Montag, 11. November 2013
Jackass presents: Bad Grandpa
Jackass presents: Bad Grandpa hat drei gravierende Probleme.
Erstens: Dieser im Stile der Sacha-Baron-Cohen Gagfeuerwerke Borat und Brüno gehaltene Mix aus fiktionaler Rahmengeschichte und teils abgeschmackt-vulgären, teils hintersinnig-satirischen Versteckte-Kamera-Streichen läuft unter dem Markennamen Jackass, obwohl Johnny Knoxville und einige seiner angestammten Crew-Mitglieder hier in eine durchaus andere humoristische Kerbe einschlagen als in der berüchtigten MTV-Serie und deren drei Ausflügen ins Kino. War Jackass eine juvenil-chaotische Angelegenheit, in der sich Schock-, Schmerz- und Ekelmomente mit reinem Irrsinn mischten, und mit der ich nicht im Geringsten etwas anfangen konnte, ist Jackass presents: Bad Grandpa in seinen schwächsten Momenten ein aufwändigeres Comedystreet und in seinen besten Sequenzen dank der obskuren Beobachtungen auf die US-Gesellschaft, die sich hier ermöglichen, ein sehr gutes Trostpflaster während der Wartezeit auf die nächste "Doku-Comedy-Satire" der Güteklasse Borat. Allerdings dürfte der Jackass-Markenname so manchen Kinogänger, der daran Gefallen finden könnte, aufgrund der Erinnerungen an frühere Machwerke mit diesem Titel abschrecken. Zumindest mir wäre es fast so gegangen.
Zweitens: Weil dieser Film als Teil des Jackass-Franchises vermarktet wird (durchaus zu Recht, da viele der Kreativen zurückkehren und auch die Titelfigur Fans der Jackass-Reihe bekannt sein dürfte), gaukelt er dem Liebhabern dieser Humormarke vor, ähnlich gestrickt zu sein. Trotz der klaren Positionierung als Ableger weckt dieser Film also eine gewisse Erwartungshaltung, die er gar nicht erfüllen möchte. Und so kann er nicht nur Leute abschrecken, sondern genauso auch enttäuschen. Hier werden keine Eier ausgekotzt, um sie dann zu einem Omelett zu verarbeiten. Hier lässt sich niemand von wilden Tieren angreifen, zu keinem Zeitpunkt werden Knallkörper in Körperöffnungen gesteckt. Bad Grandpa ist ein vergleichsweise harmloses Werk und dürfte manche Jackass-Fans daher langweilen. Auch hier kann ich aus Erfahrung sprechen: In meiner Kinovorführung wurde herzlich über die raren Pimmelwitze gelacht. Davon abgesehen herrschte fürstliche Langweile bei meinen Mit-Kinoinsassen. Und ich sah den Film vor nahezu ausverkauften Haus!
Drittens: Die mit Abstand beste Sequenz ist bereits aus Trailern und TV-Spots bekannt. Daher wartet das Publikum im Kinosaal vergeblich auf einen ihm unbekannten, frischen Höhepunkt.
Allerdings: All dieses Klagen ist nur bis zu einem gewissen Punkt relevant. Ja, ich fürchte, dass es Bad Grandpa etwas schwerer hat, das richtige Publikum zu finden, als man auf dem ersten Punkt glauben möchte. Und die große Überraschung bleibt dank der Trailer auch aus. Doch die saftige Abrechnung der Filmemacher mit dem widerlichen System der Kinder-Schönheitsewettbewerbe bleibt auch bei mehrmaligem Anschauen Gold wert und ist eine der bissigsten, zugleich coolsten Sequenzen, die Hollywood dieses Jahr zustande brachte. Und abseits dieses Highlights bietet Jackass presents: Bad Grandpa naiv-juvenile Streiche, gemixt mit überraschender, herrlich herber Vorführung der westlichen Gesellschaft.
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