Dienstag, 7. August 2012

Inglourious Basterds – Eine diagnostische Kritik

Achtung! Dieser Artikel enthält Spoiler!

Mit den (semi-)unabhängig produzierten Gangsterstreifen Reservoir Dogs (1992) und Pulp Fiction (1994) stieg der ehemalige Videotheken-Angestellte Quentin Tarantino zu einem von Kritik und Cineasten in ähnlichem Umfang umfeierten Kultregisseur auf. Während Pulp Fiction auf Videokassette zum Film-Geheimtipp lancierte, sprach Tarantino davon, als eines seiner nächsten Projekte einen an Das dreckige Dutzend erinnernden Film über US-amerikanische Soldaten während des Zweiten Weltkriegs in Angriff nehmen zu wollen. Die Verwirklichung dieses Films verschob sich jedoch mehrfach, bevor sich die Schreibphase zu Inglourious Basterds 2007/2008 ihrem Ende näherte.

Die Vorproduktion und Castingphase wurde daraufhin mit größter Eile durchgeführt, da der Regisseur den Wunsch hatte, Inglourious Basterds auf den Filmfestspielen in Cannes 2009 uraufführen zu können. Dort wurde die Produktion von den Filmjournalisten jedoch eher durchwachsen aufgenommen, weshalb Tarantino vor dem offiziellen Kinostart die in Cannes gezeigte Schnittfassung überarbeitete. Die offizielle Kinofassung von Inglourious Basterds wurde von den Kritikern wesentlich besser aufgenommen, und auch finanziell erwies sich der Film als Erfolg.

Mit weltweiten Einnahmen von über 320 Millionen Dollar wurde er die bis dato kommerziell erfolgreichste Regiearbeit von Quentin Tarantino. Des Weiteren wurde der aufgrund seiner Gewaltdarstellung und Fiktionalisierung des Weltkriegs kontrovers diskutierte Hollywood-Film für zahlreiche Auszeichnungen (darunter acht Academy Awards) nominiert.

Wie bei den meisten (Anti-)Kriegsfilmen stellt sich auch bei Inglourious Basterds die Frage, durch welche filmischen und narrativen Mittel die Protagonisten, und vielleicht sogar Antagonisten, mit der für einen kommerziellen Massenerfolg nötigen Sympathie ausgestattet werden. Unter Bezugnahme der von Douglas Kellner geprägten Methoden der „Media Culture“ möchte ich mittels einer diagnostischen Kritik von Inglourious Basterds dieser Frage auf den Grund gehen.

Once Upon A Time... In Nazi-Occupied France“

Zu Beginn der Analyse von Inglourious Basterds möchte ich eine grundlegende Differenz dieses Films zu den von Douglas Kellner analysierten Kriegs- und Militärfilmen aufzeichnen. Sie mag naheliegend sein, dennoch sollte sie angesprochen werden, da sie seitens des Kinopublikums entscheidend für den Rezeptionsvorgang ist.

Während Douglas Kellner mit Filmen wie Rambo und Top Gun Kriegs- beziehungsweise Militärfilme analysierte, die in der Gegenwart spielten und von militärischen Konflikten oder Entwicklungen handelten, die während der Kino-Erstveröffentlichung aktuell waren, spielt Inglourious Basterds als „Nazi-Film“ in der Vergangenheit. Dadurch entsteht eine zeitliche Distanz zwischen den Filmfiguren und dem Publikum, was wiederum, zumindest in der Theorie, das Konfliktpotential senkt. Douglas Kellner beschreibt in seinen diversen Essays über die Filme der Vietnam-Ära, dass Pro-Kriegsfilme von der liberalen Seite, Anti-Kriegsfilme vom konservativen politischen Spektrum angegriffen wurden. Eine nachvollziehbare Beobachtung, schließlich nimmt kein politisch engagierter Mensch als Unterhaltung getarntes „Werbematerial“ für die „Gegenseite“ widerstandslos hin. 
 
