Wir erinnern uns nur an folgende Szene: Die Crew der Black Pearl plündert sich durch Port Royal und die zwei nicht sonderlich gepflegten Gesellen Pintel und Ragetti entführen Elizabeth, um so ihr verfluchtes Medaillon an sich zu reißen. An Bord des schwarzen Piratenschiffes verhandelt sie mit dem schaurigen Käpt'n Barbossa, der sich sein Interesse am Goldstück nicht anmerken lassen will. Elizabeth wittert jedoch die Lunte und droht damit, das Kleinod im Hafen zu versenken. Barbossa und seine Mannen geben sich kühl und Barbossa erwidert gelangweilt, dass seine Kammern zum Bersten voll seien. Auf dieses Teil könne er verzichten.
Elizabeth lässt sich das Spielchen nicht länger gefallen und lässt provokativ die Halskette aus ihren Fingern gleiten, hält sie nur noch an den letzen Gliedern fest. Die gesamte Mannschaft der Black Pearl eilt verschreckt nach vorne ... und BUMM ...
Keira Knightley gibt hier einen wirklich wundervollen "Oh, na wenn das so ist ... Tja, ich habe euch wohl erwischt, ihr bösen Flunkerer!"-Blick. Doch was dieser Einstellung die Krone aufsetzt ist die im Hintergrund aufflammende Kanonensalve. Sie gibt dem dunklen Bild nicht bloß in der letzten Sekunde einen neuen Impuls und verändert so den visuellen Eindruck, sondern sie unterstreicht perfekt, was in Elizabeth vorgeht. Ja, Gore Verbinski nutzt hier tatsächlich auf etwas subtilere und realistischere Weise den guten, alten und cartoonigen "Da geht jemandem ein Licht auf"-Gag!
Es ist ein Beweis für die absurde Detailliebe des Oscar-Preisträgers, denn dies ist keine simple, in der Post-Produktion geregelte Bildmanipulation. Am Set wurde eine Miniexplosion ausgelöst, um Leben in den Bildhintergrund zu bringen und Keira Knightleys Mienenspiel zu unterstützen. Und es ist nur einer von vielen Momenten, in denen Verbinski über das Notwendige hinausgeht. Diese Szene käme bei vielen Regisseuren auch gut ohne Explosion aus. Bloß wäre das Ergebnis nicht ganz so charming.
Wer mehr von Verbinskis Detailvernarrtheit und inszenatorischem Ideenreichtum sehen möchte, sollte sich ab dem 8. August ins Kino schwingen, um das Westernspektakel Lone Ranger zu sehen. Die US-Kritiken sind zwar lachhaft schlecht, allerdings muss der Film irgendwas beinhalten, was den Amis nicht schmeckt und wir Europäer nicht bemerken. Es ist sozusagen das Gegenteil von Root Beer. Wie Jerry Bruckheimer neulich feststellte, fiel in Europa der Kritikerkonsens zu Lone Ranger konträr zu den US-Kritiken aus: "Man sehnt sich ja immer nach guten Kritiken, [die wir hier leider nicht bekamen], aber man muss wissen, dass es sich in Europa umgekehrt verhielt. Dort sind 70 Prozent der Kritiken gut und 30 Prozent verhalten. Naja, sowas passiert ..."
Wer Bruckheimer aufgrund seiner Beteiligung am Film nicht glaubt und mir unterstellt, Verbinski, Depp, Bruckheimer und Disney gegenüber völlig voreingenommen positiv zu urteilen, darf sich gerne bei Moviejones, Gamona, Programmkino.de, Roger Ebert.com, OutNow.ch, San Francisco Bay Guardian, dem ZDFkultur-Magazin Close Up, der Cinema, der australischen Empire, Empire UK sowie Forbes und der Filmbewertungsstelle Wiesbaden rumtreiben. Und mit leichten Abstrichen gibt es auch bei der Deadline, bei Film-Dienst, beim epd, Critic.de, beim Film Feuilleton und Press Play Lob für den Film.
Und kommende Woche gebe dann ich meinen Senf dazu!
1 Kommentare:
Clever gemacht!
Und ein wunderschöner Aaha-Moment in Keiras Gesicht...
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