Freitag, 19. September 2014

Feast


Nach dem weltweiten Sensationserfolg Die Eiskönigin - Völlig unverfroren machen sich die Walt Disney Animation Studios derzeit mit Hochdruck bereit, die Filmwelt mit ihrem nächsten Animationskracher zu beglücken. Während sich Baymax - Riesiges Robowabohu derzeit in den letzten Zügen der Produktionsphase befindet, ist der ihn im Kino begleitende Kurzfilm Feast bereits fertiggestellt. Ich war so glücklich, ihn in einem Vorabscreening sehen zu dürfen und möchte euch selbstredend meine Meinung nicht vorenthalten.

Kurz zum Hintergrund: Feast ist eine Idee des Disney-Animators Patrick Osborne, der unter anderem an Rapunzel mitarbeitete und leitender Animator bei Paperman aka Im Flug erobert war. Im Laufe der Produktion von Baymax - Riesiges Robowabohu kam es zu einem Treffen mit John Lasseter, der weiterhin an der Initiative festhält, wieder mehr Disney-Kurzfilme zu produzieren. Während dieser Begegnung tauschten die beiden Hundeliebhaber Ideen aus, wobei sich eine als besonders filmreif erwies: Wie wäre es, einem Hund zu folgen, der über das Essen eine besondere Beziehung zu seinem Herrchen aufbaut - und wenn im Hintergrund dieser Geschichte eine Romanze zwischen dem Herrchen und einer Frau entwickelt?

Aus dieser Idee entstand Osbornes Regiedebüt, das dem Trend der Disney-Kurzfilme folgt, visuell ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Nachdem Get a Horse! altmodische Zeichnungen im Gummiband-Stil mit moderner 3D-Computeranimation vereinte, geht Feast einen ähnlichen Weg wie der Computeranimation und handgemachte Skizzen zu einem faszinierenden Gesamtkunstwerk vereinende Paperboy. Denn Feast bringt endlich den eindrucksvollen Stil von Konzeptzeichnungen zum Laufen. Obiges Bild ist keine dieser tollen Farbstudien, die mit ihren großen Flächen und expressiven Kolorierungen Animationsliebhaber gerne zum Staunen bringen, sondern ein Bild aus dem fertigen Film. Dieser hat die Dimensionalität und visuelle Kontinuität von Computeranimation, aber dennoch dieses Erfrischende, Lebhafte eines gezeichneten Bildes.

Die von Nicole Mitchell und Raymond S. Persi ausgearbeitete Story des fertigen Films hält sich genau an die Grundidee, die Osborne zusammen mit Lasseter ausheckte: Der gesamte Sechsminüter wird aus dem Blickwinkel (nicht aus der Egoperspektive!) des Boston Terriers Winston erzählt. Dieser lernt sein Herrchen kennen, als es ihn mit Fast Food aus einer Gasse herauslockt. Von diesem Moment an erzählt Feast von der Freundschaft zwischen Mensch und Hund, indem der Kurzfilm kurze Häppchen aus verschiedenen Lebensabschnitten der Beiden zeigt. Zunächst führt Winston ein Leben in Saus und Braus: Nachos, Pizza, Fleischbällchen und so weiter. Dann aber lernt Winstons Herrchen eine Frau kennen, für die er sein hemmungsloses Junggesellenleben aufgibt. Für Winston bedeutet dies weniger Schnellfraß und wieder mehr Hundefutter ...

Feast hat zwar vereinzelte längere Sequenzen, doch der Löwenanteil besteht aus kurzen Sequenzen, die rasant aufeinanderfolgen und oft sehr originell ineinander übergehen – woraus ein weiterer bildästhetischer Reiz dieses Kurzfilms besteht. Doch es ist auch die simple Story des ohne Dialog arbeitenden Cartoons, die begeistert: Dank Winston und seiner energischen Art ist Feast lustig, die Verschränkung der Beziehung Mann/Hund und Herrchen/Frauchen ist aber auch sehr herzlich.

Feast ist aufgrund der schnellen Bildfolgen (und selbstredend wegen der lebhaften Farben) dynamischer als Paperboy, letzteren fand ich dafür einen Hauch romantischer. Dies soll Feast aber nicht abwerten: Er ist meiner Ansicht nach viel besser als Get a Horse!, der sich im Mittelteil sehr zieht und daher gern hätte kürzer sein dürfen, und die letzten paar Pixar-Kurzfilme, die einfach nicht so originell sind wie Feast.

Kurzum: Eine flotte, effektive Erzählweise und ein toller, atypischer Look machen Feast zu einem sehenswerten Disney-Cartoon, bei dem ich es nicht erwarten kann, ihn im Vorprogramm Baymax - Riesiges Robowabohu wieder sehen zu dürfen.

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