Diese Episode der Reihe widmet sich einem Mann, dessen Werke von Walt Disney selbst mit Leidenschaft gesammelt wurden: Joshua Meador
Josh Meador wurde am 12. März 1911 in Greenwood, Mississippi, geboren. Sein Vater arbeitete bei der Eisenbahn. Als Meador sieben Jahre alt war, zog seine Familie nach Columbus, da der Vater dorthin ins Eisenbahnhauptquartier versetzt wurde. Schon früh entdeckte er seine Liebe zum Zeichnen, wie viele Jungen seines Alters war er auch bei den Pfadfindern aktiv und verdiente sich etwas Taschengeld hinzu, indem er Zeitungen austrug.
Nachdem er 1930 die örtliche High School abschloss, erhielt er die Möglichkeit, die Marineakademie zu besuchen. Mittlerweile war er sich aber sicher, dass seine Zukunft einzig in der Kunst liegen könnte. Er besuchte daraufhin verschiedene Kunstschulen, bevor er sich langfristig dem Unterricht am Chicago Art Institute widmete und dort im Jahr 1935, mit Auszeichnung, seine Ausbildung beendete.
Das Haus, in dem er weite Teile seiner Kindheit und seine Jugend verbrachte, steht noch heute in Columbus. Dort wohnte seine Mutter bis sie 1985, hochbetagt, verstarb. Auch nachdem er fortgegangen war, um sich seiner künstlerischen Karriere zu widmen, blieb er seiner Heimat verbunden und kehrte regelmäßig für Besuche zurück. Seiner High School schenkte er ein wunderbares Gemälde, das eine spanische Galeone zeigte. Als das Schulgebäude im Jahr 1962 in Flammen aufging, wurde es zerstört.
vor den Augen Walt Disneys (rechts) die Entwicklung
von Effekten für Fantasia nach (© Disney)
Im Jahr 1936, kurze Zeit nach seinem Abschluss, begann er für Walt Disney zu arbeiten. Schnell machte sein außergewöhnliches Talent, kombiniert mit seiner außergewöhnlichen Ausbildung, die Runde im Disney-Studio. Nicht nur Walt selbst war von diesem Mann begeistert, auch seine besten Zeichner waren von den Fähigkeiten Josh Meadors verzaubert. Es gab im Studio Künstler, die Zeichnen und Malen konnten, dass ihre Bilder von Photographien nicht mehr zu unterscheiden waren. Josh Meador ging einen Schritt weiter. Seine Cels, in der korrekten Reihenfolge auf der Leinwand wiedergegeben, schienen in der Lage zu sein, die Grenze zwischen Trick- und Realfilm zu verwischen. Dort, wo der Zeichentrickfilm seine größte Hürde zu überwinden hatte, in der Darstellung von Naturgewalt, von Schwerkraft, im Orkan, im Sturm, im Schneefall und dann, wenn Magie im Spiel sein sollte, schuf Meador eine kleine Revolution. Unter der Leitung von Cy Young war Mitte der 1930er Jahre ein Effects Department gegründet worden, das sich um genau um diese Darstellungen kümmern sollte. Die Akzeptanz dieser Drei-Mann-Abteilung war gering, die Zeichner sahen nicht ein, weshalb sie nicht selbst Regentropfen und Schneeflocken auf ihre Cels tupfen sollten. Dann kam Josh Meador und wurde zum neuen Verantwortlichen dieses Bereichs.
Ein Tropfen, der in ein Glas mit Milch fällt oder der aufbrausende Ozean in Pinocchio – kein Werk war für Josh Meador zu klein, keines zu groß (wenngleich das Spiel des Wassers in Pinocchio faszinierender sein und länger im Gedächtnis verhaften mag). Dank Josh Meador wuchs das Effetcs Department bis 1940 innerhalb weniger Jahre von drei auf 64 Mitarbeiter bei der Produktion von Fantasia. Zuvor hatte er in Schneewittchen die Szene animiert, in der die böse Hexe im Sturm den Berg erklimmt. Für seine Arbeit an Make Mine Music, er war einer der Regisseure des Films, wurde er 1946 in Cannes ausgezeichnet.
für Alarm im Weltraum kreierte (klicken für größere Darstellung; © MGM, Quelle: michaelspornanimation.com)
Nach dem 2. Weltkrieg begann Disney, in größerem Stil Realfilme zu produzieren. Auch hier waren Joshua Meadors Fähigkeiten gefragt. Für 20.000 Meilen unter dem Meer erarbeiteten er und sein Team die Spezialeffekte, die mit dem Oscar prämiert wurden.
