Seiten
▼
Sonntag, 23. Juni 2013
Die Synchronkritik zu "Die Monster Uni"
In den vergangenen Jahren verloren Disneys und Pixars Animationsfilm-Synchronfassungen mehr und mehr von ihrem einst überragenden Charakter. Es gab Zeiten, da fand ich die deutschen Fassungen gerne auch mal dem Original überlegen. Doch so manche fragwürdige Besetzungsidee sowie Texte von schwankender Qualität sorgten dafür, dass neue Disney-Synchros zumindest von mir nicht mehr blind den großen Stempel des Vertrauens erhalten.
Filmisch gesehen ist Die Monster Uni in meinen Augen ein klarer Aufstieg gegenüber den herben Pixar-Enttäuschungen der vergangenen zwei Jahre. Die fesche Studentenkomödie braucht zwar ihre Zeit, bis sie sich wie ein echter Pixar-Geniestreich anfühlt, auf dem Weg dorthin ist sie aber durchgehend kurzweilig und besticht mit tollen, fantasievollen Monster-Campus-Hintergründen und einem charakterstarken Figurendesign. Es ist zwar der dritte Teil von Pixars neuer Blödelphase, doch zugleich der erste mich zufriedenstellende Eintrag in diese verworrene Post-Toy Story 3-Ära. Umso wichtiger ist eine gelungene Lokalisierung, so dass auch dem üblichen Familienpublikum, Synchronfreunden und Kinogängern ohne Option, die Originalversion zu begutachten, ein vergnüglicher Kinobesuch ermöglicht wird. Erfreulicherweise ist die Eindeutschung auch weitestgehend gelungen, auch wenn es ein paar kleine Ärgernisse gibt, die für mich als Pixar-Fan den Gesamteindruck etwas drücken.
Um mit dem Highlight anzufangen: Ilja Richter, sowieso einer meiner liebsten Synchronsprecher, ist einfach göttlich drauf und gibt den jüngeren, vitaleren Mike Glotzkowski mit unbändigem Esprit und perfekt sitzendem Witz. Die ruhigeren Momente erfüllt Richter ebenfalls mit Seele und macht es schwer, sich nicht um das kleine, kugelige Monster zu kümmern. Auch Reinhard Brock trifft die richtigen Töne und man kann kaum glauben, dass es mehr als ein Jahrzehnt her ist, dass er Sully erstmals sprach. Anders als Richter ist Brock stimmlich schon spürbar gealtert, allerdings nutzt Brock die neue Rauheit ins seiner Stimme, um die studentische Arroganz und aufgesetzte Coolness Sullys zu vermitteln. Dadurch ist es glaubwürdig, dass der ältere Sully im 2002 in Deutschland veröffentlichten Die Monster AG sanfter spricht. Natürlich liegt es daran, dass Brock damals jünger war, doch werkimmanent lässt es sich problemlos argumentieren, dass es nur darin ergründet ist, dass Sully einfach nur ein sanfteres, lieberes Gemüt wurde als zu Uni-Zeiten.
Ein weiterer Rückkehrer aus Die Monster AG hingegen wurde nicht kontinuitätsgerecht besetzt: Das Chamäleonmonster Randall, im Original erneut von Steve Buscemi gesprochen, erhält in der deutschen Version von Die Monster Uni weder seinen kongenialen deutschen Erstsprecher Martin Semmelrogge, noch dessen verflixt ähnlich klingenden Sohn Dustin. Stattdessen wird Randall von einem schüchternen Tim Sander gesprochen, was einstiegs zur Persönlichkeit der Figur passt, doch stimmlich besteht leider keinerlei Nähe zum gewohnten Klang dieses Schuppenviehs.
Sander liefert allerdings wenigstens eine gute Performance ab, während gleich zu Beginn des Films ausgerechnet das Monster, das Mike Glotzkowski dazu inspiriert, ein Schrecker zu werden, eine der miesesten Synchronleistungen der Disney-Geschichte spendiert bekommt. Torwart-Star Manuel Neuer bringt seine zwei, drei Sätze völlig verkrampft, ohne jede Sprechdynamik und kurzatmig daher, so dass man sich kurz in eine Amateursynchro versetzt fühlt.
Glücklicherweise sind die restlichen Promibesetzungen talentierter: Axel Stein kommt zu sehr witzigem Ergebnis von dem liebenswerten, knubbeligen Monster Squishy und Elyas M'Barek chargiert mit großer Spielfreude auf dem undurchschaubaren, netten, verpeilten Zottelmonster Art.
Die Synchrontexte sind makellos. An besondere Geniestreiche kann ich mich nicht erinnern, ebenso wenig sind mir irgendwelche Schnitzer aufgefallen. "Adäquat" ist da wohl das treffende Wort.
Siehe auch:
Ich fand den Unijargon ganz gelungen lokalisiert. Das amerikanische College-System hat ja durchaus einen Haufen Spezialausdrücke, die sich mit dem deutschen System nicht decken. Trotzdem habe ich mich über Wörter wie "Ersti" für "Freshman" gefreut. Das klang echt.
AntwortenLöschenGrößter Schnitzer finde ich die Übertragung von "Oozma Kappa" als "Omega Kreischma". Das Omega kann man ja eindeutig bei "Rho Omega Rho" sehen - und es ist ein anderer Buchstabe. Überhaupt: Man weiß, wie ein Omega aussieht, nicht wie ein O. Korrekt wäre "Omicron Kreischma" gewesen, da sieht der große Buchstabe aus wie ein O. Ich frage mich, ob das im Buch vielleicht auch stand, und dann verändert wurde, weil es so ein Zungenbrecher ist bzw. irgendjemand der Meinung war, dass Omicron als Buchstabe zu unbekannt ist.
Sehr schön geschrieben und könnte ich auch größtenteils so unterschreiben.
AntwortenLöschenAllerdings gab es einen Zitatfehler:
In der Trainingsszene wurde "Scary feet" mit "Schreckerfüße" übersetzt und nicht mit "Zehenspitzen", wie es in "Die Monster AG" der Fall war.