Seiten

Freitag, 6. Januar 2012

Oscar 2012: Meine erste Prognose für die Drehbuch-Kategorien


Die Golden Globes stehen bald schon vor der Tür, und bis zu der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen ist es danach auch nicht mehr weit. Ich sollte mich also langsam um meine Oscar-Prognose kümmern, und statt wie in den Vorjahren x-mal meine "Bester Film"-Prognose zu revidieren, tippe ich diese Saison lieber zwei, drei Mal einige ausgewählte Kategorien. Mit den Nominierungen der Autorengewerkschaft im Rücken ist es jetzt an der Zeit, sich um die Drehbuch-Kategorien zu kümmern ...

Bestes adaptiertes Drehbuch
Es ist wieder eines dieser Jahre, in denen die Auswahl an Kinoadaptionen aus Oscarsicht vielversprechender ist, als das Feld mit Originalstoffen. Während einige der besten originellen Filme eher komödiantisch sind, womit die Academy ja immer auf dem Kriegsfuß steht, gibt es wieder einmal zahlreiche Dramen, Epen und Tragikomödien, die Oscar-tauglich sind. Was die Vorhersage in beiden Kategorien erschwert ...

Sehr sicher erscheinen mir Moneyball und The Descandents. Beide Filme haben generell einen großen Oscar-Hype und mischen Dramatik mit Gefühl, wobei Descandents etwas humoriges, Moneyball etwas mehr auszusagen hat. Beide Drehbücher sind auch für den Gewerkschaftspreis und den Golden Globe nominiert.

Am drittwahrscheintlichsten scheint mir eine Nominierung für The Help: Der Film ist gut, die Romavorlage hoch angesehen und die Geschichte trifft mit einer optimistisch stimmenden, dennoch ernsthaften Behandlung der Rassenproblematik sowie auch der Emanzipation der Frau gewiss den Nerv der Academy-Mitglieder. Der Oscar-Hype um The Help ließ mittlerweile etwas nach, dennoch hat auch dieses Drehbuch mit dem Gildenpreis und den Globes zwei wichtige Indikatorpreise im Rücken.

Nun wird's kniffliger, denn das waren alle drei Drehbücher, die für beide der genannten Preise nominiert sind. Mit seinen Globe-Nominierungen als "Bestes Drama" sowie für "Beste Regie", "Bester Hauptdarsteller" und "Bestes Drehbuch" erscheint The Ides of March ein guter Tipp. Allerdings glaube ich, dass auch ein wenig der Clooney-Faktor bei den Globe-Nominierungen mitspielte. Das Politdrama ist sehr gut, aber es ist vor allem super gespielt, erst in zweiter Instanz gut geschrieben (und meiner Meinung nach überhaupt nicht preisverdächtig inszeniert). Ähnliche Thematiken erwiesen sich in manchen Jahren auch als zu "heiß" für die Academy, obendrein reichte es nicht für eine Gewerkschaftsnominierung.

David Finchers Verblendung hingegen erhielt eine solche, mit Autor Steven Zaillian (Schindlers Liste) steckt auch ein Oscar-erfahrener Kopf dahinter. Man sollte diesen Film also im Hinterkopf behalten, allerdings ist er mir zu düster, zu krass, um ein sicherer Oscar-Tipp sein. Klar, ab und zu überrascht uns die Academy, und in solchen Fällen bin ich mitunter froh, mich bei meiner Vorhersage zu irren ... Aber ich zieh hier mal den sprichwörtlichen Schwanz ein.


Viel eher traue ich Martin Scorseses Hugo Cabret zu, nominiert zu werden. Optimistisch, ohne rein komödiantisch zu sein? Check. Gewerkschaftsnominierung? Check! Bereits nominierter Autor? Check, John Logan wurde schon für Gladiator und Aviator nominiert. Und die Kritiker fraßen dem Film aus der Hand.


Doch welcher nicht für den Gewerkschaftspreis, dem WGA Award, nominierte Film nimmt dann den "Platz" von Verblendung ein? Die Tragikomödie Extrem laut und unglaublich nah rund um den 11. September 2001 erhielt sehr viele Vorschusslorbeeren, und scheiterte gewaltig daran, die Erwartungen zu erfüllen. Angesichts des Trailers muss ich zugeben, schadenfroh zu sein. Dame, König, As, Spion ist wie Verblendung ein Thriller, jedoch deutlich ruhiger und gelassener. Er hatte anfangs einen starken "Buzz", man sah ihn als Kandidaten in der Hauptkategorie. Die Sache scheint erledigt, jedoch könnte der britische Film (deshalb keine WGA-Nominierung) hier etwas Oscar-Glanz schnuppern. Anderweitig könnte sich Spielbergs Gefährten durchmogeln. Es ist eher ein Film, der von Regie, Musik und Kamera lebt, allerdings hat er einen wirklich sehr starken Oscarbuzz, es kann also sein, dass ihn manche Stimmberechtigten so toll finden, dass sie ihn unabhängig seiner "Skripthaftigkeit" (ja, ich erfinde hier gerade neue Worte) nominieren.


