Als Ende 2003 das herausragende Finale
der Herr der Ringe-Trilogie in die Kinos kam,
bestand Grund zur Annahme, dass sich Fantasyfreunde für immer von
der filmischen Darstellung Mittelerdes verabschieden müssen. Selbst
nachdem sich sämtliche Rechtsstreitigkeiten aufklärten, die einer
Adaption des Tolkien-Romans Der Hobbit im Wege
standen, sah es vorerst bitter aus für das Prequel zur Ringe-Saga.
New Line Cinema versuchte zwischenzeitlich, Peter Jackson aus dem
Projekt raus zu halten, die an der Produktion beteiligten MGM Studios
bestanden dagegen auf sein Mitwirken. Schließlich erhielt Guillermo
del Toro den Auftrag, Regie zu führen, während Jackson als
ausführender Produzent und Ko-Autor angeheuert wurde. Die
finanziellen Probleme MGMs verzögerten die Vorproduktion aber in
enormen Maße, weshalb del Toro, der beim Filmdreh intensiven
Gebrauch praktischer Effekte machen wollte, letztlich ausstieg.
Bekanntlich war dies jedoch nicht das
Ende vom Lied. Peter Jackson willigte ein, doch den Regieposten zu
übernehmen, die Finanzen MGMs stabilisierten sich und im März 2011
fiel dann endlich die erste Klappe. Zu diesem Zeitpunkt war die
Verfilmung des kinderfreundlichen Tolkien-Klassikers noch als
Zweiteiler geplant, im Juli 2012 ließen Warner Bros., New Line
Cinema, MGM und Peter Jackson allerdings die Bombe platzen: Nach
eifriger Überlegung wolle man letzten Endes eine
Hobbit-Trilogie realisieren. Ein Entschluss, der
ebenso oft umjubelt wie beklagt wurde. Vor allem Part eins litt in
den Augen vieler Kritiker an Längen, Teil zwei dagegen kam bei der
schreibenden Zunft dank der geschilderten Charakterentwicklung und
sehr dynamischer Action wieder besser an. Die dritte und
abschließende Runde präsentiert sich wiederum als opulentes
Schlachtengemälde – aber als gebührender (erneuter) Abschied von
Mittelerde bleibt sie klar hinter ihren Möglichkeiten. Selbst wenn
es zügiger erzählt und daher nicht derart dröge ist wie Part eins,
kann dieses Finale nämlich die Probleme der restlichen
Hobbit-Filme nicht abschütteln.
Hin und wieder zurück
Es finden sich zudem neue Problemchen:
Anders als die bisherigen Herr der Ringe- und
Der Hobbit-Filme verzichtet dieses
Abschlusskapitel auf einen Prolog, der die Themen dieses Films
einführt und als atmosphärische Einstimmung dient. Stattdessen
wirft Peter Jackson den Zuschauer direkt ins Geschehen – und dieses
knüpft genau da an, wo Der Hobbit: Smaugs Einöde
endete. Der sinistre Drache Smaug kreist über Seestadt, die er mit
unbändiger Zerstörungslust in Brand setzt. Die ansässigen Menschen
versuchen zu fliehen, einzig und allein der Bogenschütze Bard (Luke
Evans) wagt einen Kampf gegen die Feuerechse. Die Attacke des
gigantischen Schuppenviehs auf das beschauliche Städtchen ist eine
effekttechnische Tour de Force, die nicht zuletzt dank des imposanten
Drachen zu erstaunen weiß. Cutter Jabez Olssen findet jedoch im
ersten Abschnitt dieses 144-minütigen Fantasyabenteuers keinen
flüssigen Rhythmus, der Drachenangriff holpert daher tösend vor
sich hin und funktioniert allein als stolzes Effektgewitter. Eine
runde Grundstimmung entsteht erst nach dem Kampf Bards gegen Smaug,
wenn kurzfristig die Dialoge und der Erzählfluss Oberhand gewinnen.
