Mit
Moonraker ging das James
Bond-Franchise einen Schritt in die richtige und eineinhalb
bis zwei Schritte in die falsche Richtung. Statt des ursprünglich geplanten For Your Eyes Only (bzw. In tödlicher Mission) wurde von den Produzenten nach dem massiven Kinoerfolg von Star Wars und Die unheimliche Begegnung der dritten Art rasch ein James Bond-Weltallabenteuer in Auftrag gegeben, um auf der Sci-Fi-Erfolgswelle mitschwimmen zu können. Tom Mankiewicz, Drehbuchautor einiger der vorhergegangenen Bond-Filme, verfasste ein Treatment zu Moonraker, erbat sich aber, nicht im Abspann genannt zu werden, da er eine eigenständige, 007-lose Karriere anstrebte. Mankiewicz' Skript wurde jedoch eh nur als grober Bauplan für den Film genutzt, den Christopher Wood weit ausschmückte. Regisseur Lewis Gilbert nahm ebenfalls Einfluss auf den Inhalt von Moonraker und kämpfte beispielsweise für die Rückkehr von Jaws aka Beißer sowie dessen humoristischen Nebenplot, den er in Reaktion auf Fanpost jüngerer Bond-Fans einbaute.
Und so entstand ein Bond-Film, der einige Stärken seines Vorgängers ausbaute, sich zugleich aber lachhaft bemüht an den Sci-Fi-Trend klemmt und nicht so recht weiß, ob er nun Kindern oder Erwachsenen ihren Eskapismus bieten möchte. Das Ergebnis ist ein interessanter, doch auch sehr kurioser Agententrip rund um die Welt und hinaus ins All:
Nachdem unbekannte Schurken den Raumgleiter "Moonraker" entwendet haben, beauftragt M seinen Spitzenagenten James Bond (der derzeit von Beißer - aka Jaws - verfolgt wird) damit, den Produktionsweg des Space Shuttles zurückzuverfolgen und etwaige, verdächtige Vorkommnisse aufzuklären. So will der MI-6 dem Verbrechen auf den Grund kommen. Kaum betritt Bond die vom snobistischen Hugo Drax (Michael Lonsdale) geleitete Produktionsfirma des Raumgefährts, verfällt er der unterkühlten Wissenschaftlerin Dr. Holly Goodhead (Louis Chiles), darüber hinaus tappt er in eine Falle von Drax' dubioser rechten Hand Chang (Toshiro Suga). Bond kann jedoch entkommen und findet eine Spur, die ihn nach Venedig führt, wo er allerdings ein weiteres Mal ins Visier seiner Widersacher gerät. Dessen ungeachtet bringt 007 in Erfahrung, dass in Venedig für Drax ein Gas hergestellt wird, dessen Bestimmungsort sich in Rio de Janeiro befindet. Dort nimmt ihn erneut der kaum bezwingbare Beißer in die Zange, doch dessen Angriff ist nur ein müder Vorgeschmack auf das, was Bond bald darauf erwartet: Drax heckt nämlich einen diabolischen Plan aus, der eine Reise ins All umfasst und das Schicksal der Menschheit radikal verändern könnte. Also ist es an Bond und Goodhead, mit Verstand, ruhiger Zielhand und Laserwaffen für den Erhalt der Weltordnung zu kämpfen ...
Moonraker eröffnet überaus beeindruckend: Auf der einen Seite legen Roger Moore und das ihn umgebende Ensemble sowie auch die Inszenierung durch Lewis Gilbert mit einer frivolen Doppeldeutigkeitenparade los. Diese ist komödiantisch überzogen, weiß sich allerdings selber einzuordnen und kommt längst nicht so chauvinistisch wie etwa in Diamantenfieber rüber, da der Tonfall weniger notgeil und Bonds Eroberungen bewerbend ausfällt. Stattdessen wird viel mit pointierten Umschnitten und augenzwinkernden Dialogen gespielt. Gilbert und Moore zeigen, dass sie sich dessen bewusst sind, wie albern Bonds Wirkung auf Frauen nunmehr erscheinen müsste, und scherzen daher leichtfüßig über diesen Aspekt der Doppelnull. Ohne aber in Selbstparodie abzugleiten - zumindest hinsichtlich des Frauenelements. An anderen Stellen dagegen misslingt der Balanceakt, wie sich zum Abschluss der Prolog-Sequenz andeutet. Nach einem sensationellen, aufwändigen und atemberaubenden Fallschirmstunt, der den zu Beginn von Der Spion, der mich liebte vielleicht sogar in den Schatten stellt, leitet ein dämlicher Zirkusgag in den Vorspann über. Dieser Vorspann ist gelungen wie eh und je, stellt eine ideenreiche Fortführung des Stils des Vorgängers dar und ist somit ein Grundpfeiler dessen, was als der typische Bond-Vorspann ins kollektive Gedächtnis drängen sollte. Auch der Titelsong, der letzte von Shirley Bassey gesungene, gefällt mit seiner ruhigen, aber melodischen und eingängigen Notenführung. Nach dem Vorspann wird Moonraker dann aber zu einer ständigen Berg-und-Tal-Fahrt.