Filme über den Zweiten Weltkrieg stehen, selbstverständlich vorausgesetzt es handelt sich dabei nicht um hetzerisches Material voller Nazi-Ideologie, hingegen nicht so schnell im Verdacht, entweder Jugendliche für das Militär anzuwerben oder die Bevölkerung gegen einen gegenwärtigen militärischen Einsatz zu stimmen. Bei Produktionen über den Zweiten Weltkrieg besteht hingegen großer, allgemeiner Konsens darüber, dass sich die Seite der (meistens amerikanischen) Helden zu Recht im Kriegseinsatz befindet, denn everything's better when you [...] kill some Nazis.“

We're going to be doing one thing and one thing only... killin' nazis!“

Insbesondere in der Marketingphase vor Kinostart spielten die Studios hinter Inglourious Basterds auch gerade diese Karte aus, um einen Hype zu kreieren und vornehmlich jugendliche Kinogänger in einen Film zu locken, in welchem zum Großteil Fremdsprachen gesprochen wird. Die Originalfassung bietet ungefähr zu je einem Drittel englische, deutsche und französische Dialoge, wobei in englischsprachigen Märkten die letzten beiden Sprachen untertitelt wurden. Deutsche Kinogänger hatten die Wahl, entweder diese Fassung, eine mit „angepassten“ Untertiteln (alles bis auf Deutsch wird übersetzt) oder eine künstlerisch beschnittene Version zu sehen, in der englische Dialoge auf Deutsch synchronisiert wurden, so dass die Zuschauer immerhin zwei Drittel des Films über keine Untertitel lesen mussten. Das Marketing verlor darüber jedoch kaum ein Wort.

Der erste „Teaser-Trailer“ zum Film zeigte Brad Pitt in seiner Rolle als mit heftigem Südstaatenakzent dahinnuschelnden Lt. Aldo Raine, der seine Truppe von acht ausgewählten Soldaten in ihre Mission einweiht: Sie sollen Nazis töten. Ohne jede Rücksicht: 
„We will be cruel to the Germans, and through our cruelty they will know who we are. And they will find the evidence of our cruelty in the disemboweled, dismembered, and disfigured bodies of their brothers we leave behind us. And the German won't not be able to help themselves but to imagine the cruelty their brothers endured at our hands, and our boot heels, and the edge of our knives. And the German will be sickened by us, and the German will talk about us, and the German will fear us.“
Zwischen Aufnahmen eines in seiner Rede aufgehenden Aldo Raine und seinen blutgierig dreinblickenden Soldaten werden martialischen Filmausschnitte geschnitten, sowie auf blutverschmiertem Hintergrund aufleuchtende Zwischentitel, die unter anderem versprechen „You have'nt seen war, until you've seen it through the eyes of Quentin Tarantino“. Begleitet wird dieser Trailer von einem rockendem, das Adrenalin anheizendem Soundtrack.

Wer möchte, erhielt durch Merchandising zum Film sogar die Gelegenheit, sich Aldo Raines aufstachelnde Rede in Form eines offiziellen Posters in die Studentenbude hängen. Definitiv keine Werbemethode, um ein Kunstkinopublikum anzusprechen, allerdings wäre es naiv zu glauben, dass dies das Ziel war. Inglourious Basterds war mit einem Budget von 70 Millionen Dollar der bis dato teuerste Tarantino-Film und um hohen Profit daraus zu schlagen, zielte man es im Marketing ganz klar auf ein profitableres Jugendpublikum.

Der Trailer kam an, so titelte unter anderem die für ihr „geekiges“ Publikum bekannte Webseite Ain't It Cool News „INGLOURIOUS BASTERDS Teaser Makes Scalping Nazis Awfully Appealing!!! [sic!] und die Filmindustrie-Kolumnistin Sharon Waxman beobachtete am Starttag, dass durch die Trailer viele Jugendliche ins Kino gingen, voller Erwartung, der Film biete „rock-and-roll violence“9.

