In der Nacht vom Sonntag, dem 12. Januar, auf Montag, den 13. Januar, ist es wieder so weit: Kino und Fernsehen teilen sich eine Bühne, vor versammelter, prominenter und angetrunkener Mannschaft feiern sich die Vertreter dieser Unterhaltungsmedien selbst. Die Hollywood Foreign Press lädt zur Verleihung der 71. Golden Globe Awards, und Filmliebhaber aus der ganzen Welt blicken gebannt auf diesen nicht all zu verlässlichen, dafür aber äußerst unterhaltsamen Oscar-Indikator.
Ich halte die Globes für schwerer einzuschätzen als die Academy Awards, was den Spaß an einer Prognose jedoch nicht mildert. Hier sind sämtliche Film-Kategorien und meine Gedanken, welche Nominierten sich durchsetzen könnten:
Bester Film (Drama)
- 12 Years a Slave
- Captain Phillips
- Gravity
- Philomena
- Rush
Der klare Favorit auf den Oscar ist (zumindest nun, ehe die Filmgewerkschaften ihre Sieger gekürt haben) 12 Years a Slave. Und es kommt durchaus vor, dass sich der Globe-Drama-Sieger und der Oscar-Gewinner decken. Aber bei den Globes können finanzieller Erfolg oder die glanzvollere technische Leistung durchaus auch dem späteren Sieger der Academy Awards übertrumpfen. Avatar siegte gegen The Hurt Locker, Aviator gegen Million Dollar Baby, Der Soldat James Ryan gegen Shakespeare in Love. Gravity und 12 Years a Slave sind beides große Kritikerlieblinge, doch Cuarons Weltallthriller bekommt laute Lobeshymnen, während McQueens Sklavendrama mehr Komplimente bekommt, die mit feiner Feder geschrieben wurden. Gravity ist ein Meilenstein des Filmemachens, 12 Years a Slave eine Glanzleistung des dramatischen Erzählens. Ich tippe daher eher auf Gravity denn auf 12 Years a Slave.
Bester Film (Musical oder Komödie)
- American Hustle
- Her
- Inside Llewyn Davis
- Nebraska
- The Wolf of Wall Street
Jede Produktion hat sehr gute Kritiker und namenhafte Verantwortliche auf ihrer Seite, doch American Hustle passt als glitzernde, glamourhafte Ganovenposse sehr gut ins Globe-Schema, während Her und Nebraska eher zu Indie-Awards passen. Somit tippe ich auf den neuen Film von David O. Russell, wenn es aber der Wolf oder Inside machen, wäre ich nicht erstaunt.
Bester Hauptdarsteller (Drama)
Bester Hauptdarsteller (Drama)
- Chiwetel Ejiofor (12 Years a Slave)
- Idris Elba (Mandela)
- Tom Hanks (Captain Phillips)
- Matthew McConaughey (Dallas Buyers Club)
- Robert Redford (All Is Lost)
Anders als in der Drama-Filmkategorie glaube ich hier voll und ganz an den Oscar-Frontrunner Chiwetel Ejiofor. Schärfste Konkurrenz findet er im toll agierenden, namenhaften Tom Hanks, der den erfolgreichen Thriller Captain Phillips so spannend macht.
Beste Hauptdarstellerin (Drama)
- Cate Blanchett (Blue Jasmine)
- Sandra Bullock (Gravity)
- Judi Dench (Philomena)
- Emma Thompson (Saving Mr. Banks)
- Kate Winslate (Labour Day)
Es gibt in meinen Augen keinen Grund, gegen die beste weibliche Performance des Jahres zu tippen. Das Gold geht an Cate Blanchett!
Bester Hauptdarsteller (Comedy/Musical)
- Christian Bale (American Hustle)
- Bruce Dern (Nebraska)
- Leonardo DiCaprio (The Wolf of Wall Street)
- Oscar Isaac (Inside Llewyn Davis)
- Joaquin Phoenix (Her)
Auch wenn Kritiker Christian Bale in American Hustle durchaus mochten, kam nie ein wirklicher Hype um seine Performance auf. Anders als bei den vier weiteren Nominierten. Her ist aber, noch vor seinem breiten US-Start, noch immer zu sehr Geheimtipp und Bruce Derns Performance in Nebraska nicht extravagant genug. Es entscheidet sich also zwischen DiCaprio und Isaac. Eine weit reichende, viele Emotionen umfassende, eindrucksvolle Darstellung gegen eine mit leisen Facetten gespickte, nachhallende und besonnene Darbietung. Selbst wenn eine laute Minderheit gegen The Wolf of Wall Street wettert: Die Coen-Brüder spielen selten eine große Rolle bei den Globes, eher wird DiCaprio wie schon damals für Aviator gewinnen.
