Im siebten Teil dieser Reihe zeichnet sich langsam das Schema für Donalds letzte Kinojahre ab. Er zeigt sich wieder verstärkt als Frechdachs, und zugleich brilliert er weiter als Opfer eines ihm feindseligen Umfelds. Diese Auffrischung alter Kurzfilmkonzepte kam so gut an, dass Disneys Vorzeigeerpel drei Jahre hintereinander für den Oscar nominiert wurde. Während der goldenen Mitte dieses Hattricks lädt Donald zum Tea for Two Hundred.
Als Jack Hannah vom Cartoon-Autor zum -Regisseur aufstieg, gab er Donald eine neue Hauptbeschäftigung: Den Kampf gegen kleinere Lebewesen. Dazu kam es zwar auch in den Jahren zuvor immer wieder, aber Hannah machte dies tatkräftig zum Schwerpunkt seiner Donald-Kurzfilme. 1947 wurde die ewige Fehde Donald/Chip & Chap etabliert, im Laufe des Jahres 1948 traf der cholerische Erpel auch erstmals auf die ihm wiederholt Ärger bereitende Biene Spike. Zum Jahresende hin wurde die Größe von Donalds Quälgeistern weiter reduziert: Vom Streifenhörnchen zur Biene, hin zu einer Horde von Ameisen. Diese setzten sich jedoch nicht als neue Erzfeinde durch. Nach dem am 24. Dezember 1948 uraufgeführten Tea for Two Hundred tauchten sie nur noch ein weiteres Mal auf, nämlich knapp dreieinhalb Jahre später in Uncle Donald's Ants.
Während die Ameisen bei ihrer, so manches Stück Animation aus Tea for Two Hundred wieder verwendender, Rückkehr in Donalds Heimat einfallen, überraschen sie ihn im Oscar-nominierten Cartoon beim Picknick. Und erwecken so das Spielkind in Donald: Als eine Gruppe Ameisen Dinge vom x-facher ihrer Größe an ihm vorüberzieht, bemerkt er eine kleinere, dem Rest ihres Stamms hinterherhinkende Ameise. Dieser stellt er, sich dabei köstlich amüsierend, einige Hindernisse in den Weg und packt ihr seinen halben Picknickvorrat auf den Rücken. Als das kleine Tierchen letztlich unter der Last zusammenbricht, bekleckert es sich mit Tortensahne. Von deren Geschmack begeistert, trommelt die Ameise den ganzen Stamm zusammen, der mit vereinten Kräften Donald ausschalten und bestehlen will. Doch dieser versucht sich auf explosive Art zu wehren.
Donald verfolgt wie gebannt jede Begwegung seines kleinen Versuchskanninchens
Es ist nicht das erste Mal, dass Donald vergebens seine Picknickverpflegung vor der Wildnis beschützen will. Beim Betrachten dieses Cartoons werden durchaus grobe Erinnerungen an Beach Picnic aus dem Jahr 1939 und Donald's Vacation von 1940 wach, die ähnliche Situationen nachzeichneten. Was durchaus die Frage nahe legt: Hat das sich nach Barks' Weggang schrittweise etablierte Donald-Autorenduo Bill Berg & Nick George bei diesen früheren Kurzfilmen geklaut? Oder ist Tea for Two Hundred eine eigenständige, humoristische Bearbeitung einer bereits genutzten Ausgangsidee? Es bietet sich nur an, das übliche Format dieser Artikelreihe etwas aufzubrechen und einen Vergleich zwischen dem Oscar-nominierten Cartoon und seinen inoffiziellen Vorgängern anzustellen.
Beach Picnic beginnt mit einem heiter singenden Donald, der sein Strandpicknick aufbaut und dann mit einem Gummi-Seepferdchen ins Meer springt. Da er von seinem Badeutensil runterstürzt, zetert er erstmal herum, bevor er auf die Idee kommt, den am Strand schummernden Pluto damit zu ärgern. Von seiner Aktion als Störenfried abgelenkt, lässt Donald sein reichhaltiges Picknickbuffet unüberwacht, was die Aufmerksamkeit von einem Ameisenstamm auf sich zieht. Dieser fällt auf das Essen ein, treibt seinen Schabernack damit und wird letztlich von einem tobenden Donald in die Flucht geschlagen. Das sicherheitshalber aufgebaute Fliegenpapier führt dann aber zu Chaos mit dem neugierigen Pluto, während weder die Ameisen, noch das Gummi-Reittier erneute Erwähnung finden.
Der Kurzfilm von Clyde Geronomi, der im Cartoon-Sektor vornehmlich bei Pluto-Produktionen Regie führte, weißt tatsächlich ein paar Parallelen mit dem neun Jahre später folgenden Tea for Two Hundred auf. So werden die Ameisen als ein Stamm von stereotypischen Ureinwohnern dargestellt, inklusive musikalischer Anspielungen an Film-Indianer und Marotten wie rituellem Trommeln oder ähnlichem. In beiden Filmen betätigt sich Donald zudem als Störenfried, sei es in Tea for Two Hundred gegenüber der schwächsten Ameise oder in Beach Picnic gegenüber Pluto. Das ist insofern nennenswert, als dass es aufzeigt, dass sich unter Jack Hannahs Regie Donald in den späten 40ern wieder ein wenig zurückorientierte. Anfangs wurde er regelmäßig als kleiner Tunichtgut dargestellt, ganz prominent etwa in Mickys erstem Farbcartoon The Band Concert von 1935, in dem Donald mit der geflöteten Volksweise Turkey in the Straw (die erste Melodie, die der Weltöffentlichkeit aus Mickys pfeifendem Mund präsentiert wurde) ein Konzert der Willhelm Tell-Overtüre unterbrach. Während der 40er verlief sich dieses Naturell Donalds allerdings ein wenig.
Auf ein paar Sekunden wiederverwendeter, neu kolorierter Animation konnte man offenbarnicht verzichten (oben: Beach Picnic, unten: Tea for Two Hundred)
In Cartoons wie Trombone Trouble aus dem Jahr 1944 ist es sogar er, der sich von seinem Umfeld genervt fühlt (in diesem Fall von einem mies Posaune spielenden Kater Karlo). Ganz zu schweigen von all den Cartoons mit Tick, Trick und Track, in denen er das Opfer von Streichen jeglicher Größenordnung wird. Tea for Two Hundred sollte im Jahr 1948 wohlgemerkt keine kurzfristige Rückbesinnung auf Donalds schwer bezwingbare (und teils kuriose Triebe schlagende) Neugier sein. Auch in einigen der Kurzfilme mit Chip und Chap ließen die Autoren Donald wieder auf mitunter recht fiese Weise seine Gegenspieler zu Reaktionen provozieren. In ihrem ersten gemeinsamen Auftritt dagegen wollte Donald bloß Feuerholz sammeln, von seinem manchmal gemeinen Spieltrieb war dort nichts zu spüren.
Die Parallelen von Tea for Two Hundred und Beach Picnic sind allerdings rarer als die Unterschiede zwischen diesen Cartoons. Zu diesen zählt selbst die Gestaltung der Ameisen. In der älteren Produktion floss eher wenig Gedankenspiel in die visuelle Umsetzung der kleinen Tierchen: Sie sind simple, gezeichnete Versionen echter Ameisen, mit einem relativ akkuraten Körper, aber einem schlichten Cartoon-Gesicht mit den typischen Disney-Augen und keinem wirklich auffallendem Mund. Es ist die Gesichtsbemalung und die Musikbegleitung, die sie zu Indianern macht. Für Tea for Two Hundred entwarf Yale Gracey einen individuellen Look der Ameisen, die von den Zeichnern mit einem ganz eigenen Bewegungsschema ausgestattet wurden. Gracey, bestimmte das Gesicht der Nachkriegs-Donald-Cartoons entscheidend mit, ehe Walt Disney den erfinderischen Künstler aus den Trickstudios "abwarb" und die verschiedensten Effekten in Disneyland austüfteln ließ. Zu den legendärsten Arbeiten Graceys sollten die Geisterillusionen in der Haunted Mansion sowie der erstaunliche Nachthimmel in Pirates of the Caribbean zählen.