Auch wenn
Inglourious Basterds, wie sich unter anderem an der Oscar-Nominierung für das beste Original-Drehbuch ablesen lässt, weit über das Niveau einer reinen Schlachtplatte hinausreicht, so bietet der Film dem aus Blutdurst ins Kino gepilgerten Zuschauern genug Szenen, die ihrem Geschmack entsprechen dürften. Zu den Sequenzen, die mehr dem Grindhouse-Stil Tarantinos (also dem Kult-Schundkino) entsprechen, als einem Darling der Academy of Motion Picture Arts & Sciences gehört eine Montage, in der ein von Til Schweiger gespielter Deutscher mehrere Gestapo-Offiziere manisch lächelnd tötet. Begleitet wird die eindeutig humoristisch gedachte Szene von einem Slaughter betitelten R&B-Lied aus den 70er-Jahren sowie einem locker-flockigen Off-Kommentar von Kult-Schauspieler Samuel L. Jackson, dessen vulgäres Vokabular ihn unter US-amerikanischen Jugendlichen zu einer Ikone hochstilisierte. In einer weiteren, kurioseren Gewaltanekdote bezüglich Inglourious Basterds lässt sich feststellen, dass der erste im Film skalpierte Nazi von Regisseur Quentin Tarantino (bzw. einer seinem Ebenbild nachempfundenen Puppe) dargestellt wird.

Eine mögliche Lesart von Inglourious Basterds ist also, dies lässt sich wohl zweifelsfrei zusammenfassen, eine gewaltästhetische. Jugendliche, die (mediale) Gewalt als cool empfinden, können bei Betrachtung des Films eine Aneinanderreihung sowohl hemmungsloser, als auch stilisierter Gewaltakte genießen, begleitet von pointierten (oder je nach Ansicht viel eher vulgären) Sprüchen wie „Say 'Auf wiedersehen!' to your nazi balls!“. In Hinblick auf diese Lesart lässt sich die Frage nach Sympathie in Filmen wie Inglourious Basterds leicht beantworten: Sie spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Als Helden etablierte Figuren wie Brad Pitts Aldo Raine müssen schlicht unterhaltsam sein, eine lockere Attitüde ausstrahlen und mit ihren Taten den Blutdurst der Zuschauer stillen, um den entsprechend geneigten Zuschauer auf seiner Seite zu wissen - „'cause there's nothing I love more than watching Nazis die horrible deaths“.

I love rumors! Facts can be so misleading, where rumors, true or false, are often revealing.“

Die in seinen Filmen so unvermeidlich scheinende Gewaltdarstellung brachte Quentin Tarantino im Laufe seiner Karriere allerhand Kritik ein. Seine Regiearbeiten und Drehbücher wurden als moralisch leer bezeichnet, er habe mit seiner Filmografie eine „moralfreie Freakshow“ zu verantworten, ebenso wie „kindische Spielereien“. Trotzdem muss man davor absehen, Quentin Tarantino als bloßen Provokateur anzusehen. Ihm widmeten sich Kunstausstellungen ebenso wie etablierte Filmessayisten, und auch den zuvor schon erwähnten Fakt, dass Tarantino für einen Gewaltfilmer große Anerkennung bei den Oscars erhält, sollte man nicht außer acht lassen. Unter der Oberfläche der juvenilen Gewalt und den werbewirksamen Provokationen schwimmt bei Tarantino stets auch mehr mit, und gerade eine Analyse von Inglourious Basterds, der von einigen Kritikern als sein Meisterwerk und sein bislang wichtigster Film bezeichnet wurde, darf sich nicht darauf beruhen, Tarantinos Gewaltexzesse zu zerpflücken, selbst wenn eben diese gewiss für einen nicht unerheblichen Teil der weltweiten Einnahmen des Films verantwortlich ist.

