Weihnachten! Es gibt Menschen, die viele Wochen mit dem Geschenke kaufen, Plätzchen backen und dekorieren verbringen. Andere widmen sich dem am 23. Dezember. Doch selbst die Spätentschlossenen müssen ihre Grußkarten rechtzeitig zur Post bringen, wenn sie möchten, dass sie bis Heiligabend ihre Adressaten erreichen. Wer das mit dem Terminus Aufwand verbindet, hat mit Sicherheit noch nie etwas von den Weihnachtskarten gehört, die Ted Sears viele Jahre lang, mit der Unterstützung seiner Familie, zu verschicken pflegte. Und zu erdenken. Und zu gestalten. Und zu drucken. Und zu kaligraphieren.
Ted Sears bediente sich des Mittels der Trickfotographie, die in Zeiten digitaler Bildbearbeitungen nurmehr als Mittel von Nostalgikern angesehen wird. Die Entwicklung der einzelnen Motive dauerte viele Monate, ganz zu schweigen vom Schreiben des Textes. Es handelte sich um aufklappbare Karten, die er seit den 1930er Jahren gestaltete. Der Ursprung seiner Leidenschaft lag weitere fünfzehn Jahre zurück und begann mit seiner Ausbildung zum Schildermaler und der Arbeit für das Barré-Studio. Nachdem er 1931 bei Walt Disney zum Leiter des Story Department ernannt wurde und seine Frau Vee geheiratet hatte, begann er, leidenschaftlich an Weihnachtskarten zu arbeiten. Die Begeisterung der Empfänger animierte ihn, immer aufwändigere Werke anzustreben. Während die Meisten zu Beginn des neuen Jahrs noch mit den zusätzlich aufgelasteten Pfunden aus dem alten kämpften, saß Ted Sears schon an seiner nächsten Karte. Die Zahl derjenigen, die von seiner Familie bedacht wurden, stieg schlussendlich auf über 300 Familien an, die zu pünktlich zu Weihnachten mit einer persönlichen Karte beschenkt wurden.
Die schönsten dieser Karten entstanden ab den 1940er Jahren, als Tochter Marcia die Familie Sears vergrößerte. Die Motive sprühen vor Kreativität, besonders beeindruckend sind diejenigen, in denen Ted Sears mit Größenverhältnissen spielt und verschiedene Welten vermischt. Es wäre vermessen, die Schönheit und den Humor der Arbeiten in Worte fassen zu wollen. Stattdessen sei nur jedem empfohlen, sich die Motive genau anzusehen (bitte für die große Ansicht, zu der unbedingt zu raten ist, auf das Bild klicken). Der Blick in jeden Winkel des Motivs zeigt die Detailliebe des Künstlers, der so lange nicht zufrieden war, bis ein hohes Maß an Perfektion erreicht war. Wer behauptet, man erkenne, dass alles nicht echt und von den heutigen Möglichkeiten durch Photoshop und Co. meilenwert entfernt sei, der ist, bei allem Respekt, ein Aufschneider.
Mein Lieblingsmotiv ist im Übrigen die letzte Weihnachtskarte, die hier gezeigt wird. Wer sie weniger als fünf Minuten betrachtet, kann genausowenig von sich behaupten, alles gesehen zu haben, wie ein Kinozuschauer, der nach der Hälfte des Films den Saal verlässt.
Zu den einzelnen Motiven ist leider nur sehr wenig bekannt. Auf eine Angabe der Jahreszahlen verzichte ich, die ungefähre Einordung gelingt dem aufmerksamen Betrachter schon alleine durch die Abbildung der Beteiligten. Viel Freude damit!
Alle in diesem Beitrag gezeigten Karten wurden von molliesc auf Flickr hochgeladen. Wer weitere Karten sehen möchte, sei auf das dortige Album verwiesen. Mehr über Ted Sears erfahrt ihr in seiner ausführlichen Biographie, die vor einigen Wochen Im Schatten der Maus veröffentlicht wurde.
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