Donnerstag, 18. Oktober 2012
Agent Ranjid rettet die Welt
Deutsche Fernsehkomiker zieht es über kurz oder lang in die Welt des Kinos, das scheint sowas wie ein ungeschriebenes Mediengesetz zu sein. Ob Dieter Hallervorden, Otto Waalkes, Michael "Bully" Herbig, Atze Schröder, Ausbilder Schmidt (auch wenn das mit dem bundesweiten Kinorelease nicht ganz hinhaute) oder nun Kaya Yanar, sie alle nehmen, was ihre TV-Persona ausmacht(e), wandelten einige ihrer beliebtesten Gags ab und spinnten um sie herum eine mal mehr, mal weniger frische Alibistory. Gemein haben sie alle, dass sie auf der großen Leinwand, ganz gleich wie kreativ, konventionell, wortgewandt oder albern ihre Standup-Komik sein mag, auf erbarmungslose Blödelei setz(t)en. Was die Kinoausflüge der televisionären Ulknudeln unterscheidet, ist deren Qualität. Während Bully zumindest mit Der Schuh des Manitu und (T)Raumschiff Surprise erfrischendes Schwachsinnskino zelebrierte, wilderten Atze Schröder und Ausbilder Schmidt mit ihren Filmen dank miesem Timing, grausigen Darbietungen und trägen Drehbüchern, sowie lahmer Inszenierungen, auf unterstem Komödienniveau.
Pünktlich zum Kinostart des neuen James Bond-Films Skyfall mottet also Kaya Yanar, in den vergangenen Jahren viel häufiger als er selbst auf Stand-Up-Bühnen anzutreffen, seine Was guckst du?-Figuren aus, um eine knallige Agentenpersiflage zu veranstalten. Ein billiger, ideenloser Cash-in eines Komikers, dessen Stellung, die er vor fünf bis zehn Jahren innehatte, jetzt von Bülent Ceylan besetzt wird? Oder doch eine kurzweilige, sinnbefreite Komödie?
Nach den ultraflachen und schnell ausgelutschten Trailern durfte ich überrascht feststellen, dass Agent Ranjid rettet die Welt eher in die zweite Kategorie gehört. Stilistisch und in Sachen Anspruch erhält man natürlich exakt das, was man erwartet, eine lose zusammengehaltene Aneinanderreihung von Slapstick-Gags, lockeren Sprüchen, Blödeleien und abgewandelten, teils aktualisierten Sketcheinlagen mit Kaya Yanars Was guckst du?-Figureninventar. Also eine Johnny English-mäßige Agentenparodie, gemischt mit gesellschaftskritikarmer, leichtgängiger Ethno-Comedy. Qualitativ erhält der geneigte Zuschauer (und geneigt muss der Zuschauer definitiv sein, wer Kaya Yanars Humor nicht mag, wird sich durch die nicht einmal 90 Minuten mühevoll quälen) allerdings einen spritzigen Kinospaß, der so manche Tücken hat, aber dennoch gut unterhält. Dem Feuilleton wird Agent Ranjid rettet die Welt größtenteils auf die Dönerfladen gehen, dazu ist der Film zu aktuell, Kaya Yanar zu sehr als TV-Komiker abgestempelt (noch dazu als einer, der "auf dem RTL" zu sehen ist). Dabei ist sein Film nicht niveauärmer als eine der guten, alten Zucker-Abrahams-Zucker-Komödien. Selbstredend, an Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug oder Hot Shots 2 kommt Agent Ranjid nicht ran, Scary Movie 4 dagegen lässt er weit hinter sich, ich würde ihn sogar fast in der selben Liga wie Hot Shots 1 vermuten.