So erwähnte ich eingangs nicht umsonst, dass sich bei (Anti-)Kriegsfilmen die Frage stellt, wie Protagonisten, als auch Antagonisten mit sympathischen Attributen ausgestattet werden können. Denn aufgrund der Komplexität von Inglourious Basterds lässt sich der Film nicht nur platt als ein Nazi-Abschlachtfilm voller cooler Amerikaner und ekliger Nazis betrachten, sondern als moralisch doppelbödige Dekonstruktion des Weltkriegs-Filmgenres, die ausgerechnet seinem einfach gestrickten (und kommerziell zweifelsohne attraktiven) Schauwert-Publikum den Spiegel vorhält. Insbesondere der von Christoph Waltz dargestellte SS-Standartenführer Hans Landa, der als „Judenjäger“ gefürchtet wird, bricht mit dem in den meisten Weltkriegsfilmen ungeschriebenen Gesetz, dass eine Person mit dem Überstreifen seiner Nazi-Uniform sämtliche Menschlichkeit ablegt.

Die Darstellung Deutscher in Filmen über den Zweiten Weltkrieg, vor allem die Darstellung höhergestellter Nationalsozialisten, erweist sich stets als gefährlicher Drahtseilakt. Werden sie dämonisiert, werfen Kritiker und Historiker den Filmemachern eine Simplifizierung geschichtlicher Fakten vor, werden sie karikiert, werfen das Feuilleton und Moralhüter selbst 67 Jahre nach Charlie Chaplins geschlossen als Meisterwerk anerkannten Der große Diktator zum x-ten Mal die schwerwiegende Frage auf: „Darf man über Hitler lachen?“ Und wenn ein Film weder das eine, noch das andere Extrem bedient und die oberste Nazi-Garde als Menschen zeigt, wird auch dies kontrovers diskutiert – man erinnere sich nur an die mediale Debatte nach Kinostart der Bernd-Eichinger-Produktion Der Untergang. Insofern ist es auch im Hinblick auf Inglourious Basterds äußerst erwähnenswert, dass der Film eine charismatische Figur in Nazi-Uniform aufzuweisen hat, nicht zu Letzt deswegen, weil der Film durch sein Marketing und den Kultstatus von Regisseur Quentin Tarantino sowie die Popularität seines Hauptdarstellers Brad Pitt ein viel jugendlicheres Publikum anspricht, als es etwa bei Historiendramen wie Der Untergang zu erwarten ist. Christoph Waltz' Performance als jeder ihm über den Weg laufenden Frau Komplimente machender, wortgewandter, multilingualer Nazi (und Connoisseur österreichischer Backspezialitäten sowie frisch gemolkener, französischer Milch) wurde dehalb nicht nur mit einem Oscar, einem Golden Globe sowie dem Screen Actors Guild Award ausgezeichnet, sondern auch mit Facebook-Gruppen wie If Hans Landa Wasn't a Nazi, we'd be best friends“ geehrt. Auch wissenschaftlich validere Quellen wie der Spiegel oder der Filmblog Filmabend.info bezeichnen Landa als einen sympathischen Film-Bösewicht.

Wohl nicht zuletzt deshalb, weil jemand eloquentes wie Christoph Waltz' Hans Landa direkt neben Brad Pitts arrogant-coolen und in simplem Südstaaten-Amerikansich nuschelndem Aldo Raine im selben Film koexistieren kann, ohne dass der Film fragwürdige Implikationen aufwirft, lässt sich Inglourious Basterds anders rezipieren, als konventionellere Kriegsfilme.