Josh Meadors Talent war nun weit über die Tore der Disney-Studios hinaus bekannt. Die Disney-Studios verliehen ihn an MGM, die einen Science-Fiction-Film der nächsten Generation drehen wollten und der Erfahrung eines Mannes bedurften, der sowohl als Trickfilmzeichner als auch als Spezialeffektkünstler gearbeitet hatte. Für den 1956 vollendeten Streifen Alarm im Weltraum (Forbidden Planet) entwickelte er ein Monster, das zumindest in seiner Gestaltung auch heute noch zu schockieren weiß. Bei den ersten Ausstrahlungen im Fernsehen, fürchtete man gar, die Kreatur könnte Kinder zu sehr erschrecken und übte sich in Selbstzensur. Nicht nur die Spezialeffekte setzten neue Maßstäbe, sondern auch die elektronische Musikgestaltung. Mittlerweile besitzt der Film Kultstatus.
Im Jahr 1960 verließ er die Disney-Studios, um sich intensiver der Malerei widmen zu können. Walt Disney versuchte, ihn dazu zu bewegen, diese Entscheidung zurückzunehmen und erreichte, dass Meador zusagte, auch zukünftige Projekte von besonderer Priorität weiterhin zu begleiten. Zuvor hatte er sich bereits als wertvoller Mitwirkender an der Disneyland-Fernsehshow bewiesen.
Nach der Schule heiratete Joshua Meador seine Highschoolliebe Elizabeth, genannt Libby, die ebenfalls aus Columbus stammte und drei Jahre jünger als er selbst war. Im Jahr 1939 zogen sie nach La Crescenta, wo sie als Hausfrau arbeitete und den gemeinsamen Sohn Philip aufzog. Nachdem Meador Disney verlassen hatte, zogen sie um und fanden 1962 in der Küstenstadt Caspar an der Mendocino Coast eine neue Heimat. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie alleine und zog später zu ihrem Sohn nach Glendale. Das Lebensmotto von Libby Meador, so ein Nachruf, soll "Joy, Joy, Joy" gewesen sein. Sie starb im Jahr 2008, 94 Jahre alt, nachdem sie einige Wochen zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
Ihre Sohn Philip, genannt Phil, machte, wie sein Vater, eine Karriere im Effektbereich, der große Ruhm blieb ihm allerdings verwehrt. Umso mehr bemühte er sich, den seines Vaters zu vergrößern. So schenkte er der Bibliothek in Columbus Malereiutensilien, die sein Vater bei der Produktion von 4 Artists Paint 1 Tree genutzt hatte und viele hundert Werke. Phil Meador selbst folgte seinem Vater in das Effetcs Department von Disney und arbeitete unter anderem an Splash, Taran und der Zauberkessel und Das Schwarze Loch. Sein großes Wissen über die Disney-Studios und deren technischen Innovationen machte sich Disney auch zu Nutze, als man entschied, im 2009 eröffneten Walt Disney Family Museum in San Francisco eine alte Multiplane Camera aufbauen zu wollen. Er starb nach langer schwerer Krankheit im Frühjahr 2011.
Joshua Meador starb im Sommer 1965. Auf der Vortreppe des Hauses sitzend, eine glimmende Zigarette in der Hand, den Blick auf den schimmernden Pazifik, fand ihn seine Frau. Er war, gerade 54 Jahre alt, einem Herzversagen erlegen. Zuvor war ihm die Ehre zuteil geworden, vom amtierenden Präsidenten Lyndon B. Johnson als offizieller Maler der NASA für die Apollo-Missionen ausgewählt zu werden, die die amerikanische Nation 1969 zum Mond und damit Sieg im Wettlauf der Nationen über die Vorherrschaft im Weltall führen sollte. Sein Tod verhinderte, dass er dem nachkommen konnte. Auch die ersten drei Astronauten, die er portraitieren sollte, starben, bevor sie von ihrer Mission, nach der sie Modell stehen sollten, aufbrechen und zurückkehren konnten. Für Johnson selbst malte er auf dessen persönlichen Wunsch ein Bild. Der Nachfolger John F. Kennedys hatte, wie auch dessen Vorgänger, Dwight D. Eisenhower, zahlreiche Werke Meadors in seiner persönlichen Kunstsammlung.
Zweifelsohne wäre Joshua Meador zu einem der führenden Portrait- und Landschaftsmaler der Vereinigten Staaten aufgestiegen. Die Würdigung seiner Person als Pionier im Bereich der Spezialeffekte und des hochrealistischen Zeichentrickfilms steht noch aus. Dank des Einsatzes für das Vermächtnis von Josh Meador seitens seiner Frau und seines Sohnes ist sein Name zumindest in seiner Heimatstadt Columbus, Mississippi, mittlerweile vielen ein Begriff. Im Jahr 2009 wurden in der Stadt große Feierlichkeiten zu Ehren Meadors ausgerichtet, in diesem Zusammenhang sprach Haley Barbour, zu dieser Zeit Gouverneur des Bundesstaats, vom 16. Oktober als „Joshua Meador Day“. Ob damit bereits genug getan ist, damit Name und Werk dieses Künstlers in der Welt seine Kreise ziehen oder sich das Engagement seines Umfelds nach dem Tod von Frau und Sohn fortsetzen wird, wird die Zukunft zeigen.
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