Während sich allmählich das magische
Mittelerde-Gefühl einstellt, lässt das Autoren-Quartett Peter
Jackson, Fran Walsh, Philippa Boyens und Guillermo del Toro die
letzten Puzzleteile zusammenfallen, um das Grundthema der Vorlage auf
der Leinwand abzubilden: Das rund 400-seitige Kinderbuch ist primär
eine vor Gier warnende Anti-Kriegsparabel, was auch Der
Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere nach seinem feurigen
Intro mittelfristig spürbar macht. Zwergenführer Thorin
Eichenschild (Richard Armitage) verfällt im zurückeroberten
Einsamen Berg der „Drachenkrankheit“, die ihn mit
Allmachtsfantasien erfüllt und Schätze über Menschlichkeit stellen
lässt. Davon besessen lässt er den Eingang zu Erebor
verbarrikadieren, so dass die Flüchtlinge aus der zerstörten
Seestadt vor den Toren verharren müssen. Diese pochen aber darauf,
dass Thorin sein einst gegebenes Wort hält und ihnen Zuflucht
gewährt sowie einen Anteil auf die in Erebor geborgenen Reichtümer
abgibt. Die Elben unter dem stoischen König Thranduil (Lee Pace)
schlagen sich auf die Seite der Menschen – nicht nur, da sie als
Erzfeinde der Zwerge jede Gelegenheit ergreifen, ihnen das Leben
schwer zu machen, sondern auch, weil sich im mächtigen Berg auch
Juwelen von hohem sentimentalen Wert befinden. Unterdessen macht der
abscheuliche Ork Azog (Manu Bennett) seine gigantischen Armeen gen
Erebor ziehen. Eine kolossale Schlacht steht bevor und der friedliche
Hobbit Bilbo (Martin Freeman) sucht verzweifelt nach einem Weg, sie
abzuwenden …
Kleine Helden, große
Emotionen?
Im Vergleich zu den beiden Vorläufern
ist das martialische Finale der Hobbit-Trilogie
ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kommt es dank der wuchtig in
Szene gesetzten Kämpfe trotz massig Füllmaterial kaum zu derartigen
Durchhängern wie in Eine unerwartete Reise,
andererseits präsentiert sich dieses Fantasy-Schlachtenepos
inhaltlich wie auch visuell einseitiger als Smaugs
Einöde. Bilbos Charakterwandlung wurde bereits im
mittleren Teil deutlich, ein Gros der Entwicklung Thorins liegt
ebenso bereits hinter uns, so dass für Die Schlacht der
fünf Heere allein der Schlussakkord übrigbleibt. Und auch
wenn Jacksons erstaunliches Händchen für mitreißende Scharmützel
ordentlich Kurzweil erlaubt, steckt somit weniger Substanz hinter
diesem Fantasy-Epos, als die Laufzeit rechtfertigen würde. Der
ursprünglich geplante Zweiteiler wäre höchstwahrscheinlich
pointierter geraten.
Größter Leidtragender der
gesteigerten Filmdauer ist Richard Armitrage als Thorin Eichenschild:
Schon in den ersten beiden Filmen ein wenig sympathischer
Zeitgenosse, wird aus dem arroganten Oberzwerg in Die
Schlacht der fünf Heere ein besessener Betonkopf ohne
jegliches Charisma. Dramatische Fallhöhe ist für diese Figur im
Trilogiefinale durch ihre wenig einnehmende Zeichnung in den
Vorläufern also nicht gegeben – wie soll man die Korruption eines
Charakters bedauern, der schon von Beginn an wenig erfreulich war?
Dass Thorins Wahn nunmehr in minutenlangen Monologen wiederholt
unterstrichen wird und Jackson Armitrage mit großen, bösen Augen
durch die Szenerie laufen lässt, grenzt dann an eine Farce. Weniger
ist manchmal halt mehr – so wie es von Jackson letzten Endes
umgesetzt wurde, ist Thorin nämlich kein tragisch-heroischer
Charakter, sondern nur nervtötend. Wesentlich besser ist die
Charakterisierung des bereits ergrauten, weisen Zwergs Balin (Ken
Scott) geraten, der sich im Laufe der Filme langsam zu einem
Vertrauten Bilbos entwickelte und in diesem Part Bedenken an Thorins
Führungsstil äußern darf. Scott verleiht seiner Figur mit
ausdrucksstarkem, aber nie überzeichneten Spiel Charakter und lässt
ihn so aus der sonst arg eintönig skizzierten Masse kleinwüchsiger
Bartträger herausstechen.
Auch Freeman verdient sich als junger
Bilbo Beutlin erneut großes Lob, selbst wenn er im finalen Kapitel
seiner Geschichte über lange Strecken zur Randfigur verkommt. Wenn
Freeman aber auftaucht, ist dies jedes Mal eine wahre Freude: Mit
Witz und Esprit belebt er jede seiner Szenen, gleichzeitig gelingt es
ihm, durch ein sich schleichend veränderndes Mienenspiel
aufzuzeigen, wie der Besitz des Einen Rings und die brutalen
Ereignisse seiner unerwarteten Reise grundlegende Auswirkungen auf
den Halbling haben. Wäre doch nur die Bilbo-Dosis durch das ganze
Getöse dieser aufgeblähten Erzählung nicht dermaßen verwässert …
Auf in den Kampf!
Das Herzstück dieses Epos ist aber,
wie der Untertitel verspricht, die in aller Ausführlichkeit erzählte
Schlacht um Erebor. Egal, ob sich der agile Legolas (Orlando Bloom)
alle Mühe gibt, seine faszinierenden Kampfchoreografien aus der
Herr der Ringe-Trilogie mit neuen stylischen
Kniffen zu übertreffen, oder ob Thorin Eichenschild in einem
abwechslungsreich gestalteten Zweikampf seine Kräfte mit dem
Anführer der Orks misst: Jackson versteht es, der Action dank
zahlreicher „Wow!“-Momente einen hohen Unterhaltungsfaktor zu
verleihen, ohne sie sie zu reinen Spaßnummern verkommen zu lassen.
Durch Eskalation und dramatische Wenden gewinnt das Kampfgetümmel
seine eigene, respektable Spannungskurve. Hinzu kommt, dass Jackson
und Kameramann Andrew Lesnie durch imposante Total- sowie
Großaufnahmen immer wieder die Imposanz (und Gefährlichkeit) des
Ganzen zur Geltung bringen. Selbst wenn die überbordende Quantität
der Schlachtszenen deutlich geringer ist als ihre inhaltliche
Relevanz.
Das 3D, wohl das stärkste der
Trilogie, tut sein übriges, und das detailverliebte, aufwändige
Produktionsdesign ist – von den Orks abgesehen - über fast jeden
Zweifel erhaben. Störend ist aber, wie schon in den ersten beiden
Filmen, dass Jackson vor allem in turbulenten Augenblicken zu sehr
auf Werkzeuge aus der Computertrickkiste zurückgreift, als dass das
Aufeinandertreffen der fünf Heere an die Grandeur der alten Herr
der Ringe-Filme heranreichen könnte. Wie zu erwarten war,
komponierte Howard Shore aber auch dieses Mal einen Gänsehaut-Score,
der atmosphärisch und fesselnd ist, so dass das fehlende
dramaturgische Gewicht der Pixelmassen teilweise aufgewogen wird.
Ob Der Hobbit: Die Schlacht
der fünf Heere, oder die Hobbit-Trilogie
generell, auch die Rückkehr weiterer Mittelerde-Veteranen wie Cate
Blanchett, Hugo Weaving und Christopher Lee gebraucht hätte, ist
hingegen fraglich. Denn obschon das Wiedersehen mit ihren ikonischen
Figuren ein klarer Service an große Fans der Original-Trilogie
darstellt, bereichert es die Prequel-Trilogie auf inhaltlicher Ebene
nahezu überhaupt nicht – womit sie letztlich sogar Ballast
darstellen. Schlussendlich besagen die Szenen rund um den Weißen
Rat, der ein Aufbegehren Saurons befürchtet, nämlich allein, dass
alle Erkenntnisse aus den Herr der Ringe-Filmen
ohne weiteren Kommentar Gültigkeit haben. Ohne einen
Erkenntnisgewinn dienen die Ratsszenen also nur dem Selbstzweck –
wenngleich sie in Der Hobbit: Die Schlacht der fünf
Heere dann und wann optisch interessant und mit launigen
Einfällen daherkommen.
Allen Ärgernissen zum Trotz: Sobald
Bilbo und Gandalf Abschied voneinander nehmen und sich die Erzählung
des kleinen Hobbits ihrem Ende nähert, fällt es schwer, nicht
wehmütig werden. Aber Trost ist ja gegeben: Orientiert man sich
nämlich an der inhaltlichen Chronologie, fängt das wahre Abenteuer
erst noch an. Und anders als der erste Teil dieser Trilogie, die
niemals eine Trilogie hätte werden dürfen, macht Der
Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere tatsächlich Lust
darauf, schnellstmöglich (wieder) staunend die Herr der
Ringe-Reihe zu begutachten.
Diese Kritik basiert auf meiner Quotenmeter.de-Kinobesprechung des Films
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