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Freitag, 3. Februar 2012
Julie & Julia
Ein Film über zwei kochende Frauen. Ein Film über zwei Passionen: Julia Child (Meryl Streep), die Frau des US-Botschafters in Paris, sucht im Jahr 1949 nach einer sinnvollen Betätigung. Aufgrund ihrer Liebe zu gutem Essen, entschließt sie sich dazu, als einzige Frau die angesehene Kochschule Cordon Bleu zu besuchen. Während ihrer Ausbildungszeit kommt ihr die Idee, ein englischsprachiges Kochbuch über die französische Küche zu verfassen, in dem der einfachen Hausfrau erklärt wird, wie sie ohne Gewürzmischungen und Fertigsoßen ein fabelhaftes Mahl zaubert.
2002 in Queens, New York City: Julie Powell (Amy Adams) steht kurz vor der 30 und ist im öffentlichen Dienst als Telefonistin tätig, die Menschen betreut, die von den Folgen des 11. Septembers betroffen sind. Ihre ursprünglich angestrebte Karriere als Schriftstellerin liegt aus Zeitproblemen und mangelndem Durchhaltevermögen brach, ihr erster Roman ist nur halbfertig und ihre Freundinnen überschatten sie unentwegt. Da eine ihrer geschäftigen Freundinnen mit ihrem Blog recht erfolgreich ist, beschließt Julie, ebenfalls einen Blog zu starten. Zum Thema nimmt sie sich eine ungewöhnliche Herausforderung: Innerhalb eines Jahres will sie sämtliche der über 500 Rezepte aus dem Kochbuch der Kult-Köchin Julia Childs nachkochen. Diese neue Aufgabe macht ihr Spaß, gibt ihr ein erreichbares Ziel, und muntert die ausgepowerte junge Frau somit wieder auf. Doch mit der zunehmenden Leserschaft verspürt sie auch immer größeren Druck ...
Meryl Streep wurde für ihre Darstellung der Kochlegende Julia Child unter anderem mit Nominierungen für den Academy Award, den BAFTA Award und den Preis der Screen Actors Guild bedacht, zudem gewann sie den Golden Globe als beste Hauptdarstellerin einer Filmkomödie. Von letzterem vielleicht abgesehen (die Hollywood Foreign Press hatte mit Selbst ist die Braut, Duplicity und Wenn Liebe so einfach wäre eine recht miese Auswahl, bloß Mario Cotillard in Nine war eine nennenswerte Konkurrenz) lässt mich all dies verwundert zurück. Wofür? Streep spielt zwar keineswegs schlecht, dazu ist sie einfach nicht mehr fähig, aber was tut sie schon groß in diesem Film? Sie spricht mit einer erst etwas tiefen ansetzenden, dann fast siepsenden Stimme, wackelt freudig den Kopf und stößt ein süßes "Bon Appétit" raus. Das war's. Es gibt einen sehr kurzen Anflug von Tiefe für ihre Figur, der Rest ist "die nette, durchsetzungsfähige Hausfrau". Ich sehe in dieser Figur keine sonderliche Herausforderung für Streep. Vielleicht ist es anders, wenn man die echte Child kennt und Streeps Mimikry vollauf würdigen kann. Dies würde das so immense Lob von US-Seite aus erklären. Aber ist es bei biographischen Filmen nicht auch Teil der Aufgabe, dem ahnungslosen Zuschauer die nachgestellte Person nahe zu bringen?
Generell waren mir die Julia-Child-Sequenzen zu weitschweifig. Irgendwo in ihnen steckt ein Film, der den emanzipatorischen Kampf einer Frau zeigt, die sich gegen die etablierte Esskultur, das Verlagswesen und das elitäre Ausbildungssystem der französischen Küche auflehnt. Eine ironische Betrachtung einer damals modern wirkenden Frau, die heute schnell als altmodisch verurteilt werden kann. Und in Verbindung mit der Julie-Geschichte zeichnet sich die zusätzliche Sicht ab, dass eine "altmodische" Hausfrau eine moderne Berufstätige inspirieren kann. Ohne alte Rollenschemata zu lobhuldigen. Aber das ersäuft in all den "Meryl Streep macht was schrullig-putziges"-Szenen. Möchte Julie & Julia also ein reiner Feel-Good-Movie sein, so müssten meiner Ansicht nach die Julia-Segmente gekürzt werden, so dass sie nur eine Ergänzung zur Geschichte Julies darstellen. Deren Blogprojekt und die darauf aufbauende Biographie liefert immerhin die Vorlage sowie das dramaturgische Grundgerüst des Films. Und Julies Geschichte hat auch den größeren Wohlfühlfaktor.
Es ist nämlich, trotz der Blogging-Thematik, eine angenehm altmodische Story. Einfach nur ein kleiner Traum, der der Träumerin jedoch sehr viel bedeutet, und an den man die Filmzuschauer nachfühlen lässt. Für einen eingekuschelten Nachmittag ganz nett, aber nichts besonderes. Amy Adams spielt liebenswert wie immer, muss jedoch manchmal gegen das Drehbuch ankämpfen (welches weshalb auch immer für einen Oscar nominiert wurde). Julies emotionale Entwicklung ist sehr erratisch und macht es schwer, sich durchwegig hinter Julie zu stellen. Wäre es nicht um Adams, fiele es einem sogar sehr leicht, schulternzuckend zu fragen "Was soll's?"
Was Julie & Julia für mich auf Durchschnittsniveau rettet, ist mit welcher charismatischen Leichtigkeit Regisseurin/Drehbuchautorin Nora Ephron aufzeigt, wie solche Freizeitbeschäftigungen und selbst auferlegte Aufgaben wie Bloggen oder Kochen einem, obwohl sie die knappe Freizeit noch weiter einengen, mit der richtigen Einstellung eine "antreibende Entlastung" sein können. Das fängt Ephron wirklich gut ein. Dennoch bleibt dieses komödiantische Drama für mich überbewerteter Fluff.
Siehe auch:
Ich fand gerade den Julia-Part extrem amüsant. Kann aber auch daran liegen, dass ich Meryl Streep einfach toll finde, egal was sie spielt und Amy Adams finde ich einfach nur farblos. Auch egal was sie spielt. Außer bei "The Fighter", da fand ich so nicht schlecht.
AntwortenLöschenIch glaube, dieser Film ist ein Frauenfilm. *hüstel* Ihr Männer habt einfach keinen Zugang zu sowas... ;o))
LG
@Manu
AntwortenLöschenAlso wer Amy Adams als farblos bezeichnet, dem spreche ich jedes Urteilsvermögen der Welt ab. ;-)
Glaubensfrage und Verwünscht zeigen einem ganz gut, wozu Amy fähig ist, wenn es denn das Drehbuch zulässt. Merly Streep fand ich in Wenn Liebe so einfach wäre besser als in Julie & Julia, aber dennoch hat mir der Film und das obwohl ich männlich bin (;-)) sehr gut gefallen.
@ Manu: Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen meinem Geschlecht und meiner nur verhaltenen Meinung zu "Julie & Julia". Ich finde ja Zugang zum Thema, ich finde es nur schwach umgesetzt. ;-)
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