Ich habe es schon mehrfach erwähnt und ich bringe es gern erneut zur Sprache: Ich liebe diese Kategorie! Bloß liebe ich sie zu sehr, als dass ich mich ohne Magenschmerzen auf nur fünf Kandidaten beschränken könnte. Am liebsten hätte ich sieben Nominierte für den Kamera-Oscar. Etwas ähnliches geschah nun bei dem Gewerkschaftspreis der American Society of Cinematographers, wo es aufgrund von Stimmengleichheit zu einem Feld von sieben statt der gewohnten fünf Nominierungen kam.
Diese sieben sind:
- 12 Years a Slave – Sean Bobbit
- Captain Phillips – Barry Ackroyd
- The Grandmaster – Philippe Le Sourd
- Gravity – Emmanuel Lubezki
- Inside Llewyn Davis – Bruno Delbonnel
- Nebraska – Phedon Papamichael
- Prisoners – Roger Deakins
Allein schon aus diesen sieben ließe sich ein fantastisches Feld für die Oscars basteln, weshalb es nahezu unnötig wäre, nach weiteren potentiellen Academy-Award-Anwärtern zu suchen. Dennoch seien die traumhafte Arbeit von Hoyte van Hoytema in Her, Anthony Dod Mantles formidable Kinematografie in Rush sowie Simon Duggats 3D-Prunk Der große Gatsby erwähnt, die alle drei ebenfalls würdige Nominierte wären.
Trotzdem ist es naheliegend, dass aus dem sieben Filme umfassenden ASC-Feld ein fünf Nennungen starkes Oscar-Feld entsteht. Doch welche Werke sind hier die Stärksten oder die Schwächsten?
Mein Gefühl ist, dass The Grandmaster bei den Größen des US-Filmhandwerks einen Nerv getroffen haben muss, denn wieso sonst sollte dieser Film aus China und Hong Kong in der näheren Auswahl für einen Oscar in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" sowie für die ASC-Awards sein? Zudem ist Philippe Le Sourd einer der am meisten gelobten Aspekte dieses Martial-Arts-Erfolgs, der visuell sehr viel mit Licht, Schatten, Trockenheit und Regen spielt. Wie schon Tiger and Dragon, Das weiße Band oder auch Die zauberhafte Welt der Amélie bewiesen, sind nicht-englischsprachige Filme, deren visuelle Kraft sich erst einmal bis zur ASC umgesprochen haben, sichere Oscar-Nominierte. Daher sollte dieser Titel ein guter Tipp sein.
Gravity halte ich auch für nahezu garantiert. Lubezki ist einer der großen Meister, die derzeit tätig sind, und ist daher generell ein bemerkenswerter Kandidat, zudem liebt die Academy gelungenes 3D und Filme mit toll choreographierten Long-Shot-Aufnahmen. Genauso würde ich es nicht wagen, gegen Roger Deakins zu setzen, der in Prisoners einmal mehr die malerische, deprimierende Qualität des Herbsts mit minimaler Beleuchtung einfing und dieses Kriminaldrama mit visuellen Metaphern bestückte.
Bruno Delbonnel halte ich ebenfalls für einen der stärkeren ASC-Nominierten. Als Ersatz für Coen-Dauerkollaborateur Roger Deakins, der bei Inside Llewyn Davis aussetzen musste, weil er noch mit der Arbeit an Skyfall beschäftigt war, stand der Franzose unter genauer Beobachtung sämtlicher Filmliebhaber. Und: Er bestand mit Bravour! Das tragikomische Musikantenstück sieht aus wie ein sich bewegendes, ausgebleichtes Farbfoto aus den frühen 60ern, zudem stützen die karge Farbpalette und einige denkwürdige Bilder wie die Bände sprechende Katzenreflektion die Stimmung und Aussage des Films.
Drei Filme, nur noch eine mögliche Nominierung. Ich erachte Captain Phillips hier als das schwächste Glied in der Kette, denn auch wenn die dokumentarisch wirkende Handkamera dem Film viel von seiner Intensität verleiht, so gibt es keine meisterhaften Einzelbilder wie in den restlichen ASC-Nominierten, zudem ist der präzise Schnitt ein noch stärkerer Spannungsträger in diesem Film. Außerdem scheint die Academy langsam den Wackelkamera-Stil aus den Augen verloren zu haben, wenn es um diese Kategorie geht. Zwischen Nebraska und 12 Years a Slave mag ich mich dagegen kaum entscheiden, da enthüllendes Schwarz-Weiß und eine große, dramatische Bilderwelt gleichermaßen gerne in dieser Kategorie nominiert werden. Ich gebe einfach 12 Years a Slave einen kleinen Bonus, da er allein schon im Trailer visuell zu berücken weiß und als der lauter umjubelte Film auch generell ein größeres "Kampfgewicht" mitbringt.
Somit lautet meine Prognose:
- 12 Years a Slave – Sean Bobbit
- The Grandmaster – Philippe Le Sourd
- Gravity – Emmanuel Lubezki
- Inside Llewyn Davis – Bruno Delbonnel
- Prisoners – Roger Deakins
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