Den Ameisen in Tea for Two Hundred verlieh Gracey eine klare Persönlichkeit und ein humoristischeres Aussehen, als ihren Artverwandten aus Beach Picnic. Mit ihrem Körperschmuck und Pinto Colvigs unverständlichen Gebrabbel wurden sie zu Karikaturen stereotyper Kannibalen, die zum Standardrepertoire damaliger Abenteuerfilme zählten. Diese deutlich auffälligere und somit denkwürdigere Umsetzung des Gedanken "Wilde Ameisen, haha, machen wir daraus einen Stamm Wilder!" wurde Tea for Two Hundred Jahrzehnte später aber vielleicht sogar zum Verhängnis: In der Kurzfilm-Sammlung The Chronological Donald, Vol. 3 wurde dieser Cartoon aufgrund seines potentiell kontroversen Inhalts in die Sektion From the Vault verbannt, wo Filmhistoriker Leonard Maltin Eltern von diese DVD möglicherweise einlegenden Kindern warnt, dass der Humor in den 40er-Jahren noch deutlich unsensibler war. Beach Picnic konnte dagegen mit seinen Standard-Indianerameisen einem Warnhinweis entgehen, während Donald's Vacation allein für das Einspielen indianischer Musik beim Anblick eines an Häuptlingsschmuck erinnernden Anhängsels wieder den ermahnenden Zeigefinger angepappt bekam.
Das oberste Bild ist Disneys Ansichten nach zu urteilen das am wenigsten rassistische (von oben nach unten: Beach Picnic, Donald's Vacation, Tea for Two Hundred)
Die restlichen Unterschiede zwischen diesen beiden "Donald vs. Ameisen"-Filmen lassen sich direkt im Zusammenhang mit dem offenbar äußerst rassistischen Donald's Vacation aufzeigen. Dieser Cartoon hat mit Tea for Two Hundred nur die Idee gemeinsam, dass Donalds beinahe lächerlich großes Picknick-Schlemmerbuffet kettenartig von Waldtieren weggerollt wird. In diesem Fall sind es übrigens Streifenhörnchen, die Donald zur Last fallen, sieben Jahre bevor er zwei ganz ausgefuchste Vertreter dieser Art kennen lernt. Der Rest des Cartoons zeigt, wie Beach Picnic, einen heiter, melodisch dahinquackenden Donald und dann erstmal seine Probleme, einen Liegestuhl aufzubauen. Zum Schluss eskaliert die Situation durch das Eintreffen eines gewaltigen Bären.
Unter diesen drei Cartoons fällt Donald's Vacation insofern etwas aus dem Rahmen, als dass unser schnatternder Alltagsheld in diesem von Barks/Hannah entworfenen Film deutlich mehr rumzetert und auch einiges an sehr komödiantischen Text in den Schnabel gelegt bekommt. In Tea for Two Hundred dagegen hat er nahezu gar nichts zu sagen.
Den beiden älteren Cartoons ist unterdessen gemein, dass sie rund zwei Minuten länger sind als Tea for Two Hundred. Dieser verzichtet unter anderem darauf, Donalds Genuss an seinem freien Tag durch comichaften Gesang darzustellen, wodurch schon einige Zeit gespart wird. Es ist aber nicht nur eine Zeitsparmaßnahme, sondern obendrein auch ein Zeichen dafür, wie sich innerhalb von weniger als zehn Jahren der Humor änderte. Das schrille Singen von Disney-Cartoonhelden war noch ein Überbleibsel aus den sehr musikalischen Anfängen des animierten Kurzfilms, welches in einigen frühen Produktionen wie Mickey's Grand Opera sogar den ganz großen Aufhänger bildeten. Aber der Humor des Publikums änderte sich, so wurde etwa das Interesse an cartoonigen Verfolgungsjagden größer, und in Disney-Cartoons wurde mit der Zeit immer seltener schrill gesungen. Zu den raren Ausnahmen zählt etwa Zip-A-Dee-Doo-Dah aus dem Disney-Kinoerfolg Onkel Remus' Wunderland, welches Donald 1948 in Soup's On anstimmt. Dies lässt sich aber auch als disneyinterne Anspielung verbuchen und ist zudem deutlich knapper, als sein Geträller in den Cartoons der 30er und frühen 40er.
Tea for Two Hundred ist mit seiner kürzeren Laufzeit zudem geradliniger. Bereits nach wenigen Sekunden werden die Ameisen eingeführt, die Donald zunächst neckt, wodurch er sich dann aber den Kleinkrieg mit ihnen einbrockt, der sich bis zum Gebrauch von Dynamit steigert. Beach Picnic und Donald's Vacation lassen sich hingegen nicht als Cartoons beschreiben, deren Fokus darauf liegt, dass Donald sich mit Tierchen anlegt, sondern folgen eher der Leitfrage "Donald will seine Freizeit genießen, was kann dabei alles schief gehen?" Vergleicht man diese zwei Kurzfilme miteinander, wird einem auch bewusst, weshalb sich in den Disney-Studios üblicherweise feste Gruppen für die einzelnen Cartoonreihen durchsetzten. Geronimis Beach Picnic zerfällt in seine Segmente, vereinzelte Gags treffen zwar, komplett betrachtet ist er allerdings eher zähflüssig.