Aus diesem Pool wird wohl ein Film nominiert ... und mein Bauchgefühl tendiert zu folgender Prognose:
  • Moneyball
  • The Descandents
  • The Help
  • Hugo Cabret
  • The Ides of March
Bestes Original-Drehbuch
Fangen wir mit den einfachen Dingen an: The Artist ist im Grunde garantiert. Dieser geniale Stummfilm hat eine durchdachte, wunderbar funktionierende Geschichte, und ein Drehbuch besteht ja nicht bloß aus Dialog, sondern auch Dramaturgie und Einfällen. Dass die Mitglieder der Academy sich durch mangelnde Dialoge nicht von einer Oscar-Nominierung abhalten lassen, bewies ja auch bereits Andrew Stantons Meisterwerk WALL•E. Zudem besteht eine gewisse Chance, dass The Artist als bester Film prämiert wird, da sollte eine Drehbuch-Nominierung, erst recht nach einer Globe-Nominierung, drin sein. Für den WGA wurde der Film nicht nominiert, jedoch wurde er auch disqualifiziert, da Autor Michel Hazanavicius nicht Mitglied der Gewerkschaft ist.

Genauso garantiert ist eine Nominierung für Woody Allens Midnight in Paris. Vor Start von The Artist sogar als sicherer Sieger in dieser Sparte gehandelt, dürfte das WGA- und Globe-nominierte Drehbuch ja wohl mindestens nominiert werden.

Ab nun wird's schwer. Die gewerkschaft berücksichtigte Brautalarm, aber ich halte das für nahezu ausgeschlossen. Bislang wurde keine Apatow-Produktion in dieser Kategorie nominiert, auch nicht der damals ebenfalls sehr gehypte Beim ersten Mal. Auch Hangover, immerhin dank seiner aufgeweckten Narrative für den Globe nominiert, erhielt keine Oscar-Berücksichtigung. Ja, Brautalarm hat interessante, mehrschichtige Figuren und balanciert Gefühl mit Humor, aber der Film ist auch sehr quasselig und hat eine ausführliche Kotz- und Kack-Szene. Die war zwar erstaunlich witzig, aber ... Oscar?

Dann wäre da noch die ultra-schwarze Komödie Young Adult von Diablo Cody (prämiert für Juno). Eine WGA-Nominierung hat der neue Film von Jason Reitman schon in der Tasche, die Kombo Reitman/Cody ist bewährt, Reitman ebenfalls ... Jedoch hat dieser Film mit seinem misanthropischen Einschlag und seinem Genre eigentlich sehr arge Oscar-Probleme. Allerdings ist dieses Jahr, wie schon gesagt, sehr komödienlastig, und irgendwie muss man auf fünf Filme kommen. Und wenn die Academy über ihren Schatten springen muss ...

Außerdem WGA-nominiert: Die Tragikomödie Win Win mit Paul Giamatti. Das Drehbuch wurde von den Kritikern lautstark für seine vielschtigen Figuren gelobt, was uns ja hellhörig werden lassen sollte. Win Win wurde auch als sehr humanistisch beschrieben. Perfektes Gegengift zu Young Adult?
Nicht qualifizieren konnte sich Der große Crash - Margin Call, ein Independentdrama über die Finanzkrise, welches die komplexe Krise mit verständlichen Charakterisierungen kommentiert und stellenweise als der beste Börsen-Film aller Zeiten bezeichnet wurde.

Und dann ist da noch die große Variable Tree of Life. Groß umjubelt, nach Cannes bei Preisverleihungen komplett ignoriert. Erneut muss ich nach den sicheren Tipps meinem Bauchgefühl folgen:
  • The Artist
  • Midnight in Paris
  • Young Adult
  • Win Win
  • Der große Crash - Margin Call
Mit 4 Komödien im Pool hätte ich eigentlich auch gleich den Brautalarm reinnehmen und den Sack zumachen sollen ... Pffff, als nächstes muss ich mir echt eine Kategorie vorknöpfen, bei der es mich weniger wurmen wird, wenn ich daneben liege ...

Siehe auch:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen