Dienstag, 4. September 2012
The Expendables 2
Als Sylvester Stallone vor zwei Jahren einige seiner Kumpel und früheren Konkurrenten um den Thron der harten, hohlen Actionwelt um sich versammelte, zählte ich mich zu den Spielverderbern, die die Augen verdrehten: The Expendables begeisterte einige alteingesessene Genreliebhaber mit seinem Aufeinandertreffen der Kämpferopas (mit so manchem Jungstar wie Jason Statham an deren Seite), mich ödete er durch seine Ideenlosigkeit an. Aus dieser Zusammenkunft hätte man etwas einmaliges machen können, doch stattdessen war es einfach nur ein neuer Stallone-Filme im Stile seiner 80er-Kracher, bloß dass neben ihm noch einige andere bekannte Gesichter rumballerten. Hinzu kam eine träge Dramaturgie, die The Expendables für mich zu einem urtypischen Beispiel für gut gemeintes, jedoch fehlgezündetes Krawallkino.
Dennoch wagte ich einen Blick auf The Expendables 2, schließlich wurden größere Rollen für Arnold Schwarzenegger und Bruce Willis versprochen sowie ein Auftritt von Kultprügler Chuck Norris. Vor allem jedoch änderte sich hinter der Kamera einiges: Teil 1 wurde von Stallone geschrieben, produziert und inszeniert, bei der Fortsetzung trat er den Regieposten an Simon West ab, der mit Con Air einen meiner liebsten "Hirn aus, Zerstörung an!"-Blockbuster geschaffen hat, was mich hoffen ließ, mit The Expendables 2 statt eines konventionellen Stallone B-Movies (mit namenhafterem Cast) einen spektakuläreren Actionstreifen zu bekommen. Und tatsächlich: Der zweite Auftritt der Austauschbaren ist zwar noch immer nicht so denkwürdig, wie er sein sollte, aber er ist um ein gutes Stück sehenswerter als der verzichtbare Vorgänger.
Herausgezögert wird die Action in The Expendables 2 kein Stück: Direkt zu Beginn schmeißt West seine Zuschauer in ein blutiges, keinerlei Erklärungen bereithaltendes Munitionsfeuerwerk. Die Söldnertruppe rund um Barney Ross (Stallone) nimmt einen Militärstutzpunkt in Nepal ein, wo ein chinesischer Milliardär und ein alter Kollege gefangen genommen wurden. Es wird wild geschossen, Köpfe zerplatzen, Panzer rammen Wände ein. So explosiv der Einstieg in diese Fortsetzung sein mag, mich haut er nicht vom Hocker: Der Anfang ist brutal, schnell und zerstörerisch, doch weder kommt Spannung auf, noch ist die Action besonders, eingangs gibt es schlicht nur langweiliges Dauerfeuer. Außerdem fehlt die Fallhöhe. Es hat schon seinen Grund, dass einige der besten Actionfilme aller Zeiten einen riesigen Vorlauf vor der Action haben, denn nur so gewinnt die Mission an Wert. Im Prolog überzeugen nur zwei Dinge: Arnold Schwarzeneggers Sprüche und Jet Li, der eine toll choreographierte Actionszene hinlegt, die nicht im Schnittgewitter untergeht und auch Humor mitbringt.
Nach dem Prolog nimmt The Expendables 2 dann konstant Fahrt auf: Der Neuling in der Gruppe (Liam Hemsworth) erzählt davon, dass er nach Ende des Monats aussteigen möchte. Diese letzten Tage werden jedoch nicht gerade erholsam, denn Mr. Church (Bruce Willis) hat für sie einen neuen Auftrag, der als Entschädigung für die Aktion im Vorläuferfilm dienlich sein soll. Er verlangt, das den Inhalt eines Tresors aus einem Flugzeugwrack in Albanien borgen. Dazu bräuchten sie aufgrund des computergesteuerten Zeitschlosses des Tresors weibliche Unterstützung in Form der toughen Computerspezialistin Maggie (Yu Nan), was Barney nur mit großem Widerwillen hinnimmt. Als dann kurz nach der Bergung das begehrte Objekt (der Lageplan eines Plutoniumlagers) in die Hände des Terroristen Jean Vilain (Jean-Claude Van Damme) gelangt, beginnt für die Expandables der gewichtigste Einsatz ihrer Geschichte ...