Dass Kaya Yanar ein ebenso hohler, wie komischer Kinofilm gelang, während viele seiner Komikerkollegen furios auf die Nase fielen, liegt zu weiten Teilen an einem ganz einfachen Umstand: Er kann spielen. Ich halte Yanar nicht für den geborenen Dramatiker, aber im Gegensatz zu Ausbilder Schmidt oder Atze Schröder, die sich auf ihre einseitigen Gagcharaktere spezialisierten, haucht Kaya Yanar seinen Karikaturen ethnischer Stereotypen Leben ein. Sie bleiben zweidimensionale Wesen, mehr sollen sie im Rahmen dieser Blödelkomödie nicht sein, allerdings haben sie somit auch etwas Kontur, sie sind keine wandelnden Punchlines. Yanar kann mit den meisten seiner Kunstfiguren mehrere Witze über eine Handvoll Klischees reißen und zwischendurch auch die Alibihandlung (Ranjid braucht Geld, um seine geliebte Kuh operieren lassen zu können, und rutscht so in die Beförderung zum "Süperagenten" des türk-deutschen Geheimdienstes) tragen. Gut, der Sirtakimann kann bloß einen Gag abfeuern, doch den lässt Yanar klugerweise bloß einen Cameo absolvieren. So simpel dies klingt, sowas unterscheidet eine kurzweilige Blödelkomödie voller TV-Kunstkomikerfiguren von 7 Zwerge 2 oder den schon erwähnten Negativbeispielen.
Die Inszenierung befindet sich auf TV-Niveau, Regisseur Michael Karen (Erkan & Stefan in: Der Tod kommt krass) ist kein "Bully", was die Agentenaction hinter den Möglichkeiten zurückhält, auch komödiantisch. Denn wie Bully (oder die Monty Python-Truppe) weiß, so müssen auch dümmste Gags geerdet werden, nur wenn man den Schlamm und die Scheiße in Die Ritter der Kokosnuss förmlich spürt, ziehen Gags über den Unterschied zwischen dreckigen Bürgerlichen und sauberen Adeligen. Da Agent Ranjid von manchen detailvollen Sets wie dem Geheimquartier des turk-deutschen Geheimdienstes abgesehen, in einer recht blassen Kulisse den Weltenretter spielt, zündet der Actionslapstick nur bei den besten Punchlines, während etwa ein "Bully" Herbig auch die Wegstrecke zur Pointe amüsant gestaltet.
Dafür stimmt die Besetzung: Yanar hat seine Rollen noch immer drauf (und nach ein paar Jahren Was guckst du?-Pause haben sie wieder hie und da was neues zu sagen), Rutger Hauer macht als oberschurkischer Holländer jeden Spaß mit, Birte Glang dürfte als hauteng bekleidete Agentin Viagra dem männlichen Publikum geben, was es will, die Randdarsteller besitzen Timing, statt hölzern in der Gegend rumzustehen. Tja, und die Mischung aus Ethno-Comedy und kalkuliertem Agenten-Schwachfug sorgt dafür, dass das Publikum nicht die ewiggleichen Gags ad nauseam um die Ohren gepfeffert. Bloß die Blähungen von Ranjids geliebter Kuh und die "Machomann Hakan bekommt eine drauf" wiederholen sich zum Ärger auch des geduldigeren Zuschauers.
Ähnlich wie bei ZAZ-Komödien aus der zweiten Reihe ist die Gag-Trefferquote nicht all zu hoch: Einer trifft voll, einer ist amüsant, einer ist ein Rohrkrepierer. Da die Gagdichte höher ist, als bei deutschen Komödien gewohnt, nicht aber so enorm wie bei Bullys zwei großen Realfilm-Komödienhits oder den üblichen ZAZ-Filmen, ist dieser Schnitt aber leicht zu verkraften. Schwerer verdaulich ist da schon eine dreist platzierte Promo für den Movie Park Germany.
Agent Ranjid rettet die Welt wird einige Augen zum Rollen bringen, stellenweise auch die von Kinogängern, die sich vom Film unterhalten fühlen (Stichwort: Joker-Parodie ... oder halt Movie Park), doch mit Kaya Yanars Leinwandcharisma, so manchen rezitierfähigen Sprüchen und der unschuldig-blödelhaften Parodie ethnischer Stereotypen (im Gegensatz zur boshaften Stereotypisierung zwecks Comedy) weiß diese Komödie unbeschwert die Zeit zu vertreiben.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen