Seiten

Mittwoch, 24. September 2014

Roy Conli über "Baymax – Riesiges Robowabohu": "Ich musste während der Produktion nie zusammenzucken"


Über den deutschen Untertitel kann man ja streiten, aber eins muss man Baymax – Riesiges Robowabohu lassen: Die bisherigen Trailer versprechen einen richtig guten Film mit charmanten Figuren und tollem Witz. Und es scheint, als würde das fertige Werk halten, was die Vorschau verspricht. Ich hatte nämlich das ungeheure Glück, nicht nur Feast vorab zu sehen, sondern auch an einer Presse-Preview auf Disneys 54. Meisterwerk teilzunehmen. Im Rahmen der von Produzent Roy Conli moderierten Präsentation gab es allerhand Konzeptzeichnungen und Testanimationen zu sehen sowie Anekdoten über die Entwicklung des Films zu bestaunen. Darüber hinaus wurden mehrere Ausschnitte gezeigt – manche waren nur wenige Minuten lang, zwei längere Sequenzen sorgten jedoch dafür, dass wir uns ein umfassendes Bild des Films machen konnten.

Natürlich kann sich bis zur Beendigung der Produktion noch so manches ändern und selbstredend machen etwas mehr als 15 Filmminuten nicht das komplette Werk aus. Dennoch ließ mich dieser Ausblick sehr vorfreudig zurück und ich kann es nicht erwarten, den Rest zu sehen.

Im Rahmen der Präsentation gab Conli, der bereits Rapunzel und Der Schatzplanet produzierte, zahlreiche spannende Fakten über den Film zum Besten, von denen ich hier die wichtigsten, witzigsten und interessantesten mit euch teilen möchte:

  • Um Baymax zum süßesten Roboter der Filmgeschichte zu machen, testeten die Animatoren zahlreiche Bewegungsmuster aus, die sie der Figur verpassten. Drei Gehsimulationen kamen in die Endauswahl: Eine, die von Windeln tragenden Babys abgeguckt wurde. Eine, die auf Babys mit voller Windel basiert. Und eine, die sich an das Watscheln von Pinguinbabys anlehnt. Letztere wird im fertigen Film zu sehen sein.
  • In Zusammenarbeit mit einem Softwareentwicklungspartner wurde eine besondere Version von CityEngine erschaffen. Mit diesem Programm digitalisierten die Filmemacher die geographischen Details von San Francisco, um sie daraufhin zu manipulieren, um so eine neue Stadt zu erschaffen. Diese hat tiefere Täler und verwinkeltere Straßen, Anwohner von San Francisco werden dennoch sehr viele Ecken wiedererkennen. Bekanntlich bekam San Francisco zudem die Kultur und Architektur einer anderen wichtigen, einflussreichen Weltstadt übergestülpt ... "Paderborn!" Nein, Conli scherzte natürlich. Es ist selbstredend Tokyo.
  • Marvel erlaubte es den Walt Disney Animation Studios, sich vom Comic Big Hero 6 inspirieren zu lassen, aber auf Basis des Comics eine ganz eigene Idee zu entwickeln. In bester Disney-Tradition sei die Story der Kinoproduktion "weit, weit weg" von der Vorlage. Die Figuren sind multikultureller und die Handlung des Disney-Films wurde im Laufe von acht großen Screenings mit dem gesamten Team sowie Marvel-Repräsentanten feingeschliffen, wobei sie sich mal zu mal vom Storyarc der ersten Big Hero 6-Bände wegentwickelte.
  • Die Animatoren steckten so viele Disney-Easter-Eggs in Baymax – Riesiges Robowabohu, dass Conli und die Regisseure Don Hall & Chris Williams anordnen mussten, einige davon wieder zu entfernen, damit sie nicht von der Story ablenken. Unter anderem gibt es eine Referenz zu Lilo & Stitch sowie einen animierten Roy-Conli-Cameo. Ob sogar Stan Lee im Film vorkommt? "Kein Kommentar ..."
  • Für Disneyverhältnisse schritt die Produktion erstaunlich schnell voran. Von Ideenfindung bis Fertigstellung wird Baymax – Riesiges Robowabohu nur 3,5 Jahre in Anspruch genommen haben. Conlis Theorie, weshalb es so rasch voranging: "Die Künstler in den Disney-Studios waren sofort von Don Hall Idee begeistert und so kamen wir schnell in einen Arbeitsfluss".
  • Conli verehrt Pixars Die Unglaublichen, steuerte aber dagegen, dass Baymax – Riesiges Robowabohu tonal ähnliche Wege einschlägt. Er wollte, dass seine Produktion eine eigene Identität entwickelt.
  • Die Band Fall Out Boy schrieb für den Film einen Song namens Immortals, der in einer zentralen Szene zu hören sein wird.
  • Conli hat bei jedem Disney-Film, an dem er mitarbeitete, stets mindestens eine Szene oder eine Bildeinstellung, die ihn zusammenzucken lassen, weil er überhaupt nicht mit ihr zufrieden ist. Rapunzel dagegen hinterließ ihn völlig zufrieden, und nun folgt Baymax – Riesiges Robowabohu ebenfalls ohne solche Zusammenfahrmomente.
  • Die wissenschaftlichen Aspekte in Baymax – Riesiges Robowabohu sind allesamt weitergesponnene Ideen realer Technologien. Das Design und die ballonartige Konsistenz Baymax' etwa beruhen auf "Soft Robotics", also auf Robotern mit Silikonhülle, die entwickelt werden, um in der Krankenpflege verwendet werden zu können.
  • Honey Lemon, deren Ähnlichkeit zu Rapunzel auf einigen Promomaterialien viele Disney-Fans erzürnte, ist auf den Postern sehr mies getroffen. In Bewegung hat sie mit Rapunzel nur die Haar-, Augen- und Hautfarbe gemeinsam. Statur, Persönlichkeit, Mimik, Gestik, Gesichtszüge, all das ist völlig anders.
Das zentrale Thema von Baymax – Riesiges Robowabohu ist übrigens Trauerüberwältigung. Um diesen psychologischen Prozess realitätsnah abbilden zu können, holten die Regisseure, Autoren und Animatoren Hilfe von führenden Psychologen heran. Und dieses grundlegende Thema des Films sorgt auch, zumindest in den gezeigten Szenen, für viel Herzlichkeit, die sowohl die Figuren antreibt als auch die Handlung. Disney-Fans, die also ein seelenloses Superheldenspektakel befürchten, können nicht weiter die "Marvel macht Disney kaputt"-Schiene fahren, wenn sie über dieses Projekt meckern möchten. Baymax – Riesiges Robowabohu sieht bislang so aus, als atme er den klassischen, herzigen Disney-Geist, bloß dass dieser Film die Disney-Magie in eine Geschichte über Roboter und Nerds mit Sci-Fi-Erfindungen packt. Statt in eine Story über verwunschene Prinzen und Prinzessinnen, die mit Tieren reden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen