders, Casino Royale, Der Croupier oder Der Clou. Rupert Wyatts Drama The Gambler beinhaltet einige der Elemente, die auch besagte Filme auszeichnen: Die Präsenz kaltblütiger Gestalten, fast schon halsbrecherische Risiken sowie stilvolle oder alternativ stylisch-verkommene Spielstätten. Woran es der Neuverfilmung des britischen Zockerstreifens Spieler ohne Skrupel indes mangelt, sind Flair, Spannung und nachvollziehbare Charaktermotivation.

Bereits die erste Sequenz erweist diesem Trauerspiel über Obsession einen gewaltigen Bärendienst. Literaturprofessor Jim Bennett (Mark Wahlberg) begibt sich in ein Untergrund-Spielcasino und setzt mit stoischer Miene Unsummen von Geld, die er auch dringend benötigt, um seine monströsen Schulden abzubezahlen. Und selbst absolute Laien würden besser zocken als er. Er hat keine Taktik und setzt kopflos seinen gesamten Gewinn immer wieder aufs Spiel. Autor William Monahan und Regisseur Rupert Wyatt verdeutlichen also früh, dass The Gambler keine Erzählung über ein gewitztes Glücksspiel-Ass ist. Jedoch ist es ebenso wenig ein Drama, das die Mechanik hinter Wettsucht und deren Gefahren skizziert. In Jims Augen blitzt nie auch nur ein winziger Funken der Manie auf, er zeigt keine Freude am Risiko, nicht einmal ist ein Hauch der Verzweiflung oder alternativ der Sehnsucht nach Selbstzerstörung zu spüren.

Wahlberg legt Jim als eiskalten, aalglatten Typen an, der nicht nur sein Gegenüber im Unklaren lässt, was ihn bewegt, sondern auch die Betrachter des Films. Sobald sich Jim vollkommen absehbar noch tiefer ins Verderben manövriert hat, erhält er ein klares Ultimatum: In sieben Tagen hat er seine Schulden abzubezahlen – oder es ist endgültig Schluss mit lustig. Da kann ihm selbst seine Lieblingsstudentin Amy (Brie Larson in einer undankbaren Rolle) nicht helfen, die ihm kürzlich beim illegalen Glücksspiel über den Weg lief …

The Gambler versteht sich nicht als Kriminalfilm, in dem ein gewiefter Protagonist seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen hat. Der Großteil der Laufzeit konzentriert sich auf Jims Alltag, zeigt ihn dabei, wie er Vorlesungen hält, wie er seine Mutter (Jessica Lange, ebenfalls in einer dürftigen Rolle) anmotzt oder wie er mit einem bekannten Kredithai rumlungert. Letzterer wird von John Goodman gespielt, dessen Part zwar fast schon strafbar klischeehaft geschrieben ist, aber immerhin den einzigen denkwürdigen, pointierten Monolog des Films hält. Wenn sich also der gesamte Film um Jim dreht, genauer gesagt darum, wie er mit seinem Umfeld interagiert, so müsste The Gambler eigentlich ein Charakterdrama sein, oder? Doch auch mit dieser Überlegung verzockt sich der geneigte Filmfreund, denn ein charakterzentrisches Drama benötigt vor allem eins: Charakter.

Der vermeintliche „Held“ dieser Handlung ist aber nichts weiteres als ein unnahbarer Granitblock – der halt zufälligerweise laufen, reden und mehr schlecht als recht zocken kann (bevorzugt Black Jack). Im Gegensatz zu gelungenen cineastischen Unsympathen wie etwa Travis Bickle aus Taxi Driver, Alex in Uhrwerk Orange, Daniel Plainview in There Will Be Blood oder Jordan Belfort in The Wolf of Wall Street fehlt Jim Bennett aber jegliche Anziehungskraft. Er ist kein Widerling, der jemanden für sich einnehmenden kann, geschweige denn, dass er etwas Andersartiges, Faszinierendes an sich hat. Ihm fehlt die Grandeur, die Zielstrebigkeit, um den Blick auf sich zu lenken. Er ist stattdessen einfach nur der unauffällige, schroffe Kerl, der sich mit niemandem abgeben will. Und somit ist er ein denkbar uninteressanter Mittelpunkt für einen fast zweistündigen Film. Dass die gezeigten Literaturvorlesungen obendrein die vielleicht unglaubwürdigsten, unfreiwillig komischsten der US-Filmgeschichte sind, tut diesem Werk erst recht keinen Gefallen.

Zumal Wyatt die Glücksspiel-Sequenzen größtenteils dröge abspult – weder ziehen sie mit Glamour-Faktor in ihren Bann, noch nutzt der Regisseur die durchaus interessant gestalteten, abgefrackten Schauplätze, um einen Sinn für Gefahr zu erzeugen. Stilistisch auffällig ist allein der Einsatz von Musik. Zunächst, da der Soundtrack einige trocken-spröde Nummer bietet, die ansatzweise so etwas wie eine überhöht-verlorene Stimmung erzeugen. Und darüber hinaus, weil Wyatt immer wieder mit der Trennung zwischen diegetischem und non-diegetischem Ton spielt – also mit der Grenze zwischen dem, was nur der Zuschauer hört und was sich in der Welt der Filmfiguren abspielt. Da Wyatt seinen Trick 17 aber erschütternd oft wiederholt, ohne ihm je Neues abzugewinnen, verliert auch diese Idee alsbald ihren Reiz.

Fazit: Ein einseitiger, unausstehlicher Protagonist schleppt sich durch ein träg erzähltes, uninspiriert inszeniertes Glücksspieldrama: Wer auf The Gambler setzt, setzt auf die falsche Karte.

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