Die Handlung ist selbstredend nicht viel mehr als eine Ausflucht, um die Riege an gealterten A- und B-Actionstars in verschiedenste Kämpfe zu verwickeln, und mehr muss sie in solch einem Streifen auch nicht sein. Rummäkeln muss ich trotzdem, da auch ein dummer, lauter, harter Actionfilm gerne überraschend sein darf. Was passiert, wer wann seinen Überraschungsauftritt hinlegt oder das Zeitliche segnet, ist hier dagegen durchweg vorhersehbar, zumeist sogar mit großen Vorlauf, ohne dass dies selbstironisch gebrochen wird. Das dramatische Beklagen eines verlorenen Weggefährten der Expandables fällt aufgrund dessen flach und raubt nur Zeit, die für temporeiche Action genutzt werden könnte. Sobald die Söldner um Stallone, Statham und Lundgren aber erstmals ihrem Widersacher begegnet sind und es sich geschworen haben, ihm das Handwerk zu legen, kommt The Expandables 2 auf Hochtouren. Das Team folgt den schurkischen Ganoven nach Bulgarien, wo es zunächst auf einem ehemaligen sowjetischen Stützpunkt unterkommt, der einem Straßenviertel New Yorks nachempfunden ist (im Film sorgt es für leicht verschrobene, tolle Bilder, produktionstechnisch wurde so einfach nur Geld gespart, indem man ein vorhandenes Set gewaltsam in die Handlung geschrieben hat). Mit dieser Szene gewinnt The Expendables 2 nicht nur an dem leicht süffisanten Humor, der mir im Vorgänger zu kurz kam, auch die Actionszenen sind in ihrer chaotischen Zerstörungswut besser koordiniert und deswegen mitreißender.
Zu den humoristischen Topmomenten gehören ein pseudophilosophisches Gespräch über die Wahl einer idealen Henkersmahlzeit sowie später Dolph Lundgrens kleiner MacGyver-Moment, in dem er eine Bombe improvisiert. Doch nichts schlägt Chuck Norris, der in bester selbstironischer Manier überzelebriert wird, knapp dahinter landet das Finale, in dem die größten Stars dieses Films einen gesamten Flughafen zerlegen und die Absurdität des Moments und sich gegenseitig durch den Kakao ziehen. Einige der anonymen Handlanger Vilains dürfen in der zweiten Filmhälfte auch auf makaber-pointierte Weise ins Gras beißen, was ebenfalls hilft, diese Fortsetzung über den kargen Vorgänger zu heben.
In Sachen "Krachbumm!" verfolgt Simon West nicht bloß die Maxime "größer, schneller, weiter", sondern auch darauf, endlich den ausgefeilten Fanservice zu bieten, den bereits der erste The Expendables-Teil hätte auftischen müssen. Bestand dieser weitestgehend aus Ballereinerlei und würzte diese nur mit sehr kurzen, individuellen Kampfeinlagen für Jet Li und Lundgren, so spielt The Expendables 2 die Kampfpersönlichkeiten seines Ensembles zwar nicht thematisch aus, nutzt sie aber immerhin für große Abwechslung im Laufe des langen Actionfeuerwerks. So bekommt Jason Statham einen wundervoll theatralisch inszenierten, selbstverliebt-agilen Faust- und Messerkampf spendiert, Arnold Schwarzenegger schießt mit schierer Wucht, Van Damme überschlägt sich und verteilt dabei schnelle Tritte, Stallone versucht ihm mit harten Schlägen beizukommen, Chuck Norris verfügt über absurde Munitionsgewalt und so weiter und so fort. Dieses Auge für Persönlichkeit überträgt sich sogar auf Massenschießereien: Schwarzenegger, Willis und Stallone ballern sich in einem Moment Schulter an Schulter durch die Truppen ihres Gegner. Während Stallone gelassen (doch mit monotoner Grummel-Miene) zwei Revolver in den Händen hält, trägt Schwarzenegger ein Monstrum von einem Maschienengewehr vor sich her und Willis hat ein etwas schlankeres, taktischeres Modell im Anschlag. Auf die Szene hat es leider keinen Einfluss, aber es ist ein liebevolles Detail, das man schätzen können sollte. Viel mehr "Liebe" bekommt man in diesem FSK-18er-Streifen nämlich nicht geboten. Wäre ja noch schöner.
The Expendables 2 zieht sich in den Charaktermomenten recht stark, zumal viele von ihnen einem von Jahr zu Jahr mehr versteinernden Stallone zukommen und Mickey Rourke (die Seele des ersten Films) nicht mit an Bord ist. Überraschungen gibt es auch keine, dafür zeigt sich jeder der Action-Stars von seiner charakteristischen Seite. Ein wahres Bonbon für alle Fans sowie für jene, die Teile des Casts nur beiläufig kennen, aber variantenreiche Kampfszenen zu schätzen wissen. Hinzu kommt ein furios aufspielender, sich in seiner Boshaftigkeit aalender Van Damme, und The Expendables 2 konnte mich, als harschen Kritiker des Originals, für über 100 Minuten gut unterhalten.
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