Richtig stark ist etwa Bonds Abstecher in Drax' Raketenzentrum, wo er eine Zentrifuge betritt, die vom Handlanger Chang auf ein nahezu tödliches Tempo beschleunigt wird. Durch die raschen Schnitte, Moores überzeugend panisches Gesicht und die bedrängende Soundarbeit ist dies einer der wenigen Momente in Moores Bond-Ära, in denen der Superagent wirklich in der Klemme steckt und verzweifelt, ja, hilflos erscheint. Es ist eine spannungsreiche Sequenz, die sofort unterwandert wird, indem Chang seinen misslungenen Anschlag auf Bond mit einem betrübten Hundeaugenblick kommentiert. Überhaupt sind solche cartoonigen Einschläge, also sämtliche komödiantischen Elemente abseits von Bonds Einzeilern und sämtlichen Doppeldeutigkeiten, in Moonraker viel zu überdreht und zudem mies getimed. Da sie obendrein in hoher Schlagzahl vorkommen, demontieren sie regelmäßig die Spannung und das Popcorn-Agentenflair, so dass dieser Streifen zwischenzeitlich wie ein mies geschriebener Austin Powers-Teil wirkt. Qualitativer Tiefpunkt sind alle Szenen mit dem Beißer, im Vorgängerfilm noch ein Highlight, nachdem dieser in Rio seine winzigkleine, blonde, Zöpfchen und Nickelbrille tragende Liebe namens Dolly trifft. Allein schon das wie aus einem Looney Tunes entsprungene Kennenlernen der beiden Figuren ist ein gewaltiger Fremdkörper zwischen zwei vergnüglichen, gut inszenierten Agentenabenteuer-Sequenzen, und wie Lewis Gilbert in einer Anbiederung ans Kinderpublikum (für das Bond eigentlich nicht gedacht sein sollte) Beißer danach weiter demontiert, ist fast schon ein Trauerspiel.
Ein weiterer "Was zur Hölle haben die sich nur dabei gedacht?"-Moment ist das Ende der Bootsverfolgung in Venedig, die mit albernen Umschnitten auf umstehende Menschen und Vögel (!) gewürzt wird, die sich ob Bonds Luftkissenbootgondel wundern. Dafür ist Drax ein gelungener Schurke mit staubtrockenem Humor und einschüchternder Ausstrahlung, auch die langsame Enthüllung seines abscheulichen Plans ist gut umgesetzt. Visuell beeindruckt zudem Drax' Raumstation. Für die imposanten Setbauten hätte es gern eine Oscar-Nominierung geben dürfen, zusätzlich zur redlich verdienten Effekt-Nominierung für die noch heute überzeugenden Schwerelosigkeitstricks und auch die starken Lasereffekte, die sich optisch gut in den Film einfügen. Inhaltlich dagegen weniger: Bond ins All zu schicken, um einen Despoten mit absurdem Plan aufzuhalten? In Ordnung. Kunterbunte Laserschießereien und ein mies von Star Wars kopiertes Finale? Das ist dann einfach zu viel, erst recht für einen Bond-Film, der vorher zwar in Sachen Komik cartoonig ist, seine Action aber zunächst noch ernst nimmt (zumindest so ernst, wie man es von einem Moore-Bond erwarten kann). Dass etwa ein atmosphärisch ausgeleuchteter Faustkampf in einem Uhrturm und ein "Bond macht auf Star Wars"-Finale die selbe Filmrolle teilen, ist ein Testament für die Schizophrenie dieses Bond-Films. Gewiss, viele Blockbuster beinhalten ernste und alberne Actionszenen, doch Lewis Gilbert orchestriert diese Gegensätze zu einer erschütternden Kakophonie statt zu einer berauschenden Symphonie.