Beste Hauptdarstellerin (Comedy/Musical)
- Amy Adams (American Hustle)
- Julie Delpy (Before Midnight)
- Greta Gerwig (Frances Ha)
- Julia Louis-Dreyfus (Genug gesagt)
- Meryl Streep (Im August in Osage County)
Die Hollywood Foreign Press liebt Amy Adams (dies ist ihre fünfte Nominierung) und hat sich auch einen kleinen Narren an American Hustle gefressen (man beachte die zahlreichen Nominierungen). Was läge näher, als diesen beiden Schwächen zugleich nachzugeben? Zumal die anderen Nominierten in kleineren, weniger präsenten Filmen vorkamen? Eine Auszeichnung Delphys wäre zwar lobenswert, aber sie scheint mir mehr wie eine Mitleidsnominierung für die Before-Trilogie zu sein. Hätte es auch für eine Film-Nominierung gereicht, sähe meine Prognose anders aus, aber so tippe ich auf Adams ...
Bester Nebendarsteller
Bester Nebendarsteller
- Barkhad Abdi (Captain Phillips)
- Daniel Brühl (Rush)
- Bradley Cooper (American Hustle)
- Michael Fassbender (12 Years a Slave)
- Jared Leto (Dallas Buyers Club)
Das dürfte ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Brühl und Leto werden. Leto wird seit langer Zeit laut als Favorit gefeiert, andererseits wird Brühl derzeit wieder stärker in den Fokus gerückt. Und er hätte es auch vollauf verdient. Trotzdem ist Letos ungewöhnliche Rolle sehr einprägsam, und wenn Matthew McConaughey schon leer ausgeht, so sollte wenigstens Leto gewinnen ... Also tippe ich knapp mehr auf den Sänger!
Beste Nebendarstellerin
- Sally Hawkins (Blue Jasmine)
- Jennifer Lawrence (American Hustle)
- Lupita Nyong'o (12 Years a Slave)
- Julia Roberts (Im August in Osage County)
- June Squibb (Nebraska)
Der Buzz brummt vor allem für Lawrence und Lupita Nyong'o, während bei Julia Roberts schon die Nominierung als kleiner Sieg gefeiert wird, während Hawkins und Squibb stark sind, aber nicht gerade nach einem Preisregen rufen (selbst wenn es mich für Hawkins durchaus freuen würde). Da Lawrence vergangenes Jahr gewann, setze ich auf Lupita Nyong'o.
Beste Regie
- Alfonso Cuaron (Gravity)
- Paul Greengrass (Captain Phillips)
- Steve McQueen (12 Years a Slave)
- Alexander Payne (Nebraska)
- David O' Russell (American Hustle)
Üblicherweise sollte einer der beiden Film-Globe-Gewinner auch hier obsiegen. Basierend auf meinen Drama- und Comedy/Musical-Nominierungen entscheidet sich also zwischen Gravity und American Hustle, womit Cuaron der klare Sieger sein sollte. Bedenkt man, welch technisches Wunderwerk der Film darstellt, wäre es keine große Überraschung.
Bestes Drehbuch
- Spike Jonze (Her)
- Bob Nelson (Nebraska)
- Jeff Pope Steve (Philomena)
- John Ridley (12 Years a Slave)
- David O. Russell (American Hustle)
Von der Story her müsste es Her oder 12 Years a Slave werden, aber der Hype deutet auf das flott erzählte, spaßig-runde American Hustle. Gut, glauben wir das Mal!
Bester fremdsprachiger Film
- Blau ist eine warme Farbe (Frankreich)
- The Great Beauty (Italien)
- Die Jagd (Dänemark)
- The Past (Iran)
- The Wind Rises (Japan)
Die ersten drei Nominierten haben allesamt großartige Kritiken und zahlreiche Auszeichnungen aufzuweisen. Wird es nun der Cannes-Gewinner Blau, der weltweite Kritikerliebling Die Jagd oder doch Italiens zahlreiche europäische Preise abräumender Kandidat? Ich gebe dem etwas lauter gehypten Blau einen minimalen Vorsprung.
Bester Animationsfilm
- Die Croods
- Ich - Einfach unverbesserlich 2
- Die Eiskönigin
Das wird natürlich Ich - Einfach unverbesserlich 2!
Nein, Quatsch. Der Globe geht an Disney!
Bester Song
- Atlas (Catching Fire)
- Let It Go (Die Eiskönigin)
- Ordinary Love (Mandela)
- Please Mr. Kennedy (Inside Llewyn Davis)
- Sweeter Than Fiction (One Chance)
Nochmal Disney. Das Lied hat einfach zu viele Fans und ist zu imposant, als dass ich gegen den Song wetten würde.
Beste Filmmusik
- All Is Lost
- Mandela
- Gravity
- Die Bücherdiebin
- 12 Years a Slave
Eine hart umkämpfte Gruppe. Ich denke, am Ende wird es sich zwischen Gravity und 12 Years a Slave entscheiden, zwischen emotional und packend. In der Vergangenheit tendierte der Globe eher zu großen, packenden und eingängigen Scores, statt zu ruhig-emotionaler Ware. Somit hat Hans Zimmer dieses Mal leicht das Nachsehen. Ich tippe auf die elektrisierende Musik aus Gravity.
Wir lesen uns nach der Globe-Nacht wieder!
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