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Freitag, 8. Mai 2015

TinkerBell und die Piratenfee


Und plötzlich kommt alles Schlag auf Schlag: Ursprünglich sollte rund ein Jahr nach Kinostart von Das Geheimnis der Feenflügel ein fünftes abendfüllendes TinkerBell-Abenteuer auf die große Leinwand fliegen. Doch dann verkündet der Disney-Konzern, dass Planes den US-Starttermin des nächsten Feenfilms erhält. Kurz darauf die nächste Nachricht, die den Anhängern der Nimmerland-Reihe den Tag verregnet: TinkerBell und die Piratenfee soll entgegen früherer Ankündigungen der vorletzte Film über das Reich der geflügelten Grazien werden. Mitarbeiter der DisneyToon Studios geben zu Protokoll, dass die geplanten siebten und achten TinkerBell-Filme eingestellt wurden, weil die Studioleitung mit den Verkaufszahlen an Feen-Merchandising sowie mit den Einnahmen der TinkerBell-Filme unzufrieden ist.

Das Marketing für den neuen Film bekommt einen veränderten Anstrich. Es wird ein deutlich größerer Fokus darauf gelegt, dass Piraten die Handlung mittragen und dass es sich um ein Prequel von Peter Pan handelt, während der ganze "TinkerBell und ihre Feenfreunde"-Ansatz in den Hintergrund tritt. Der zwiegespaltene Lohn dessen? Während an den Kinokassen ein hauchdünnes Minus gegenüber Teil 4 der Reihe verbucht wird, geht es beim Verkauf des 'Disney Fairies'-Merchandisings wieder aufwärts.

Es ist eine Zwiespältigkeit, die dem Film angemessen ist. Denn nach dem grauenvollen dritten Teil und dem soliden vierten Part der Feensaga lässt sich TinkerBell und die Piratenfee qualitativ irgendwo zwischen seinen beiden direkten Vorgängern verorten. Die Grundidee ist dabei das Stärkste an diesem Nimmerland-Abenteuer: Feenglanzverwalterin Zarina rebelliert, ähnlich wie ihre Freundin TinkerBell, gegen die ihr auferlegten Regeln und experimentiert damit, wie sich die Kraft des magischen Stabs ausbauen lässt. Dies führt jedoch zu einer kleinen Katastrophe, weshalb Zarina aus dem Tal der Feen verbannt wird. Einige Zeit später schleicht sich Zarina während eines großen Fests zurück ins Tal, um eine große Dosis Feenglanz zu stehlen. TinkerBell und ihre Freunde erwischen Zarina dabei, woraufhin sie die Gruppe wohlmeinender Feen verzaubert: Ihre Kräfte werden vertauscht, weswegen sie bei der Hatz nach Zarina gehörig ins Hintertreffen geraten. Umso dramatischer, dass Zarina mit einer Bande Piraten, angeführt von Käpt'n Hook, gemeinsame Sache macht ...

So bahnt sich eine zweifache Geschichte über Wiedergutmachung an: Zarina muss die Folgen ihres Diebstahls bereinigen, TinkerBell und Konsorten müssen ihren Fehler korrigieren, Zarina wegen eines Unfalls sogleich ins Exil ziehen zu lassen. Aus dieser Dopplung macht das Autorenteam rund um Jeffrey M. Howard, Kate Kondell, John Lasseter, Peggy Holmes, Bobs Gannaway, Jeffrey M. Howard, Lorna Cook und Craig Gerber jedoch herzlich wenig: Ehrliche Emotionen und glaubwürdige Reue bleiben in TinkerBell und die Piratenfee völlig aus, genauso wie der Kräfte-Vertausch-Kniff bestenfalls in eine kleine Handvoll Schmunzler mündet, die Figuren aber weder nennenswerte Lektionen lernen, noch das Fähigkeitenkuddelmuddel für kesse oder spannende Aktionen nutzen.

Tiefpunkt von TinkerBell und die Piratenfee ist aber die Darstellung des Peter-Pan-Erzschurken Käpt'n Hook: Das Design ist völlig charakterlos und die Mimik beschämend unnuanciert. Im englischsprachigen Original kann Loki-Darsteller Tom Hiddleston wenigstens einen Hauch Kompensationsarbeit leisten und Hook eine spaßig-einschüchternde Note beigeben, die deutsche Synchronfassung indes versagt beim fiesen Kapitän völlig. Der von ihm und seiner Mannschaft angestimmte Song ist wiederum in jeglichen Sprachfassungen jenseits von Gut und Böse: Eine seelenlose Melodie, grausig-dumme Texte und schräger, keinen Seeräubercharme aufzeigender Gesang. Die gesungenen Lieder im TinkerBell-Franchise sind oftmals schwach, aber selten so mies wie hier.

Auch visuell reicht der Piratenfilm nicht an das vorhergegangene Wintermärchen heran. Zumindest partiell: Die Szenen auf hoher See und/oder im güldenen Abendlicht erhalten durch Überbeleuchtung und ein Übermaß an weichen Konturen einen sehr billigen, undetaillierten Charakter. Dafür wissen die Nachtszenen zu begeistern: Stimmiger Licht- und Schattenwurf und ein Gespür für aussagekräftige Kompositionen sorgen dafür, dass zwischen den Tag- und Nachtszenen ein Unterschied herrscht wie ... naja, Tag und Nacht halt. Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Figur der Zarina, die für eine Fee aus dieser DisneyToon-Studios-Reihe relativ facettenreich in ihrer Persönlichkeit, und das fesche Design sowohl ihrer Frisur als auch ihrer Kleidung hebt sie deutlich von ihren Feen-Kolleginnen ab.

Zusammen mit dem Knuffigkeitsbonus sämtlicher Szenen, in denen das Baby-Krokodil vorkommt, das eines Tages zu Hooks wandelndem Albtraum werden soll, sowie der für das junge Zielpublikum angemessen-aufregenden Kampfchoreographie im Finale rettet sich TinkerBell und die Piratenfee noch davor, hier eine klare See-Warnung, äh, Sehwarnung zu erhalten. Die anvisierten Zuschauer werden für etwas mehr als 70 Minuten auf solidem Niveau bespaßt, wenngleich nie sonderlich gefordert. Ältere Animations- und/oder Disney-Fans derweil müssen sich durch einen lahmen Mittelteil kämpfen, bekommen sonst aber akzeptablen Feenzauber geliefert. Faustregel: Wer die ersten TinkerBell-Filme nicht mochte, kann auch dieses Abenteuer ignorieren. Wer wenigstens mit ein paar Teilen dieser Reihe etwas anfangen kann, wird sich nicht langweilen und dann und wann auch schmunzeln.

Der nächste Teil der Reihe schlägt dann wieder qualitativ ganz andere Töne an ...

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