Moonraker war seinerzeit der mit Abstand erfolgreichste Bond aller Zeiten. Bombast, Sci-Fi-Fieber und der Qualität des Vorgängers (und der so gesteigerten Vorfreude) sei es gedankt. Der Zahn der Zeit nagte aber intensiv an diesem Film und bescherte ihm das umgekehrte Schicksal zum einst verachteten, nun gefeierten Im Geheimdienst Ihrer Majestät: Für viele Bond-Fans ist dieses Weltraumabenteuer der schlechteste Teil der Reihe. So weit würde ich nicht gehen, denn Moonraker ist zwar saudämlich, aber wenigstens kurzweilig und harmlos, was etwa über den ärgerlichen Diamantenfieber und den anstrengenden zweiten Craig-Bond nicht gesagt werden kann. Nach dem Lehrbuch gehört Moonraker zweifelsohne weit nach unten im Bond-Ranking. Nach Sehspaß geordnet stellt er für mich dank Moores Spiel, dem Tempo und einem Gros der Actionszenen aber einen Bond der Kategorie "Ich will nicht, dass ich mich unterhalten fühle, tu es aber, allen verzweifelten Aufschreien und dem steten Köpfschütteln zum Trotz" dar.
Nachdem unbekannte Schurken den Raumgleiter "Moonraker" entwendet haben, beauftragt M seinen Spitzenagenten James Bond (der derzeit von Beißer - aka Jaws - verfolgt wird) damit, den Produktionsweg des Space Shuttles zurückzuverfolgen und etwaige, verdächtige Vorkommnisse aufzuklären. So will der MI-6 dem Verbrechen auf den Grund kommen. Kaum betritt Bond die vom snobistischen Hugo Drax (Michael Lonsdale) geleitete Produktionsfirma des Raumgefährts, verfällt er der unterkühlten Wissenschaftlerin Dr. Holly Goodhead (Louis Chiles), darüber hinaus tappt er in eine Falle von Drax' dubioser rechten Hand Chang (Toshiro Suga). Bond kann jedoch entkommen und findet eine Spur, die ihn nach Venedig führt, wo er allerdings ein weiteres Mal ins Visier seiner Widersacher gerät. Dessen ungeachtet bringt 007 in Erfahrung, dass in Venedig für Drax ein Gas hergestellt wird, dessen Bestimmungsort sich in Rio de Janeiro befindet. Dort nimmt ihn erneut der kaum bezwingbare Beißer in die Zange, doch dessen Angriff ist nur ein müder Vorgeschmack auf das, was Bond bald darauf erwartet: Drax heckt nämlich einen diabolischen Plan aus, der eine Reise ins All umfasst und das Schicksal der Menschheit radikal verändern könnte. Also ist es an Bond und Goodhead, mit Verstand, ruhiger Zielhand und Laserwaffen für den Erhalt der Weltordnung zu kämpfen ...
Moonraker eröffnet überaus beeindruckend: Auf der einen Seite legen Roger Moore und das ihn umgebende Ensemble sowie auch die Inszenierung durch Lewis Gilbert mit einer frivolen Doppeldeutigkeitenparade los. Diese ist komödiantisch überzogen, weiß sich allerdings selber einzuordnen und kommt längst nicht so chauvinistisch wie etwa in Diamantenfieber rüber, da der Tonfall weniger notgeil und Bonds Eroberungen bewerbend ausfällt. Stattdessen wird viel mit pointierten Umschnitten und augenzwinkernden Dialogen gespielt. Gilbert und Moore zeigen, dass sie sich dessen bewusst sind, wie albern Bonds Wirkung auf Frauen nunmehr erscheinen müsste, und scherzen daher leichtfüßig über diesen Aspekt der Doppelnull. Ohne aber in Selbstparodie abzugleiten - zumindest hinsichtlich des Frauenelements. An anderen Stellen dagegen misslingt der Balanceakt, wie sich zum Abschluss der Prolog-Sequenz andeutet. Nach einem sensationellen, aufwändigen und atemberaubenden Fallschirmstunt, der den zu Beginn von Der Spion, der mich liebte vielleicht sogar in den Schatten stellt, leitet ein dämlicher Zirkusgag in den Vorspann über. Dieser Vorspann ist gelungen wie eh und je, stellt eine ideenreiche Fortführung des Stils des Vorgängers dar und ist somit ein Grundpfeiler dessen, was als der typische Bond-Vorspann ins kollektive Gedächtnis drängen sollte. Auch der Titelsong, der letzte von Shirley Bassey gesungene, gefällt mit seiner ruhigen, aber melodischen und eingängigen Notenführung. Nach dem Vorspann wird Moonraker dann aber zu einer ständigen Berg-und-Tal-Fahrt.
Richtig stark ist etwa Bonds Abstecher in Drax' Raketenzentrum, wo er eine Zentrifuge betritt, die vom Handlanger Chang auf ein nahezu tödliches Tempo beschleunigt wird. Durch die raschen Schnitte, Moores überzeugend panisches Gesicht und die bedrängende Soundarbeit ist dies einer der wenigen Momente in Moores Bond-Ära, in denen der Superagent wirklich in der Klemme steckt und verzweifelt, ja, hilflos erscheint. Es ist eine spannungsreiche Sequenz, die sofort unterwandert wird, indem Chang seinen misslungenen Anschlag auf Bond mit einem betrübten Hundeaugenblick kommentiert. Überhaupt sind solche cartoonigen Einschläge, also sämtliche komödiantischen Elemente abseits von Bonds Einzeilern und sämtlichen Doppeldeutigkeiten, in Moonraker viel zu überdreht und zudem mies getimed. Da sie obendrein in hoher Schlagzahl vorkommen, demontieren sie regelmäßig die Spannung und das Popcorn-Agentenflair, so dass dieser Streifen zwischenzeitlich wie ein mies geschriebener Austin Powers-Teil wirkt. Qualitativer Tiefpunkt sind alle Szenen mit dem Beißer, im Vorgängerfilm noch ein Highlight, nachdem dieser in Rio seine winzigkleine, blonde, Zöpfchen und Nickelbrille tragende Liebe namens Dolly trifft. Allein schon das wie aus einem Looney Tunes entsprungene Kennenlernen der beiden Figuren ist ein gewaltiger Fremdkörper zwischen zwei vergnüglichen, gut inszenierten Agentenabenteuer-Sequenzen, und wie Lewis Gilbert in einer Anbiederung ans Kinderpublikum (für das Bond eigentlich nicht gedacht sein sollte) Beißer danach weiter demontiert, ist fast schon ein Trauerspiel.
Ein weiterer "Was zur Hölle haben die sich nur dabei gedacht?"-Moment ist das Ende der Bootsverfolgung in Venedig, die mit albernen Umschnitten auf umstehende Menschen und Vögel (!) gewürzt wird, die sich ob Bonds Luftkissenbootgondel wundern. Dafür ist Drax ein gelungener Schurke mit staubtrockenem Humor und einschüchternder Ausstrahlung, auch die langsame Enthüllung seines abscheulichen Plans ist gut umgesetzt. Visuell beeindruckt zudem Drax' Raumstation. Für die imposanten Setbauten hätte es gern eine Oscar-Nominierung geben dürfen, zusätzlich zur redlich verdienten Effekt-Nominierung für die noch heute überzeugenden Schwerelosigkeitstricks und auch die starken Lasereffekte, die sich optisch gut in den Film einfügen. Inhaltlich dagegen weniger: Bond ins All zu schicken, um einen Despoten mit absurdem Plan aufzuhalten? In Ordnung. Kunterbunte Laserschießereien und ein mies von Star Wars kopiertes Finale? Das ist dann einfach zu viel, erst recht für einen Bond-Film, der vorher zwar in Sachen Komik cartoonig ist, seine Action aber zunächst noch ernst nimmt (zumindest so ernst, wie man es von einem Moore-Bond erwarten kann). Dass etwa ein atmosphärisch ausgeleuchteter Faustkampf in einem Uhrturm und ein "Bond macht auf Star Wars"-Finale die selbe Filmrolle teilen, ist ein Testament für die Schizophrenie dieses Bond-Films. Gewiss, viele Blockbuster beinhalten ernste und alberne Actionszenen, doch Lewis Gilbert orchestriert diese Gegensätze zu einer erschütternden Kakophonie statt zu einer berauschenden Symphonie.
Moonraker war seinerzeit der mit Abstand erfolgreichste Bond aller Zeiten. Bombast, Sci-Fi-Fieber und der Qualität des Vorgängers (und der so gesteigerten Vorfreude) sei es gedankt. Der Zahn der Zeit nagte aber intensiv an diesem Film und bescherte ihm das umgekehrte Schicksal zum einst verachteten, nun gefeierten Im Geheimdienst Ihrer Majestät: Für viele Bond-Fans ist dieses Weltraumabenteuer der schlechteste Teil der Reihe. So weit würde ich nicht gehen, denn Moonraker ist zwar saudämlich, aber wenigstens kurzweilig und harmlos, was etwa über den ärgerlichen Diamantenfieber und den anstrengenden zweiten Craig-Bond nicht gesagt werden kann. Nach dem Lehrbuch gehört Moonraker zweifelsohne weit nach unten im Bond-Ranking. Nach Sehspaß geordnet stellt er für mich dank Moores Spiel, dem Tempo und einem Gros der Actionszenen aber einen Bond der Kategorie "Ich will nicht, dass ich mich unterhalten fühle, tu es aber, allen verzweifelten Aufschreien und dem steten Köpfschütteln zum Trotz" dar.
1 Kommentare:
Dolly trägt zu keiner Zeit im Film eine Zahnspange.
Kommentar veröffentlichen