Dies beobachtete zumindest der Regisseur und Autor bezüglich der deutschen Rezeption seines Films, und wenngleich Tarantino selbstredend von einer befangenen Position aus spricht, so sehe ich durchaus ein Körnchen Wahrheit in seiner Bemerkung:

“When Germans are watching World War II movies, they’re used to cringing. […] And they’re always forced to look at it from the guilt perspective. [It’s a] World War II movie, and nothing’s going to fucking change that. But, as [Basterds] goes on, all of a sudden, that starts dropping away, and they actually got caught up in the story. And they’re really caught up in the story — it starts getting really funny. And it gets laughs. And all of a sudden, you have a German audience watching a movie about World War II — and they’re allowed to laugh!“ (siehe hier)

Und dies führt meine essayistische Analyse von Inglourious Basterds zu dem Punkt, den ich im Rahmen einer solchen Untersuchung unmöglich ausschöpfend behandeln kann, den zu ignorieren jedoch der wohl größere Fehltritt wäre: Quentin Tarantinos, drücken wir es mal so aus, freimütiger Umgang mit historischen Fakten. Historiker finden in nahezu jedem Weltkriegs-Film Fehler, seien es historisch inakkurate Waffen, falsche Datierungen oder Indiana Jones, der ein Autogramm von „Adolph Hitler“ [sic!] erhält. Selten sind solche Fauxpas beabsichtigt. Bei Inglourious Basterds hingegen hat man es auf historische Inkorrektheit angelegt. Die für ihre historisch korrekten Arbeiten an Schindlers Liste und Der Pianist prämierte Kostümbildnerin Anna Sheppard kreierte für Inglourious Basterds cremefarbene Soldaten-Jacketts und veränderte den Schnitt von Nazi-Uniformen, weil Regisseur Tarantino seine eigene Version der Geschichte erzählen und ihr einen „kleinen“ Twist verpassen wollte.

Bei solchen Details blieb es allerdings nicht – der Film eröffnet nicht grundlos mit der klischeehaften Märcheneröffnung „Once upon a time...“ und möglicherweise ist es auch kein Zufall, dass Hans Landa in der ersten Filmsequenz freudestrahlend verkündet, wie irreführend Fakten doch seien. Inglourious Basterds stellt einen schwer genauer zu bestimmenden Hybriden aus Rache-Fantasie und cineastischer Geschichtskorrektur dar, was ihm viel Lob, aber auch harsche Kritik einbrachte. Einige sahen in Quentin Tarantinos von Exploitation-Zügen geprägten Kriegsfilm sogar eine glorifizierte Holocaust-Leugnung.

Gerade diese historische Freiheiten, die sich Inglourious Basterds, sprichwörtlich ohne nachzufragen, nimmt, sind es aber auch, die den Film für viele Zuschauer erst sehenswert machte. Die Geschichtsneuschreibung, die Tarantino vornimmt, sei im Kern ehrlicher als das „deutsche Erinnerungskino, das, man kann es nicht oft genug betonen, in den meisten Fällen unehrlicher nicht sein könnte“ und deshalb sei es dem Regisseur „hoch anzurechnen [, dass er] ein Kapitel deutscher (Film-)geschichte zu Ende bringt oder besser gesagt zu Grabe trägt“.

Somit lässt sich wieder ein Bogen zurück zur gewaltexzessiven Lesart von Inglourious Basterds schlagen. Um Inglourious Basterds zu diesem (potentiellen) Befreiungsschlag zu machen, den einige Publikumsvertreter in ihm sehen und den Tarantino offensichtlich mit seiner Geschichtsneuschreibung bezwecken wollte, genügt es nicht, auf der Handlungsebene einen vom wahren Geschichtsverlauf abweichenden Pfad zu beschreiten. Zumindest für einige Zuschauer scheint der Abschied von der Realität erst vollkommen zu sein, wenn er mit visueller Kompromisslosigkeit besiegelt wurde. Der Psychoanalytiker Sheldon Roth, Vater des Darstellers Eli Roth, schreibt in einem Essay für Jewish Journal hinsichtlich der gewaltsamen Abrechnung mit Hitler in Inglourious Basterds: „What I scarcely expected were the overwhelming feelings that flooded me as I witnessed the scene in the film, Inglourious Basterds. I watched my son, as his character of 'The Bear Jew', machine gun the Fuhrer’s face to a bloody pulp.[...] I felt a powerful mixture of rescue, revenge, redemption, relief and a strange grief. [...] He was doing what I could not. And I cried.“

