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Samstag, 23. August 2014

James Bond 007 – Goldeneye


GoldenEye ist ein Wendepunkt in der Geschichte der James Bond-Filmreihe. Nicht nur aus dem offensichtlichen Grund, dass es der erste 007-Einsatz mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle ist. Es ist auch das erste Mal seit geraumer Zeit, dass mit Martin Campbell jemand die Regiepflichten übernahm, der zuvor komplett außerhalb des James Bond-Franchises stand. Und obendrein beendete GoldenEye eine sechsjährige Dürreperiode ohne Bond-Film, die bis dato längste Wartezeit zwischen zwei Kinoproduktionen über den berühmtesten Geheimagenten der Welt. Vor allem aber beendete GoldenEye den wirtschaftlichen Abwärtstrend der Filmsaga und markierte außerdem ihren Einstand in eine neue Welt ohne Bonds langjährigen Lieblingsgegner – den Ostblock.

Der erste Bond-Film des Neuseeländers Campbell ist aber nicht bloß ein wichtiger Teil der 007-Reihe, sondern auch ein sehr populärer. Auch wenn die zeitgenössische Kritik durchwachsen ausfiel, kommt GoldenEye rückblickend bei den meisten Bond-Retrospektiven sehr gut weg und holt sich meistens einen Platz in den Top Ten aller offiziellen Eon-Produktionen. Ich jedoch würde mich eher dem ursprünglichen Konsens anschließen als der nunmehr vorherrschenden Meinung.

Mit Pierce Brosnan hat dies wohlgemerkt wenig zu tun. Auch wenn oft verallgemeinert wird, dass Dalton-Freunde Brosnan nicht mögen und umgekehrt, finde ich den Iren in seinem Debüt sehr überzeugend. Der frühere Remington Steele-Hauptdarsteller, der nach Daltons endgültiger Entscheidung im April 1994, nicht zurückkehren zu wollen, nach nicht einmal zwei Monaten als neuer Bond feststand, macht früh im Film seine Interpretation der Rolle klar. Brosnans Bond ist in gewisser Weise die jungenhaftere Antwort auf Moores Bond: Er liebt anzügliche Wortspiele, er genießt sich in seinem Job und er vereint ein Gentleman-Auftreten mit einem altmodischen Chauvinismus, dem man ihm jedoch nur schwer übel nehmen kann. Brosnan ist aber, wenig überraschend, agiler, sportlicher und fescher als Moore, der sich als welterfahrener Brite gibt.

Die Abgrenzung zu Brosnans Vorgänger geht noch weiter: Noch vor der Titelsequenz gibt Brosnan mehr sitzende, spaßige Oneliner ab als Dalton in der gesamten Laufzeit von Lizenz zum Töten. Und mit einer jegliche physikalischen, geographischen und logischen Gesetzen trotzenden Flucht vor einer ganzen sowjetischen Armee wischen Brosnan sowie Campbell auch sämtlichen Geschmack des Realismus hinfort, der von Daltons Ära vielleicht noch übrig blieb. Aber so unsinnig die erste Actionsequenz in GoldenEye ist, genauso viel Spaß macht es, sie zu bestaunen: Campbells Inszenierungsstil ist temporeich, aber stets um Übersichtlichkeit bemüht. Die Sequenz eskaliert durchgehend mit comichafter Plausibilität und endet in einer guten Kombination aus Stunt- und Effektarbeit. All dieses Lob lässt sich, mit variabler Intensität, auch für die nachfolgenden Actionsequenzen wiederholen. Actionhöhepunkt von GoldenEye dürfte eine irrsinnige Panzerverfolgungsjagd sein, während das Finale in meinen Augen nicht so dramatisch ist, wie es gern wäre, aber noch immer unterhält.

Dass ich GoldenEye dennoch eher mäßig finde, liegt an der Story. In klassischer Bond-Manier ist diese nur das Bindeelement, das die Action, Bonds Flirtereien und Sprüche zusammenhält. Aber der Wettkampf zwischen dem MI6 und der russischen Untergrundorganisation Janus um ein Satellitenwaffensystem wird von den Autoren Michael France, Jeffrey Caine und  Bruce Feirstein zumindest meiner Ansicht nach lust- und ziellos runtergeschrieben. Die Einführung der neuen Elemente ist gelungen, anders als Jahre später beim Daniel-Craig-Reboot versacken diese aber ins Nirgendwo. Die neue Miss Moneypenny (Samantha Bond) und auch M (Judi Dench) greifen Bond aufgrund seiner antiquierten Weltsicht an, was eingangs für sehr amüsante Momente in der MI6-Zentrale sorgt. Aber sie zahlen sich nie aus, genauso, wie auch die in den ersten Filmminuten unterschwellig etablierte Thematik "Was ist Bond ohne den Kalten Krieg wert?" einfach vergessen wird. Allein dies ist in meinen Augen sehr enttäuschend, doch ich könnte darüber hinwegsehen, wäre der Alibiplot spannend. Stattdessen sind die storyorientierten Passagen schleppend erzählt. Sean Bean gibt zudem eine seiner lahmeren Performances, während Famke Janssen als Xenia Onatopp versucht, eine 90er-Version von Grace Jones' burschikos-aggressiv-sportlicher May Day abzuliefern, stattdessen aber mit ihrem angestrengten Overacting einfach nur nervt. Bondgirl Izabella Scorupco wiederum hinterlässt keinerlei bleibenden Eindruck.

Des Weiteren hat GoldenEye einen der miesesten Scores in der Bond-Geschichte. Éric Serras Kompositionen sind bisslos, austauschbar und wenn sie mal an Kräftigkeit zulegen, verlieren sie sich in Elektroarrangements, die schon 1995 wie altbackene Rückgriffe auf die frühen 90er gewirkt haben dürften. Dafür ist der von Bono und The Edge geschriebene Titelsong eine wahre Wucht. Tina Turners rauchig-voluminöse Stimme erweckt klassisches Bond-Feeling, verankert das Lied aber mit einer rockigen Beinote in der neuen Blockbusterära. Auch die Vorspannsequenz, gestaltet von Daniel Kleinman, gehört zu meinen Favoriten des Franchises: Die archetypischen Frauensilhouetten demolieren überdimensionale Symbole des Kommunismus und erzählen somit in stark stilisierter Form, was in der Welt der Geheimdienste zwischen Daltons letztem und Brosnans erstem Film geschah.

Hätten wir aber nur GoldenEye, so würde ich mir wünschen, dass die Ladys wieder alles aufbauen. Denn Daltons zwei 007-Streifen liegen in meiner Gunst Meilen über Brosnans Einstand.

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