Jack Kings ein Jahr später gestarteter Donald's Vacation ist zwar ebenfalls ein Sammelsurium an Einfällen, doch ihm gelingt es, sie durch Donalds launenhafte Natur und einem stimmigen Tempo zu vereinen. Natürlich gibt es im riesigen Fundus an Disney-Filmen Beispiele für gelungene "Gastregie" (etwa den an dieser Stelle bereits besprochenen Der Fuehrer's Face), trotzdem erweist sich die Einteilung der Gagschreiber und Cartoon-Regisseure (sowie deren gezeichneten Stars) in feste Gemeinschaften als schlüssiges, fruchtendes System. Eines, aus dem Jack King bei Veröffentlichung von Tea for Two Hundred ausschied: 1948 kamen seine drei letzten Regiearbeiten in die Kinos. Sie alle zeigen Donald in für ihn typischen, tückischen Situationen, die vom Humor her trotzdem ganz anders sind, als die nicht minder zu dieser Figur passenden Jack-Hannah-Filme.
Die späteren Cartoons unterscheiden sich unter anderem auch durch die mit satteren Farben umgesetzten Hintergrundgemälde (etwa von Thelma Witmer) von den frühen Anfängen (oben: Beach Picnic, unten: Tea for Two Hundred)
Wie schon im Jahr zuvor, wurden 1949 bei den 21. Academy Awards gleich zwei Disney-Produktionen als bester animierter Kurzfilm nominiert. Neben Tea for Two Hundred wurde mit Mickey and the Seal diese Ehre auch erstmals nach dem 1941 produzierten Oscar-Gewinner wieder einem Micky-Kurzfilm zu Teil.
Es war zudem das erste Jahr nach der Blütezeit des Stummfilms, in dem ein Darsteller ohne Text mit dem Oscar prämiert wurde. Tja, die Filmgeschichte läuft in Zyklen ab.
In der Kategorie "Bester animierter Kurzfilm" wurde außerdem Robin Hoodlum nominiert, ein Cartoon aus der Screen-Gems-Kurzfilmreihe über eine Krähe und einen Fuchs. Dieser Eintrag in ihre Filmserie ist ein ganz besonderer, da das übliche Schema "Die Krähe ist der Held und muss sich gegen den Fuchs wehren" auf den Kopf gestellt wurde, indem die Krähe als Sherrif engagiert wird und die Zuschauer nun auf der Seite des Fuchs stehen sollen, der vor der übereifrigen Krähe fliehen muss. Mit The Little Orphan wurde zudem ein weiteres Mal ein Tom & Jerry-Cartoon nominiert, der letztlich auch den Oscar gewann und dem Katz-und-Maus-Duo so seinen fünften Goldjungen einbrachte. In diesem Film nimmt Jerry über Thanksgiving ein außerordentlich verfesssenes Mäusewaisenkind unter seine Fittiche und muss deshalb nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Teilzeitschützling gegen Kater Tom verteidigen.
Zu guter letzt wurde auch der Looney Tunes-Kurzfilm Mouse Wreckers von Charles M. Jones nominiert. Dieser hatte das nunmehr größtenteils vergessene, selbst einigen Looney-Fans unbekannte Mäuse-Duo Hubie & Bertie als Star, die in den Jahren zuvor Jones schnelleren Humor etablierten und mit Mouse Wreckes in Form des Katers Claude Cat einen neuen Erzfeind erhielten. Die beiden Mäuse wollen sich in diesem Cartoon ein einladendes Haus zur neuen Heimat machen, müssen dazu jedoch unter Verwendung von Slapstick-Gewalt erstmal die Hauskatze verjagen.