Weiterführend erläutert Roth in seinem Essay, dass die (narrativ wie visuell) kompromisslose Umdichtung des Zweiten Weltkriegs in Inglourious Basterds den Film von der Ebene historischer Fakten abhebe und stattdessen mit „emotionalen Fakten“ räsoniere: „Emotional facts, or feelings, are a condensed, animal form of personal history; expanding them tells the story of one’s life. Feelings are just as much a reality as facts. Art, similarly, functions as a condensed statement about life. When art resonates with an audience, those emotions are real. […] Film has the power to capture us through its similarity to dreaming because both are primarily visual. Using images, dreams recast our lives with endless abandon.“

Obendrein stecke in der Idee hinter Inglourious Basterds mehr, als ein simples „wäre die Welt nicht schöner, wenn...“, sondern, so der derzeit in Schweden dozierende Medien- und Kommunikationsprofessor Christian Fuchs, eine politisches Engagement entfachende Aussage – wohlgemerkt ohne einen das Militär glorifizierenden Beigeschmack, wie ich hinzufügen möchte: „[Inglourious Basterds] poses the fictional freedom to construct and reconstruct developments of history ex-post and to express what the director considers to be historically and politically desirable. What if one of the 39 assassination attempts on Hitler documented for the years 1921-1944 had been successful? History might have taken another course, the Shoah might have been circumvented or stopped. These are of course speculations, but Tarantino shows that humans have the power to make history and to make a difference in the world by engaging in political struggles.“(mehr dazu)

Womöglich wichtiger, als der Umstand, dass in Inglourious Basterds das Regime Hitlers verfrüht zu Fall gebracht wird, ist die von Tarantino beschriebene Art und Weise dieser Tat. In seinem Film wird es als essentiell beschrieben, Fremdsprachen und fremde Redewendungen oder Gesten zu beherrschen. Sein fließendes Englisch, Französisch und Italienisch sind ein nicht zu verachtender Teil von Hans Landas paradoxen Charme, während ein britischer Soldat sich selbst und seine Kameraden aufgrund seines unnatürlichen Akzents in Bedrängnis bringt.

A theme that is central to nearly every moment, every image, every line of dialog, is that of performance -- of existence as a form of acting, and human identity as both projection and perception. [...] it's shot through with identity games, interrogations, role-playing and people or situations that are not what they appear to be...“ heißt es in einer lesenswerten Analyse des Films, die sich vornehmlich auf die Rolle zwischenmenschlicher Kommunikation in Inglourious Basterds stützt.

Doch es ist letzten Endes (unter anderem) ein Verdienst der Massenkommunikation, die zu Hitlers verfrühten Tod führt: Eine britische Geheimmission namens „Operation Kino“, die zufälligerweise mit dem persönlichen Rachezug der jungen, französischen Kinobesitzerin Shosana zusammenfällt, nimmt sich zum Ziel, ein Kino voller ranghoher Nazis in die Luft zu jagen. Um symbolisch Unterstützung für seine Truppen zu zeigen, besucht unerwarteterweise auch Adolf Hitler die in Inglourious Basterds gezeigte Weltpremiere des (fiktiven) Propagandastreifens „Stolz der Nation“ über die (fiktive) „Heldentaten“ des (fiktiven) deutschen Scharfschützen Frederick Zoller.

Fuchs fasst die darin liegenden Implikationen folgendermaßen zusammen: „Inglorious Basterds can [...] be read as a parable for the importance of the media in society.“
Weiterführender Quellenhinweis:
  • Seeßlen, Georg: Quentin Tarantino gegen die Nazis

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

toller Beitrag!

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