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Dienstag, 12. August 2014
O Captain! My Captain!
Als ich in der Nacht vom Montag, dem 11. August 2014, auf den heutigen Dienstag die Eilmeldung las, Robin Williams sei gestorben, habe ich diese Worte erst gar nicht fassen können. Ein Teil meines Gehirns redete mir erfolgreich ein, dass diese Aneinanderreihung von Buchstaben keinen Sinn ergebe. Als ich dann aber den ersten Nachruf las und eben jene Worte direkt unter einem Bild des von mir seit Kindheitstagen geliebten Schauspielers sah, brach die Illusion zusammen, das alles sei einfach nicht wahr.
Dass ich auch Stunden später immer und immer wieder an ihn und sein Werk denken muss, ist ein Testament seines ungeheuerlichen Talents. Auch wenn er vier reguläre Golden Globes sowie einen Ehren-Globe für sein Lebenswerk erhielt und obendrein bei seiner vierten Academy-Award-Nominierung endlich seinen lang verdienten Oscar gewann, so sehe ich in ihm noch immer einen unterschätzten Mimen. Mit seiner Beteiligung wurden Filme zwar aggressiv beworben, zum Teil sogar gegen seinen Willen, trotzdem wehte beim Klang seines Namens nie die ehrfürchtige Aura eines begnadeten Meister seines Fachs mit. Oder das glänzende Appeal eines laut umjubelten Superstars.
Vielleicht liegt es daran, dass Robin Williams dank vieler seiner Rollen eine familiäre Ausstrahlung hatte. Als lebensfroher, schlagfertiger Dschinni im Disney-Zeichentrickklassiker Aladdin wurde zum unvergleichlichen Weggefährten, für den selbst die größten magischen Tricks nur einen kleinen Freundschaftsdienst darstellen. Dank Der Club der toten Dichter wird er für immer als der frei denkende, einfühlsame Lehrer in Erinnerung bleiben, den sich jeder von uns wünscht. In Good Will Hunting zeigte er sich als der verletzliche Mentor, der die Stärken seines Schützlings herauszukitzeln weiß. Und dank Komödien wie Jumanji, Mrs. Doubtfire oder Flubber sorgte er für Lacher, die im Kindesalter ebenso zünden wie im Erwachsenenalter.
Doch Williams war mehr als nur der liebenswerte Komiker. Er war auch ein echter Wirbelwind, wie seine Liveauftritte zeigten. Oder leider auch seine Drogeneskapaden. Lange Zeit war Williams ein regelrechtes Partytier, das mit John Belushi um die Häuser zog oder mit einigen Cast- und Crewmitgliedern am Set des Disney-Musicals Popeye nach eigenen Aussagen "bis zum Gehtnichtmehr gekokst" hat. 1986 schwor Williams den Drogen ab und war 20 Jahre lang clean, 2006 kam es zu einem kurzen Rückfall. Im Juli dieses Jahres wollte er einem weiteren Rücksturz vorbeugen und ließ sich prophylaktisch in eine Therapieklinik einweisen.
Dies sind aber nicht die Dinge, die mit ihm für ewig in Verbindung stehen sollten. Oder werden. Denn noch stärker als Williams überdrehte Seite hallt seine tragikomische Ader nach. Ob in Good Morning, Vietnam, König der Fischer, Hinter dem Horizont, Der 200 Jahre Mann oder zahlreichen anderen Filmen: Williams war scheinbar mühelos dazu fähig, nach alter Showmanship-Regel für jeden Lacher auch eine Träne hervorzurufen. Selbst in turbulenten Familienkomödien wie Flubber war er dazu imstande, neben all dem Slapstick auch herzliche Momente in sein Schauspiel einzuarbeiten.
Williams' finsterste Seite kam dagegen leider nur selten auf dem Zelluloid zur Geltung, obwohl er in entsprechenden Rollen so begnadet war. In den Thrillern Insomnia und One Hour Photo war er erschreckend beklemmend und in der Mediensatire Tötet Smoochy betonte er ebenso wie in The World's Greatest Dad die rabenschwarzen Aspekte seines Humors. Eines war aber nahezu allen seiner Darbietungen gemein: Egal wie gut oder schwach ein Film insgesamt war, in beinahe jedem Fall machte Williams ihn besser, drückte ihm seinen Stempel auf und stellte sich trotzdem zugleich voll und ganz in die Dienste des Gesamtwerks.
Oftmals zeigten seine Figuren zudem die Einsamkeit hinter einer fröhlichen Maske. Auf der Leinwand ging es für Williams' Schöpfungen zum Glück zumeist gut aus. Im wahren Leben dagegen gewann leider die Finsternis im Inneren der Frohnatur. Der 63-Jährige verlor den Kampf gegen seine Depressionen und nahm sich laut Polizeibericht sein Leben.
Es ist ein bitteres, tragisches Ende für das Leben eines Mannes, der Millionen von Menschen frohe Stunden bereitete und der auch nach seinem Ableben dank seiner unsterblichen Figuren noch unzählige Menschen unterhalten wird. Aber es bringt nichts, nur an seinen frühen Tod zu denken. Was bleibt, ist Williams' Schaffen. Und dafür: Danke, Sean. Danke, Adrian. Und vor allem: Danke, Dschinni. Und natürlich: Danke, oh Captain, mein Captain!
Ein schöner Nachruf.
AntwortenLöschenLG
Schluchz... :(
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