In dieser Artikelreihe bin ich ja bemüht, die Oscar-nominierten Donald-Cartoons historisch einzuorten, wozu auch ab und an ein Blick auf die Qualität gehört. Diese Betrachtungen laufen selbstredend eher Gefahr, vom Objektiven ins Subjektive zu driften. Erwähnt werden sollte er meines Erachtens nach trotzdem: Auch wenn Tea for Two Hundred dank der einprägsameren und vor allem auch mühevollen Animation der Ameisen und einem zu Hochform auflaufenden Oliver Wallace, der den gesamten Cartoon mit wandelbaren Melodien untermalt, es vollauf verdient hat, neben der oben genannten Konkurrenz nominiert zu werden, so zieht er im internen Wettstreit der 1948 veröffentlichen Donald-Kurzfilme leicht den Kürzeren. Jack Kings Drip Drippy Donald lässt einen übermüdeten Donald mit einem enervierenden, tropfenden Wasserhahn aneinander rasseln und lässt Disneys Sound Department mit diesem Konzept freien Lauf, so dass ein Stück Tonfilmgeschichte entsteht. Donald's Dream Voice parodiert gekonnt die Sprachprobleme seines Titelhelden, mit dem Gerichtsdramen originell parodierenden The Trial of Donald Duck verabschiedete sich Jack King mit einem ungewöhnlicheren Cartoon in den Ruhestand, und Jack Hannah fand mit Three for Breakfast die Kernformel für einen schmissigen "Donald vs. Chip & Chap"-Cartoon.
Mein persönlicher Favorit dieses Jahres ist aber Soup's On, Jack Hannahs wild gewordene Variante der "Donald und seine Neffen"-Filme, die er als Autor zusammen mit Carl Barks prägte. Sie alle hätten eine Oscar-Nominierung mindestens genauso sehr verdient, wie Tea for Two Hundred. Neben dem Cartoon mit den Frühstück ruinierenden Chip und Chap passt dieser aber am besten ins damalige Beuteschema dieser Oscar-Kategorie – und damit überlasse ich das restliche Diskussionsfeld euren eigenen Köpfen. Ganz gleich, ob ihr zustimmt oder widerstrebt.
Die tänzelnde Wurstschlange, ein vergessener Klassiker des Disney-Humors (oben: Beach Picnic, unten: Tea for Two Hundred)
1948 war nicht bloß das Jahr, in dem sich Jack King in den Ruhestand verabschiedete und eine kunterbunte Mischung aus atypischen Donald-Cartoons sowie ausgezeichneten Ausformungen klassischer Donald-Formeln in die Kinos kam, sondern auch das Jahr, in dem der gefiederte Disney-Star wieder vermehrt Wutanfälle an den Tag legen durfte. Filme mit den für ihn so markanten Temperamentsausbrüchen waren in den Jahren zuvor noch deutlich in der Unterzahl, irgendwie war Donalds Charakter in den Kriegs- und Nachkriegsjahren etwas besonnener. Aber nun lässt sich langsam erkennen, dass die Donald-Filmreihe wieder einen bestimmten Weg anschlägt: Donald sollte in vielen Cartoons dieser Ära sein Umfeld necken und durchdrehen, sobald seine Einfälle übermäßige Reaktionen auslösen. Donald, der emotionsgeladene Frechdachs, der sich gleichzeitig auch in der Opferrolle befindet.
Dieses Bild zeigte 1948 neben Tea for Two Hundred auch Three for Breakfast, in welchem er Chip und Chap nicht einfach vom Frühstückstisch verjagt, sondern mit Gummi-Pfannkuchen in die Irre führt oder auch entnervt in den Toaster steckt. Was so nonchalant runter geschrieben viel brutaler klingt, als es ist. Denn parallel dazu sollte man als Zuschauer auch Verständnis für Donald haben, der einfach in Ruhe frühstücken will. Andere Cartoonreihen hatten zu dieser Zeit scharf umrissene "Sympathieträger / Antipathieträger"-Grenzen. So wollten die Macher von Sylvester und Tweety angeblich, dass sich das Publikum moralisch mit Tweety verbündet, während ab 1949 beim Road Runner und dem Kojoten die Sympathie dem Jäger gelten sollte.
Wie bereits erwähnt, war Tea for Two Hundred der erste von nur zwei Auftritten der karikaturhaften Ameisen. Für weitere Verwendungen waren sie auch einfach nicht flexibel genug. Chip und Chap hingegen boten sich sehr wohl für etwas Abwechslung an, und so kamen 1949 bereits drei Cartoons mit ihnen heraus. Der andersartigste von ihnen erhielt schließlich auch eine Oscar-Nominierung, und deshalb werden wir den Nagern im nächsten Entengold auch wieder begegnen.
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